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Beim Vergleich der Psychopathologie unterschiedlicher Diagnosegruppen, ermittelt mit dem Young Adult Self-Report (YASR) in einer Studie mit 166 CHD-Patienten im Alter von 9 – 25 Jahren zeigten sich in einer Studie von Utens et al 49 über die Psychopathologie junger Erwachsener mit kongenitalem Herzfehler keine

Gruppenunterschiede. Ebenso ließen sich keine Zusammenhänge mit dem Intelligenzquotienten nachweisen.

Im Vergleich zur Referenzgruppe fanden sich die Skalen „Somatization“, „Strange“ und der Gesamtproblemscore erhöht. Die stärkere Somatisierung wird von den Autoren auf eine erhöhte Aufmerksamkeit dem eigenen Körpers und erhöhten Mitteilsamkeit von Symptomen diskutiert; die Skala „Strange“, welche unter anderem fixe Ideen und absonderliches Verhalten abfragt, mit gesundheitsbezogenen Sorgen wie Narben und Erinnerungen an die Herzoperation assoziiert.

Delinquentes Verhalten war bei Männern mit angeborenem Herzfehler gegenüber den herzkranken Frauen signifikant erhöht, nach somatischen Beschwerden befragt, erreichten dagegen bei den Frauen höhere Werte gegenüber den Männern der gleichen Gruppe.

In einer Studie der gleichen Forschergruppe 56 fand sich im Geschlechtervergleich, dass Männer bessere Scores in den SF-36-Skalen „Körperliche Funktionsfähigkeit“, Soziale Funktionsfähigkeit“, „Psychisches Wohlbefinden“ und „Vitalität“ als die Frauen erzielten, jedoch waren diese Unterschiede nicht signifikant. Junge Frauen erreichten im Geschlechtervergleich nichtsignifikant schlechtere Scores hinsichtlich der emotionalen Rollenfunktion. Im Langzeitverlauf zeichnete sich bei Patienten mit Transposition der großen Arterien ein negativer Verlauf bezüglich der subjektiven Gesundheitswahrnehmung ab. Männer der Patientengruppe zeigten im Langzeitverlauf ein steigendes, Frauen hingegen ein sinkendes Wohlbefinden, gemessen mit dem „Heart Patients Psychological Questionnaire“. Bei beiden Geschlechtern nahmen die berichteten sozialen Einschränkungen mit der Zeit ab.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass trotz verbesserter medizinischer Versorgung und längerer Lebenserwartung von Patienten mit angeborenem Herzfehler Probleme sowohl im psychologischen als auch im sozialen Bereich berichtet werden. Inwieweit sich die psychische Befindlichkeit von der Allgemeinbevölkerung unterscheidet, wird kontrovers diskutiert; ebenso wird der Einfluss der Restsymptomatik auf die psychische Belastung und die Lebensqualität in den verschiedenen Studien unterschiedlich bewertet. Belastete Untergruppen wurden selten eruiert. Ebenso wurde einer eventuellen Somatisierung von Patienten mit kongenitalen Vitien bisher nicht nachgegangen.

Es bleibt anzumerken, dass der Fokus der meisten zitierten Studien auf der Lebensqualität mit Unteraspekten der psychischen Befindlichkeit lag, nicht jedoch auf detaillierten Untersuchungen der Psychopathologie von Patienten mit angeborenem Herzfehler.

1.4 Fragestellung

1) Psychische Belastung und Vergleich mit Normstichprobe:

a. Welchen Charakter hat das psychische Profil der Stichprobe und gibt es BSI-Skalen, die als klinisch auffällig erhöht anzusehen sind? Bestehen Geschlechtsunterschiede?

b. Unterscheidet sich die aktuelle psychische Belastung des Patientenkollektivs von der Allgemeinbevölkerung?

2) Einfluss der Restsymptomatik auf die psychische Belastung:

a. Korreliert die NYHA-Klassifizierung mit der maximalen Sauerstoffaufnahme?

b. Besteht eine Abhängigkeit der aktuellen psychischen Belastung von dem Schweregrad der Restsymptomatik?

Der Schweregrad der Restsymptomatik soll objektiv (maximale Sauerstoffaufnahme) sowie subjektiv (NYHA-Klasse) beurteilt werden.

c. Existieren Geschlechtsunterschiede hinsichtlich des Einflusses der Restsymptomatik auf die aktuelle psychische Belastung?

Die Regressionsanalyse wird separat für Frauen und Männer vorgenommen.

d. Tragen bestimmte Untergruppen (NYHA-Stadium, maximale Sauerstoffaufnahme, Alter, Diagnose) ein erhöhtes Risiko für eine psychische Belastung?

3) Somatisierung

Besteht ein Zusammenhang zwischen den Einzelitems der BSI-Skala

„Somatisierung“ und der kardiopulmonalen Restsymptomatik, gemessen mit der NYHA-Klassifkation bzw. der maximalen Sauerstoffaufnahme?

2 Methode

2.1 Stichprobencharakteristik

Die Studienpopulation besteht aus allen Patientinnen und Patienten, welche in der Abteilung Pädiatrische Kardiologie der Georg-August-Universität Göttingen wegen Ihres angeborenen Herzfehlers operiert wurden und die während der Laufzeit der Studie 14 bis 45 Jahre alt waren.

Bei diesem Patientenkollektiv besteht die Besonderheit, dass Operationen angeborener Herzfehler in den 1960er Jahren von Prof. Koncz eingeführt wurden und von seinen Schülern, Prof. de Vivie bis Ende der 1980er Jahre sowie von Prof. Ruschewski bis heute fortgeführt werden. Damit werden Änderungen der Operationstechniken durch unterschiedliche Schulen weitgehend ausgeschlossen, ohne dass der chirurgische Fortschritt unberücksichtigt bleibt.

Den unvermeidlichen Fortschritten in der Operationstechnik wurde durch Altersstratifizierung der Patienten Rechnung getragen.

Die Studie ist von der lokalen Ethikkommission genehmigt worden.

Im Rahmen der jährlichen kardiologischen Nachsorgeuntersuchungen sowie studienspezifischen Untersuchungen wurde von erfahrenen Kinderkardiologen die Anamnese erhoben sowie eine körperliche Untersuchung mit der Entnahme von Blutproben, der Ableitung eines Elektrokardiogramms und einer Echokardiographie durchgeführt, zusätzlich wurde eine Spiroergometrie an den Patienten vorgenommen.

Die Patienten wurden im Rahmen der Anamnese von den Untersuchern nach Symptomen und konkreten Anzeichen für Leistungsminderung gefragt und den 4 NYHA-Klassen zugeordnet. Außerdem wurde im Rahmen der Nachsorgeuntersuchungen von erfahrenen Soziologinnen ein Interview mit den Studienteilnehmern bezüglich ihres sozialen Netzwerkes und sozioökonomischen Faktoren durchgeführt. Zusätzlich füllten die Patienten einen Selbstausfüllerfragebogen, bestehend aus dem „Brief Symptom Inventory“ (BSI) und den Fragebogen zum Körperbild (FKB-20) aus.

Die vorliegende Dissertation stellt ein Teilgebiet dieser Studie dar und wertet das „Brief Symptom Inventory“ (BSI) sowie die in der Spiroergometrie gemessene maximale Sauerstoffaufnahme und die von den Patienten selbst eingeschätzte NYHA-Klasse aus.

2.1.1 Response

822 Patienten wurden bis zum Studienbeginn, dem März 2003, in der Georg-August-Universität Göttingen aufgrund ihres kongenitalen Herzfehlers operiert. Patienten mit mentaler Retardierung, welche nicht auf den Herzfehler zurückzuführen war, Fehlbildungssyndromen sowie unter 14- bzw. über 45-jährige Patienten wurden von der Teilnahme an der Studie ausgeschlossen, so dass im April 698 Probanden schriftlich mit einer detaillierten Beschreibung der Studie eingeladen wurden. Im Falle einer Zusage wurde telefonisch ein Termin mit den Teilnehmern vereinbart. Das Patientenkollektiv umfasst nicht nur Patienten aus Göttingen, sondern auch solche innerhalb eines Radius von bis zu 300 km Entfernung.

Diejenigen, welche nicht auf unser Schreiben geantwortet hatten, wurden im Juni 2003 sowie gegebenenfalls im Januar 2004 nochmals von uns angeschrieben.

Insgesamt waren 91 (13 %) Patienten unbekannt verzogen und 33 Patienten (4,7 %) verstorben.

Von den verbleibenden 574 potentiellen Teilnehmern sagten 361 (62,9 %) zu, 121 (21,1 %) lehnten eine Teilnahme an der Studie ab und 92 (16 %) antworteten auf keines unserer 3 Anschreiben.

Von den oben genannten Teilnehmern füllten 347 den Selbstausfüllerfragebogen BSI („Brief Symptom Inventory“) aus.

Das Durchschnittsalter der Studienpopulation betrug 25,89 Jahre (SD 8,36). Frauen waren mit 42,4 %, Männer mit 57,6 % vertreten. Das Alter bei der Erstoperation betrug bei beiden Geschlechtern im Mittel 6,84 Jahre (SD 7,04), bei den weiblichen Teilnehmern 7,19 Jahre (SD 7,66) und den männlichen Teilnehmern 6,58 Jahre (SD 6,56). Das Minimum lag für beide Geschlechter bei 0,00 Jahren, das Maximum bei 40,44 Jahren.

Zwei Patienten, die sich in NYHA-Stadium IV eingeordnet hatten, wurden von uns aus statistischen Gründen mit der NYHA-Kategorie III zusammengefasst.

2.1.2 Nonresponse

Eine Ausfallanalyse 17 ergab, dass Teilnehmer und Nichtteilnehmer sich hinsichtlich der Verteilungen nach Geschlecht, Alter sowie Operationstyp nicht unterschieden.