Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 28–29|
18. Juli 2011 A 1553 Die Kassenärztliche Bundesverei-nigung (KBV) hat einem Gutach- ten der Krankenkassen wider - sprochen, wonach sich in überver- sorgten Regionen bis zu 12 000 Arztsitze abbauen ließen, ohne dass die Versorgung der Patien- ten beeinträchtigt würde. Die Prognos AG hatte das Gutachten
„Der Aufkauf von Arztpraxen als Instrument zum Abbau der regionalen Ungleichverteilung in der vertragsärztlichen Versorgung“
im Auftrag des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversi- cherung (GKV) erstellt. Vor dem Hintergrund des geplanten Versor- gungsstrukturgesetzes geht es den Kassen nach eigenen Angaben vor allem darum, nicht nur Lösun- gen für drohende Unterversor- gung zu finden, sondern auch die Überversorgung mit Ärzten in Ballungsgebieten abzubauen. Da- zu will der Gesetzgeber es den Kassenärztlichen Vereinigungen er- möglichen, Arztsitze in überver- BEDARFSPLANUNG
Kassen fordern Abbau von Überversorgung
sorgten Regionen aufzukaufen und nicht neu zu besetzen.
Nach Ansicht des KBV-Vor- standsvorsitzenden, Dr. med. An- dreas Köhler, gehen die Forderun- gen der Kassen völlig an der Reali- tät vorbei. „Wir erleben doch in Deutschland derzeit einen zuneh- menden Arztmangel bei gleichzeitig steigendem Versorgungsbedarf“, er- klärte Köhler. Würden jetzt 12 000 frei werdende Arztsitze ohne Prü- fung des Bedarfs einfach vom Markt genommen, werde sich dieses Pro- blem weiter verschärfen.
Gerade in Ballungsgebieten zeige sich, dass die von den Kassen kriti- sierte Überversorgung häufig nur auf dem Papier bestehe. Außerdem bilde die derzeitige Bedarfsplanung nicht ab, dass die Ärzte in Großstäd- ten häufig Patienten aus angrenzen- den Gebieten mitversorgten. Bevor eine Praxis aufgekauft werde, müsse deshalb geprüft werden, ob es eine echte oder nur eine rechnerische Überversorgung gebe. HK
RANDNOTIZ
Eva Richter-Kuhlmann
Fast die Hälfte der Deutschen schätzt einen zu hohen Cholesterin- wert als gesundheitliches Risiko ein.
Das ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Wissenschaftsjahres Gesundheitsforschung anlässlich des bundesweiten Aktionstags des Cholesterins am 17. Juni. Danach haben auch fast dreiviertel der Be- fragten ihre eigenen Werte schon einmal beim Arzt bestimmen lassen.
So weit, so gut. Doch nur wenige
wissen, in welchen Lebensmitteln Cholesterin eigentlich enthalten ist.
So nennt zum Beispiel jeder Dritte Nüsse als cholesterinhaltiges Le- bensmittel. Und auch Pflanzenöl gilt als eine Haupt-Cholesterinquelle.
Daran, dass sich dieser Mythos so hartnäckig hält, hat die Industrie ih- ren Anteil, die nach dem Motto „Gut geworben, ist halb gekauft“ agiert.
Klickt man sich im Internet durch Patientenforen zu diesem Thema, so kann man diverse Ratschläge fin- den, welches Pflanzenöl für eine cholesterinarme Ernährung wohl am besten geeignet sei. Nur hin und wieder klärt ein Teilnehmer mal auf, dass sich Cholesterin aber per se nur in Lebensmitteln tierischer Her- kunft befindet. Offensichtlich hat die jahrelange Werbung einiger Firmen mit der gesonderten Aufschrift „Cho- lesterinfrei“ auf Pflanzenölflaschen ganze Arbeit geleistet.
Dabei beeinflussen Pflanzenöle den Cholesterinspiegel eher positiv.
„Viele Studien belegen, dass eine ausgewogene energiearme Ernäh- rung mit ballaststoffreichen Getrei- deprodukten und einem hohen Anteil an pflanzlichen Ölen sich bei vielen Menschen günstig auf den Choleste- rinspiegel auswirkt“, erklärt Prof. Dr.
med. Heiner Boing, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Ernäh- rung. Aufklärungsbedarf bestehe dringend.
Gut geworben, halb gekauft
Hygienemaß- nahmen kön- nen nosokomia- le Infektionen
verhindern.
Die geplanten Änderungen am In- fektionsschutzgesetz können umge- setzt werden. Der Bundesrat billigte am 8. Juli das vom Bundestag be- schlossene Gesetz. Nun müssen die Länder bis 31. März 2012 Regelun- gen treffen, mit deren Hilfe die Ein- INFEKTIONSSCHUTZ
Bundesrat billigt strengere Hygienevorschriften
haltung der Infektionshygiene in al- len relevanten Einrichtungen des Gesundheitswesens gesichert wird.
Zudem wird beim Robert-Koch-In- stitut (RKI) eine neue Kommission eingerichtet, die Ärzten für die The- rapie resistenter Infektionserreger Empfehlungen geben soll.
Ergänzend zum Gesetz wurde ei- ne Entschließung gefasst, die sich auf die Erfahrungen mit den jüngsten EHEC-Fällen bezieht. Das Aus- bruchsgeschehen hat demnach ge- zeigt, dass die im Infektionsschutz- gesetz festgelegten Fristen, inner- halb derer Erkrankungsfälle durch das Gesundheitsamt an die Landes- behörde und von dort an das RKI gemeldet werden müssen, für eine schnelle Information zu großzügig gefasst sind. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, Über- mittlungsfristen und -verfahren um- gehend anzupassen. Rie
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