und 20 Prozent der Bevöl- kerung neigen dazu, im Inter- net Arzneimittel zu bestellen, obwohl bisher nur ein Prozent die Möglichkeit des virtuellen Medika- mentenhandels genutzt hat und 47 Pro- zent nichts davon wußten. Dies ergab eine repräsentative Telefonumfrage des Emnid-Instituts, Bielefeld, die der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) zur Einschätzung der Gefahrenlage durch den Internet- Handel mit Medikamenten in Auftrag gegeben hatte und vor der Presse in Berlin vorstellte. „Wir wissen einfach nicht, woher die Arzneimittel kom- men, ob die angegebenen Inhaltsstoffe stimmen und ob die Qualität der Medi- kamente gut ist“, beschreibt Prof. Dr.
med. Hans Rüdiger Vogel, der Vorsit- zende des BPI, die Gefahr durch den Arzneimittelkauf per Mausklick. Bis- her wurden auf diese Weise von Inter- net-Anwendern Medikamente jegli- cher Art, auch rezeptpflichtige, be- stellt, deren Verwendung Vogel für
„lebensgefährlich“ hält.
Dennoch ergab die Emnid-Um- frage, an der 1 002 Bundesbürger (älter als 14 Jahre) Anfang des Jahres teil- nahmen, daß die persönlichen Ge- sundheitsrisiken nicht von allen Perso- nen gesehen werden. Medikamente, die dem Patienten aus langjähriger Er- fahrung bekannt sind, würden 22 Pro- zent der Befragten kaufen.
Keine Schwellenangst bei bekannten Medikamenten
Vier Prozent meinten, sie könn- ten die möglichen Gefahren einschät- zen. Kritischer wurden dagegen die Gesundheitsrisiken für die Allgemein-
heit beurteilt. So glaubten 73 Prozent, daß andere Internet-User durch den Arzneimittelkauf Gefahren ausgesetzt sind; nur ein Prozent stuft die Ge- sundheitsrisiken für die Allgemein- heit als gering ein. Vogel: „Bei ande- ren ist man immer kritischer, sich selbst schätzt man hingegen oftmals völlig falsch ein.“
Die Umfrageergebnisse verdeut- lichen außerdem, daß hinsichtlich Qualität, Preis und Verfügbarkeit der Arzneimittel über das Internet Un- klarheit in der Bevölkerung besteht. 33 Prozent konnten zu der Qualität der im Internet angebotenen Medikamente keine Angaben machen, die Hälfte der
Befragten hatte keine Vorstellung von Preisen der Arzneimittel. Obwohl der Trend zum Kauf per Internet seit Jah- ren anhält und die Öffentlichkeit auf Gefahren aufmerksam gemacht wurde (siehe DÄ, Heft 6/1999), bejahten nur 10 Prozent der Befragten, im Internet auch rezeptpflichtige Medikamente beziehen zu wollen. 27 Prozent glaub- ten nicht daran. Ebenfalls nur 27 Pro-
zent hielten es für unmöglich, Arznei- mittel zu bestellen, die man vom Arzt nicht erhält.
Um sich selbst von der uneinge- schränkten Verfügbarkeit der Inter- net-Medikamente zu überzeugen, hat- te der BPI verschiedene rezeptpflich- tige Arzneimittel unter falschen Na- men problemlos über das Internet in großen Mengen bestellt; geliefert wurden Hunderte von bunten Pillen in einfachen Plastikbeuteln mit aus- ländischem Absender. Gerade darin sieht der BPI ein weiteres Hindernis:
Da viele Medikamente über unbe- kannte ausländische Großhändler be- zogen werden, ist es schwer, diese aus- findig zu machen. Auch der Inhaber der Internet-Adresse wird in den sel- tensten Fällen gefunden. Letztlich entscheidet nur der Einzelfall, ob der Arzneimittelhersteller für etwaige Ge- sundheitsfolgeschäden aufkommt.
Herkunft der Arzneimittel meist unbekannt
In Anbetracht der Umfrageer- gebnisse appellierte Dr. med. Berthold Gehrke auf der Pressekonferenz des BPI an seine Kollegen, die Grund- lagen der Thematik zu beherrschen: „Wir müssen künftig die Pa- tienten darüber auf- klären können, welche Gefahren durch den Internethandel für sie bestehen.“ Gerade die Tatsache, daß Informa- tionen über Gesund- heitsthemen im Inter- net mit am häufigsten nachgefragt würden, zeige das starke Inter- esse an solchen The- men. Auch der Bun- desverband der Phar- mazeutischen Indu- strie fordert neben einheitlichen ge- setzlichen Regelungen für das World Wide Web aktiven Verbraucher- schutz durch Ärzte und Apotheken.
Die Broschüre des BPI „Arzneimit- tel helfen: Aber nicht aus dem Inter- net“, die von Apothekern und Ärz- ten bestellt werden kann, soll ein er- ster Schritt in Richtung Verbraucher- schutz sein. Martina Merten A-901
P O L I T I K AKTUELL
Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 14, 9. April 1999 (25)
Virtueller Medikamentenhandel
Eine Frage der
Selbsteinschätzung
Rund 20 Prozent nutzen das Angebot des Arzneimittelkaufs im Internet. Das geht aus Umfrageergebnissen des
Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hervor.
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Der BPI warnt: „Arzneimittel helfen – Aber nicht aus dem Internet“ Foto: BPI