MEDIZIN
Schlußwort
Obwohl Herr Bauer verschiede- ne Probleme unter dem Blickwinkel betrachtet, daß alles auf den Kno- chenzement als Ursache zurückzu- führen ist, möchte ich die angespro- chenen Themen kurz einzeln bespre- chen.
1. Intraoperative Zwischenfälle Zahlreiche Untersuchungen wei- sen darauf hin, daß der Druckanstieg in der Markhöhle bei der Prothesen- implantation die Ursache für intra- operative Komplikationen darstellt.
Knochenmarks ausschwemmungen sind für Thromboembolien verant- wortlich. Untersuchungen verschie- dener Arbeitsgruppen belegen dieses (im deutschsprachigen Raum am meisten bekannt durch die Veröf- fentlichungen von Ulrich und Wen- da). Wie die experimentellen Unter- suchungen zeigen, lassen sich derar- tige Komplikationen durch Mark- raumentlastung reduzieren.
2. Postoperative Infektionen Sofern es sich um sogenannte Frühinfekte handelt, sind diese in er- ster Linie auf eine intraoperati- ve Kontamination zurückzuführen.
Auch dies wird durch zahlreiche Un- tersuchungen belegt. Wesentlich ist hier die Prophylaxe. Diese umfaßt sowohl die Hygiene bei der Operati- on (zum Beispiel Reinraumtechnik, Disziplin der Operateure), als auch die Antibiotikaprophylaxe (lokal und systemisch).
Beide Komplikationen treten in gleichem Maße bei zementierten und zementfreien Prothesen auf, so daß ein Zusammenhang mit dem Zement als Ursache ausscheidet.
3. Hitzeentwicklung
Bezüglich der Hitzeentwicklung von Knochenzement ist festzustellen, daß diese abhängig von der Dicke der Zementplombe ist. So fand Hovy bei einer Plombe von mehr als 10 mm Durchmesser im Bereich der Spongi- osa am toten Knochen eine Tempe- ratur unterhalb der Eiweißkoagulati- onstemperatur von 56 Grad. In vivo führt die Blutzirkulation zu einer weiteren Wärmereduktion. Draenert konnte zeigen, daß Spongiosatrabe-
DISKUSSION / FÜR SIE REFERIERT
kel, die von Zement umgeben sind, vital bleiben und im Falle einer ope- rativen Traumatisierung sogar Hei- lungsvorgänge zeigen. Dies wider- spricht der Hitzetraumatisierung des Knochens.
4. Späte Prothesenlockerung Die aseptische Prothesenlocke- rung stellt nach wie vor die häufigste Spätkomplikation der Endoprothetik dar. Wie zahlreiche Untersuchungen zeigen, gibt es hierfür unterschiedli- che Gründe. Beobachtet werden aseptische Lockerungen, sowohl bei zementierten als auch bei zement- freien Implantaten. Bei zementierten Implantaten kann eine der Ursachen in einer fehlerhaften Zementiertech- nik sein. Sowohl die Arbeiten von Ling, als auch von Weber deuten dar- auf hin, daß bei einer sorgfältigen Implantation, bei der eine tiefere Pe- netration des Zementes in die Spon- giosaräume erreicht wird, die Uber- lebenszeit der Prothese sich verlän- gert.
Wie die wissenschaftlichen Ta- gungen der letzten Jahre gezeigt ha- ben, haben sich die Erwartungen in die zementfreie Endoprothetik be- züglich der Prothesenlockerungen bisher nicht erfüllt. Ständige Neuent- wicklungen und eine fast Über- schwemmung des Marktes mit Pro- thesenmodellen zeigt, daß das „Ei des Columbus" hier noch nicht ge- funden wurde. Andererseits liegen Langzeitbeobachtungen einzelner Arbeitsgruppen bezüglich zementier- ter Endoprothetik über Zeiträume von 15 Jahren und mehr vor, die gut sind und somit einen hohen Standard vorgeben. Das Für und Wider der einzelnen Fixationsmöglichkeiten kann in diesem Rahmen jedoch nicht besprochen werden. Hierzu müssen wir auf unsere wissenschaftlichen Fachtagungen und Veröffentlichun- gen verweisen. Ausführliche Litera- tur hierzu beim Verfasser.
PD Dr. med. Heinz Gierse Marienkrankenhaus An St. Swidbert 17 40489 Düsseldorf
Vesnarinon bei schwerer
Herzinsuffizienz
Abgesehen von Digitalisglykosi- den haben die bisher verfügbaren po- sitiv inotropen Substanzen einen nur begrenzten Erfolg in der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz.
Vesnarinon, ein neues positiv inotro- pes Medikament mit pharmakologi- schem Wirkprinzip ähnlich dem der Herzglykoside und der Phosphodi- esterasehemmstoffe, wurde in einer doppelblinden, plazebokontrollier- ten klinischen Studie bei 477 Patien- ten mit Ejektionsfraktionen unter 30 Prozent eingesetzt. Untersucht wur- den Morbidität, Letalität sowie Le- bensqualität der Patienten, von de- nen die meisten eine begleitende Therapie mit Digoxin und Angioten- sin-Converting-Enzym-Hemmern er- hielten.
Während der Therapiearm mit einer Tagesdosis von 120 mg Vesna- rinon wegen einer in der Frühphase der Studie signifikant erhöhten Leta- lität vorzeitig abgebrochen werden mußte, zeigte sich bei den mit 60 mg täglich behandelten Patienten eine signifikante Besserung sowohl hin- sichtlich der Letalität als auch hin- sichtlich der Progression der Herzin- suffizienz (26 versus 50 Patienten) in der sechsmonatigen Nachbeobach- tungsperiode. Auch die Lebensquali- tät in der Verumgruppe war signifi- kant gebessert; als ernste Nebenwir- kungen standen bei 2,5 Prozent der Patienten eine reversible Neutrope- nie zu Buche.
Nach Ansicht der Autoren scheint mittelfristig mit der niedrigen Dosis von Vesnarinon eine Besse- rung der Morbidität, Letalität und Lebensqualität erreichbar, der lang- fristige Effekt der Substanz mit der geringen therapeutischen Breite ist noch unbekannt. acc
Feldmann, A. M. et al.: Effects of Ves- narinone an morbidity and mortality in patients with heart failure. N. Engl. J.
Med. 1993; 329: 149-155.
Dr. Feldmann, P.-B. Cardiac Laborator- ies, John Hopkins University School of Medicine, 720 Rutland Ave., Baltimore, MD 21205, USA.
A1 -2480 (56) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 38, 24. September 1993