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Psychische Belastung von Patientinnen und Patienten mit operiertem kongenitalem Herzfehler: Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung und Abhängigkeit von der Restsymptomatik

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Academic year: 2022

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Aus der Abteilung Medizinische Soziologie der Medizinischen Hochschule Hannover

Psychische Belastung

von Patientinnen und Patienten

mit operiertem kongenitalem Herzfehler:

Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung und Abhängigkeit von der Restsymptomatik

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Almut Kempa aus Hannover

Hannover 2007

(2)

Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 19.08.2008

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident: Prof. Dr. Dieter Bitter-Suermann Betreuer der Arbeit: Prof. Dr. Siegfried Geyer

Referent: Prof. Dr. Hans-Werner Künsebeck

Koreferent: Prof. Dr. Armin Wessel

Tag der mündlichen Prüfung: 19.08.2008

Promotionsausschussmitglieder:

Prof. Dr. Matthias Schönermark Prof. Dr. Eva Hummers-Pradier Prof. Dr. Brigitte Lohff

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Meinen Eltern gewidmet

(4)

INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG 5

1.1 Aufbau der Arbeit 6

1.2 Diagnosegruppen 6

1.3 Stand der Forschung 8

1.4 Fragestellung 25

2 METHODE 26

2.1 Stichprobencharakteristik 26

2.2 Bevölkerungsstichprobe 28

2.3 Klassifizierung gemäß der New York Heart Association (NYHA) 29

2.4 Maximale Sauerstoffaufnahme VO2peak 31

2.5 Brief Symptom Inventory 33

2.6 Statistische Methoden 37

3 ERGEBNISSE 40

3.1 Epidemiologische Daten des Patientenkollektivs 40

3.2 Nichtteilnehmer Spiroergometrie 45

3.3 Reliabilitätsanalyse der einzelnen BSI-Skalen 46

3.4 Mittelwerte der transformierten BSI-T-Werte der Studienpopulation 47 3.5 Mittelwertvergleich der BSI-Scores von Fall- und Kontrollgruppe 50

3.6 Maximale Sauerstoffaufnahme und NYHA-Stadien 51

3.7 Einfluss der NYHA-Stadien und der VO2peak% auf die psychische Belastung 53

(5)

3.8 Ermittlung von Risikogruppen 54

3.9 Analyse der BSI-Skala „Somatisierung“ 58

4 DISKUSSION 61

4.1 Ziel der Arbeit 61

4.2 Epidemiologische Daten des Patientenkollektivs 62

4.3 Mittelwerte der T-Werte (BSI) 64

4.4 Vergleich der BSI-Skalenwerte von Fall- und Kontrollgruppe 67 4.5 Zusammenhänge zwischen der NYHA und der maximalen Sauerstoffaufnahme 67

4.6 Einfluss der NYHA-Stadien und der maximalen Sauerstoffaufnahme auf die

psychische Belastung 70

4.7 Von der NYHA-Klasse und der VO2peak% unbeeinflusste BSI-Skalen 77

4.8 Gruppenunterschiede der Einzelitems „Somatisierung“ in Bezug auf die NYHA-

Stadien und die VO2peak%-Gruppen 81

4.9 Limitationen 84

5 ZUSAMMENFASSUNG 85

6 REFERENZEN 87

7 DANKSAGUNG 90

8 LEBENSLAUF 91

9 ERKLÄRUNG NACH § 2 ABS. 2 NRN. 5 UND 6 PROMO 92

10 ANHANG 93

(6)

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: NYHA geschlechtsstratifiziert 43

Abbildung 2: VO2peak% geschlechtsstratifiziert 44

Abbildung 3: Skalenprofile Mittelwerte der transformierten T-Werte 48 Abbildung 4: Items der 9 Skalen des „Brief Symptom Inventory“ 93 Abbildung 5: Verteilung der Diagnosegruppen innerhalb der NYHA-Klassen 95 Abbildung 6: Verteilung der Diagnosegruppen innerhalb der VO2peak%-Gruppen 96

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Übersicht Hauptdiagnosen 41

Tabelle 2: Alter und Geschlecht: absolute und relative Häufigkeiten 42 Tabelle 3: NYHA geschlechtsstratifiziert: absolute und relative Häufigkeiten 43 Tabelle 4: VO2peak% geschlechtsstratifiziert: absolute und relative Häufigkeiten 44

Tabelle 5: Cronbachs α 46

Tabelle 6: Mittelwerte der transformierten BSI-Skalenwerte der Studienpopulation 47 Tabelle 7: Klinisch auffällig erhöhte BSI-Skalen von Patientinnen und Patienten, Chi2-Test 49 Tabelle 8:Mann-Whitney-Test auf Verteilungsunterschiede der BSI-Mittelwerte Fall- und

Kontrollgruppe 50

Tabelle 9: NYHA und VO2peak%: absolute und relative Häufigkeiten 51 Tabelle 10: Einfluss der NYHA und der VO2peak% auf die psychische Belastung 53

Tabelle 11: Odd-Ratios Frauen 55

Tabelle 12: Odd-Ratios Männer 57

Tabelle 13: Einfluss der NYHA-Stadien auf die Einzelitems der BSI-Skala „Somatisierung“ 59 Tabelle 14: Einfluss VO2peak% auf die Einzelitems der BSI-Skala „Somatisierung“ 60 Tabelle 15: NYHA und Diagnosegruppen: absolute und relative Häufigkeiten 95 Tabelle 16: VO2peak% und Diagnosegruppen: absolute und relative Häufigkeiten 96 Tabelle 17: Levene-Test auf Varianzgleichheit der BSI-T-Scores aller Teilnehmer der VO2peak%-

Gruppe 1 - 3 und der Nichtteilnehmer der Spiroergometrie 97

(7)

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

AGGR Aggressivität / Feindseligkeit

ANGS Ängstlichkeit

AS Aortenstenose

AVSD Atrioventrikularseptumdefekte

ccTGA Kongenital korrigierte Transposition der großen Arterien

BSI Brief Symptom Inventory

CHD Congenital Heart Disease

DCRV Double chambered right ventricle

DEPR Depressivität

DILV Double Inlet Right Ventricle DIRV Double Inlet Left Ventricle DORV Double Outlet Right Ventricle

GSI General Severity Index

ISTA Aortenisthmusstenose

LVOTO Linksventrikuläre Ausflusstraktobstruktion NYHA New York Heart Association

PARA Paranoides Denken

PDA Persistierender Ductus arteriosus Botalli

PHOB Phobische Angst

PS Pulmonarstenose

PSYC Psychotizismus

SF-36 Short-Form Health Survey 36

SOMA Somatisierung

SV Singulärer Ventrikel

TA Trikuspidalatresie

TGA Transposition der großen Arterien

TOF Fallotsche Tetralogie

UNSI Unsicherheit im Sozialkontakt VO2max Maximale Sauerstoffaufnahme

VO2peak% Maximale Sauerstoffaufnahme prozentual vom individuellen Referenzwert

VSD Ventrikelseptumdefekt

ZWAN Zwanghaftigkeit

(8)

1 Einleitung

Angeborene Herzfehler betreffen ca. 1 % aller Neugeborenen; in der Bundesrepublik Deutschland ist so von einer jährlichen Inzidenz von 6000-7600 herzkranken Neugeborenen auszugehen. 1

Erst seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts existieren in Deutschland selbstständige kinderkardiologische Abteilungen. In diesem Zeitraum liegen auch die Anfänge der chirurgischen Intervention der kongenitalen Herzfehler, welche zuvor nur palliativ behandelt werden konnten.

Patienten mit schwerwiegenden Herzfehlern, wie der Fallotschen Tetralogie oder der Transposition der großen Arterien, welche unbehandelt eine geringe Lebenserwartung hatten, haben so das Erwachsenenalter erreicht. Trotz einer bei den meisten Patienten anzunehmenden nahezu normalen Lebenserwartung haben diese einen oder mehrere operative Eingriffe hinter sich, die meist zu einer großen Sternotomie-Narbe und verbleibenden Herz-Kreislaufstörungen sowie dem Risiko von Komplikationen wie Arrythmien, Endokarditis und Herzinsuffizienz geführt haben, welche verhaltensbedingte und mentale Adaptationen nötig machen.

Auch neurologische Komplikationen wie Hirnabszesse, Hirnembolien und -infarkte sowie operationsbedingte Hirnschäden werden als sekundäre Schäden beschrieben. 34

Die Lebensqualität dieses nun erwachsenen Patientenkollektivs, psychisch wie physisch, ist Gegenstand zahlreicher Studien, jedoch bei weitem noch nicht vollständig erforscht.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Ausmaß der aktuellen psychischen Belastung von Patienten mit operiertem kongenitalem Herzfehler darzustellen und mit dem Profil der Allgemeinbevölkerung zu vergleichen. Außerdem soll die Abhängigkeit der psychischen Belastung von der Restsymptomatik untersucht und es sollen geschlechtsspezifische Unterschiede und belastete Untergruppen dargestellt werden.

Ein Fokus wird auf die Somatisierung von Patienten mit angeborenem Herzfehler gerichtet.

(9)

1.1 Aufbau der Arbeit

In den folgenden Kapiteln wird auf die 5 Diagnosegruppen der unterschiedlichen Vitien sowie auf den Stand der Forschung hinsichtlich der psychologischen und sozialen Thematik von Patienten mit angeborenem Herzfehler eingegangen. Den einführenden Kapiteln schließt sich die Fragestellung an.

Im Kapitel „Methode“ werden die Stichprobe, die beiden Parameter der Restsymptomatik; die Klassifizierung gemäß der New York Heart Association (NYHA) und die maximale Sauerstoffaufnahme VO2peak%, sowie das „Brief Symptom Inventory“

zur Messung der aktuellen psychischen Belastung beschrieben. Anschließend wird das Auswertungsprocedere erläutert.

Es folgt der Ergebnisteil; die Ergebnisse werden hier beschrieben und später in der Diskussion in Anlehnung an die Fragestellung besprochen.

1.2 Diagnosegruppen

Die Diagnosen der Studienteilnehmer wurden von einem erfahrenen Kinderkardiologen in 6 Diagnosegruppen unterteilt.

1. Fallot-Typ

2. Transposition der großen Arterien 3. Singulärer Ventrikel

4. Links-Rechts-Shunt 5. Stenosen

6. Sonstige

1.2.1 Fallot-Typ (1)

Herzfehlbildungen des Fallot-Typs zählen zu den zyanotischen Vitien und sind in der Regel reparativ therapierbar. Eine Pulmonalstenose bzw. –atresie mit konsekutiver

(10)

pulmonaler Minderperfusion, ein Ventrikelseptumdefekt sowie eine Fehlposition der Aorta (anteponierte reitende Aorta) sind diesen Defekten gemeinsam.

1.2.2 Transposition der großen Arterien (2)

Die Transposition der großen Arterien gehört ebenfalls zu den zyanotischen Vitien und ist durch Trennung der beiden Körperkreisläufe gekennzeichnet, wobei die Aorta aus dem rechten und die Pulmonalarterie aus dem linken Ventrikel entspringt. Vitien dieses Typs sind je nach Ausmaß der Fehlbildung reparativ beziehungsweise palliativ behandelbar.

1.2.3 Singulärer Ventrikel (3)

Diese Vitien zählen ebenfalls zu den zyanotischen Herzfehlern und sind lediglich palliativ behandelbar. Durch das Vorhandensein nur eines funktionellen Ventrikels kann sowohl eine Hyper- als auch Hypoperfusion der Lunge resultieren.

1.2.4 Links-Rechts-Shunt (4)

Der Gruppe der Links-Rechts-Shunts wurden in der vorliegenden Studie nur isolierte und keine mit anderen Defekten assoziierten Shuntvitien zugeordnet.

Shuntvitien sind in der Regel nicht zyanotisch sowie kurativ bzw. reparativ (Atrioventrikularseptumdefekt) behandelbar. Kennzeichnend ist ein Shunt zwischen linker und rechter Herzhälfte auf Ventrikel- und / oder Vorhofebene bzw. ein herznaher Shunt beim Ductus arteriosus apertus mit konsekutiver Volumenbelastung des Herzens.

(11)

1.2.5 Stenosen (5)

Stenotische Vitien sind durch Druckbelastung mit folgender konzentrischer Hypertrophie der vorgeschalteten Ventrikel sowie Minderdurchblutung der nachgeschalteten Areale gekennzeichnet und in der Regel reparativ therapierbar.

1.3 Stand der Forschung

1.3.1 Survival

Aufgrund der noch jungen Geschichte der Chirurgie angeborener Herzfehler existieren noch wenige Daten über die Überlebenszeiten der Patienten. Geht man davon aus, dass sich die Kinderherzchirurgie im Mittel in den 1960er Jahren etablierte, so können derzeit erst Überlebensraten innerhalb einer Zeitspanne von 40 bis 50 postoperativen Lebensjahren gemessen werden; über die weiteren Verläufe kann nur gemutmaßt werden.

Nieminen et al 33 ermittelten in Finnland retrospektiv mittels der Kaplan-Meier-Methode die Überlebensraten für 6461 Patienten, die als Kinder an einer angeborenen Herzkrankheit operiert wurden.

Die perioperative Mortalität lag für PDA, ASD und ISTA bei 1 – 4 %, für VSD bei 8 %, TOF 9 %, TGA 13 % und SV 26 %.

Die 15-Jahres-Überlebensrate des gesamten Patientenkollektivs betrug 86 % und die 45-Jahres-Überlebensrate 78 % (abzüglich der OP-Mortalität 84 %), während die Allgemeinbevölkerung eine 45-Jahres-Überlebensrate von 93 % erreichte.

Die Patienten mit Vorhofseptumdefekt zeigten mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbare 45-Jahres-Überlebensraten.

(12)

1.3.2 Leben mit angeborenem Herzfehler

Die Auswirkungen angeborener Herzfehler auf die psychische, emotionale und soziale Situation der Patienten sowie deren Lebensqualität sind in verschiedenen Studien untersucht worden.

Das psychosoziale Outcome von 2896 Patienten, die in der Kindheit wegen eines angeborenen Herzfehlers operiert wurden, ist in einer Querschnittstudie ebenfalls von Nieminen et al 32 mittels Fragebogeninterview ermittelt worden.

Die Anzahl der Ehen und die berufliche Qualifikation waren mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbar, die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse lag mit 70 % höher als die der Allgemeinbevölkerung (66 %). Die Anzahl der Personen, die Kinder hatten, lag unter dem erwarteten Wert, vor allem zyanotische Patientinnen (TOF, TGA, SV) waren oft kinderlos.

Die subjektive körperliche Belastbarkeit wurde von der Forschungsgruppe in die NYHA- Klassifikation übersetzt. 97 % der Studienteilnehmer fanden sich in den NYHA-Klassen I oder II, 2 % in NYHA-Klasse III und nur 7 Patienten in NYHA-Klasse IV. Die verschiedenen Diagnosengruppen waren gleichmäßig repräsentiert, nur die TOF- und SV-Patienten fanden sich vorwiegend in den NYHA-Klassen III und IV.

In Einzelinterviews ergründeten Tong 48 et al die Ansichten und Einstellungen von einzelnen Patienten mit angeborenem Herzfehler und konnten durch Zitate und Beispiele aus diesen Gesprächen ein sehr detailliertes Bild über deren Situation aufzeigen.

So berichteten zyanotische Patienten über Schwierigkeiten, anderen Personen ihre Herzerkrankung zu offenbaren, da sie hierdurch oft Zurückweisung oder Spott erfahren, sich in ihrer Jugend oft aufgrund ihrer mangelnden Belastbarkeit ausgeschlossen gefühlt hätten und dass auch das Umfeld Angst vor der Verantwortung im Umgang mit der Herzkrankheit gezeigt hätte. Es wird über ein Mädchen berichtet, das sich erst nach einer erfolgreichen Operation, nach der es mehr unternehmen konnte, besser sozial eingebunden gefühlt habe.

Auch innerhalb der Familie hatten die Patienten unterschiedliche Erfahrungen gemacht, dies reichte vom Protektionsverhalten älterer Geschwister bis hin zu Vorwürfen, die Familie in den Bankrott gestürzt zu haben.

Unsicherheiten hinsichtlich Gesundheitsverschlechterung und der Lebenserwartung werden ebenso widergespiegelt. So werden Ängste vor Herzrhythmusstörungen sowie die Wahrnehmung der Verschlechterung ausgesprochen. Ein Patient berichtete, dass es schwer wäre, Beziehungen einzugehen, da er nie wisse, wie lange er noch zu leben

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habe. Hinsichtlich der Krankheitsbewältigung werden unterschiedliche Strategien ausgeführt; dies reicht von Sinnfindung in der Religion, dem Bewusstsein, dass statt nicht möglicher körperlicher Arbeit Bildung ein Schlüssel zu Erfolg sei, bis hin zur Verdrängung des Todes.

Laura Gantt 12 beschrieb 1992 die Lebenserfahrungen von 18 Frauen im Alter von 15 bis 28 Jahren mit kongenitalem Herzfehler. Die Datenerhebung erfolgte mittels eines unstrukturierten Interviews, welches auf Tonband aufgenommen wurde. Hinsichtlich des Aspektes „Herzkrank aufwachsen“ wurden das Gefühl, anders zu sein, elterliche Überprotektion und Sich-Beobachtet-Fühlen berichtet. Über das „als Frau aufwachsen“

berichteten die Teilnehmerinnen einen Mangel an Informationen über Familienplanung, Schwangerschaft und Geburt. Zudem wurden Angst, bei der Schwangerschaft/Geburt zu sterben und auch die Angst, ein herzkrankes Kind zu bekommen, eruiert. Viele Frauen meinten, dass andere darüber zu entscheiden haben, ob sie schwanger werden sollten oder nicht. Beim Thema „Wider dem eigenen Körper leben“ zeigte sich bei vielen Frauen ein erniedrigtes Selbstvertrauen sowie bei 5 Frauen eine Körperbildstörung.

Das psychosoziale Profil von 29 zyanotischen Patienten im Alter von 29 – 56 Jahren, die als Kind wegen eines angeborenen komplexen Herzfehlers (TOF, TGA, Eisenmenger- Syndrom, Ebstein-Anomalie) operiert wurden, beschrieben Horner et al 21 im Jahr 2000 in Form eines auf dem „Diagnostic and Statistical Manual, Revised Third Edition“

(DSM-II-R) basierenden, semistrukturierten psychologischen Interviews.

Obwohl sich keiner der Patienten anamnestisch in psychologischer Behandlung befand, wurde im Rahmen der Erhebung bei 37,9 % eine Dysthymie, bei 13,8 % eine Major Depression, bei 41,4 % eine posttraumatische Belastungsstörung, bei 17,2 % eine generalisierte Angststörung und bei 31,0 % eine Anpassungsstörung beschrieben.

Im Interview, das für viele Patienten die erste Gelegenheit, über die sozialen und persönlichen Konsequenzen ihrer Herzerkrankung zu sprechen darstellte, berichteten die meisten Betroffenen, dass ihre Herzkrankheit in der Familie nie offen angesprochen wurde. Eine Überprotektion wurde von den meisten Befragten verneint, der Tenor von Ärzten und Eltern wären vor allem Bekräftigungen, dass sie normal wären und nicht darüber nachdenken sollten, gewesen.

Ein Drittel der Befragten war krankheitsbedingt nicht in der Lage, regulär am Schulunterricht teilzunehmen, was ihnen ein Gefühl der sozialen Isolation und Unbeholfenheit gegeben habe; 52 % brachen bei der Erinnerung an ihre Schulzeit in Tränen aus.

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Vor allem Männer berichteten über Schwierigkeiten in ihrer Kindheit, aufgrund ihrer mangelnden körperlichen Leistungsfähigkeit Anschluss zu ihren Kameraden zu finden sowie über häufige Hänseleien, Außenseitertum und Spitznamen, vor allem wenn eine Zyanose vorhanden war. Mädchen hingegen waren trotz körperlichen Leistungseinschränkungen besser in der Lage, sich sozial zu integrieren. Die meisten Befragten gaben an, dass sie mit niemandem über diese Erfahrungen gesprochen hätten und sich so benommen hätten, als ob alles in Ordnung wäre. Viele hätten sich mehr auf ihre schulische Leistung konzentriert, wodurch sie gute Leistungen erzielten.

Die Adoleszenz wurde von den Patienten erfreulicher als die Kindheit empfunden und ging mit einem besseren Gesundheitsempfinden und einem höheren Selbstbewusstsein einher. Auch die Zyanose habe keine so große Rolle mehr gespielt. Insgesamt konzentrierten sich die Patienten mehr auf die Zukunft und machten sich wenig Sorgen hinsichtlich ihrer Krankheit und der Mortalität und empfanden sich nach korrigierenden Eingriffen als geheilt.

Über ihr Erwachsenenalter befragt, berichteten viele Patienten, von ihrer Krankheit eingeholt worden zu sein in Form von Arrythmien, Herzinsuffizienz, Embolien, bakterieller Endokarditis und allgemeinen Verschlechterungen der kardialen Situation.

Sie gaben an, sich von ihrem Körper, den Ärzten und Familien verraten gefühlt zu haben, da sie nicht darüber informiert worden waren, dass es noch einmal zu gesundheitlichen Problemen kommen könne.

Im Erwachsenenalter wie auch in der Kindheit machten die Patienten ihre herzbezogenen Sorgen und Probleme mit sich selbst aus, ohne sich ihren Eltern, Freunden, Bekannten oder Ärzten anzuvertrauen. Auch wird die Sorge, keinen Partner zu finden, erwähnt. In Bezug auf die Zukunft zeigte sich ein ambivalentes Gefühl, nach der „Wahrheit“ über ihren Gesundheitszustand zu fragen oder das Nichtwissen vorzuziehen. Die Zukunft wurde angstbesetzt empfunden in Hinsicht auf dauerhafte Krankheit und Funktionsverlust sowie plötzlichem Herztod. Körperliche Symptome wurden verstärkt wahrgenommen und Angst, Dysthymie und Depressionen nahmen zu.

Arbeit wurde als sehr wichtig für die Patienten beschrieben; ihre Krankheit behielten sie im Kollegenkreis für sich. 4 Frauen wurden Krankenschwestern, viele Männer wählten Berufe, die körperliche Arbeit beinhalteten.

Von den Autoren wird Verleugnung als Abwehrmechanismus von Seiten der Ärzte, Eltern und der Patienten selbst zur Normalisierung des Lebens diskutiert, welche das gute Abschneiden anderer Studien im Rahmen eines Selbstausfüllerfragebogens erklären könnte. Unter der vordergründig zufriedenen Oberfläche lägen oft Ängste vor Zurückweisung und frühem Tod, Einsamkeit, Isolation, Ängste und Depressionen, vor allem bei den Personen, die alleinstehend, isoliert und arbeitslos waren.

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1.3.3 Patienten mit kongenitalem Herzfehler im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung

In der Literatur finden sich einige Studien, in denen die psychosozialen Outcomes von Patienten mit operiertem angeborenem Herzfehler mit denen der Allgemeinbevölkerung verglichen werden.

Im Folgenden werden die Studien genannt, in denen die Herzpatienten vergleichbare oder sogar bessere Ergebnisse als die Kontrollgruppe erzielten:

Das Forscherteam um Utens et al berichtete 1994 51 über das psychosoziale Outcome von 288 18 – 35jährigen Patienten nach der operativen Korrektur angeborener Herzfehler, welches mittels dreier Skalen des „Dutch Personality Questionnaire“

(DPQ 11), des „Groninger Intelligence Test“ (Kurzform) sowie einem strukturierten, nicht näher benannten Interview die biografischen Variablen abgefragt wurde. Die Patientengruppe erzielte hinsichtlich des Intelligenzquotienten signifikant höhere Scores als die Allgemeinbevölkerung, jedoch war dieses Ergebnis aufgrund eines nicht auszuschließenden Selektionsbias nur bedingt interpretierbar.

Hinsichtlich der biographischen Variablen zeigte sich, dass 92,8 % normale berufliche Laufbahnen aufwiesen. Weniger Patienten als in der Kontrollgruppe lebten allein, dies galt vor allem für die Gruppe der 18 – 20- und der 25 – 35jährigen, wobei sich kein Bezug zur Schwere der Erkrankung fand. Relativ viele dieser Patienten lebten noch bei ihren Eltern und hatten noch keine sexuelle Beziehung gehabt. Als Ursache wird von den Autoren elterliche Überprotektion und Verwöhnen vermutet.

Bezüglich ihrer Freizeitaktivitäten zeigte die Patientengruppe bessere Outcomes als die Vergleichsgruppe und hinsichtlich der emotionalen Parameter Feindseligkeit, Selbstvertrauen und Neurotizismus signifikant bessere Ergebnisse.

Als Ursache werden ebenso Verleugnung, aber auch das Zusammenleben mit einem Partner bzw. der Familie diskutiert. Ebenso wird eine erhöhte Leistungsorientierung und größerer Arbeitseinsatz von den Patienten berichtet, da sie, so zitiert die Forschergruppe, nicht weniger als die anderen wert sein wollten.

Ebenfalls als Ursache für die herausragenden Ergebnisse diskutiert die Forschergruppe, dass die erwachsenen Patienten nach den lebensgefährlichen Eingriffen am Herzen und den Krankenhausaufenthalten in der Vergangenheit danach streben, ein normales Leben zu führen und sich nicht um kleinere Probleme sorgen.

Innerhalb der einzelnen Diagnosegruppen fanden sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich der sozialen und emotionalen Parameter, jedoch zeigte sich, dass weibliche

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In einer Follow-up Studie untersuchte die gleiche Forschergruppe im Jahr 2003 53 im Rahmen einer multidisziplinären Kohortenstudie eine umfassendere Fallgruppe von 362 Patienten; hier bestätigten sich die erhobenen Befunde erneut. In der vorhergehenden Studie gefundene Rückstände in den sozialen Lebensbedingungen hatten sich anscheinend im Erwachsenenalter ausgeglichen. Allerdings hatten in der Patientengruppe signifikant mehr Personen, vor allem die Patienten TOF und TGA, in ihrem Leben eine Sonderschule besucht.

Im bei der Gegenüberstellung von Diagnose gegen die Biographie und die sozialen und emotionalen Parameter zeigten sich bis auf den Leistungssport keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten- und Kontrollgruppe. Patienten aus der TOF- und aus der TGA-Gruppe zeigten Schwierigkeiten bei der Teilnahme am Unterricht, Erwerbstätigkeit und bei intensivem Sport, konnten aber sonst ein normales Leben führen. Frauen erreichten erneut signifikant schlechtere Werte hinsichtlich des Parameters Neurotizismus als die Referenzgruppe und zeigten zudem weniger Selbstvertrauen als die Männer der Patientengruppe.

Salzer-Muhar et al 40 berichteten 2002 im Rahmen ihrer Untersuchung des Selbstkonzepts von 48 Heranwachsenden im Alter von 12 – 16 Jahren mit korrektiv bzw.

palliativ operiertem angeborenem Herzfehler, dass sich insgesamt die mit verschiedenen standardisierten Tests erhobenen Mittelwerte sowohl für die Fall- als auch für die Kontrollgruppe im Normbereich befanden.

Signifikante Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen fanden sich hinsichtlich der kognitiven Leistungen, der situationsbezogenen Angst, der Stärke des Über-Ich und des Selbstkonzeptes.

Die Patientengruppe zeigte im Vergleich zur Referenzgruppe eine schlechtere kognitive Geschwindigkeit im „Zahlenverbindungstest“ (ZVT), wobei die zyanotischen Patienten innerhalb der Patientengruppe wiederum signifikant schlechter abschnitten. Die situationsbezogenen Angst, gemessen mit dem „State-Trait-Anxiety-Inventory“ (STAI) war in der Vergleichsgruppe höher als in der Patientengruppe, was nach Meinung der Autoren in besseren Copingstrategien nach Erfahrungen mit angsteinflößenden Situationen begründet sein könnte.

Die Über-Ich Stärke, ermittelt mit dem „High School Personality Questionaire“, war in der Fallgruppe erhöht. Als Ursache wird diskutiert, dass die Patienten sich schon früh unliebsamen Prozeduren unterwerfen mussten und auf diesem Wege Kontrollmechanismen internalisiert hätten.

(17)

Beim Vergleich des Selbstkonzepts, welches mit den „Frankfurter Selbstkonzeptskalen“

(FSKN) bestimmt wurde, fiel auf, dass sich in Bezug auf „Leistung“ innerhalb der Patientengruppe keine geschlechtsspezifischen Unterschiede zeigten, obwohl nach Ausführung der Autoren Jungen gewöhnlich höhere Scores erreichen.

In der Skala „Selbstvertrauen“ der FSKN fanden sich ebenfalls keine geschlechtsspezifischen Unterschiede, allerdings waren die Scores für Selbstvertrauen gegenüber der männlichen Kontrollgruppe stark erniedrigt. Als Ursache hierfür wird von den Autoren vermutet, dass das Selbstvertrauen in der Adoleszenz stark von der Peer Group abhängt, herzkranke Jungen jedoch nicht an allen Aktivitäten teilnehmen können und außerdem Jungen öfter von zyanotischen Vitien betroffen sind als Mädchen. Auch ruhe auf den Jungen eine höhere gesellschaftliche Erwartung hinsichtlich körperlicher und mentaler Leistungsfähigkeit, was bei herzkranken Jungen das Selbstvertrauen negativ beeinflussen könne.

Die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Patienten mit Shunt- und Stenosevitien wurde von Fekkes et al 10 mittels des „SF-36“, des „TNO-Adult Quality of Life“ (TAAQOL) und des „Quality of Life Congenital Heart Disease Questionnaire“ (QOL-CHD) in den Niederlanden untersucht.

Die Patienten in dieser Studie erzielten mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbare Ergebnisse, wenn sie soziale Hindernisse aufwiesen und ohne diese Hindernisse sogar bessere Scores in fast allen Skalen des TAAQOL wie auch im SF-36 bis auf die Skalen

„“Körperliche Funktionsfähigkeit“ und „Allgemeine Gesundheitswahrnehmung“. Als mögliche Ursache wird Coping im Sinne einer höheren Wertschätzung der eigenen Gesundheit genannt.

Die Psychopathologie von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler untersuchten Cox et al 6 2001 mit Hilfe des „The General Health Questionnaire 30“ (GHQ 30) und der

„Hospital Anxiety and Depression Scale“ (HADS).

Die Herzpatienten erzielten im Vergleich zur Referenzgruppe signifikant bessere Ergebnisse im GHQ30 und insignifikant bessere Ergebnisse im HADS. Allerdings sind diese Ergebnisse nur bedingt interpretierbar, da es sich bei der Kontrollgruppe um ambulante orthopädischer Patienten handelt, welche möglicherweise durch ihre Erkrankung und eventuelle Unfalltraumata selbst eine psychische Belastung aufweisen könnte.

Gersony et al 14 untersuchten 1993 mit einem Selbstbeurteilungsfragebogen („How would you describe your present health?“) die Lebensqualität von 1681 Patienten mit

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Aortenstenose, Pulmonalstenose und Ventrikelseptumdefekt. 89,4 % der Patienten wurden vom Arzt der NYHA Klasse I zugeordnet.

Wenige Patienten gaben an, gesundheitliche Probleme zu haben, viele bezeichneten ihren gesundheitlichen Zustand auf der Skala als „excellent“. Allerdings fanden sich signifikante Unterschiede zwischen den Diagnosegruppen. Von den VSD-Patienten beschrieben weniger ihre Gesundheit als „excellent“ und gaben öfter an, dass sie ihre Gesundheit nur „mittelmäßig“ bzw. „schlecht“ empfänden. Die Geschlechtszugehörigkeit zeigte keinen Einfluss auf die Ergebnisse, weder in der gesamten Gruppe, noch innerhalb der Diagnosegruppen.

Viele der Patienten, deren Gesundheitszustand die Ärzte als „schlecht“ eingestuft hatten, bewerteten ihren Gesundheitszustand subjektiv als „gut“.

Als Ursache für diese durchaus positive Einschätzung des eigenen Gesundheitszustandes, die dem der Allgemeinbevölkerung entspricht, diskutieren die Autoren wiederum den Abwehrmechanismus Verleugnung als auch asymptomatisch gebliebene linksventrikuläre Veränderungen bei Aortenstenose bzw.

Aortenklappeninsuffizienz mit der Gefahr einer Verschleppung von Komplikationen.

Sowohl der beschützte Lebensstil als auch die Konfrontation mit schwerer Krankheit und dem möglichen Tod könnte nach Meinung der Forscher zu einer größeren Bereitschaft eine Ausbildung zu beenden und somit zu mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbaren Bildungs- und Berufsstandards geführt haben.

Andere Studien hingegen berichteten über ein schlechteres Abschneiden der Patientengruppe hinsichtlich der psychologischen Parameter im Gegensatz zur Allgemeinbevölkerung.

Mittels der SCL-90-R, der Langfassung des „Brief Symptom Inventory“, untersuchten Brandhagen et al 3 ein Kollektiv von 168 operierten und nicht operierten Patienten mit angeborenem Herzfehler und fanden alle auch im BSI vorhandenen Skalen des Patientenkollektivs im Vergleich zu den Normdaten erhöht. Es zeigte sich keine Abhängigkeit der psychischen Symptomatik vom Schweregrad der klinischen Symptomatik. 90 % der Patienten beurteilten ihren allgemeinen Gesundheitszustand als

„gut“, 75 % fanden sich in der NYHA-Klasse I. Die ebenfalls untersuchte Skala

„Abhängigkeit“ des „Minnesota Multiphasic Personality Inventory“ (MMPI) zeigte hingegen keine signifikanten Unterschiede zur Vergleichsgruppe, allerdings gaben 27 % Überprotektion durch die Eltern in der Kindheit an.

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Über im Vergleich zur Kontrollgruppe erhöhte Verhaltensauffälligkeiten sowie emotionale Auffälligkeiten von Kindern und Heranwachsenden mit angeborenem Herzfehler, gemessen mit der „Child Behavoir Checklist“ (CBCL) und dem Youth-Self-Report (YSR), berichteten Utens et al 52 im Jahre 1993. Es fiel auf, dass die Patienten im YSR signifikant höhere Scores für Internalisierung, Externalisierung und im Gesamtproblemscore erreichten, als die Eltern im CBCL angaben. Dies könnte nach Meinung der Autoren darin liegen, dass die Kinder ihre Probleme vermehrt mit sich selbst ausmachen, so dass die Eltern dies nicht bemerken würden. Der Diagnosetyp zeigte in dieser Studie keinen Einfluss auf die Outcomes der beiden Fragebögen.

Zusätzlich wurde der Intelligenzquotient der Patienten ermittelt, welcher signifikant negativ mit dem „Total Problem Score“ der CBCL, also den elterlichen Beobachtungen, nicht jedoch mit dem gleichnamigen YSR-Score korrelierte.

Gupta et al 19 ermittelten anhand der „Revised Children’s Manifest Anxiety Scale“, der

„Fear Survey Schedule for Children“ und des „Child Depression Inventory“ verborgene Ängste, Furcht und Depression von Kindern mit operativ oder interventionell versorgtem angeborenem Herzfehler. Die Mütter füllten zusätzlich die „Child Behavior Checklist“ und die „State Trait Anxiety Scale“ aus. Die Gesamtscores der Fragebögen zeigten sich bis auf die „Child Behavior Checklist“ nicht signifikant gegenüber der Referenzgruppe bzw.

den Normdaten erhöht.

Im Vergleich zur Kontrollgruppe wiesen die CHD-Kinder in den beiden erstgenannten Fragebögen höhere Scores in den Skalen „fear of injury and small animals“, ,,medical fears“ und „physical anxiety“ auf. Kinder mit zyanotischen Vitien zeigten mehr Angst vor dem Unbekannten, physiologische Angst, Depressivität und delinquentes Verhalten als die nicht zyanotischen Patienten. Die Mütter zyanotischer Kinder wiesen eine höhere situationsbezogene Angst sowie Ängstlichkeit auf als die Mütter nichtzyanotischer Kinder. Die maternale Ängstlichkeit korrelierte insgesamt mit der Ängstlichkeit des Kindes.

Im „Child Depression Inventory“ fand sich, vor allem bei den zyanotischen Kindern, eine Erhöhung der Skalen „interpersonal problems“ und „anhedonia“ gegenüber den Normdaten; letztere korrelierte mit der von der Mutter eingeschätzten Schwere des Herzfehlers.

Geyer et al 15 berichteten im Rahmen eines alters- und geschlechtsstratifizierten Vergleichs mit den in der vorliegenden Studie untersuchten Fall- und Kontrollgruppen anhand des Kruskal-Wallis-Tests über deutliche, alle Altersgruppen umfassenden Unterschiede zuungunsten der männlichen Patientengruppe in allen BSI-Subskalen bis

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auf „Depressivität“, „Phobische Angst“ und „Psychotizismus“. Bei den Frauen der Patientengruppe hingegen zeigten sich nur vereinzelte Unterschiede zur Kontrollgruppe, welche nicht über alle Altersgruppen hinweg konsistent waren.

In der Kontrollgruppe fanden sich alle betrachteten Merkmale bei Frauen stärker ausgeprägt als bei den Männern, in der Patientengruppe gab es jedoch keine Geschlechtsunterschiede mehr. Diese Angleichung männlicher und weiblicher Patienten wird auf stärkere Ausprägungen der gemessenen Symptome bei Männern zurückgeführt, während bei Frauen kaum Abweichungen von den Bevölkerungswerten zu finden waren.

1.3.4 Stand der Forschung hinsichtlich der Interaktion der Restsymptomatik mit der Psyche und der Lebensqualität

Einige Studien fokussierten die Zusammenhänge zwischen der Restsymptomatik und der psychischen Befindlichkeit bzw. der Lebensqualität von Patienten mit angeborenem Herzfehler.

Bromberg et al 4 ermittelten mit Hilfe der Skalen „Ängstlichkeit“, „Depressivität“ und

„General Severity Index“ des auch in der vorliegenden Studie verwendeten „„Brief Symptom Inventory““ (BSI) und der symptomorientierten „Criteria for Depressive and Anxiety Disorders, Fourth Edition“ (DSM-IV-Criteria) im Rahmen eines semistrukturierten Interviews die Prävalenz von Ängstlichkeit und Depressivität von 22 Patienten mit kongenitalem Herzfehler, bei denen bis dato keine emotionalen bzw.

Verhaltensauffälligkeiten bekannt waren.

Es fanden im Rahmen des DSM-IV-Kriterien erhobenen Befunde bei 27,3 % der Patienten eine depressive Episode und bei 9,1 % eine generalisierte Angststörung.

Die im BSI erhobenen T-Scores betrugen 51,9 für Depressivität und 51,14 für Ängstlichkeit; insgesamt erreichten 27,3 % der Patienten T-Scores ≥ 63 im Sinne einer psychischen Belastung.

Es fanden sich signifikante Assoziationen zwischen dem durch den Kardiologen mit Hilfe der „Cardiologist’s Perception of Medical Severity Scale“ (SCEV) eingeschätzten Schweregrades des Krankheitsgrades und der mittels BSI und DSM-IV-Kriterien erhobenen Depressivität; nicht jedoch zwischen der Ängstlichkeit und der SCEV.

Über die Lebensqualität und den wahrgenommenen Gesundheitszustand von 67 Patienten mit univentrikulärem Herzen in Frankreich berichteten Saliba et al 39 2001 im

(21)

Rahmen einer retrospektiven Querschnittstudie. Als Instrument wurde das „Duke Health Profile“, ein Selbstbeurteilungsfragebogen, verwendet.

Die Scores der Patientengruppe waren mit denen der Allgemeinbevölkerung vergleichbar, dies wird von den Autoren im Sinne einer Werteverschiebung diskutiert, bei der Unzulänglichkeiten akzeptiert und persönliche Erwartungen relativiert werden. Beim Vergleich zyanotischer Patienten mit nicht zyanotischen Patienten zeigte sich kein Unterschied hinsichtlich der mentalen und der sozialen Parameter, jedoch erzielte die Zyanosegruppe schlechtere Ergebnisse im körperlichen Bereich (schnelles Treppensteigen, Rennen) sowie in der subjektiven Gesundheitswahrnehmung.

Bei beiden Gruppen wurde ein negativer Einfluss von psychosozialen Problemen auf das Schmerzempfinden und ein positiver Einfluss des Bildungsstandes auf die mentalen und die körperlichen Parameter sowie auf das subjektive Gesundheitsempfinden beschrieben.

Beim Vergleich der Altersgruppen erreichten Patienten, die älter waren als 23 Jahre, in den Skalen „Körperliche Gesundheit“, „Mentale Gesundheit“, „Allgemeine Gesundheitswahrnehmung“, „Ängstlichkeit“ und „Schmerz“ schlechtere Scores als die jüngeren Teilnehmer. Ein Zusammenhang mit Ungewissheiten hinsichtlich des Krankheitsverlaufes, welche zu einer höheren Wahrnehmung der eigenen Vulnerabilität führen könnte, wird hier von den Autoren angesprochen.

Niedrige maximale Sauerstoffaufnahme und die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht als Prädiktor für Internalisierungsprobleme (Ängstlichkeit, Depressivität, Rückzug) berichteten van Rijen et al 54 im Rahmen einer Untersuchung der medizinischen Prädiktoren für Psychopathologie an 362 Erwachsenen mit operiertem angeborenem Herzfehler mittels des „Young-Adult-Self-Report“ (YASR) zur Selbstbeurteilung und der „Young Adult Behavior Checklist“ (YABCL), welche von einem Familienangehörigen ausgefüllt wurde.

Die körperlichen Befunde wurden durch ärztliche Untersuchung und Akteneinsicht ermittelt.

Die empfundenen Einschränkungen durch die Sternotomienarbe zeigte jedoch vor allem bei Frauen den größten Einfluss auf alle Skalen beider Fragebögen. Von Seiten der Autoren wird dies als Quelle der Unsicherheit, vor allem im Sexualkontakt, gedeutet.

Ebenso erinnere die Narbe stetig an das Vorhandensein der Herzkrankheit.

Patienten mit der Diagnose „Transposition der großen Arterien“ zeigten höhere Externalisierungscores (Aggressivität, delinquentes und aufdringliches Verhalten) im YASR und Patienten mit einem Ventrikelseptumdefekt im YABCL. Teilnehmer mit

(22)

Herzschrittmacher wiesen niedrigere Externalisierungsscores hinsichtlich der Fremdbeurteilung (YABCL) auf als die Patienten ohne Herzschrittmacher.

Ärztliche verordnete Einschränkungen (Sport, Lebensstil, Schwangerschaft) offenbarten einen Einfluss auf den Gesamt-Problem-Score des YASR.

Patienten, die vor 1990 nachoperiert werden mussten, zeigten schlechtere Outcomes im YABCL. Die Autoren interpretieren die Hospitalisierung im jungen Lebensalter als einen wichtigen Einfluss auf den Patienten und auf die Wahrnehmung durch seine Umwelt.

In anderen Studien fand sich die psychische Befindlichkeit weniger von der Restsymptomatik, als von unterschiedlichen persönlichen und Umweltfaktoren beeinflusst.

Keinen Zusammenhang zwischen der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit in Form der VO2max einerseits und dem psychische Befinden sowie der globalen Lebensqualität, gemessen mit „Giessen-Test“ (GTS) und des „WHO Instruments zur Erfassung von Lebensqualität“ (WHOQOL) fanden Rose et al 38 in einer Untersuchung der Einflussfaktoren auf die Lebensqualität von Patienten mit kongenitalem Herzfehler.

Jedoch fand sich ein Einfluss der im GTS ermittelten depressiven Disposition und der sozialen Unterstützung, gemessen mit dem „Fragebogen zur sozialen Unterstützung“ (F- SOZU) auf die psychologischen, sozialen und globalen Skalen der Lebensqualität. Die depressive Disposition beeinflusste ebenfalls die Wahrnehmung kardialer Beschwerden, ermittelt mit der Herzskala des „Giessener Beschwerdebogen“ (GBB) und die im WHOQOL berichtete körperbezogene Lebensqualität.

Mit Ausnahme der sozialen Domäne des WHOQOL erreichte das Patientenkollektiv im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung in fast allen Bereichen schlechtere Ergebnisse.

Die Lebensqualität von 267 Erwachsenen mit angeborener Herzerkrankung untersuchten Lane et al 27 2002 anhand des SF-36, bei der die kurativ behandelten Patienten eine schlechtere Lebensqualität als die korrektiv und palliativ behandelten Patienten berichteten.

Im Vergleich zur Referenzgruppe erzielte die Patientengruppe schlechtere Scores in den Skalen „körperliche Funktionsfähigkeit“ und „allgemeine Gesundheitswahrnehmung“

was nach Meinung der Autoren daran liegen könne, dass den Betroffenen bis noch vor kurzem von Seiten der Ärzte und der Eltern körperliche Einschränkungen empfohlen wurden.

(23)

Chirurgisch geheilte Patienten erreichten gegenüber der gleichaltrigen Referenzgruppe signifikant schlechtere Werte in allen Skalen exklusive der Skala “körperliche Schmerzen“ und ließen sich zusätzlich nur undeutlich von der korrektiven oder der palliativen Patientengruppe unterschieden. Ätiologisch werden das Trauma in der Kindheit, In-Watte-Gepackt-Werden von den Eltern und unentdeckte hämodynamische Einschränkungen vermutet, da die Patienten oft nicht mehr an den Follow-up- Untersuchungen teilnähmen.

Chirurgisch korrigierte Patienten zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant schlechtere Lebensqualität hinsichtlich der körperlichen Funktionsfähigkeit, der körperlichen Rollenfunktion, der sozialen Funktionsfähigkeit und der allgemeinen Gesundheitswahrnehmung.

Hingegen zeigten palliativ operierte Patienten bis auf die körperliche Funktionsfähigkeit und das allgemeine Gesundheitsempfinden Ergebnisse wie die Allgemeinbevölkerung und die rein medikamentös behandelten Patienten, bei denen keine Operation erforderlich war. Die Autoren diskutieren, dass sich die palliative Gruppe auf ihre gesundheitlichen Probleme eingestellt haben könnte und ein Coping möglich ist, andererseits wird auch diskutiert, dass die Patienten etwas, das sie nie gehabt haben, auch nicht vermissen könnten.

Die inoperable Patientengruppe zeigten eine schlechtere Lebensqualität als die Allgemeinbevölkerung und schlechtere körperliche Funktionsfähigkeit und schlechteres allgemeine Gesundheitsempfinden als alle anderen Patientengruppen, jedoch mit der kurativen Gruppe vergleichbare Scores der Skalen „Soziale Funktionsfähigkeit“ und

„Vitalität“, welche im übrigen unter denen der korrektiven und palliativen Gruppe lagen.

Zyanotische Patienten erzielten in allen Bereichen außer der emotionalen Rollenfunktion signifikant schlechtere Ergebnisse als die azyanotischen Patienten.

Ähnliche Ergebnisse veröffentlichten Ternestedt et al 46 2001 im Rahmen einer Follow- up-Studie über die Lebensqualität von 26 Patienten 20 und 30 Jahre nach der Herzoperation, welche wegen einer Fallot-Tetralogie bzw. eines Vorhofseptumdefekts durchgeführt wurde.

Zwischen der Lebensqualität, die anhand des „Protocol of Kajandi and Ternestedt“ von den Patienten im Rahmen eines Selbstbeurteilungsfragebogens sowie durch den Interviewer und einen Kardiologen im Rahmen einer körperlichen Untersuchung ermittelt wurde einerseits und der ärztlicherseits eingeschätzten NYHA-Klassifikation andererseits fanden sich keine Zusammenhänge.

(24)

Die Lebensqualität der Fallot-Patienten wurde als besser als die der Patienten mit Vorhofseptumdefekt berichtet, allerdings zeigten beide Patientengruppen beim Follow-up eine Verschlechterung der Lebensqualität.

Nur geringfügige Korrelationen zwischen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und dem objektiven körperlichen Status fanden Kamphuis et al 24 in einer Studie an 87 Patienten im Alter von 18 – 23 Jahren, bei denen eine komplexe Herzfehlbildung mit der Folge einer veränderten Herzarchitektur oder der Einbringung von Fremdmaterialien chirurgisch versorgt wurde. Als Instrumente dienten der SF-36 sowie der TACQOL für Kinder bzw. der TAAQOL für Erwachsene (Quality of Life Questionnaire des Netherlands Organisation for Applied Scientific Research Academic Medical Centre). Allerdings fanden sich Zusammenhänge zwischen der gesundheitsbezogen Lebensqualität und der Grobmotorik und den kognitiven Leistungen sowie zwischen dem subjektiven Gesundheitszustand und dem NYHA-Stadium, welches vom Arzt eingeschätzt wurde.

Im Vergleich zur Referenzgruppe erzielte die Patientengruppe im TACQOL / TAAQOL signifikant schlechtere Werte hinsichtlich der Grobmotorik, der Vitalität sowie der körperlichen Funktionsfähigkeit, der körperlichen Rollenfunktion, der allgemeinen Gesundheitswahrnehmung und wiederum der Vitalität im SF-36.

Die fehlende Übereinstimmung der Scores der Lebensqualitäts-Fragebögen mit der objektiven körperlichen Restsymptomatik wie Zyanose, Arrythmien oder Herzinsuffizienz wird von den Autoren durch den Einfluss von anderen Faktoren wie elterlichem Verhalten, elterlicher Sorge sowie sozialer Unterstützung diskutiert.

Diskrepanzen zwischen dem objektiv erhobenen Befund der und der subjektiven Gesundheitswahrnehmung berichteten Kaemmerer et al 23 1994 im Rahmen einer repräsentativen Querschnittstudie, in der die psychosozialen Probleme von 146 Jugendlichen und Erwachsenen mit zum Teil operierten angeborenen Herzfehlern untersucht wurden.

Obwohl sich 97 % der Patienten sich in den Ability Klasse 1 oder 2 nach Somerville und Warner befanden, fühlten sich nur 40,1 % „gesund und voll leistungsfähig“. Trotzdem gaben fast alle Patienten (97,3 %) an, ihre Krankheit trotzdem akzeptieren zu können.

Nur 1,4 % waren Mitglied einer Selbsthilfegruppe.

Als größte von der Herzerkrankung ausgehende Belastung wurde von 38,5 % die körperliche Einschränkung genannt. 14,7 % der Befragten gaben an, unter Angst vor der Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu leiden und 31,1 % der operierten Frauen und 27,3 % der operierten Männer fühlten sich durch die Narbe z. T. deutlich behindert oder eingeschränkt.

(25)

Von 97 Patienten (66,4 %), die berichteten, „dass jemand durch die Krankheit belastet wäre“, empfanden 11,3 % sich selbst, jedoch 88,7 % andere Personen, z. B. den Ehepartner oder die Eltern, als am stärksten belastet.

Die Relevanz des selbst eingeschätzte Gesundheitszustandes, welcher individuellen Wahrnehmungen, Maßstäben und kognitiven Wertungen unterworfen ist und von Mensch zu Mensch variiert, soll im Hinblick auf die Interaktion von Restsymptomatik und die Psyche erläutert werden.

Idler und Benjamini 22 beschrieben im Rahmen eines Reviewaufsatzes über 27 Longitudinalstudien den Zusammenhang zwischen der eigenen Einschätzung des globalen Gesundheitszustandes und der Mortalität von älteren Patienten, wobei eine schlechte Selbsteinschätzung mit einer erhöhten Mortalität einherging.

Dieses Phänomen zeigte sich am offensichtlichsten bei den Männern, bei denen eine schlechte Bewertung des eigenen Gesundheitszustandes ernstzunehmende Konditionen widerspiegelte. Frauen hingegen zeigten sich öfter als Männer von chronischen, nicht tödlichen Krankheiten betroffen, wodurch sie aber offensichtlich aber ihren Gesundheitszustand nicht als schlecht einschätzen, sondern ihre Gesundheit vor dem Hintergrund ihrer bisher in ihrem Leben vorherrschenden Krankheiten beurteilen oder sich mit anderen betroffenen Frauen verglichen.

Die Selbsteinschätzung des eigenen Gesundheitszustandes wird von den Autoren unter anderem als dynamische Einschätzung, welche durch wahrgenommene momentane Verbesserung oder Verschlechterung, auch im subjektiven Vergleich mit vorausgegangenen Krankheitsperioden, beeinflusst - welche dem Beobachter nicht ersichtlich sind - interpretiert. Ebenso wird der Einfluss der persönlichen Ressourcen sowie solchen aus dem sozialen Umfeld aufgeführt. Die eigene Gesundheitseinschätzung wird als gemeinsames Merkmal für verschiedenste ungünstige psychosoziale Zustände wie soziale Isolation, negative Life-Events, Depressionen und beruflichen Stress beschrieben.

1.3.5 Gruppenunterschiede in der Psychopathologie

Beim Vergleich der Psychopathologie unterschiedlicher Diagnosegruppen, ermittelt mit dem Young Adult Self-Report (YASR) in einer Studie mit 166 CHD-Patienten im Alter von 9 – 25 Jahren zeigten sich in einer Studie von Utens et al 49 über die Psychopathologie junger Erwachsener mit kongenitalem Herzfehler keine

(26)

Gruppenunterschiede. Ebenso ließen sich keine Zusammenhänge mit dem Intelligenzquotienten nachweisen.

Im Vergleich zur Referenzgruppe fanden sich die Skalen „Somatization“, „Strange“ und der Gesamtproblemscore erhöht. Die stärkere Somatisierung wird von den Autoren auf eine erhöhte Aufmerksamkeit dem eigenen Körpers und erhöhten Mitteilsamkeit von Symptomen diskutiert; die Skala „Strange“, welche unter anderem fixe Ideen und absonderliches Verhalten abfragt, mit gesundheitsbezogenen Sorgen wie Narben und Erinnerungen an die Herzoperation assoziiert.

Delinquentes Verhalten war bei Männern mit angeborenem Herzfehler gegenüber den herzkranken Frauen signifikant erhöht, nach somatischen Beschwerden befragt, erreichten dagegen bei den Frauen höhere Werte gegenüber den Männern der gleichen Gruppe.

In einer Studie der gleichen Forschergruppe 56 fand sich im Geschlechtervergleich, dass Männer bessere Scores in den SF-36-Skalen „Körperliche Funktionsfähigkeit“, Soziale Funktionsfähigkeit“, „Psychisches Wohlbefinden“ und „Vitalität“ als die Frauen erzielten, jedoch waren diese Unterschiede nicht signifikant. Junge Frauen erreichten im Geschlechtervergleich nichtsignifikant schlechtere Scores hinsichtlich der emotionalen Rollenfunktion. Im Langzeitverlauf zeichnete sich bei Patienten mit Transposition der großen Arterien ein negativer Verlauf bezüglich der subjektiven Gesundheitswahrnehmung ab. Männer der Patientengruppe zeigten im Langzeitverlauf ein steigendes, Frauen hingegen ein sinkendes Wohlbefinden, gemessen mit dem „Heart Patients Psychological Questionnaire“. Bei beiden Geschlechtern nahmen die berichteten sozialen Einschränkungen mit der Zeit ab.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass trotz verbesserter medizinischer Versorgung und längerer Lebenserwartung von Patienten mit angeborenem Herzfehler Probleme sowohl im psychologischen als auch im sozialen Bereich berichtet werden. Inwieweit sich die psychische Befindlichkeit von der Allgemeinbevölkerung unterscheidet, wird kontrovers diskutiert; ebenso wird der Einfluss der Restsymptomatik auf die psychische Belastung und die Lebensqualität in den verschiedenen Studien unterschiedlich bewertet. Belastete Untergruppen wurden selten eruiert. Ebenso wurde einer eventuellen Somatisierung von Patienten mit kongenitalen Vitien bisher nicht nachgegangen.

(27)

Es bleibt anzumerken, dass der Fokus der meisten zitierten Studien auf der Lebensqualität mit Unteraspekten der psychischen Befindlichkeit lag, nicht jedoch auf detaillierten Untersuchungen der Psychopathologie von Patienten mit angeborenem Herzfehler.

(28)

1.4 Fragestellung

1) Psychische Belastung und Vergleich mit Normstichprobe:

a. Welchen Charakter hat das psychische Profil der Stichprobe und gibt es BSI-Skalen, die als klinisch auffällig erhöht anzusehen sind? Bestehen Geschlechtsunterschiede?

b. Unterscheidet sich die aktuelle psychische Belastung des Patientenkollektivs von der Allgemeinbevölkerung?

2) Einfluss der Restsymptomatik auf die psychische Belastung:

a. Korreliert die NYHA-Klassifizierung mit der maximalen Sauerstoffaufnahme?

b. Besteht eine Abhängigkeit der aktuellen psychischen Belastung von dem Schweregrad der Restsymptomatik?

Der Schweregrad der Restsymptomatik soll objektiv (maximale Sauerstoffaufnahme) sowie subjektiv (NYHA-Klasse) beurteilt werden.

c. Existieren Geschlechtsunterschiede hinsichtlich des Einflusses der Restsymptomatik auf die aktuelle psychische Belastung?

Die Regressionsanalyse wird separat für Frauen und Männer vorgenommen.

d. Tragen bestimmte Untergruppen (NYHA-Stadium, maximale Sauerstoffaufnahme, Alter, Diagnose) ein erhöhtes Risiko für eine psychische Belastung?

3) Somatisierung

Besteht ein Zusammenhang zwischen den Einzelitems der BSI-Skala

„Somatisierung“ und der kardiopulmonalen Restsymptomatik, gemessen mit der NYHA-Klassifkation bzw. der maximalen Sauerstoffaufnahme?

(29)

2 Methode

2.1 Stichprobencharakteristik

Die Studienpopulation besteht aus allen Patientinnen und Patienten, welche in der Abteilung Pädiatrische Kardiologie der Georg-August-Universität Göttingen wegen Ihres angeborenen Herzfehlers operiert wurden und die während der Laufzeit der Studie 14 bis 45 Jahre alt waren.

Bei diesem Patientenkollektiv besteht die Besonderheit, dass Operationen angeborener Herzfehler in den 1960er Jahren von Prof. Koncz eingeführt wurden und von seinen Schülern, Prof. de Vivie bis Ende der 1980er Jahre sowie von Prof. Ruschewski bis heute fortgeführt werden. Damit werden Änderungen der Operationstechniken durch unterschiedliche Schulen weitgehend ausgeschlossen, ohne dass der chirurgische Fortschritt unberücksichtigt bleibt.

Den unvermeidlichen Fortschritten in der Operationstechnik wurde durch Altersstratifizierung der Patienten Rechnung getragen.

Die Studie ist von der lokalen Ethikkommission genehmigt worden.

Im Rahmen der jährlichen kardiologischen Nachsorgeuntersuchungen sowie studienspezifischen Untersuchungen wurde von erfahrenen Kinderkardiologen die Anamnese erhoben sowie eine körperliche Untersuchung mit der Entnahme von Blutproben, der Ableitung eines Elektrokardiogramms und einer Echokardiographie durchgeführt, zusätzlich wurde eine Spiroergometrie an den Patienten vorgenommen.

Die Patienten wurden im Rahmen der Anamnese von den Untersuchern nach Symptomen und konkreten Anzeichen für Leistungsminderung gefragt und den 4 NYHA- Klassen zugeordnet. Außerdem wurde im Rahmen der Nachsorgeuntersuchungen von erfahrenen Soziologinnen ein Interview mit den Studienteilnehmern bezüglich ihres sozialen Netzwerkes und sozioökonomischen Faktoren durchgeführt. Zusätzlich füllten die Patienten einen Selbstausfüllerfragebogen, bestehend aus dem „Brief Symptom Inventory“ (BSI) und den Fragebogen zum Körperbild (FKB-20) aus.

Die vorliegende Dissertation stellt ein Teilgebiet dieser Studie dar und wertet das „Brief Symptom Inventory“ (BSI) sowie die in der Spiroergometrie gemessene maximale Sauerstoffaufnahme und die von den Patienten selbst eingeschätzte NYHA-Klasse aus.

(30)

2.1.1 Response

822 Patienten wurden bis zum Studienbeginn, dem März 2003, in der Georg-August- Universität Göttingen aufgrund ihres kongenitalen Herzfehlers operiert. Patienten mit mentaler Retardierung, welche nicht auf den Herzfehler zurückzuführen war, Fehlbildungssyndromen sowie unter 14- bzw. über 45-jährige Patienten wurden von der Teilnahme an der Studie ausgeschlossen, so dass im April 698 Probanden schriftlich mit einer detaillierten Beschreibung der Studie eingeladen wurden. Im Falle einer Zusage wurde telefonisch ein Termin mit den Teilnehmern vereinbart. Das Patientenkollektiv umfasst nicht nur Patienten aus Göttingen, sondern auch solche innerhalb eines Radius von bis zu 300 km Entfernung.

Diejenigen, welche nicht auf unser Schreiben geantwortet hatten, wurden im Juni 2003 sowie gegebenenfalls im Januar 2004 nochmals von uns angeschrieben.

Insgesamt waren 91 (13 %) Patienten unbekannt verzogen und 33 Patienten (4,7 %) verstorben.

Von den verbleibenden 574 potentiellen Teilnehmern sagten 361 (62,9 %) zu, 121 (21,1 %) lehnten eine Teilnahme an der Studie ab und 92 (16 %) antworteten auf keines unserer 3 Anschreiben.

Von den oben genannten Teilnehmern füllten 347 den Selbstausfüllerfragebogen BSI („Brief Symptom Inventory“) aus.

Das Durchschnittsalter der Studienpopulation betrug 25,89 Jahre (SD 8,36). Frauen waren mit 42,4 %, Männer mit 57,6 % vertreten. Das Alter bei der Erstoperation betrug bei beiden Geschlechtern im Mittel 6,84 Jahre (SD 7,04), bei den weiblichen Teilnehmern 7,19 Jahre (SD 7,66) und den männlichen Teilnehmern 6,58 Jahre (SD 6,56). Das Minimum lag für beide Geschlechter bei 0,00 Jahren, das Maximum bei 40,44 Jahren.

Zwei Patienten, die sich in NYHA-Stadium IV eingeordnet hatten, wurden von uns aus statistischen Gründen mit der NYHA-Kategorie III zusammengefasst.

(31)

2.1.2 Nonresponse

Eine Ausfallanalyse 17 ergab, dass Teilnehmer und Nichtteilnehmer sich hinsichtlich der Verteilungen nach Geschlecht, Alter sowie Operationstyp nicht unterschieden.

2.2 Bevölkerungsstichprobe

Die Kontrollgruppe besteht aus 1165 Personen im Alter von 14 bis 45 Jahren, welchen die „Symptom-Checkliste SCL-90-R“ im Rahmen einer durch ein Meinungsforschungsinstitut durchgeführten Repräsentativbefragung in Form einer Mehrthemenumfrage von 2179 Personen im Alter zwischen 16 und 96 Jahren vorgelegt wurde. Dabei handelte es sich um 933 Männer und 1246 Frauen, welche durch Zufallsauswahl ermittelt und zuhause interviewt wurden. Durch Ziehung von ADM (Arbeitskreis Deutsche Marktforschungsinstitute)-Stichproben und durch Vergleiche mit dem Statistischen Bundesamt wurde die Repräsentativität der Stichprobe belegt.

Der Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung wurde auch im Rahmen des Lebenschancen-Projekts untersucht 15.

Für die vorliegende Studie wurden die Daten auf die Zahl der 14 – 45jährigen begrenzt (n = 1165).

Das „Brief Symptom Inventory“ (BSI) stellt eine Kurzform der SCL-90-R dar. Somit war es möglich, die Skalen der Bevölkerungsstichprobe auf die im BSI verwendeten Fragen zu reduzieren und mit den in der vorliegenden Studie erhobenen BSI-Skalen zu vergleichen.

(32)

2.3 Klassifizierung gemäß der New York Heart Association (NYHA)

2.3.1 Beschreibung der NYHA-Klassifizierung

Die NYHA-Klassifizierung dient seit 1964 47 der Einschätzung der kardialen Symptomatik auf die Aktivitäten des täglichen Lebens in 4 Klassen von fehlender bis schwerer Beeinträchtigung (siehe 2.3.2) und spielt seitdem eine wichtige Rolle in der Beurteilung kardiologischer Patienten.

Allerdings ist wenig bekannt über die Art und Güte der Erhebung sowie über die Reproduzierbarkeit der mittels NYHA-Klassifikation gemessener Ergebnisse im Langzeitverlauf.

Eine Evaluation der Validität und Reliabilität der NYHA-Klassifikation wurde von Bennett et al 2 in Form einer Untersuchung der Erhebungsverfahren, der Korrelation mit objektiven Messverfahren und Outcomes von 27 Interventionsstudien, welche im Zeitraum von Januar bis September 2000 veröffentlicht wurden, durchgeführt.

Insgesamt zeigte sich die NYHA-Klassifikation als valides Messinstrument für den funktionellen Status der Patienten, welcher die individuelle Fähigkeit, Aktivitäten im Rahmen des individuellen Lebensumfeldes auszuüben, darstellt.

Der funktionelle Status stellt nach Angaben der Verfasser einen wichtigen Begriff für das Verständnis des Einflusses der Herzerkrankung auf das tägliche Leben der Patienten dar und wird durch Faktoren wie die individuelle Symptomwahrnehmung, Barrieren im Umfeld, die praktische und soziale Unterstützung sowie durch psychologische Determinanten wie Depressivität beeinflusst.

Bennett et al konnten lediglich mäßige Korrelationen mit objektiven Messungen wie der maximalen Sauerstoffaufnahme oder dem der Weber-Klassifizierung nachweisen.

Insgesamt zeigte sich, dass die NYHA-Stadien nicht als Messinstrument für Parameter wie die Lebensqualität, die tatsächliche körperliche Leistungsfähigkeit oder die individuelle Leistungsbereitschaft (Performance) geeignet ist.

Hinsichtlich der Reliabilität der NYHA-Klassifikation zeigte sich, dass in den meisten Studien keine hinreichenden Angaben über die Art und Weise der Klassifizierung der Patienten existieren und die Intra- und Interraterreliabilität so gut wie nie gemessen wurden.

Da die NYHA-Klassifikation jedoch durch ihre recht weit gefasste, uneindeutige Formulierung unterschiedliche Interpretationen hinsichtlich der gewöhnlichen körperlichen Aktivität erlaubt, werden von den Autoren für künftige Studien eine

(33)

detailliertere Beschreibung der klassifizierenden Personen inklusive ihrer Ausbildung und Qualifikation, die Erfassung der Intra- und Interraterreliabilität sowie die gleichzeitige Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit mit einem objektiven Parameter empfohlen.

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wird von Bennett et al eine Selbstbeurteilung des Einflusses der kardialen Symptomatik durch den Patienten vorgeschlagen.

2.3.2 Erhebung der NYHA-Stadien

Den Patienten wurden von den Untersuchern nach Symptomen und konkreten Anzeichen für Leistungsminderung befragt. Die Klassifizierung erfolgte durch die Untersucher durch Aggregation.

NYHA I: Keine Einschränkung. Gewöhnliche körperliche Aktivität verursacht keine Müdigkeit, Kurzatmigkeit oder Herzklopfen.

NYHA II: Leichte Einschränkung bei körperlicher Aktivität. In Ruhe beschwerdefrei. Gewöhnliche körperliche Aktivität führt zu Müdigkeit, Herzklopfen, Kurzatmigkeit oder Herzschmerzen.

NYHA III: Deutliche Einschränkung bei körperlicher Aktivität. In Ruhe beschwerdefrei. Sehr geringe körperliche Aktivität führt zu Müdigkeit, Herzklopfen, Kurzatmigkeit oder Herzschmerzen.

NYHA IV: Unfähigkeit, körperliche Aktivität ohne Unwohlsein auszuführen.

Bereits in Ruhe Müdigkeit, Herzklopfen, Kurzatmigkeit oder Herzschmerzen.

Zunahme des Unwohlseins bei jeder körperlichen Aktivität.

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