WiR HABEN DEN PATIENTEN ERFOLGREICH REANIMIERT - IHR KÖNNT
JETZT WEITER BESTRAHLEN
Die Information:
Bericht und Meinung SATIRE
Das Gegenteil ist auch nicht wahr
Eines Tages im Tiefenbestrahlungsbereich
© DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Karikatur: Dr. med. Werner Schützler
Tierschutz
Das Stöhnen der gequälten Krea- tur hätte eigentlich die Nachbar- schaft alarmieren müssen – jeden- falls stank es im übertragenen Sin- ne zum Himmel: Ohne Rücksicht auf Ruheperioden, Nahrungsauf- nahme oder das Konjugationsge- schäft wurden Hunderte von Ver- suchstieren unbetäubt durchein- andergeschüttelt, grell bestrahlt, in Röhren gepreßt und dann mit beispielsweise lähmenden oder aufputschenden Substanzen be- handelt. Hilflos waren sie dem Ex- perimentator ausgeliefert, der sie schließlich achtlos einem vermut- lich grausamen Ende überließ. Die Versuchstierschützer aber waren auf der Hut und so wurde, Gott sei Dank, den unmenschlichen Ma- chenschaften von Prof. F. durch den zuständigen Kreisveterinärrat Dr. S. mit Schreiben vom 12. 8., Az.
4711, ein Ende bereitet: Auch Pan- toffeltierchen (Paramaecium aure-
Ha) seien schließlich Tiere – fast möchte man sagen Menschen! –
und müßten dementsprechend be- handelt werden, siehe hierzu Lorz, 2. Aufl. § 11.
Die Folgen dieses Entscheids für die Medizin sind unabsehbar:
Wenn schon Versuche an Ziliaten solchen Skrupeln unterworfen werden müssen – wie verhält sich der Arzt zukünftig beim Wurmbe- fall seines Patienten? Kann man heute, in Zeiten progressiven Tier- schutzes, noch verantworten, et- wa elegante Askariden, unschuldi- ge Spulwürmer, diese putzmunte- ren Bewohner unserer Därme, oder gar ideal-gewichtige Band- würmer ohne Betäubung und Ge- nehmigung von Kreisveterinäramt und Tierschützern mit ätzenden, zersetzenden, verletzenden Sub- stanzen zum Zwecke der Abtrei- bung zu behandeln? Oder dürfen nur menschliche Feten ohne Be- täubung aus „sozialer Indikation"
abgetrieben werden? Was ein vier- monatiger Fet bei seiner Abtrei- bung empfindet, wissen wir nicht, bei Pantoffeltierchen, Lamblien,
Würmern und dergleichen wissen es offenbar wenigstens die Tier- schützer! Und erbarmt sich denn keiner endlich des Schicksals je- ner Billionen von Trichomonaden, Amöben, Kokken und Bazillen, die tagtäglich hilflos Chemikalien und Antibiotika ausgesetzt werden, nur um ein Menschenleben zu retten?
Ist das wirklich ethisch zu recht- fertigen? Sollte man sie nicht bes- ser ungehemmt wuchern lassen, damit die Spezies „Mensch" zu guter Letzt von diesem Planeten verschwindet und die Evolution vielleicht doch noch 'zum Homo sapiens fortschreitet? mma
—DR. FLEISS' BLÜTENLESE —
Familienchronik
Die eine Schwester ergriff den Schleier und die andere den Hosenschlitz.
Georg Christoph Lichtenberg
Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 28 vom 16. Juli 1982 27