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Der Kanton Bern befindet sich nach wie vor in der Gruppe der finanzschwachen Kantone und ist deshalb auf die Unterstützung durch die finanzstarken Kantone angewiesen

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I 197/2005 FIN 15. März 2006 47C

Interpellation

0638 Zuber, Moutier (PSA)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 27.07.2005

FIS und FIG: Wird mit unterschiedlichen Ellen gemessen?

Der Internationale Turnverband (FIG) hat am 21. Juli 2005 seine Absicht angekündigt, seinen Sitz von Moutier nach Neuenburg zu verlegen, nachdem es der Kanton Bern abgelehnt habe, ihm eine Steuerbefreiung zu gewähren. Der Regierungsrat hat seine Haltung in einer Medienmitteilung rechtfertigt:

Eine vollständige Steuerbefreiung verletzt nämlich nach der rechtlichen Einschätzung der Finanzdirektion, welche auch von der Eidgenössischen Steuerverwaltung geteilt wird, klar die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden. [?]

Der Kanton Bern befindet sich nach wie vor in der Gruppe der finanzschwachen Kantone und ist deshalb auf die Unterstützung durch die finanzstarken Kantone angewiesen. In dieser Situation kommt eine Verletzung von harmonisierungsrechtlichen Bestimmungen, welche schlussendlich zum Nachteil der Gesamtheit der Kantone gereicht, für den Kanton Bern nicht in Frage. Es sollen vielmehr günstige Voraussetzungen geschaffen werden, damit für alle Steuerpflichtigen inskünftig die steuerliche Belastung, welche zurzeit noch nicht der Zielvorstellung entspricht, reduziert werden kann. Diese Politik erlaubt nicht, in einzelnen Fällen Steuerprivilegien zu schaffen.

Angesichts dieser Erklärungen und des voraussichtlichen Umzugs des FIG in einen anderen Kanton wird der Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:

1. Wie sieht die steuerrechtliche Stellung des Internationalen Skiverbands (FIS) aus, dessen Sitz sich in Oberhofen und somit ebenfalls im Kanton Bern befindet? Steht er

— wie in der Presse zu lesen war — im Genuss besonderer Steuerprivilegien oder gar im Genuss einer vollständigen Steuerbefreiung? Erzielt der FIS mit der Vermarktung von Fernsehrechten Einnahmen? Wenn ja: Werden diese Einnahmen versteuert?

2. Sind die Steuerprivilegien, die dem FIS vollständig oder teilweise gewährt werden, mit den Bestimmungen der Bundesgesetzgebung sowie mit der Politik des Kantons, der behauptet, alle Steuerpflichtigen gleich zu behandeln, vereinbar?

3. Wie viele teilweise oder vollständige Steuerbefreiungen hat der Kanton in den vergangenen zehn Jahren natürlichen und juristischen Personen sowie verschiedenen Vereinigungen und Institutionen gewährt? Welchen Gesamtbetrag stellen diese Steuerbefreiungen insgesamt dar?

4. Ist der Regierungsrat der Ansicht, dass die Steuerprivilegien, die Verbänden in anderen Kantonen und insbesondere im Kanton Waadt (dessen Finanzkraft nicht besser ist als jene des Kantons Bern, und der neben dem Internationalen Olympischen Komitee auch Sitz zahlreicher anderer Sportverbände ist) gewährt

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werden, mit der Bundesgesetzgebung vereinbar sind? Ist dem Regierungsrat die Einschätzung der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Bezug auf die Gewährung solcher Steuerprivilegien an Sportverbände bekannt?

5. Bern wird den Sitz eines Sportverbandes an einen anderen Kanton verlieren. Sind der Kanton Bern und insbesondere der Berner Jura nicht Opfer des Übereifers seitens der Kantonsverwaltung und des Dogmatismus’ seitens des Regierungsrats?

6. Der Internationale Turnverband (FIG) hat seinen Sitz seit 1973 im Kanton Bern und hat seitdem anscheinend nie Einkommenssteuern bezahlt. Wie kann der Regierungsrat diese Situation und die Tatsache, dass diese im vergangenen Jahr unvermittelt beendet wurde, erklären? Hat der Kanton seine Interpretation der Gesetzesbestimmungen geändert oder hat er sich seit 1973 rechtswidrig verhalten?

7. Im vergangenen Juni haben die Finanzdirektion und der FIG einen Vertrag abgeschlossen, mit dem die Steuerrechnung des FIG spürbar gekürzt wurde. Enthält dieser Vertrag eine Nichtigkeitsklausel für den Fall, dass der FIG den Kanton Bern verlässt? Wenn nein: Welche Garantien hat die Finanzdirektion vom FIG in Bezug auf die Beibehaltung seines Sitzes im Kanton Bern verlangt?

8. Kann der Regierungsrat dem Grossen Rat eine Schätzung des Verlustes liefern, den ein Wegzug des FIG für den Kanton Bern direkt oder indirekt hätte (Arbeitsplätze, Handelsbeziehungen, internationale Ausstrahlung usw.)?

9. Welche Strategie gedenkt der Regierungsrat nunmehr zu verfolgen, um zu verhindern, dass der FIG den Kanton Bern verlässt?

In seiner Medienmitteilung vom vergangenen 22. Juli bekräftigt der Regierungsrat, dass Finanzdirektor Gasche weiterhin das Gespräch mit dem FIG aufrechterhalten wird. Der FIG seinerseits will weiterhin seinen Umzug nach Neuenburg prüfen. Aufgrund aller Fristen, die es in dieser Angelegenheit zu beachten gibt, drängt sich eine rasche Behandlung dieses Vorstosses auf.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 08.09.2005

Antwort des Regierungsrates 1. Vorbemerkungen

Juristische Personen können von der Steuerpflicht befreit werden, wenn sie gemeinnützige oder öffentliche Zwecke verfolgen. Die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen hierfür finden sich im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11: Artikel 56 Bst. g) und im Bernischen Steuergesetz (StG; BSG 661.11: Artikel 83 Abs. 1 Bst. g) bzw.

in der Verordnung über die Steuerbefreiung juristischer Personen (BSG 661.262). Auch das Steuerharmonisierungsgesetz regelt die Frage der Steuerbefreiung juristischer Personen (StHG; SR 642.14: Artikel 23 Abs. 1 Bst. f).

Eine möglichst einheitliche Anwendung und Auslegung der Steuerbefreiungsbestimmungen wird interkantonal durch die ständige Arbeitsgruppe

„Steuerbefreiungen“ der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) angestrebt, in welcher Vertreter sieben verschiedener kantonaler Steuerverwaltungen sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) mitarbeiten.

National und international tätige Sportverbände und Vereinigungen können steuerbefreit werden, wenn ihre Zielsetzung auch auf die Förderung des Breitensports und der allgemeinen körperlichen Ertüchtigung ausgerichtet ist. Sie verfolgen damit einen im Allgemeininteresse liegenden gemeinnützigen Zweck oder nehmen eine öffentliche

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Aufgabe wahr. Steht bei der Tätigkeit eines Sportverbandes indes der Selbsthilfe- oder Erwerbszweck im Vordergrund oder ist die Tätigkeit einseitig nur auf die Unterstützung des Spitzensports ausgerichtet, so ist eine Steuerbefreiung nicht oder nur teilweise möglich.

Die Arbeitsgruppe „Steuerbefreiungen“ SSK setzt sich zur Zeit intensiv mit den Voraussetzungen der Steuerbefreiung von Sportverbänden auseinander und prüft deshalb auch, ob die Kantone in diesem Punkt wirklich eine einheitliche Rechtsanwendung kennen. Die Untersuchung steht unter der Leitung der ESTV.

2. Beantwortung der einzelnen Fragen

Vorab ist zu bemerken, dass das gesetzlich verankerte Steuergeheimnis auch gegenüber dem Grossen Rat gilt und deshalb zu den einzelnen Punkten nur insoweit Stellung genommen werden kann, als das Steuergeheimnis dies zulässt.

Frage 1

Der Internationale Skiverband FIS mit Sitz in Oberhofen ist von der Steuerpflicht befreit.

Die Steuerbefreiung wird nach Abschluss der oben erwähnten Untersuchung der SSK/ESTV überprüft werden. Zu den Einzelheiten der Steuerbefreiung bzw. der Ertragsstruktur der FIS kann aus Gründen des Steuergeheimnisses nicht Stellung genommen werden.

Frage 2

Auch für die FIS besteht nur die Möglichkeit einer teilweisen oder vollständigen Steuerbefreiung aufgrund der obgenannten rechtlichen Grundlagen. Die Steuerbefreiungen werden, soweit dies jeweils personell möglich ist, periodisch überprüft.

Frage 3

Die Steuerverwaltung des Kantons Bern hat im Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis am 31.

Dezember 2005 1674 vollständige oder teilweise Steuerbefreiungen verfügt. Wieviel Steuersubstrat dadurch nicht zur Besteuerung gelangte, kann schlecht geschätzt werden, da hierzu keinerlei spezifische Daten erhoben wurden. Generell kann man aber sagen, dass sehr viele dieser Institutionen bloss marginale Gewinne aufweisen bzw. nur über ein sehr bescheidenes Eigenkapital verfügen (insbesondere Vereine) und die klar überwiegende Mehrheit der steuerbefreiten juristischen Personen deshalb ohnehin keine oder nur sehr wenig Gewinn- und Kapitalsteuern entrichten müssten.

Frage 4

Momentan findet eine Überprüfung der SSK/ESTV bezüglich der unterschiedlichen kantonalen Praxen bei der Steuerbefreiung von Sportverbänden statt. Der Kanton Bern wird vom Resultat dieser Überprüfung im Rahmen seiner Tätigkeit in der Arbeitsgruppe

„Steuerbefreiung“ der SSK Kenntnis erhalten und, falls nötig, entsprechende Schlüsse ziehen. Ein Vorgreifen der Steuerverwaltung ist deshalb nicht angezeigt, auch nicht im Hinblick auf die Beurteilung der Praxis anderer Kantone.

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Frage 5

Der Kanton Bern ist bei der Anwendung des Steuergesetzes an das auf Verfassungsstufe verankerte Gebot der rechtsgleichen Behandlung gebunden. Spezifische Zugeständnisse an spezielle Institutionen sind nicht möglich. Insbesondere steht solchen auch das ebenfalls in der Bundesverfassung verankerte Verbot von Steuerabkommen entgegen.

Dass in den Kantonen für die identischen steuerlichen Bestimmungen verschiedene Auslegungspraxen bestehen, ist bekannt und trotz aller Harmonisierungsbestrebungen wohl auch nie zu vermeiden. Die Praxis des Kantons Bern bei der Auslegung des Steuergesetzes ist insbesondere auch durch ein Interesse an der Vertrauenswürdigkeit bei allen Steuerzahlenden geprägt.

Frage 6

Die Aufnahme der FIG in das Steuerregister der Gemeinde Moutier erfolgte leider erst im Jahr 1991. Durch die Nichtregistrierung ging jedoch kein Steuersubstrat verloren, da der Kanton Bern die Ansicht vertrat, dass die FIG bis und mit Steuerjahr 2003 ohnehin von der Steuerpflicht zu befreien sei: Bei einer Beurteilung, wie entschieden worden wäre, wenn die Steuerpflicht beim Zuzug in den Kanton Bern überprüft worden wäre, kam man nämlich zum Schluss, dass aufgrund der damaligen Gegebenheiten mit Bestimmtheit eine Steuerbefreiung gewährt worden wäre. In der Zwischenzeit haben sich die Verhältnisse geändert, so dass nach der heutigen Beurteilung pro futuro nur noch teilweise eine Befreiung denkbar wäre. Konkrete Aussagen zu dieser zwischenzeitlichen Veränderung der Verhältnisse können aufgrund des Steuergeheimnisses nicht gemacht werden. Wie weit eine zukünftige Steuerbefreiung der FIG hätte gehen können, sollte in Zusammenarbeit mit dieser geklärt werden. Mit ihrem Entscheid, unabhängig vom Ergebnis dieser Detailprüfung den Sitz zu verlegen, hat die FIG diese Ausscheidung zwischen gemeinnützigen und kommerziellen Aktivitäten hinfällig werden lassen.

Ob sich die Verhältnisse bei der FIS ebenfalls dergestalt verändert haben, dass die gewährte Steuerbefreiung eventuell widerrufen oder eingeschränkt werden muss, wird die oben zu Frage 1 erwähnte Überprüfung zeigen.

Frage 7

Die Finanzdirektion, die Steuerverwaltung und die FIG haben die Möglichkeit einer Steuerbefreiung im vergangenen Jahr diskutiert und sind dabei zum Schluss gekommen, dass, wie oben erwähnt, eine solche bis und mit Steuerjahr 2003 auch im Sinne der Gleichbehandlung gewährt werden kann. Aufgrund veränderter Umstände wurde weiter festgehalten, dass die vollständige Steuerbefreiung ab dem Steuerjahr 2004 nicht mehr möglich sein würde. Die Beurteilung der Steuerbefreiung stützte sich auf rechtliche Überlegungen und musste unabhängig von einem allfälligen Verbleib des Vereinssitzes der FIG im Kanton Bern vorgenommen werden. Hierüber wurde auch kein Vertrag geschlossen, was rechtlich gar nicht zulässig gewesen wäre, sondern es wurde eine schriftliche Zusammenfassung der Besprechungsergebnisse erstellt, welche der FIG mit Schreiben vom 29. Juni 2005 zugestellt wurde. Anschliessend erfolgte, gestützt auf die beschlossene Steuerbefreiung, die Veranlagung für die entsprechenden Steuerjahre.

Frage 8

Der Regierungsrat bedauert den Wegzug der FIG. Er kann die mittelbaren (finanziellen) Auswirkungen des Wegzuges nicht genau beurteilen. Selbstverständlich ist sich der Regierungsrat aber bewusst, dass der Wegzug für den Standort Moutier ein Verlust ist.

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Frage 9

Das Exekutivkommitee der FIG hat am 10. Oktober 2005 den Wegzug der FIG aus Moutier nach Neuenburg definitiv beschlossen.

Ob und wieweit steuerliche Gründe für den Entscheid der FIG letztlich massgebend waren, hat die FIG nicht bekannt gegeben. Weitergehende Konzessionen, um die FIG doch noch zum Verbleiben in Moutier zu bewegen, waren für den Kanton Bern nicht möglich. Der Kanton Bern versuchte, mit der FIG eine differenzierte und rechtskonforme Konzeption für deren Besteuerung zu finden. Eine klar rechtswidrige steuerliche Privilegierung zu Lasten der Gesamtheit der Steuerzahler kam aber nie in Frage, weshalb der Kanton Bern der FIG auch kein Angebot auf totale Steuerbefreiung unterbreiten konnte.

An den Grossen Rat

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