• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Tierschutz wird verbessert" (23.07.1986)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Tierschutz wird verbessert" (23.07.1986)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KURZBERICHTE

Tierschutz

wird verbessert

Grundsätzlich verboten sind dem- nächst Tierversuche, um Waffen, Munition, Tabakerzeugnisse, Waschmittel und dekorative Kos- metika zu entwickeln und zu er- proben. Das sieht die Novelle des Tierschutzgesetzes vor, die kürz- lich der Bundestag verabschiede- te. Zuvor hat der Bundesrat die Novelle durch Anrufung des Ver- mittlungsausschusses in einigen Punkten verschärft. Die Bestim- mungen, die am 1. Januar 1987 in Kraft treten werden, reichen von der Massentierhaltung bis hin zu Tierversuchen.

Nach der Novelle sind künftig nur noch Tierversuche erlaubt, um Krankheiten und Körperschäden zu erkennen, behandeln und vor- zubeugen. Auch dürfen an Tieren Stoffe auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit für Mensch und Tier überprüft werden. Versuche an Wirbeltieren bedürfen der Ge- nehmigung durch die Landesbe- hörde, sofern sie nicht ausdrück- lich andererseits (z. B. durch Ge- setze und Verordnungen) vorge- schrieben, behördlich angeordnet sind oder der Prüfung von Seren und Impfstoffen dienen. Der An- tragsteller muß wissenschaftlich begründen, daß der beantragte Tierversuch im Sinne des Geset- zes zulässig und ethisch vertretbar ist.

Dabei hat die Genehmigungsbe- hörde zu prüfen, ob Versuchsziel und -zweck nach dem neuesten Stand der Wissenschaft schlüssig und pausibel dargelegt sind. Aber auch, ob die vorgetragenen Tatsa- chen das Versuchsziel und den Versuchszweck zu erreichen ge- eignet sind. Bei Zweifeln kann die Behörde auf ein Nachbessern der Antragsvoraussetzungen beste- hen oder Gutachten einholen. Zu- dem gibt die Novelle den Behör- den die Möglichkeit, Verstöße fest- zustellen und zu ahnden. So kön- nen sie unter bestimmten Voraus-

An Röntgenaufnahmen von Kaninchenföten lassen sich Substanzeinwirkun- gen auf den Knochenbau gut ablesen. Eine Untersu- chung, die zum Schutz und zur Sicherheit ungebore- nen Lebens unbedingt not- wendig ist. Foto: Margit Heilmann CD/SWN

setzungen dem Halter ein Tier fort- nehmen, anderweitig unterbrin- gen oder töten lassen. Außerdem können die Behörden bei wieder- holten Verstößen das Halten von Tieren ganz untersagen. Nur noch in wissenschaftlich begründeten Fällen können demnächst Tierver- suche wiederholt und somit über- prüft werden. Ferner sollen fach- lich geeignete Tierschutzbeauf- tragte eigenverantwortlich die Versuche an Wirbeltieren überwa- chen, ohne sich selbst an den Ex- perimenten zu beteiligen.

• Den Tieren dürfen Schmerzen, Leiden oder Schäden nur im uner- läßlichen Ausmaß, nicht aber aus Arbeits-, Zeit- oder Kostenerspar- nis zugefügt werden. An unbe- täubten Wirbeltieren sind künftig Eingriffe verboten, die zu schwe- ren Verletzungen führen. Bei Ver- suchen zur Ermittlung der töd- lichen Dosis LD 50 eines Stoffes ist das Tier schmerzlos zu töten, so- bald erkennbar ist, daß es infolge der Wirkung des Stoffes stirbt.

• Zur Aus-, Fort- und Weiterbil- dung (auch bei der für Heilhilfsbe- rufe oder naturwissenschaftliche Hilfsberufe) dürfen Eingriffe oder Behandlungen an Tieren nur in wissenschaftlichen Instituten oder Krankenhäusern durchgeführt werden, wenn ihr Zweck nicht an- ders (zum Beispiel durch Filme) erreicht werden kann.

• Wirbeltiere dürfen nur noch dann als Versuchstiere dienen, wenn sie eigens in staatlich über- wachten Zuchten gezüchtet wer- den. Speziell Katzen und Hunde müssen dauerhaft gekennzeichnet werden, bevor sie von den Mutter- tieren abgesetzt werden, um ihre Herkunft später kontrollieren zu können. Die Züchter müssen ent-

sprechende Sachkunde und ge- eignete Räume nachweisen. Ver- boten sind sogenannte Qualzüch- tungen, die für das Tier mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind. Ausgenommen sind allerdings Versuchs- tiermutanten, die für bestimmte Experimente notwendig sind.

Um die Landesbehörden bei der Genehmigung von Tierversuchen zu beraten, werden sogenannte Ethik-Kommissionen berufen. Die Mehrheit der Mitglieder muß Fach- kenntnisse in Veterinär-, Human- medizin oder einer naturwissen- schaftlichen Fachrichtung aufwei- sen; ein Drittel muß von den Tier- schutzorganisationen vorgeschla- gen werden. Die Novelle schreibt den Experimentatoren vor, Auf- zeichnungen drei Jahre lang nach Abschluß des Versuchsvorhabens aufzubewahren. Bei Wirbeltieren sind Herkunft samt Namen und Anschrift des Vorbesitzers anzu- geben. Speziell bei Katzen und Hunden jedoch werden zusätzlich noch Angaben zu Geschlecht, Rasse, vorhandene Tätowierun- gen sowie Art und Zeichnung des Felles verlangt.

Schließlich verpflichtet das neue Tierschutzgesetz die Bundesre- gierung, alle zwei Jahre dem Bun- destag einen Bericht über den Stand des Tierschutzes zu geben.

Darüber hinaus forderte der Bun- destag die Regierung auf, bis zum 1. Januar 1988 einen Gesetzent- wurf über eine Tierversuchsdaten- bank vorzulegen.

In der Novelle sehen die Regie- rungsparteien CDU/CSU und FDP einen tragbaren Kompromiß, der das Tier nicht mehr als Sache, sondern erstmals als Mitgeschöpf Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 30 vom 23. Juli 1986 (17) 2069

(2)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DER KOMMENTAR KURZBERICHTE

betrachtet. Sicherlich dürften künftig viele unsinnige Tierversu- che verhindert werden. Die Sozial- demokraten und die Grünen leh- nen jedoch wie die Tierschutzor- ganisationen das neue Gesetz ab, weil es ihrer Meinung nach die Be- lange der Tiere nicht ausreichend berücksichtige.

So befürchten sie, daß viele Aus- nahmen den Sinn des Gesetzes aushöhlen werden. Dennoch wol- len einige Tierschutzorganisatio- nen in den Ethik-Kommissionen konstruktiv mitarbeiten. — Im gro- ßen und ganzen könne man mit der Novelle gut leben, so der Bun- desverband der Pharmazeuti- schen Industrie. Ohnehin setzten die Mitgliedsfirmen bereits seit Jahren freiwillig Tierschutzbeauf- tragte ein, die in den Labors die Tierversuche überwachen. Be- grüßt werde auch die generelle Pflicht, die Tierzahlen offenzule- gen. Dagegen kritisiert der Phar- maverband, daß der unklare Be- griff Ethik Eingang in das Gesetz gefunden hat. Da sich jeder hier- unter etwas anderes vorstelle, könne es Schwierigkeiten geben, das Gesetz auszulegen. Ferner forderte der Verband, daß nur fachkompetente Tierschützer den Ethik-Kommissionen angehören.

Weniger zufrieden mit der Tier- schutznovelle sind die Wissen- schaftlichen Medizinischen Fach- gesellschaften. Sie kritisieren, daß Pharmakologen, Toxikologen, Hu- manbiologen, Biochemiker sowie medizinisch-technische und biolo- gisch-technische Assistenten von der Mitwirkung an Tierversuchen ausgeschlossen sind. Für nicht ak- zeptabel halten die Fachgesell- schaften die Bestimmung, wonach die Versuchstiere nach dem Expe- riment wiederholt einem Tierarzt vorgestellt werden müssen. Sinn- vollerweise sollte jedoch der Tier- schutzbeauftragte diese Aufgabe wahrnehmen. Ferner kritisieren sie heftig die Zusammensetzung der Ethik-Kommissionen, da die Beteiligung von Tierschützern nur die Durchführung der Tierversu- che verzögern würde. jv

Arzthelferinnen:

Plus 3,5 Prozent

Der neue Gehaltstarifvertrag für Arzthelferinnen ist mit Wirkung vom 1. Juli in Kraft getreten. Die Arbeitsgemeinschaft zur Rege- lung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen (AAA) als Vertreter der niedergelassenen Ärzteschaft hat sich mit den Arbeitnehmeror- ganisationen (Berufsverband der Arzt-, Zahnarzt- und Tierarzthelfe- rinnen, Deutsche Angestellten-Ge- werkschaft und Verband weib- licher Angestellter) so geeinigt:

O Die Gehälter werden linear um 3,5 Prozent angehoben. Die Ar- beitnehmerseite hatte Forderun- gen zwischen 6,5 Prozent und 5 Prozent gestellt zuzüglich eines Sockelbetrages für alle Berufsjah- re von 150 DM (Berufsverband der Arzthelferinnen). Die Höhe des Ta- rifabschlusses erscheint vor dem Hintergrund der diesjährigen Er- höhungen in anderen Wirtschafts- bereichen als durchaus angemes- sen, zumal die Grundlohnsum- menentwicklung im Krankenkas- senbereich für 1986 ebenfalls bei etwa 3,5 Prozent liegen dürfte.

O Die Zuschläge für Überstun- den, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind nicht erhöht wor- den. Die Gewerkschaften hatten hier teilweise Erhöhungen der ein- zelnen Zuschläge zwischen 20 Prozent und 40 Prozent gefordert.

e Die Ausbildungsvergütung für das erste Ausbildungsjahr wurde zum erstenmal seit 1983 wieder er- höht, und zwar von 520 DM auf 540 DM. Sie bleibt damit auch zu- künftig deutlich unter der Gering- verdienergrenze von 560 DM im Jahre 1986, so daß der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin allein zu tragen hat. Die Ausbildungsvergütung für das zweite Ausbildungsjahr ist in Höhe von 680 DM beibehalten worden.

Da mit Beginn des nächsten Mo- nats die neue Ausbildungsord- nung in Kraft tritt und somit die

dreijährige Ausbildungszeit rea- lisiert wird, mußte nunmehr erst- malig auch die Höhe der Ausbil- dungsvergütung für das dritte Jahr festgesetzt werden; die Vergütung soll 745 DM betragen. Zwar gingen die ursprünglichen Forderungen der Gewerkschaften für das zweite und dritte Jahr bis zu 730 DM bezie- hungsweise 820 DM, die Tarifpart- ner haben sich aber letztlich bei der Festsetzung der Beträge am Bun- desdurchschnitt orientiert. Eine Differenzierung zwischen zwei- und dreijährigen Verträgen wurde nicht vorgenommen. Wiederholer des zweiten Ausbildungsjahres können selbstverständlich nicht die Vergütung für das dritte Ausbil- dungsjahr beanspruchen, da es sich hierbei nicht um ein drittes Ausbildungsjahr im Sinne der Ver- ordnung handelt.

0 Die Form des Gehaltstarifver- trages hat sich erstmalig seit Jah- ren geändert. Auf Vorschlag der AAA ist das Tarifwerk um einige Bestimmungen erweitert worden, die den eigenständigen Informa- tionsgehalt des Gehaltstarifvertra- ges gegenüber dem Manteltarif- vertrag erhöhen. Der Gehaltstarif- vertrag wird damit für die Anwen- der verständlicher und transpa- renter, und zusätzliche Erläute- rungen und Kommentierungen, die bisher immer auf Anfrage von der AAA gegeben wurden, entfal- len nunmehr bzw. sind eingearbei- tet worden. Es handelt sich dabei um die Bestimmung des Begriffs

„Arzthelferin" (§ 1), um die Defini- tion des Anwendungsbereichs (§ 2) und eine Protokollnotiz zur Berechnung der Berufsjahre laut

§ 3. Darüber hinaus sei auf eine Änderung in § 5 (Abrechnung) hin- gewiesen, wonach die Arzthelferin nunmehr generell Anspruch auf eine schriftliche Abrechnung ihrer Bezüge hat.

Die Arbeitsgemeinschaft zur Re- gelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen glaubt, daß mit dem neuen Gehaltstarifvertrag ein ausgewogenes Verhandlungs- ergebnis erzielt wurde (s. auch Seiten 2104, 2105). AAA 2070 (18) Heft 30 vom 23. Juli 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Damit er - hielten Weiterbildungsbefugte (WBB) sowie weiterzubildende Ärztinnen und Ärzte (WBA) die Möglichkeit, Auskunft zur Qualität der Weiterbil- dung in ihren Einrichtungen zu

Durch die Weiterbildungsbefugten und die Sächsische Landesärztekam- mer wurden bisher 2.319 weiterzu- bildende Ärzte (WBA) registriert und haben ihre Zugangsdaten zur

Die individuellen Befugten- berichte sind nicht öffentlich und können durch die Weiterbildungsbe- fugten mit ihren persönlichen Zugangsdaten im Webportal abgeru- fen werden.

Um den ärztlichen Nachwuchs für eine Tätigkeit in der Patientenversor- gung zu gewinnen oder zu binden, ist eine qualitativ gute Weiterbildung und Arbeitsatmosphäre wichtig. Dies

Die Weiterbildungsbefugten können nunmehr an der Befragung teilneh- men und sind gebeten, im Online- Portal (Öffnung des Portals von Mitte April 2011 bis Mitte Juni

Für alle er¬ weiterten Lernformen gilt, daß Schüler, die bis jetzt über¬ wiegend frontal unterrichtet wurden, sich zuerst an ei¬ genverantwortliches Lernen gewöhnen müssen..

(1) Wirbeltiere oder Kopffüßer, die in Tierversuchen verwendet worden sind oder die dazu bestimmt gewesen sind, in Tierversuchen verwendet zu werden, deren Verwendung jedoch nicht

Wie Sokrates keinen Beifall vom Zeitgeist erwarten konn- te, so auch nicht Herr Sonnen- feld mit seinem mutigen Bei- trag: Wer durch Böses hin- durch etwas Gutes tun will,