• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch: Mit der Frist leben" (13.07.1992)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch: Mit der Frist leben" (13.07.1992)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Gesetz über den Schwangerschaftsabbruch

Mit der Frist leben

Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU und der Freistaat Bay- ern beabsichtigen, die vom Bundestag am 26. Juni in 2. und 3.

Lesung verabschiedete Neufassung der §§ 218 ff vor dem Bundesverfassungsgericht zu Fall zu bringen. Notfalls soll, so der Plan, die Anwendung der neuen Rechtsvorschriften durch einstweilige Verfügung ausgesetzt werden. Vorausset- zung dafür ist es, daß tatsächlich ein Gesetz vorliegt. Dazu bedarf es noch der Zustimmung des Bundesrates und der Unterschrift des Bundespräsidenten.

D

er Bundestag hat am 26. Juni mit 356 Stimmen den soge- nannten Gruppenantrag an- genommen. Die Stimmen kamen aus allen Fraktionen, vorwiegend aus der SPD und FDP; aber auch 32 CDU- Abgeordnete stimmten für den Gruppenantrag, 282 Abgeordnete lehnten ihn ab. Das Abstimmungser- gebnis spiegelt die Meinungsbildung

~ Fortsetzung

"Mißhandlung Minderjähriger"

medizinische Situation verschlech- tert. Säuglinge und Kleinkinder kommen dann häufig als Notfälle und werden primär nur vom dienst- habenden Arzt und nicht immer vom Pädiater gesehen. Typischerweise werden dabei Erklärungen für das Zustandekommen der Verletzungen angegeben, die mit den Verletzungs- spuren nicht übereinstimmen."

Im Fall eines Verdachts auf eine Mißhandlung muß ein Arzt oder ei- ne Ärztin nach Auffassung der Kom- mission andere Institutionen ein- schalten, beispielsweise Ortsverbän- de des Kinderschutzbundes, Kinder- schutzzentren, Beratungsstellen, So- ziale Dienste. Nur so könne ein Ver- dacht erhärtet und das weitere Vor- gehen festgelegt werden. Erst wenn ein Verdacht fundiert abgesichert und die Interventionsmaßnahmen festgelegt worden seien, dürfe man den Eltern die Diagnose mitteilen.

Prof. Dr. med. Klaus Püschel verwies darauf, daß viele Ärzte im- mer noch Bedenken hätten, wegen einer Verletzung der ärztlichen

in der Bevölkerung wider. Denn laut einer repräsentativen "Spiegel"-Um- frage aus jüngster Zeit sprechen sich 54 Prozent der Befragten für eine Fristenlösung oder eine Streichung des § 218 aus. Unter den Ostdeut- schen sind es gar 71 Prozent, unter den Westdeutschen 50 Prozent. Be- merkenswert ist auch die konfessi- onelle Verteilung: 53 Prozent der

Schweigepflicht b~langt zu werden.

Dabei könnten Arzte auch gegen den ausdrücklichen Willen der El- tern ihre Schweigepflicht brechen, wenn sie den Schutz des Kindes hö- her bewerteten. Andererseits könn- ten sie gegenüber Polizei und Ge- richt vom Zeugnisverweigerungs- recht Gebrauch machen, sofern es um die Offenbarung von Wissen ge- he, das ihnen in Ausübung ihres Be- rufs bekannt geworden sei. ..

Probleme bereitet vielen Arzten offenbar die notwendige Kooperation mit nicht-ärztlichen Organisationen.

Dr. Ingeborg RetzlaJf plant deshalb in ihrer Funktion als Arztekammerprä- sidentin von Schleswig-Holstein, in- nerhalb ihres Kammerbereichs ganz konkret zusammenzutragen, an wel- che Einrichtungen und Personen sich Ärzte bei einem Mißbrauchsverdacht wenden können. Außerdem sollen die beteiligten Berufsgruppen zusam- mengebracht werden, denn: "Es ist wichtig, sich individuell bekannt zu machen." Frau Müller vom Kinder- schutzbund rufe man nun einmal leichter an als "den Kinderschutz-

bund". Sabine Dauth

Ar2438 (18) Dt. Ärztebl. 89, Heft 28/29, 13. Juli 1992

Protestanten sind für Straffreiheit oder Fristenlösung, aber nur 40 Pro- zent der Katholiken.

Dem Bundestag lagen sieben höchst unterschiedliche Gesetzesan- träge vor. Sie deckten die gesamte Spannbreite der Lösungsmöglichkei- ten ab: Von der Streichung der Straf- rechtsbestimmungen, ja, dem Recht auf Schwangerschaftsabbruch bis zu einer engen Indikationenregelung.

Die ganz freizügigen Vorschläge ka- men vom Bündnis 90/Grüne sowie der PDS/Linke Liste. Sie hatten kei- ne Chance; jeweils 17 Abgeordnete sprachen sich dafür aus. Auch der Antrag von der entgegengesetzten Seite des Spektrums, eine von dem Ulmer CDU-Abgeordneten Heribert Werner vertretene Initiative, war von vornherein aussichtslos. Immer- hin bekam dieser Antrag, der das geltende westdeutsche Recht noch verschärft hätte, 104 Prostimmen.

Fristenregelung und Pflichtberatung

Jeweils eigene Anträge der SPD und der FDP konnten im wesentli- chen nur Stimmen der eigenen Frak- tionen auf sich versammeln. Damit hatten SPD und FDP auch gerech- net, denn letzten Endes favorisierten sie mehrheitlich den Gruppenantrag als den ihren Vorstellungen am nächsten kommenden Kompromiß.

Der Gesetzesvorschlag der CDU/ CSU-Fraktion schließlich erhielt 272 Stimmen, 369 Gegenstimmen und 16 Enthaltungen. Die CDU/CSU hatte in ihrem fraktionsoffiziellen Antrag eine relativ weitgefaSte Indikatio- nenlösung, einschließlich einer psy- chosozialen Indikation vorgeschla- gen.

Der vom Bundestag bechlossene Gesetzestext sieht vor, daß ein Schwangerschaftsabbruch dann nicht strafbar ist, wenn er mit Einwil- ligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, wenn seit der Empfängnis nicht mehr als 12 Wochen vergangen sind, und wenn die Schwangere dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen. Die

~ Fortsetzung übernächste Seite

(2)

Der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Ulrich Oesingmann, schreibt an die Kassenärzte der Bundesrepublik Deutschland:

„Wir müssen uns auf gesundheitspolitische Auseinandersetzungen vorbereiten"

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

wir Kassenärzte müssen uns auf ge- sundheitspolitische Auseinandersetzun- gen vorbereiten, die in ihrer Tragweite für die kassenärztliche Versorgung weit über die Blümsche Gesundheitsreform hin- ausgehen. Mit dem Gesundheitsstruktur- gesetz 1993 plant die Regierungskoalition Einschnitte in das System der gesetzli- chen Krankenversicherung, die auch an den Fundamenten der ambulanten ärzt- lichen Versorgung durch freiberuflich tä- tige Kassenärzte rütteln.

Wir Kassenärzte haben mit unseren Honorarabschlüssen in den vergangenen Jahren einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilisierung der gesetz- lichen Krankenversicherung geleistet und zunehmende Arztzahlen und notwendige Investitionen zur Anpassung unserer Pra- xen an den medizinischen Fortschritt aus einer grundlohnorientierten Gesamtver- gütung finanziert. Trotzdem verlangt die Politik vor dem Hintergrund erneut steil ansteigender Gesundheitsausgaben auch von uns die Einbeziehung in eine solida- rische Aktion aller Beteiligten in einem auf drei Jahre befristeten Sofortpro- gramm zur Stabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Mit der vorgesehenen Einführung einer dreijährigen Pflichtweiterbildung als Zu- lassungsvoraussetzung für die kassen- ärztliche Versorgung, der Reform der Krankenhausfinanzierung, der durchge- henden Einführung einer prozentualen Selbstbeteiligung für Arzneimittel und der Einleitung einer Organisationsreform der Krankenkassen werden dabei Forderun- gen der Kassenärzteschaft aufgegriffen, die schon in der Blüm'schen Gesund- heitsreform erhoben, jedoch damals nicht realisiert wurden.

Gerade weil dies damals so war, müssen wir uns aber heute fragen:

• Hält die Politik den von ihr ge- forderten solidarischen Pakt aller Betei-

ligten durch? Stimmt der Bundesrat dies- mal einer Reform der Krankenhausfi- nanzierung zu oder sind es nicht wieder allein die Kassenärzte, die mit noch schärferen Honorareinschnitten und Reglementierungen die Zeche bezahlen müssen?

Deswegen haben wir frühzeitig zu den politischen Eckpunkten dieses Ge- sundheitstrukturgesetzes eindeutig Stel- lung bezogen. Einseitig die Kassenärzte belastende Maßnahmen darf es nicht ge- ben! Von uns kann aber auch nicht Soli- darität gefordert werden, wenn gleichzei- tig der Handlungsspielraum der Selbst- verwaltung durch staatliche Aufsichts- maßnahmen und Eingriffe in bestehende Verträge beseitigt und den Kassenärzten eine Kollektivhaftung für ein gesetzlich vorgegebenes Ausgabenvolumen für Arz- nei- und Heilmittel zugemutet werden soll. Ein solcher politischer Kurs entzieht der Solidarität zum Sparen die Grundla- ge und muß zu einer Solidarisierung der Betroffenen in der Konfrontation gegen dieses Gesetz führen.

Keine Gewerkschaft würde es ak- zeptieren, wenn durch gesetzgeberische Maßnahmen in Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse eingegriffen würde; uns Kassenärzten will man jedoch gerade dies zumuten!

Wir Kassenärzte sollen aus einer er- neut für drei Jahre an die Grundlohnent- wicklung angebundenen Gesamtvergü- tung nicht nur Arztzahlentwicklung, In- novationen und Strukturverbesserungen finanzieren. Wir sollen vielmehr auch die Ausgaben der Krankenkassen für Arznei-

und Heilmittel refinanzieren, wenn ein bestimmtes, zu Lasten der Krankenkas- sen verordnungsfähiges Budget über- schritten wird (Malus-System). Damit die Selbstverwaltung entsprechend

„funktioniert", wird sie in ein enges Kor- sett staatlicher Aufsichtsmaßnahmen und Ersatzvornahmen eingebunden und damit ihrer eigenständigen Entschei- dungskompetenz beraubt:

Wir Kassenärzte müssen einer sol- chen Nivellierung der ambulanten ärztli- chen Versorgung unter gleichzeitiger Kontingentierung der Arznei- und Heil- mitteltherapie im Interesse unserer Pa- tienten aktiv entgegentreten. Ihre gewähl- ten Vertreter in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und in den Kassen- ärztlichen Vereinigungen sind deshalb in ständigem Kontakt mit verantwortlichen Politikern, um bereits im parlamentari- schen Vorfeld Änderungen an den Ge- setzesplänen der Regierungskoalition zu

erreichen. Insbesondere dann, wenn dies nicht gelingen sollte, müssen die Kassen- ärzte auch in öffentlichen Aktionen auf die negativen Folgen der geplanten Kon- tingentierung von Gesundheitsleistungen für die medizinische Betreuung der Be-

völkerung aufmerksam machen.

Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wird daher für den 9.

September 1992 — also unmittelbar vor dem Beginn der parlamentarischen Bera- tungen — eine außerordentliche Vertreter- versammlung in Verbindung mit einem

„Kassenärztetag" einberufen. Dort sollen die Positionen der Kassenärzteschaft so- wohl gegenüber der Öffentlichkeit als auch gegenüber der Politik klar zum Aus- druck gebracht werden. Bereits am 1.

August wird sich die Vertreterversamm- lung der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung in einer ersten Sitzung mit dem dann vorliegenden Referentenentwurf ei- nes Gesundheitsstrukturgesetzes 1993 be- fassen.

Bei den nunmehr anstehenden Ar- beiten sind wir auf Ihre Mitwirkung ange- wiesen. Wir bereiten zur Zeit entspre- chendes Informationsmaterial vor, das Ihnen so bald als möglich zur Verfügung gestellt wird. Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung hat ferner eine Meinungs- befragung in der Bevölkerung veranlaßt, die sich unter anderem mit Einschätzung eines Malus-Systems durch die Patien- tenversorgung befaßt. Unterstützt werden diese Arbeiten durch zielgerichtete Aktivi- täten in den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen, so daß sich nach innen und nach außen das Bild eines geschlos- senen und entschlossenen Auftretens der deutschen Kassenärzteschaft ergibt.

Je nach Verlauf des Gesetzgebungs- verfahrens werden wir Sie erneut infor- mieren und um Ihre Unterstützung bei geplanten Aktionen bitten. Vor dem Hin-

tergrund der seit Inkrafttreten des Kas- senarztrechtes wahrscheinlich schwer- wiegendsten Eingriffe in das System der ambulanten kassenärztlichen Versorgung bedarf es des engagierten Einsatzes jedes einzelnen Kassenarztes. Hierzu rufen wir Sie auf!

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dt. Ärztebi. 89, Heft 28/29, 13. Juli 1992 (19) A1-2439

(3)

llo> Fortsetzung Schwangerschaftsabbruch

Beratung soll durch eine anerkann- te Beratungsstelle erfolgen, der Arzt der den Schwangerschaftsab- bruch vornimmt, darf nicht Berater sein. Nach der 12. Woche darf eine Schwangerschaft nur bei medizini- scher (unbefristet) sowie kindlicher Indikation (bis zur 22. Woche, vor- herige Beratung ist Pflicht) abge- brochen werden.

Innerhalb der Initiativgruppe, die den fraktionsübergreifenden Gruppenantrag entwickelt hat, war lange umstritten, ob der Lebens- schutz ausdrücklich als Ziel der Be- ratung genannt werden sollte, ja, ob überhaupt die Beratung Pflicht sein soll. Zu beidem hat man sich ent- schlossen, um den Gruppenantrag mehrheitsfähig und verfassungsfe- ster zu machen. Laut § 219 des Ge- setzes dient die Beratung "dem Le- bensschutz durch Rat und Hilfe für die Schwangere unter Anerkennung des hohen Wertes des vorgeburtli- chen Lebens und der Eigenverant- wortung der Frau. Sie soll die Schwangere in die Lage versetzen, eine verantwortungsbewußte, eigene Gewissensentscheidung zu treffen.

Aufgabe der Beratung ist die umfas- sende medizinische, soziale und juri- stische Information der Schwange- ren, die sich in einer Konfliktlage be- findet."

Mit Ärztetagsbeschluß vereinbar

Die vom Bundestag beschlosse- ne Gesetzesfassung ist noch am ehe- sten mit der Meinungsbildung des Deutschen Ärztetages über eine Re- form des § 218 zu vereinbaren. Auch dieser hatte sich für eine Entschei- dung in Eigenverantwortung der Frau ausgesprochen. Er hat es au- ßerdem abgelehnt, dem Arzt die Feststellung einer Notlagenindikati- on zu übertragen. Eine solche Indi- kationsstellung durch den Arzt war hingegen in dem CDU/CSU-Frakti- onsantrag vorgesehen; dessen Befür- worter beharrten auch in der Bun- destagsdebatte ausdrücklich darauf.

Bayern sowie ein Großteil der CDU/CSU-Fraktion (darunter sämt- liche CSU-Abgeordneten) halten

Schwangerschaftsabbrüche

Anzahl in Tausend

- alte Bundesländer·

8

psychiatrische eugenische

Rund 75 000 Schwangerschaftsabbrüche wurden im vergangenen Jahr (1990 rund 79 000) in West- und etwa 50 000 in Ost- deutschland statistisch ,.erlaßt". In den alten Bundesländern wurden fast 88 Prozent der Eingriffe mit der schweren sozialen Notlage der Schwangeren begründet.

den beschlossenen Gesetzestext nicht für vereinbar mit der Entschei- dung des Bundesverfassungsgerich- tes aus dem Jahre 1975. Damals hat- te der 1. Senat die von der soziallibe- ralen Koalition durchgebrachte Re- form des § 218, die eine Fristenlö- sung vorsah, als nicht verfassungsge- mäß verworfen, und zwar unter an- derem deshalb, weil das damalige Gesetz "den Schwangerschaftsab- bruch auch dann von der Strafbar- keit ausnimmt, wenn keine Gründe vorliegen, die - im Sinne der Ent- scheidungsgründe - vor der Wert- ordnung des Grundgesetzes Bestand haben".

Jene Entscheidungsgründe des Bundesverfassungsgerichtes lassen sich verkürzt so zusammenfassen:

Die Verfassung garantiert auch den Schutz des ungeborenen Lebens, im Konfliktfall muß eine faire Güterah- wägung stattfinden. Das Bundesver- fassungsgericht hatte seinerzeit die

- damals rein formalen - Vor- schriften für die Beratung der Schwangeren kritisiert und gefor- dert, die Beratung müsse auf den Schutz des ungeborenen Lebens aus- gerichtet und in diesem Sinne effek- A1-2440 (20) Dt. Ärztebl. 89, Heft 28/29, 13. Juli 1992

tiv ausgestaltet werden. Die Richter erwarteten, daß neben der bloßen Beratung auch konkrete Hilfen an- geboten wurden.

Vergleicht man die Fassung des

§ 218 aus dem Jahre 1974 mit der vom Bundestag jetzt beschlossenen Gesetzesfassung, so fällt zwar die Gemeinsamkeit - Fristenlösung in- nerhalb der ersten 12 Wochen - so- fort auf, aber auch gravierende Un- terschiede sind erkennbar. So wird die Frau nicht generell straffrei ge- stellt (wie 1974, als lediglich der Arzt bestraft werden konnte, wenn er die Formvorschriften für die Beratung mißachtete). Die neue Gesetzesvor- lage stellt unverkennbar auf den Schutz des ungeborenen Lebens ab und gibt den Beratungsinhalt detail- liert vor. Zumindest formal tragen die neuen §§ 218, 219 den seinerzei- tigen Auflagen aus Karlsruhe Rech- nung.

Hinzu kommt ein weiteres: Die Auffassungen in der Gesellschaft, wie ungeborenes Leben am besten zu schützen sei, haben sich geändert.

Die Auffassung, am wirkungsvollsten sei eine strenge Strafbestimmung, wird vielfach angezweifelt. Bei einem Vergleich zwischen der ehemaligen DDR und der alten Bundesrepublik zeigt sich, daß das Strafrecht die Pra- xis des Schwangerschaftsabbruchs offenbar kaum beeinflußt. Auch der 94. Deutsche Ärztetag hat, gestützt auf eine Expertenkommission, fest- gestellt, "daß die hohe Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen sich durch die Androhung von Strafver- folgung nicht in relevantem Ausmaß senken läßt."

Die Gegner des vom Bundestag- beschlossenen Gesetzes müssen sich vorsorglich mit dem Gedanken ver-

traut machen, ab 1. Januar 1993 mit der Fristenregelung zu leben. Doch wie immer der Streit um die Verfas- sungsgemäßheit ausgeht, die Politi- ker, Kirchen, die karitativen Organi- sationen sollten unverzüglich ans Werk gehen, Abtreibungen tatkräfti- ger zu verhüten. Dazu bedarf es nicht einer Rückendeckung durch das Strafrecht. Im Gegenteil: Die Fristenregelung, so sie denn kommt, müßte eigentlich die Kirchen dazu anspornen, ungewollt Schwangeren Frauen liebevoller beizustehen. NJ

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bei der jetzigen Schwangerschaft oder schon vor dieser habe sie zu ihrem Freund gesagt, daß ein Abbruch für sie nicht mehr in Frage käme. Sie würde die Schwangerschaft in

Hinwegge- setzt haben sich die bayrischen Politiker auf jeden Fall über die Position, die die Mehrheit der Ärzte auf dem Deutschen Ärzte- tag vertrat: Daß man die volle

Der vom Bundestag bechlossene Gesetzestext sieht vor, daß ein Schwangerschaftsabbruch dann nicht strafbar ist, wenn er mit Einwil- ligung der Schwangeren von einem Arzt

Bedenken gegen die Transzen- dentale Meditation (TM), wie sie von der Gesellschaft für Transzen- dentale Meditation (GTM) betrie- ben wird, hat der Parlamentari- sche

0 Schwangerschaftsunterbrechung (-abbruch) oder Abtreibung sind Synonyme für Töten. f) Diese Synonyme sind nicht zufäl- lig gewählt, sondern entsprechen dem

Wenn das Wort eines Philosophen vorangestellt wird, so soll damit zum Ausdruck kommen, daß nur ein Phi- losoph in der Lage ist, das Thema Leben und Lebensabbruch kompe- tent

Diese orthodoxe Gruppe war 1977 in die Koalition eingetreten unter der Bedingung, daß die Regelung des Schwanger- schaftsabbruchs wieder dem or- thodoxen jüdischen Gesetz

Sie bestätigen mir, daß die Funk- tionsfähigkeit des Großhirns nicht automatisch mit der Geburt erwacht, sondern erst nach einem langen Rei- fungsprozeß in Gang kommt oder auch