• Keine Ergebnisse gefunden

Gemeinden, die Kantone Waadt und Bern und der Bund haben dabei Millionen Franken verloren

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Gemeinden, die Kantone Waadt und Bern und der Bund haben dabei Millionen Franken verloren"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

I 259/2004 VOL 18. Mai 2005 43C Interpellation

1594 Kurt, Lenk (SVP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 08.11.2004

Glacier 3000, oder wieso geht man so unbekümmert mit öffentlichen Geldern um?

Das Tourismus Grossprojekt Glacier 3000 konnte nur realisiert werden, weil dazu sehr grosse Summen an öffentlichen Geldern gesprochen wurden. Glacier 3000 hat die Erwartungen laut Emissionsprospekt bei weitem verfehlt. 2003 musste das Unternehmen mittels Nachlass saniert werden. Die Nachlassdividende betrug magere 43%. Gemeinden, die Kantone Waadt und Bern und der Bund haben dabei Millionen Franken verloren.

Im Nachhinein sind wir immer klüger. Bei Glacier 3000 haben Millionen aus einem Waadtländer Sportstättenfonds offensichtlich sehr schnell die übrigen Entscheidungsträger geblendet. Auf eine genauere, vertiefte Prüfung des Geschäftes scheint verzichtet worden zu sein. Bei Glacier 3000 haben auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) viel Geld verloren. Gerade diesen KMU gegenüber ist die Öffentlichkeit verpflichtet, der Frage nach Verantwortung und Rechenschaft nachzugehen und nicht das Ganze im Sand verlaufen zu lassen.

Die Interpellation will nicht, dass in Zukunft Start- und Venturekapital der öffentlichen Hand noch knapper werden. Aus der Beantwortung der Fragen dürfen jedoch Lerneffekte erhofft werden, damit künftig in zwei Themenbereichen klüger, realistischer und besser gehandelt wird:

- Erstens geht es um die Psychologie in der politischen Entscheidung und somit um die Frage von Massenphänomenen. Es muss immer wieder festgestellt werden, dass sachlich vernünftige Kritik unter dem Druck der Masse keine Chance hat und dass das Argument des „point of no return“ zu rasch zu viel Gewicht hat.

- Zweitens geht es um den Wunsch der Gesellschaft nach mehr Verantwortung, dass Verantwortung nicht einfach gesucht, sondern auch wirklich wahrgenommen und dass Rechenschaft über Tun und Lassen abgelegt wird.

So stelle ich zu Glacier 3000 folgende Fragen:

1. An welche Bedingungen war die finanzielle Unterstützung des Kantons Bern für Glacier 3000 geknüpft? Wurden diese Bedingungen kontrolliert und erfüllt?

2. Welche Schritte hat der Kanton Bern beim Nachlass unternommen? Wurde eine Verantwortlichkeitsklage gründlich geprüft? Wieso wurde eine solche Klage nicht eingeleitet?

3. Glacier 3000 übertrifft bezüglich wetterbedingten Unterbrüchen sogar die worst case Prognosen. Diese Tatsache verunmöglicht ein gutes Gruppengeschäft. Hat der Kanton Bern bei der Vergabe der Kantonsgelder geprüft, ob durch den Verwaltungsrat überhaupt einmal die Variante Tunnel gründlich evaluiert wurde? Ein Grobkonzept für

(2)

2

einen Tunnel wurde seinerzeit von Experten - vielleicht waren es zur Stunde

„psychologisch die falschen“ Experten - vorgeschlagen.

4. Könnte bezüglich Prospekthaftung noch heute eine Klage in Erwägung gezogen werden?

5. Wie gründlich wurde das Gutachten Theus hinterfragt, sind in diesem nicht einfach Gefälligkeiten enthalten?

6. Hat der Kanton Bern je die Qualität der Betriebsleitung hinterfragt und Verbesserungen angeregt?

7. Welche Lehren zieht der Kanton aus diesem Geschäft?

8. Sind in nächster Zeit noch kantonale Gelder für Glacier 3000 geplant?

Antwort des Regierungsrats

Ende der Neunzigerjahre wurden die Seilbahnen Glacier 3000 Les Diablerets (VD) mit wesentlicher Unterstützung der öffentlichen Hand - vor allem des Kantons Waadt und der Gemeinde Saanen - erneuert. Der Kanton Bern und der Bund beteiligten sich mit zinslosen Investitionshilfedarlehen. Ziel der Erneuerung mit Investitionen von insgesamt 77 Millionen Franken war, die Attraktivität vor allem für Nicht-Skifahrer und Sommertouristen erheblich zu steigern.

Die Region des Diableretsgletschers ist das einzige vom Kanton Bern her zugängliche hochalpine Ganzjahres-Skigebiet. Es ist das höchstgelegene Wintersportgebiet des westlichen Berner Oberlandes sowie der Waadtländer und Freiburger Alpen. Die zeitgemässe Erschliessung des Gletschers mit seinem Skigebiet in einer Höhe von 1800 bis 3000 Metern ist für die relativ tief gelegene Wintersportregion Gstaad-Saanenland wichtig. Das Saanenland weist in Hotels ungefähr 2'500 Betten mit 300'000 Logiernächten pro Jahr auf. Dies entspricht in etwa einem Drittel der gesamten Logiernächte im engeren Einzugsgebiet des Gletscherskigebiets (Saanenland, District d’Aigle, Pays d’Enhaut). Die Hotellerie ist die tragende Säule des Tourismus im Saanenland. Durch die Verbesserung des touristischen Angebots können Attraktivität und Auslastung erhöht werden. Die zeitgemässe Erschliessung des Gletschers ist für die Kantone Bern und Waadt deshalb von grosser touristischer Bedeutung.

Das Verhältnis der Beteiligungen der Kantone Bern und Waadt an der Finanzierung richtete sich nach dem erwarteten volkswirtschaftlichen Nutzen, den verfügbaren finanziellen Mitteln sowie den Rechtsgrundlagen in den beiden Kantonen. Der Kanton Bern leistete seine finanzielle Beteiligung ausschliesslich mittels eines rückzahlbaren Investitionshilfedarlehens von 4,7 Millionen Franken aus dem kantonalen Investitionshilfe- Fonds. Dazu kam ein gleich hohes Investitionsdarlehen des Bundes. Demgegenüber leistete der Kanton Waadt den vierfachen Betrag (20 Millionen Franken) in Form von nicht rückzahlbaren Beiträgen und einer Kapitalbeteiligung. Die Gemeinden des Saanenlands zeichneten insgesamt 9 Millionen Franken des vorgesehenen Aktienkapitals in der Höhe von 25 Millionen Franken und anerkannten damit die herausragende touristische Bedeutung des Vorhabens. Die Belastung mit Fremdmitteln (Investitionshilfedarlehen und Banken) bewegte sich innerhalb des damals angenommenen Ertragswerts von 25 bis 27 Millionen Franken.

Aufgrund der unbefriedigenden Entwicklung musste die Gesellschaft im Rahmen eines Nachlassverfahrens in den Jahren 2002/03 ein erstes Mal saniert werden. Bund und Kanton Bern verzichteten auf 1,5 Millionen Franken ihres gewährten Darlehens. Damit konnte die Fremdbelastung dem neuen, tieferen Ertragswert angepasst werden. Die Erweiterung der Nebenanlagen - in erster Linie das Restaurant von Mario Botta - war mit erheblichen Mehrkosten verbunden. Statt ursprünglich 77 Millionen Franken betrugen die Investitionskosten insgesamt ca. 85 Millionen Franken. Zusätzlich mussten die langfristigen

(3)

3

Ertragserwartungen der Anlage aufgrund zu optimistischer Annahmen im Basiskonzept und infolge verschiedener Projektänderungen nach unten korrigiert werden.

Seit dem Einreichen der Interpellation hat sich die Situation weiter massiv verschlechtert.

Die erwähnte Sanierung reichte nicht aus. Unter anderem wegen Wetter bedingten Betriebsunterbrüchen konnten auch die nach unten korrigierten Erträge gemäss dem neuen Expertengutachten bei weitem nicht erreicht werden. Es wurde ein erneuter Konkursaufschub nötig. Während diesem Aufschub konnte keine Lösung gefunden werden, weshalb am 28. April 2005 der Konkurs eröffnet werden musste. Es wurde ein Sachwalter eingesetzt, der Verwaltungsrat hat keine Befugnisse mehr. Die Bahn wurde aufgrund des Saisonschlusses am 1. Mai 2005 geschlossen. Weiter verhandelt wird über eine Kaufofferte von Investoren.

Die konkreten Fragen der Interpellation lassen sich folgendermassen beantworten:

1. Der Kanton Bern verlangte eine grundpfandliche Sicherheit, teilweise in Rangkonkurrenz mit den Banken, die Zeichnung des Aktienkapitals von mindestens 22,5 Millionen Franken sowie die Auszahlung der Beiträge des Kantons Waadt. Diese Bedingungen wurden eingehalten. Dazu kamen die üblichen, bei allen Investitionshilfedarlehen anwendbaren Bedingungen (Gewinnausschüttungsverbot, Berichterstattung usw.).

Die Bankdarlehen und die Investitionshilfedarlehen von Bund und Kantonen entsprachen dem Ertragswert des Unternehmens, der damals auch von den Banken auf 25 bis 27 Millionen Franken festgelegt worden war.

2. Der Kanton Bern hat dem Nachlass erst nach einer Überprüfung des Ertragswertes durch einen Experten zugestimmt. Zudem wurde eine Neubesetzung des Verwaltungsrats durchgesetzt. Eine Verantwortlichkeitsklage wurde zusammen mit dem Bund geprüft. Diese hätte einen Nachlass verunmöglicht und zu einer Schliessung der Bahn geführt. Die befürchteten volkswirtschaftlichen Verluste wurden als gewichtiger eingeschätzt als die unsicheren Schadenersatzansprüche.

3. Vor dem Bauentscheid wurden vier Varianten vertieft geprüft, darunter die Erschliessung mittels eines Tunnels. Für die gebaute Variante wurden Kosten von 77 Millionen Franken ermittelt, für eine Tunnel-Lösung von über 100 Millionen Franken.

Dieser Betrag schien weder finanzierbar noch hätten sich die dafür erforderlichen Erträge erwirtschaften lassen.

4. Der Kanton ist nicht Aktionär; eine Prospekthaftung könnten nur die Aktionäre geltend machen.

5. Herr Theus war Ende der 90er-Jahre eine schweizweit anerkannte Autorität für Bahnprojekte. Es lag ein umfassendes Gutachten vor, das von den Banken und vom Kanton kritisch geprüft wurde. Im Nachhinein können dem Gutachten wohl Fehleinschätzungen vorgeworfen werden, nicht aber Gefälligkeiten.

6. Der Kanton war massgeblich daran beteiligt, dass die erforderlichen Überwachungen vorgenommen und der Verwaltungsrat schlussendlich ausgewechselt wurde.

Dagegen war es nicht die Aufgabe des Kantons, in die operative Betriebsleitung einzugreifen. Für den Teil der Anlage, der mit den Investitionshilfedarlehen mitfinanziert worden war, wurden die geplanten Erstellungskosten eingehalten.

7. Der Kanton Bern hat seine Förderungsgrundsätze für touristische Transportanlagen im Jahr 2003 überprüft und angepasst. Eine grundsätzliche Kurskorrektur war nicht erforderlich. Anders als andere Kantone hatte der Kanton Bern keine grösseren Verluste zu verzeichnen.

8. Im Rahmen des laufenden Konkursverfahrens wird sich der Kanton Bern weiterhin für eine volkswirtschaftlich optimale Lösung einsetzen. Es sind keine zusätzlichen Mittel für Glacier 3000 vorgesehen.

An den Grossen Rat

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Vogt Hans Rudolf Nein/Non Zimmerli Christoph Nein/Non Costa Stefan. Hess Sandra

Bütikofer Stefan Ja/Oui Dumerrnuth Marianne Ja/Oui Dunning Samantha Ja/Oui. Egger Ulrich

Der Kanton Bern erhält 2018 anteilsmässig 160 Millionen Franken aus den Nationalbanküber- schüssen 2017; das sind 80 Millionen Franken mehr als budgetiert.. Der Kanton

Dieses ist durch die kantonale Schuldenbremse aber ungenügend geschützt, da diese es bereits ab einem minimalen Eigenkapital (> 0 Franken) zulässt, dass ein Defizit in

Dabei geht vergessen, dass sich diese Kinder und Jugendlichen in der Regel nicht aus freiem Willen in der Schweiz befinden, sondern durch den Aufenthalt der Eltern

[r]

1362 à Crémines (rue du Collège / route de Corcelles), tronçon depuis la route cantonale No. 30 (Grand Rue) jusqu'à la route de

Die Jahresrechnung 2018 der Stadt Arbon schliesst mit einem Rekordgewinn in der Höhe von 4‘635‘571 Franken ab.. Die Hauptgründe für dieses positive Ergebnis sind vor allem