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Der Kanton Bern garantiert seinen Gemeinden in der Verfassung den Bestand

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Academic year: 2022

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M 039/2000 JGK 5. Juli 2000 45 C Motion

2187 Frey, Ittigen (FDP)

Mitunterzeichner: 18 Eingereicht am: 03.02.2000

Förderung von freiwilligen Gemeindezusammenschlüssen durch finanzielle Anreize

Der Regierungsrat wird beauftragt, die erforderlichen Rechtsgrundlagen zu schaffen, damit freiwillige Zusammenschlüsse von Gemeinden mit finanziellen Anreizen unterstützt werden können.

Begründung:

Der Kanton Bern steht im schweizerischen Vergleich der Gemeindegrössen mit einer durchschnittlichen Wohnbevölkerung von 870 Personen an achtzehnter Stelle. Zwar gibt es acht Kantone mit noch kleineren Gemeinden. Aber gerade in diesen Kantonen wird teilweise sehr viel unternommen, um Zusammenschlüsse der Gemeinden zu fördern.

Die Gemeindegrösse allein ist nicht entscheidend für die Leistungsfähigkeit. Es ist aber eine Tatsache, dass relativ viele Gemeinden bei der Erfüllung gewisser Aufgaben je länger je mehr an ihre Leistungsgrenze stossen. Der Zusammenschluss von Gemeinden kann unter verschiedenen Gesichtspunkten zu Verbesserungen führen: Es können sich Synergien ergeben, Sparpotentiale eröffnen oder Leistungssteigerungen erreicht werden.

Diese Möglichkeiten werden zunehmend von den Gemeinden erkannt.

Der Kanton Bern garantiert seinen Gemeinden in der Verfassung den Bestand. Gleichzeitig darf der Kanton aber die Chancen nicht verpassen, freiwillige Zusammenschlüsse zu unterstützen. Im neuen Gemeindegesetz hat der Grosse Rat bereits die Grundlage geschaffen, dass zur Förderung von freiwilligen Zusammenschlüssen finanzielle Beiträge ausgerichtet werden können (Art. 4 Abs. 4 GG). Diese Möglichkeit muss - im Interesse der Gemeinden und des Kantons - ausgeschöpft werden. Dafür braucht es aber die notwendigen Detailregelungen.

Die Erfahrung aus anderen Kantonen zeigt, dass insbesondere die finanziellen Unterstützungen Anreiz zu Fusionen ist. Gerade dort, wo sich zwei oder mehrere Gemeinden für einen Zusammenschluss interessieren, aber grosse finanzielle Unterschiede (z.B. Schulden) zwischen den an sich „Heiratswilligen“ bestehen, kann eine solche Unterstützung wesentlich zum Erfolg eines Fusionsprojektes beitragen.

Eine gesunde Gemeindelandschaft mit sachgerechten Strukturen ist im Interesse der Gemeinden und des Kantons. Der Kanton steht einer kleineren, aber homogeneren Zahl von Partnern gegenüber und kann dadurch seine Verhältnisse zu den Gemeinden effizienter gestalten. Die Gemeinden Ihrerseits können ihre Handlungsfähigkeit stärken, wenn sie über leistungsfähige Strukturen verfügen. Handlungs- und Leistungsfähigkeit sind

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die besten Garanten für die Autonomie der Gemeinden: Solange die Gemeinden in der Lage sind, ihre Aufgaben wirkungsvoll und kostengünstig zu erfüllen, besteht kein Anlass (und keine Berechtigung) für den Kanton, in die Gemeindeautonomie einzugreifen.

Der Kanton Freiburg legt ein Projekt für die Förderung von Gemeindezusammenschlüssen vor, welches auch dem Regierungsrat als Beispiel für eine Lösung dienen kann. Gemäss dem Entwurf für ein Dekret über die Förderung der Gemeindezusammenschlüsse soll im Kanton Freiburg ein Fonds geschaffen werden, welcher mehrheitlich vom Kanton, aber auch von den Gemeinden gespeist wird. Aus diesem Fonds werden an fusionswillige Gemeinden Beiträge ausgerichtet, wenn die neugeschaffene Gemeinde bestimmte Kriterien erfüllt (kulturelle, wirtschaftliche und geografische Einheiten; Berücksichtigung von Bedürfnissen der Nachbarn; gewisse Grösse). Pro Einwohnerin bzw. Einwohner der fusionierten Gemeinden werden bestimmte Beträge geleistet, wobei die Zahlungen bei Erreichen einer gewissen Bevölkerungszahl plafoniert werden (z.B. 1500). Dadurch sollen vor allem kleinste und kleine Gemeinden motiviert werden.

Die Ausrichtung finanzieller Anreize ist zeitlich zu begrenzen (z.B. auf 10 Jahre), um die Gemeinden in absehbarer Zeit zu Zusammenschlussprojekte zu animieren.

Um die Idee von sinnvollen Gemeindezusammenschlüssen zu fördern, muss der Kanton - allenfalls zusammen mit den Gemeinden - jährlich mehrere Millionen Franken bereitstellen.

Es ist durchaus denkbar, dass als Instrument für die Finanzierung des Vorhabens auch der Finanzausgleichfonds beigezogen wird. Eine solche Lösung könnte allenfalls kostenneutral ausgestaltet werden, wobei es dem Regierungsrat offen steht, auch andere Kompensationsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Investitionen werden sich mittel- und langfristig auszahlen, und zwar nicht nur durch finanzielle Einsparungen auf Kantons- und Gemeindeebene, sondern auch dadurch, dass weitere Innovationen und Prozesse ausgelöst werden, welche die Gemeinden insgesamt stärker und auch für den Kanton wesentliche Vorteile bringen werden.

Antwort des Regierungsrates

Der Motionär weist zu Recht darauf hin, dass der Kanton eine verhältnismässig kleinräumige Gemeindestruktur aufweist. Die Gemeinden müssen im Rahmen ihrer Gemeindeautonomie befähigt werden, ihre Aufgaben effizient und effektiv zu erfüllen.

Dieser Auftrag wurde den Gemeinden in Art. 63 des Gemeindegesetzes vom 16. März 1998 (GG, BSG 170.11) ausdrücklich erteilt.

Die Grösse einer Gemeinde bzw. die Kleinräumigkeit der Gemeindestruktur ist nicht die allein massgebende Grösse, um die Leistungsfähigkeit von Gemeinden zu beurteilen. Es gibt keine klaren Belege für eine höhere Leistungsfähigkeit grösserer Gemeinden. Im Rahmen des Projekts Gemeindereformen im Kanton Bern (GEREF) wurde u.a. dieses Argument vertieft untersucht. Der Bericht zum Projekt GEREF kommt zum Schluss, dass Leistungsgrenzen bei kleinen und grossen Gemeinden im gleichen Mass bestehen.

Es ist auch in der Wissenschaft anerkannt, dass es keine optimale Gemeindegrösse gibt.

Dies hat z.B. Bernard Dafflon, Professor an der Universität Freiburg, belegt. In einer Studie vom 14. Dezember 1999 gelangt der Autor zum Schluss, dass eine optimale Grösse, wenn überhaupt, höchstens bezogen auf eine einzelne Gemeindeaufgabe festgelegt werden kann. Der Autor gibt zu bedenken, dass nicht einzig ein betriebswirtschaftlicher Ansatz angewandt werden dürfe. Bei der Festlegung einer aufgabenbezogenen optimalen Grösse seien weitere Aspekte zu berücksichtigen (Art der Aufgabe, Integrationsfunktion der Gemeinde, Erreichbarkeit eines Angebots, Bereitschaft zur Mitwirkung der Bevölkerung u.ä.). Es habe eine Güterabwägung stattzufinden.

Gestaltet sich bereits das Festlegen einer optimalen Grösse bei einer einzigen Gemeindeaufgabe als höchst schwierig, ist es gänzlich unmöglich, eine optimale Gemeindegrösse festzulegen, die sämtliche Gemeindeaufgaben gebührend berücksichtigt.

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Die Gemeindegrösse kann daher kein ausschlaggebendes Leitmotiv für Gemeindereformen darstellen.

Die Fusion von Gemeinden kann im Einzelfall eine gute Lösung darstellen. Der Wissensstand über die Auswirkungen von Gemeindefusionen und deren finanziellen Nutzen für den Kanton ist jedoch nach wie vor gering. Ein Entscheid über den Einsatz von erheblichen finanziellen Mitteln ist vor diesem Hintergrund verfrüht. Nicht sinnvoll sind jedenfalls grossflächige Fusionen, welche von oben herab (finanziell) gesteuert und durchgeführt werden.

Der Regierungsrat glaubt überdies, dass Fusionen nicht nur durch finanzielle Anreize ge- fördert werden können. Orientierungspunkt bildet der Kanton Thurgau, der lediglich in zwei Fällen finanzielle Mittel für die Fusion von Gemeinden zur Verfügung gestellt hat und der - wenn auch unter anderen Voraussetzungen - dennoch eine erhebliche Anzahl von Gemeindefusionen vollzogen hat. Im Kanton Freiburg werden zwar beträchtliche finanzielle Mittel zur Unterstützung von Fusionen eingesetzt; so wurden beispielsweise zwischen 1982 und 1989 mit ca. 20 Mio. Franken 13 Gemeindefusionen unterstützt. Der Kanton Freiburg kennt jedoch im Gegensatz zum Kanton Bern keinen direkten Finanzausgleich, der die unterschiedliche Finanzkraft der Gemeinden mindert. Die Verhältnisse im Kanton Freiburg lassen sich daher nicht unbesehen auf den Kanton Bern übertragen.

Der Kanton Bern setzt auf die unabhängig von finanziellen Anreizen bereits vielerorts bestehende Bereitschaft der Gemeinden zu Fusionsabklärungen. Einer der häufigsten Auslöser von Gemeindereformen ist nicht etwa die finanzielle Lage einer Gemeinde, sondern die guten Erfahrungen, die andere Gemeinden gemacht haben. Deshalb will der Regierungsrat die verschiedenen Fusionsprojekte begleiten und dokumentieren, um sie als praktische Beispiele anderen Gemeinden zugänglich zu machen. Das Amt für Gemeinden und Raumordnung hat zusammen mit den Regierungsstatthalterämtern bereits verschiedene Beratungen durchgeführt und wird die bekannten fusionswilligen Gemeinden auch zukünftig sachlich und personell unterstützen. Damit ist die Sammlung und Zusammenstellung der im Zuge von Fusionen auftretenden Probleme gewährleistet.

Die Erfahrungen werden, wie dies heute bereits der Fall ist, im Internet auf der Website des Amtes für Gemeinden und Raumordnung veröffentlicht.

Das Amt für Gemeinden und Raumordnung hat im Übrigen in Form eines Ratgebers bereits Hilfsmittel für reformwillige Gemeinden herausgegeben und ist zur Zeit damit beschäftigt, auch die personellen und sachlichen Ressourcen zusammen mit den Regierungsstatthalterämtern verstärkt auf den Bereich Gemeindereformen auszurichten.

Damit besteht Gewähr, dass der in Gang gesetzte Reform- und Lernprozess hinreichend begleitet und ausgewertet wird.

Die zur Zeit bestehenden Arbeitshypothesen über Nutzen und Nebenwirkungen von Fusionen sind im Rahmen von Pilotprojekten und zusammen mit anderen Kanton soweit möglich zu untersuchen.

Der Kanton leistet in besonderen Fällen einen finanziellen Beitrag an Gemeinden, welche die Auswirkungen einer möglichen Gemeindefusion vertieft abklären wollen, soweit sich daraus Daten von allgemeinem Interesse für den Kanton ergeben. Die Voraussetzungen für die Unterstützung von derartigen Abklärungen werden in Form von Richtlinien erarbeitet. Ein Rechtsanspruch auf Beitragsleistungen besteht nicht. Das Amt für Gemeinden und Raumordnung wird für die Auszahlung zuständig sein. Die gesetzliche Grundlage für diese Richtlinien besteht, wie der Motionär in seiner Begründung richtig erklärt, in Art. 4 Abs. 4 GG. Es bedarf damit keiner Ergänzung der Gemeindeverordnung.

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Der Regierungsrat will zudem die Auswirkungen des neuen Gesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich (FILAG) sowie die Wirkung der Strategie ”Gemeinden” abwarten, bevor allenfalls erhebliche finanzielle Mittel zur Förderung von Fusionen aufgewendet werden. Das FILAG wird mithelfen, die Disparitäten unter den Gemeinden abzubauen und wird damit die Voraussetzungen für Gemeindefusionen verbessern. Das FILAG wird im Übrigen die gesetzliche Grundlage enthalten, um die Gemeinden vor einer durch die Fusion bedingte Schlechterstellung im Finanzausgleich zu schützen.

Der Regierungsrat geht in wesentlichen Teilen mit der Problemanalyse des Motionärs einig. Er ist zusammenfassend jedoch der Ansicht, dass eine zu einseitig auf die Fusion von Gemeinden ausgerichtete Förderpolitik für Gemeindereformen angesichts der noch zu ungewissen Auswirkungen der Gemeindefusionen nicht zielführend ist.

Aufgrund der weitgehend unsicheren Datenbasis über die Folgen von Fusionen sowie wegen der anhaltend kritischen Finanzlage des Kantons, wird im jetzigen Zeitpunkt auf die finanzielle Unterstützung des Vollzugs von Gemeindefusionen verzichtet. Der Vollzug von Fusionen wird daher mit Hilfsmitteln (Ratgeber für Gemeindereformen, Vertragsvorlagen, Ablaufpläne u.ä) sowie durch Beratungsangebote des Kantons unterstützt. Um für die zukünftige Haltung des Kantons gegenüber Gemeindefusionen bessere Entscheidungsgrundlagen zu erhalten, werden gestützt auf Art. 4 Abs. 4 GG die konkreten Abklärungen der Gemeinden über die Folgen von Gemeindefusionen (Machbarkeitsstudien usw.) in besonderen Fällen mit Staatsbeiträgen des Kantons unter- stützt.

Antrag

Der Regierungsrat beantragt aus den dargelegten Gründen, die Motion abzulehnen.

An den Grossen Rat

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