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Archiv "Impfschutz bei Immunsupprimierten" (18.02.2011)

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Academic year: 2022

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Impfschutz bei Immunsupprimierten

Ergebnisse eines regionalen Versorgungsforschungsprojekts

Niels Teich, Tobias Klugmann, Astrid Tiedemann, Babett Holler, Joachim Mössner, Anke Liebetrau, Ingolf Schiefke

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Patienten mit chronischen entzündlichen Erkrankungen sind auf- grund ihrer Grundkrankheit, aber auch durch die häufig notwendige immunsup- pressive Therapie gefährdet, an einer impfpräventablen Infektionskrankheit zu er- kranken. In einer Stichprobe sollte der Impfstand bei Patienten mit den chro- nisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerosa erhoben werden. Besondere Beachtung galt Vorbehalten der Patienten gegen die empfohlenen Schutzimpfungen.

Methoden: Die Autoren baten 203 Patienten mit CED (davon 57 % Morbus Crohn, 63 % weiblich; medianes Alter 36 Jahre), die im letzten Jahr keine Impfberatung erhalten hatten, einen Fragebogen mit 38 Fragen zu beantworten. Zudem wurden alle Impfnachweise erfasst und mit den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission abgeglichen. Die Befragung erfolgte vom 1. April bis 30. Sep- tember 2009.

Ergebnisse: 83 % der Patienten hatten einen Impfausweis. Es fanden sich erheb- liche Impfdefizite; so wurden in den letzten zehn Jahren nur 67 % der Patienten gegen Tetanus und 21 % gegen Pertussis geimpft, 28 % nahmen die Impfung ge- gen die saisonale Grippe im Jahr 2008 wahr und nur 9 % wurden jemals gegen Pneumokokken geimpft. Im Subgruppenvergleich von Patienten mit TNF-Blo- ckern (n = 39) mit denjenigen Patienten, die noch nie eine immunsuppressive Dauertherapie erhielten (n = 67), zeigten sich keine Unterschiede. 80 % der Pa- tienten wären bereit, alle offiziell empfohlenen Schutzimpfungen durchführen zu lassen. 22 % aller Patienten gaben an, Schutzimpfungen zu vermeiden, weil sie Nebenwirkungen befürchteten, 15 % weil das Immunsystem „nicht intakt“ ist und 9 % befürchten eine Verschlimmerung der CED durch eine Impfung.

Schlussfolgerungen: Der Impfstand in der untersuchten Stichprobe lag deutlich hinter den Empfehlungen zurück. Es fand sich insbesondere eine deutliche Dis- krepanz zwischen der hohen Bereitschaft der Patienten, Schutzimpfungen durch- führen zu lassen, und dem tatsächlichen Impfstand. Unsere Daten legen die Notwendigkeit einer erhöhten ärztlichen Wachsamkeit für Impflücken bei immun- suppressiv behandelten Patienten nahe.

►Zitierweise

Teich N, Klugmann T, Tiedemann A, et al.: Vaccination coverage in immuno- suppressed patients—results of a regional health services research study.

Dtsch Arztebl Int 2011; 108(7): 105–11. DOI: 10.3238/arztebl.2011.0105

D

ie therapeutischen Konzepte bei Patienten mit den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) ha- ben sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Viele Patienten erhalten eine frühzeitig initiierte Langzeitthera- pie mit klassischen Immunsuppressiva oder anti-TNF-al- pha-Antikörpern (TNF-Blocker). TNF-Blocker sind auch für eine Vielzahl rheumatologischer und dermatologischer Indikationen zugelassen und stellen aktuell die umsatz- stärksten Einzelpräparate in Deutschland dar (1, 2). Aber auch für die „klassischen“ Immunsuppressiva Azathioprin und Methotrexat gab es im Jahr 2009 Ausgabensteigerun- gen von 4 % beziehungsweise 10 % gegenüber 2008 (1).

Aus diesen Zahlen lässt sich schließen, dass ein wachsen- der Anteil der Bevölkerung mit potenten immunsuppressi- ven Medikamenten behandelt wird.

Eine reduzierte Infektionsabwehr ist eine mögliche Fol- ge chronisch-entzündlicher Erkrankungen wie auch eine mögliche Nebenwirkung der immunsuppressiven Thera- pie (3, 4). Sowohl unter „klassischen“ immunsupprimie- renden Medikamenten als auch unter TNF-Blockern wur- den bei CED-Patienten impfpräventable Infektionskrank- heiten mit dem Hepatitis-B-Virus, dem humanen Papillo- mavirus, dem Varizella-Zoster-Virus oder dem Influenza- virus berichtet (5–8). Bei Pneumokokkeninfektionen scheint der Schweregrad der Infektion bis hin zum lebens- bedrohlichen Waterhouse-Friderichsen-Syndrom eine As- soziation mit der Intensität der immunsuppressiven Thera- pie aufzuweisen (9–12).

Das Risiko eines CED-Patienten, an einer Infektions- krankheit zu erkranken, ist jedoch auch ohne immunsup- pressive Medikation erhöht: In einer aktuellen Untersu- chung überstieg das Risiko, an einem Herpes zoster zu er- kranken, dasjenige der gesunden Bevölkerung um 57 %;

das absolute Risiko lag in einer Studie mit über 22 000 Pa- tienten bei 89 pro 10 000 Personenjahren (13). Daher wird sowohl in einem Konsensuspapier der „European Crohn’s and Colitis Organisation“ als auch im Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoff- wechselkrankheiten die Erhebung und gegebenenfalls Vervollständigung des Impfstatus gefordert.

In der täglichen Praxis haben die Autoren jedoch den Eindruck gewonnen, dass Patienten mit CED Impflücken aufweisen. In einer explorativen Studie sollte daher der Impfstand bei CED-Patienten erhoben werden. Besondere Beachtung galt möglichen Vorbehalten der Patienten ge- gen die von der Ständigen Impfkommission (STIKO)

Internistische Gemeinschaftspraxis für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, Leipzig:

PD Dr. med. habil. Teich, Dr. med. Klugmann Praxisverbund für die Klinische Forschung, Leipzig:

PD Dr. med. habil. Teich, Dr. med. Klugmann, Prof. Dr. med. Schiefke

Klinikum St. Georg gGmbH, Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Leipzig:

PD Dr. med. habil. Teich, Dr. med. Tiedemann, Prof. Dr. med. Schiefke

Universitätsklinikum Leipzig AöR, Department für Innere Medizin und Dermatologie, Klinik für Gastroenterologie und Rheumatologie: Dr. med. Holler, Prof. Dr. med. habil. Mössner Gesundheitsamt der Stadt Leipzig: Dr. med. Liebetrau

Gastroenterologie und Hepatologie am Johannisplatz, Leipzig: Prof. Dr. med. Schiefke

(2)

empfohlenen Schutzimpfungen (Tabelle 1). Weil die dabei erhobenen Daten möglicherweise auch für Patienten mit anderen chronischen inflammatorischen Erkrankungen Parallelen zulassen, möchten wir sie hier zur Diskussion stellen.

Methoden

Wir baten 203 konsekutive CED-Patienten, alle vorhande- nen Impfnachweise zur Sprechstunde mitzubringen. Diese wurden anonymisiert kopiert und nachfolgend elektro- nisch erfasst. Zudem füllten die Patienten einen anonymen Fragebogen mit 38 Fragen aus („online supplemental ma- terial“). An krankheitsspezifischen Parametern wurden die Erkrankungsdauer, CED-bedingte Operationen und eine

exakte Medikamentenanamnese – insbesondere hinsicht- lich immunsupprimierender Medikamente – erfragt. Pa- tienten, die binnen des letzten Jahres eine Impfberatung durch einen Arzt erhalten hatten, wurden nicht mit in die Untersuchung aufgenommen. Die Autoren wollten da- durch eine Verfälschung durch unterschiedliche Vorbil- dung der Patienten vermeiden.

Die Untersuchung in den drei teilnehmenden Einrich- tungen begann am 1. 4. 2009. Aufgrund der veränderten Wahrnehmung des individuellen Impfstandes mit Beginn der medialen Aufmerksamkeit für die „Schweinegrippe- Pandemie“ wurde die Studie am 30. 9. 2009 beendet.

Die Resultate der kategorialen Variablen wurden als Häufigkeiten angegeben. Die statistische Auswertung er- TABELLE 1

Empfohlene Impfungen für erwachsene CED-Patienten*

* nicht berücksichtigt sind Impfungen aufgrund beruflicher Indikationen, Reiseimpfungen oder Impfungen, die unabhängig von der CED medizinisch indiziert sein können;

** Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut; *** Sächsische Impfkommission: Trifft ihre fachlichen Empfehlungen auf der Grundlage der Empfehlungen der STIKO gemäß § 20 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz unter Berücksichtigung der epidemiologischen und historischen Besonderheiten im Freistaat Sachsen;

1 Nachholimpfung(en) bei fehlender bzw. unvollständiger Grundimmunisierung; 2 Nachholimpfung(en) bei fehlender bzw. unvollständiger Grundimmunisierung oder fehlender einmaliger Auf- frischimpfung nach vollständiger Grundimmunisierung; 3 ein einzelner Keuchhustenimpfstoff steht nicht zur Verfügung; 4 Nachholimpfung bei fehlender bzw. unvollständiger Grundimmunisierung oder fehlendem Booster: Eine Impfung mit Tdap- oder Tdap-IPV-Kombinationsimpfung; 5 CED allein gilt nicht als medizinische Indikation; 6 ggf. Kombinationsimpfstoff HAV/HBV verwenden

7 Kontrolle des Impferfolges (anti-HBs) 4–8 Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung erforderlich, ggf. erneute Impfung(en); 8 Wiederholungsimpfung nach 5 Jahren in Erwägung ziehen bei angeborenen oder erworbenen Immundefekten mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion bzw. chronischen Nieren-Krankheiten/nephrotischem Syndrom;

9 Lebendimpfstoff: kontraindiziert bei funktionell relevanter Immunsuppression, Mindestabstand von 14 Tagen vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie bzw. von drei Monaten nach Ab- schluss einer immunsuppressiven Therapie (1 Monat nach Beendigung einer Hochdosis-Kortisontherapie); 10 vorzugsweise MMR-Impfstoff verwenden; 11 als empfänglich gelten alle ungeimpf- ten Personen jünger als Geburtsjahrgang 1958 ohne immunologisch nachgewiesene überstandene Erkrankung; 12 als empfänglich gelten alle Personen jünger als Jahrgang 1970 mit negativer Mumpsanamnese und fehlender Impfung oder fehlendem Immunitätsnachweis; 13 als empfänglich gelten alle Personen ohne Impfung oder Immunitätsnachweis; 14 in Analogie zur Pneumokok- kenimpfung indiziert siehe „Hinweise für Patienten mit Immundefizienz“, Epidemiologisches Bulletin des Robert-Koch-Institutes, 10. November 2005

Impfung Tetanus-Diphtherie Poliomyelitis Pertussis Hepatitis A

Hepatitis B

Influenza Pneumokokken Masern Mumps

Röteln

Varizellen

Herpes zoster

bei pharmakologischer Immunsuppression zusätzlich (gemäß STIKO und SIKO) Meningokokken

Haemophilus influenzae Typ b (Hib)

Empfehlung der STIKO** (Stand: Juli 2010) Booster alle 10 Jahre, evtl. Nachholimpfung(en)1 evtl. Nachholimpfung(en)2

nächst fällige Td-Impfung einmalig als Tdap- bzw.

Tdap-IPV-Kombinationsimpfung3

bei Leberbeteiligung: Impfung nach Angaben des Her- stellers, serologische Vortestung nach epidemiologisch/

anamnestischen Aspekten5, 6

bei Leberbeteiligung: Impfung nach Angaben des Herstellers nach serologischer Vortestung5, 6, 7 jährlich

einmalige Impfung mit 23-valentem Polysaccharid- Impfstoff8

nach 1970 geborene ungeimpfte bzw. in der Kindheit nur einmal geimpfte Patienten bzw. Patienten mit unklarem Impfstatus: einmalige Impfung9, 10

keine Impfempfehlung

ungeimpfte Frauen oder Frauen mit unklarem Impfstatus bzw. einmal geimpfte Frauen im gebärfähigen Alter:

zweimalige bzw. einmalige Impfung9, 10

seronegative Patienten vor geplanter immunsuppressiver Therapie: 2 Impfungen im Abstand von mindestens 6 Wochen9

(noch?) keine Impfempfehlung

eine Impfung mit 4-valentem Konjugatimpfstoff14 einmalige Impfung14

Empfehlung der SIKO*** (Stand: Januar 2011) Booster alle 10 Jahre, evtl. Nachholimpfung(en)1 Booster alle 10 Jahre, evtl. Nachholimpfung(en)1 Booster alle 10 Jahre, evtl. Nachholimpfung3, 4 Impfung nach Angaben des Herstellers, serologische Vortestung nach epidemiologisch/anamnestischen Aspekten6

Impfung nach Angaben des Herstellers nach serologischer Vortestung6, 7

jährlich

eine Impfung mit 23-valentem Polysaccharid-Impfstoff, Boosterung nach 6 Jahren

empfängliche Patienten: 2 Impfungen im Abstand von mindestens 4 Wochen oder einmalige Impfung und Immunitäts-Nachweis9, 10, 11

empfängliche Patienten: 2 Impfungen im Abstand von mindestens 4 Wochen oder einmalige Impfung und Immunitäts-Nachweis9, 10, 12

empfängliche Patienten: 2 Impfungen im Abstand von mindestens 4 Wochen oder einmalige Impfung und Immunitäts-Nachweis9, 10, 13

seronegative Patienten unabhängig davon, ob eine immunsuppressive Therapie geplant ist oder nicht:

2 Impfungen im Abstand von mindestens 6 Wochen9 Patienten > 50 Jahre9

(3)

Zellhäufigkeit kleiner 5 war, wurde der exakte Test nach Fisher verwendet. Der Mann-Whitney-U-Test wurde zum Vergleich der Gruppen herangezogen. Ein p-Wert < 0,05 wurde als statistisch signifikant angenommen.

Ergebnisse Patientencharakteristika

Das mediane Alter betrug 36 Jahre (Interquartilenrang, IQR) 25 %; 75 % (IQR): 26; 47 Jahre). 127 Befragte (63 %) waren weiblich. 116 Patienten hatten einen Mor- bus Crohn (MC) (57 %) und 84 eine Colitis ulcerosa (CU) (41 %) sowie drei Patienten eine unklare chronisch-ent- zündliche Darmerkrankung (CED) (2 %). Die mediane Krankheitsdauer betrug 7 Jahre (IQR 2; 12), das Maxi- mum lag bei 34 Jahren. Von den befragten Patienten wur- den 180 in gastroenterologischen Praxen und 23 in der Universitätsambulanz behandelt. 52 Patienten (25,6 %) mussten sich in der Vergangenheit mindestens einer Ope- ration im Zusammenhang mit ihrer CED unterziehen. 162 Patienten (80 %) mussten schon mindestens 20 mg Pred- nisolon täglich einnehmen. Die übrige Medikation fasst Tabelle 2 zusammen. Im Folgenden werden Azathioprin, 6-Mercaptopurin, Ciclosporin und Methotrexat als „klas- sische“ Immunsuppressiva zusammengefasst.

Die Befragten verbrachten ihre ersten 10 Lebensjahre vorwiegend in Sachsen (n = 136) oder anderen ostdeut- schen Bundesländern (n = 49). Ähnlich wurde die Frage nach dem aktuellen Hauptwohnsitz beantwortet: Fast alle Patienten wohnen nun in Sachsen (n = 182) oder anderen ostdeutschen Bundesländern (n = 18). Die Frage nach dem Schulabschluss ergab, dass 40 % der Patienten ein (Fach-)Abitur abgeschlossen haben, 46 % beendeten die 10. Klasse und die übrigen hatten einen niedrigeren Schul- abschluss.

Impfausweis und Kontrolle des Impfstandes

168 (83 %) der Patienten konnten einen Impfnachweis vorlegen. Die meisten der übrigen 35 Patienten waren sich zwar sicher, einen Impfausweis zu besitzen, konnten die- sen aber auch nach umfangreicher Suche – teils auch zu- sätzlich im Haushalt der Eltern – nicht wiederfinden. 54 % aller Patienten waren sich sicher, dass ihr Impfstand voll- ständig ist, 23 % gingen davon aus, dass ihr Impfstand un- vollständig sei und die übrigen waren sich diesbezüglich unsicher.

125 Patienten (62 %) ließen ihren Impfstand vom Haus- arzt überprüfen. Darüber hinaus überprüften 34 (17 %) den Impfstand selber und 15 (7 %) befragten ihren Gastroente- rologen. Vier Patienten fragten den Betriebsarzt, zwei Pa- tienten einen Arzt des Gesundheitsamts und jeweils ein Patient den Gynäkologen beziehungsweise Rheumatolo- gen – eine Mehrfachnennung war dabei möglich. 44 Pa- tienten (22 %) überprüften den Impfstand nie beziehungs- weise konnten sich an keine Kontrolle erinnern.

Impfbereitschaft und Argumente gegen eine Schutzimpfung Die Frage „Wären Sie bereit, alle offiziell empfohlenen Schutzimpfungen durchführen zu lassen?“ bejahten 163 Patienten (80,3 %). Nachfolgend baten die Autoren da-

rum, möglichen Argumenten gegen Schutzimpfungen zu- zustimmen oder diese abzulehnen (Tabelle 3), wovon 22,2 % Gebrauch machten. Vier Patienten waren zwar be- reit, alle Schutzimpfungen durchzuführen, gaben aber zu- sätzlich an, dass sie Angst vor Nebenwirkungen hätten.

Nachfolgend hatten die Patienten Gelegenheit, weitere Argumente gegen Schutzimpfungen zu notieren. Davon machten neun Patienten Gebrauch und ergänzten folgende Argumente: „Ich vermeide Schutzimpfungen, weil…der Nutzen fehlend (n = 1) oder fraglich (n = 2) ist, ich sie ver- gesse (n = 1), keine Zeit habe (n = 1), die Alternativmedi- zin bevorzuge (n = 1), sie teilweise unnötig sind (n = 1), ich leichtsinnig bin (n = 1)“ oder „Angst vor weiteren Au- toimmunerkrankungen habe“ (n = 1). 108 Patienten (53,2 %) stimmten keinem der vorgegebenen Argumente zu und nannten auch kein eigenes Argument.

Analyse der Impfnachweise

Die Analyse der Impfnachweise ergab, dass nur zwei Drit- tel der Patienten binnen der letzten zehn Jahre gegen Teta- nus und Diphtherie geimpft wurden, was der Minimal- empfehlung der STIKO für alle Einwohner Deutschlands entspräche (Tabelle 4). Nur 56 Patienten (33 %) ließen sich im Jahr 2008 gegen die saisonale Grippe impfen. Die Verteilung der Impfnachweise bezüglich aller von der STIKO empfohlenen Impfungen zeigt Tabelle 5.

In einer Subgruppenanalyse wollten die Autoren die Impfwahrnehmung von Patienten unter TNF-Blocker- Therapie mit denjenigen Patienten vergleichen, die nie mit einem „klassischen“ Immunsuppressivum behandelt wur- den. Hier zeigte sich kein signifikanter Unterschied (Ta- belle 6).

Bereits die univariate Analyse ergab keine signifikan- ten Unterschiede bezüglich der Zielgröße Impfverhalten beim Vergleich der Patienten aus der 1. und 4. Quartile des Alters, der CED-Erkrankungsdauer, der Einwohnerzahl des Geburtsorts und auch des Bildungsstandes (< 10.

Klasse versus Abitur), so dass auf weiterführende multiva- riate Analysen verzichtet wurde.

Aktuelle und frühere Medikation der Untersuchungsteilnehmer

Prednisolon Budesonid Azathioprin 6-Mercaptopurin Ciclosporin Methotrexat TNF-Blocker Mesalazin E. coli Nissle

aktuell absolut 54 23 73 5 0 5 27 106 12

in % 26,6 11,3 36,0 2,5 0 2,5 13,3 52,2 5,9

früher absolut 118 58 62 6 6 4 12 77 29

in % 58,1 28,6 30,5 3,0 3,0 2,0 5,9 37,9 14,3

nie absolut 1 88 53 158 161 156 134 12 125

in % 0,5 43,3 26,1 77,8 79,3 76,8 66,0 5,9 61,6

(4)

Diskussion

Der Impfstand in der hier untersuchten Stichprobe von Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankun- gen lag deutlich hinter den STIKO-Empfehlungen zu- rück. Die krankheitsunabhängigen Empfehlungen zur Auffrischung der Grundimmunisierung gegen Tetanus und Diphtherie alle 10 Jahre wurde nur von zwei Dritteln der Untersuchungsteilnehmer befolgt. Für impfpräventa-

ble Erkrankungen, die bei Patienten mit CED schwer ver- laufen können (Varizella zoster, Pneumokokken, Hepati- tis B, humanes Papillomavirus und Influenza) bestand hingegen bei mindestens zwei Dritteln der Patienten kein Impfschutz.

In einer vergleichbaren Untersuchung aus Los Angeles wurden 169 CED-Patienten befragt, ob sie sich in den letzten zehn Jahren gegen Tetanus impfen ließen, was nur 45 % bejahten. Das waren noch weniger als in der von den Autoren des vorliegenden Beitrags untersuchten Kohorte, in der immerhin 67 % diese Impfung nachweisen konnten.

Die Inanspruchnahme der Schutzimpfung gegen die sai- sonale Grippe (28 %) war der hier untersuchten Kohorte (33 %) hingegen sehr ähnlich, dasselbe galt für die Pneu- mokokken-Impfung (9 versus 11 %). Auch die Angst vor Nebenwirkungen (18 %) als wichtiger Grund, von einer Impfung abzusehen, war den in der von den Auto - ren festgestellten Region mit 22 % vergleichbar (14).

TABELLE 4

Nachweis einer erfolgten Grundimmunisierung gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis im untersuchten Gesamtkollektiv

Tetanus Diphtherie Pertussis

Impfung binnen 10 Jahren absolut 136 134 42

in % 67,0 66,0 20,7

Impfung ≥ dreimalig

absolut 159 157 103

in % 78,3 77,3 50,7 TABELLE 3

Vorbehalte gegen die Durchführung von Schutz- impfungen (Mehrfachnennung möglich)

Ich vermeide Schutzimpfungen, weil ich befürchte, dass die Darm- erkrankung schlimmer wird mein Immunsystem nicht intakt ist ich allgemeine Nebenwirkungen befürchte

die Impfung aufgrund meiner Medika- mente sicherlich sowieso nicht wirkt ich generell gegen Impfungen bin meine Angehörigen dagegen sind mir mein Hausarzt abgeraten hat mir mein Gastroenterologe abgeraten hat

sie schmerzhaft sind

sie zu zusätzlichen Arztterminen führen

Zustimmung absolut 18

31 45 7

0 0 11 6

4 4

in % 8,9

15,3 22,2 3,4

0 0 5,4 3,0

2,0 2,0

TABELLE 5

Nachweis von nach STIKO allgemein empfohlenen Impfungen sowie von Indikations- und Reiseimpfungen im untersuchten Gesamtkollektiv. Eine Impfung gegen Hämophilus influenzae erfolgte bei keinem Patienten

Influenza 2008 Hepatitis A Hepatitis B Masern Mumps Röteln Varizellen Meningokokken Pneumokokken Poliomyelitis FSME HPV(111 Frauen)

Impfung nie/nein absolut 112 112 106 76 129 111 166 165 150 11 123 110

in % 66,7 66,7 63,1 45,2 76,8 66,1 98,8 98,2 89,3 6,5 73,2 99,1

Impfung ja/einmal absolut 56 7 1 20 20 28 2 3 12 6 4 1

in % 33,3 4,2 0,6 11,9 11,9 16,7 1,2 1,8 7,1 3,6 2,4 0,9

Impfung zweimal absolut 10 3 47 15 23 6 9 12

in % 6,0 1,8 28,0 8,9 13,7 3,6 5,4 7,1

Impfung

≥ dreimal absolut 39 58 25 4 6 142 29

in % 23,2 34,5 14,9 2,4 3,6 84,5 17,3

(5)

Krankheitsentitäten als wichtigster Vorbehalt gegen Schutzimpfungen (15, 16).

Das Problem einer unzureichenden Wahrnehmung von Schutzimpfungen durch immunsupprimierte Patienten fand sich auch in anderen Kollektiven (17–19): In einer Kohorte von 46 nierentransplantierten Kindern bestand zum Beispiel nur bei zwei Kindern (4 %) eine vollständige Adhärenz an die krankheitsspezifischen Impfempfehlun- gen (19).

Eine Stichprobe des Impfstandes von 715 Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) ergab, dass die Im- munisierungsraten für Tetanus und Diphtherie bei den 7- bis 11-jährigen Patienten schlechter als im Referenzkol- lektiv gesunder Kinder waren, was bei den 12- bis 17-jäh- rigen Patienten noch deutlicher wurde. Die medikamentö- se Therapie hatte darauf keinen Einfluss. Im Hinblick auf die MMR-Impfung zeigte sich jedoch eine signifikante Abhängigkeit der nicht erfolgten Impfung vom JIA-Typ und von der Intensität der medikamentösen Therapie. Ins- gesamt war jeder dritte JIA-Patient unzureichend immuni- siert – Hauptgrund war ein ärztliches Abraten von der Impfung in 79 % und nur in 10 % eine Ablehnung der Impfung durch die Eltern der Patienten (20).

Die Autoren konnten hingegen keinen Unterschied zwischen der Wahrnehmung der Tetanus/Diphtherie-Tot- impfung im Vergleich zur MMR-Lebendimpfung feststel- len (Tabellen 4 und 5). Eine Erklärung dafür ist offensicht- lich, dass die STIKO-Empfehlungen zur MMR-Impfung das Kleinkindalter betreffen, in dem die Mehrzahl der Un- tersuchungsteilnehmer noch nicht erkrankt war. Deutlich schlechter war hingegen die Adhärenz an Empfehlungen für Indikationsimpfungen (insbesondere Varizellen, Me- ningokokken und Pneumokokken), die erst bei Therapie unter immunsuppressiver Therapie empfohlen werden (Tabelle 5). Im von den Autoren untersuchten Kollektiv erwachsener Patienten war im Gegensatz zu den oben dar- gestellten pädiatrischen Patienten (20) kein Patient „gene- rell gegen Impfungen“ und bei nur 8,4 % führte das Abra- ten eines Arztes zur Vermeidung von Schutzimpfungen.

Die regional erhobenen Daten sind jedoch nicht für ganz Deutschland repräsentativ: Über 90 % der Patienten wuchs in den ostdeutschen Bundesländern auf, während in den westdeutschen Bundesländern die Impfteilnahme im Allgemeinen geringer ist (20, 21).

Ein Nachteil der vorliegenden Erhebung ist, dass kein Vergleich mit der Durchimpfungsrate der gesun- den Allgemeinbevölkerung erfolgen konnte. Eine reprä- sentative Untersuchung einer gesunden Kontrollgruppe durchzuführen, die alle öffentlich empfohlenen Schutz- impfungen umfasst, war aus praktischen Gründen nicht realisierbar, da diese Zielgruppe selten beziehungswei- se nie einen Arzt aufsucht. Während jährlich im Rah- men der Schuleingangsuntersuchungen Daten zum Impfstatus der Kinder akquiriert und durch das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlicht werden, fehlen Da- ten zu Erwachsenen und Jugendlichen (22, 23). Die aktuell im Rahmen des bundesweiten Gesundheitsmo- nitorings durch das RKI gesammelten Daten zum Impf- stand der erwachsenen Bevölkerung aus Telefoninter-

views (GEDA, telefonisches Gesundheitssurvey; DEGS, Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland) lie- gen noch nicht vor und konnten deshalb nicht zum Ver- gleich herangezogen werden. Informationen zu Inhalt und Methodik findet man unter http://www.rki.de/

Gesundheitsberichterstattung/ und Epidemiologie/Daten - erhebungen/Gesundheitssurveys.

Eine zusätzliche Limitation der Studie ist, dass mehrere Patienten keine Impfdokumente beibringen konnten. Dies wurde jeweils mit einer nicht durchgeführten Impfung gleichgesetzt, wodurch sich das Ergebnis schlechter dar- stellen könnte, als es eigentlich ist. Dieses Vorgehen ent- spricht jedoch den STIKO-Empfehlungen (24). Ein weite- rer möglicher Nachteil der vorliegenden Stichprobe ist, dass Patienten, die binnen des letzten Jahres eine Impfbe- ratung durch einen Arzt erhalten hatten, primär nicht mit in die Untersuchung aufgenommen wurden. Die Autoren wollten dadurch einen zusätzlichen Bias durch unter- schiedliche Vorbildung der Patienten vermeiden. Dieses Ausschlusskriterium könnte die erhobenen Daten ungüns- tiger darstellen, als sie in einem diesbezüglich nicht vorse- lektionierten Kollektiv wären, weil gut versorgte Patienten a priori ausgeschlossen wurden.

Diskrepant zum vorwiegend unzureichenden Impf- stand ist, dass über die Hälfte der eingeschlossenen Pa- tienten keinerlei Vorbehalt gegen Schutzimpfungen hat und dass über 80 % bereit wären, alle empfohlenen Schutzimpfungen durchführen zu lassen. Diese Diskre- panz könnte durch eine unzureichende Kenntnis des all- gemeinen Impfkalenders und der CED-spezifischen Indi- kationsimpfungen bei den Patienten (und ihren Ärzten)

Vergleich der Impfstände der Patienten mit TNF-Blocker-Therapie mit Patien- ten, die nie mit einem „klassischen“ Immunsuppressivum behandelt wurden.

Es wurden der Chi-Quadrat bzw. der Fischer-exact-Test angewandt

Tetanus < 10 Jahre Diphtherie < 10 Jahre Pertussis < 10 Jahre Hepatitis B Masern 1 x Masern > 1 x Röteln 1 x Röteln > 1 x Mumps 1 x Mumps > 1 x Influenza 2008 Pneumokokken jemals Prednisolon

TNF-Blocker (n = 39)

absolut 23 22 6 14 4 15 7 4 4 2 8 0 37

in % 59,0 56,4 15,4 35,9 10,3 38,5 17,9 10,3 10,3 5,1 20,5 0 94,9

nie Immunsuppres- sion (n = 67) absolut 47 47 14 21 3 26 10 12 8 7 17 0 44

in % 70,1 70,1 20,9 31,3 4,5 38,8 14,9 17,9 11,9 10,4 25,4 0 65,7

p

0,24 0,15 0,48 0,63 0,23 0,97 0,68 0,29 0,79 0,19 0,57

< 0,0001

(6)

bedingt sein. Auch in dieser Frage der ärztlichen Sicht auf die Umsetzbarkeit von Impfempfehlungen findet sich ei- ne Parallele zur Rheumatologie: Die Impfkommission der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie führte eine Umfrage zur Impfpraxis unter den in dieser Gesellschaft organisierten Kollegen durch. Im Ergebnis zeigten sich große Diskrepanzen bezüglich der Einschät- zung der Durchführbarkeit von Lebendimpfungen: Die Hälfte der befragten Kollegen hielten zum Beispiel eine MMR-Impfung unter MTX für durchführbar, die andere Hälfte nicht. Geringer war die Varianz bei Totimpfstof- fen; hier war eine Mehrheit der Kollegen (zwischen 58 und 100 %) bereit, die empfohlenen Impfungen unter verschieden variierten medikamentösen Therapiekombi- nationen durchzuführen (21).

Der Hausarzt wurde in der Frage der Kontrolle des Impfstandes von der Mehrheit der Patienten als wichtigs- ter Ansprechpartner genannt. Wenngleich die Patienten nur in weniger als 10 % ihren Gastroenterologen zur Über- prüfung des Impfstandes zu Rate ziehen, kommt aus Sicht der Autoren dem Erstverordner einer immunsuppressiven Therapie auch eine Verantwortung für das Aufspüren feh- lender Indikationsimpfungen zu.

Hier sehen die Autoren auch Defizite in der Betreuung der befragten Patienten in der vorliegenden Studie. Daher haben die Autoren gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Sächsischen Impfkommission ein Qualitätsmanagement- Element erarbeitet, das die Empfehlungen der STIKO und der für die von den Autoren untersuchten Region maßgeb- lichen Sächsischen Impfkommission (SIKO) für Patienten mit CED zusammenfasst (Tabelle 1). Aktualisierungen der STIKO-Empfehlungen sind unter http://www.rki.de, die SIKO-Empfehlungen unter http://www.lua.sachsen.de zu finden. Aus den Diskrepanzen dieser Empfehlungen erge- ben sich im Einzelfall (zum Beispiel wenn der Patient in Sachsen wohnt aber in einem anderen Bundesland versi- chert ist) Schwierigkeiten in der zu Lasten der Kranken- kasse verordnungsfähigen Umsetzung. Daher empfehlen die Autoren die Rücksprache mit den Gesundheitsämtern oder den Krankenkassen.

Eine weitere Schlussfolgerung aus den hier erhobenen Daten ist, dass die Autoren nun – oft schon beim Erstkon- takt – eine serologische Untersuchung hinsichtlich der Ti- ter gegen Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Hepatitis B sowie einen Tuberkulose-Test durchführen. Dieses Vorge- hen ist sinnvoll, um insbesondere einen Impfbedarf mit Lebendimpfstoffen (Masern, Mumps, Röteln, Varizellen) zu erkennen, bevor eine immunsuppressive Therapie er- forderlich ist.

Mehrere bei immunsupprimierten Patienten häufiger vorkommende opportunistische Infektionen (zum Bei- spiel mit Clostridium difficile, Zytomegalie- und Epstein- Barr-Virus, Tuberkulose, Histoplasmose oder die Pneu- mocystis-jiroveci-Pneumonie) sind jedoch nicht impfprä- ventabel. Im Falle einer Mehrfachimmunsuppression soll- te eine Prophylaxe mit Trimethoprim und Sulfamethoxa- zol gegen eine Pneumocystis-Pneumonie erfolgen (7).

Bislang galt der Konsens, dass diese Prophylaxe nur für den Zeitraum einer dreifachen Immunsuppression erfol- gen sollte; die neue Leitlinie zur Colitis ulcerosa sieht je-

doch bereits bei doppelter Immunsuppression eine Indika- tion. Zudem müssen den Patienten auch andere Präventiv- maßnahmen wie zum Beispiel richtiges Händewaschen und eine richtige Nahrungsmittelzubereitung vermittelt werden. Zu letzterem Punkt bietet eine aktuelle Publikati- on der Kommission für Krankenhaushygiene und Infekti- onsprävention beim Robert Koch-Institut (RKI) sehr prak- tikable Vorschläge (25).

In der Zusammenfassung der vorliegenden Daten lässt sich schlussfolgern, dass

der Impfstand in der untersuchten Stichprobe unzu- reichend war,

eine deutliche Diskrepanz zwischen der Bereitschaft der Patienten, Schutzimpfungen durchführen zu las- sen, und dem tatsächlichen Impfstandbestand be- steht und

das häufigste Argument gegen Schutzimpfungen die Angst vor Nebenwirkungen ist. Die Daten legen ins- besondere die Notwendigkeit einer erhöhten ärztli- chen Wachsamkeit für Impflücken bei immunsup- pressiv behandelten Patienten nahe.

KERNAUSSAGEN

Der Impfstand der untersuchten Patienten mit chroni- schen entzündlichen Darmerkrankungen wich deutlich von den offiziellen Empfehlungen ab.

Der Impfstand von intensiv immunsupprimierten Patien- ten unterschied sich nicht von Patienten ohne immun- suppressive medikamentöse Therapie.

Es besteht – in Diskrepanz zu diesen Ergebnissen – ei- ne hohe Bereitschaft der Patienten, alle empfohlenen Impfungen wahrzunehmen.

Der am häufigsten genannte Vorbehalt gegen eine Imp- fung war die Angst vor Nebenwirkungen.

Die Ergebnisse legen die Notwendigkeit einer erhöhten ärztlichen Wachsamkeit für Impflücken bei immunsup- pressiv behandelten Patienten – möglicherweise auch mit anderen chronischen inflammatorischen Erkrankun- gen – nahe.

Danksagung

Wir danken Herrn Dr. med. Dietmar Beier (Vorsitzender der Sächsischen Impfkom- mission) für die freundliche Beratung.

Interessenkonflikt

Niels Teich ist wissenschaftlicher Berater der Firmen Abbott und Essex, erhielt wis- senschaftliche Projektförderung der Firma Novartis sowie Vortragshonorare der Fir- men Abbott, Essex, Falk, Ferring, Merckle-Recordati, Siemens, Shire und Vifor.

Babett Holler erhielt Vortragshonorare der Firmen Abbott und Falk.

Joachim Mössner war wissenschaftlicher Berater der Firmen Astra-Zeneca und Shire und erhielt Vortragshonorare der Firman Axcan und Falk.

Ingolf Schiefke ist wissenschaftlicher Berater der Firmen Abbott, Essex, Fresenius, Merckle-Recordati, und Olympus und erhielt Vortragshonorare der Firmen Abbott, BMS, Essex, Falk, Nycomed, Roche und Vifor.

Astrid Tiedemann, Tobias Klugmann und Anke Liebetrau erklären, dass kein Inte- ressenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

(7)

LITERATUR

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24. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut, Stand Juli 2009, Epidemiologisches Bulletin Nr. 30/2009.

25. Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut: Anforderungen an die Hygiene bei der medizini- schen Versorgung von immunsupprimierten Patienten. Bundesgesund- heitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2010; 53:

357–88.

Anschrift für die Verfasser PD Dr. med. Niels Teich

Internistische Gemeinschaftspraxis für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten

Funkenburgstraße 19 04105 Leipzig E-Mail.: teich@igvs.de

SUMMARY

Vaccination Coverage in Immuno-Suppressed Patients—

Results of a Regional Health Services Research Study

Background: Patients with chronic inflammatory diseases are at elevated risk of infections that can be prevented by vaccination. This elevated risk is due not just to these patients’ primary illnesses, but also to the immunosup- pressive treatment that they often receive. We studied the vaccination rate in a random sample of patients with two types of inflammatory bowel dis - ease (IBD), namely, Crohn’s disease and ulcerous colitis. In particular, we asked unvaccinated patients why they had refused the vaccine.

Methods: From April to September 2009, we gave a 38-item questionnaire to 203 consecutive patients with IBD (57% with Crohn’s disease, 63% fe- male, median age 36 years) who had not received vaccination counseling for at least one year, and inspected the patients’ vaccination cards. We compared the findings to the current recommendations of the German Fe- deral Standing Committee on Vaccination (Ständige Impfkommission).

Results: 83% of the patients had a vaccination card. Substantial deficien- cies in vaccination were found. Only 67% of the patients had been immuni- zed against tetanus in the previous 10 years, and only 21% against pertus- sis. Only 28% were vaccinated against seasonal influenza in 2008, and only 9% had ever received anti-pneumococcal vaccine. A subgroup analysis in which we compared 39 patients taking TNF-blockers to 67 patients who never had any type of immunosuppressive treatment revealed no difference in vaccination rates. 80% of all patients said, they were willing to receive all of the officially recommended vaccinations. 22% of all patients said, they avoided vaccinations for fear of side effects, while 15% said, they did so be- cause their immune system was supposedly “not intact”, and 9% for fear that vaccination would worsen their IBD.

Conclusion: In this random sample, the vaccination rate fell far behind the recommendations. In particular, there was a marked discrepancy between patients’ willingness to be vaccinated and the actual provision of vaccinati- on. These findings imply that physicians need to be more aware of the pos- sibly inadequate vaccination state of their immunosuppressed patients.

Zitierweise

Teich N, Klugmann T, Tiedemann A, et al.: Vaccination coverage in immuno-sup- pressed patients—results of a regional health services research study.

Dtsch Arztebl Int 2011; 108(7): 105–11. DOI: 10.3238/arztebl.2011.0105

@

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de eSupplement unter:

www.aerzteblatt.de/11m0105

(8)

Impflücken aufweisen. Wir wollen in einem regionalen Gemeinschaftsprojekt den Impfstatus unserer Patienten sowie die Ursachen von möglichen Impflücken untersuchen.

Wir bitten Sie deshalb heute, unsere wissenschaftlichen Bemühungen zu unterstützen. Bitte füllen Sie diesen Fragebogen aus und bringen ihn (gerne auch im verschlossenen Umschlag) zur nächsten Sprechstunde mit. Die Fragen sind keine Wissensfragen mit richtigen und falschen Antworten sondern sollen einen Querschnitt des Meinungsspektrums unserer Patienten ergeben.

Bitte bringen Sie zusätzlich - falls vorhanden - Ihren Impfausweis oder andere Impfnachweise mit.

Wir würden diese anonymisiert kopieren und Ihnen sofort wiedergeben. Wenn Sie keinen Impfausweis haben, bringen Sie bitte trotzdem diesen Fragebogen mit.

Die erhobenen Daten werden zentral anonym ausgewertet. Für Sie ergeben sich keinerlei Verpflichtungen aus der Studienteilnahme. Diese Studie dient ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken und wird nicht finanziell unterstützt oder kommerziell verwertet.

Haben Sie einen Impfausweis? □ Ja □ nein

Wann wurden Sie das letzte Mal auf Ihren Impfausweis angesprochen (die heutige Umfrage ausgenommen)

ca. Monat: _______________ca. Jahr: _________________ □ noch nie Ich lasse meinen Impfstand überprüfen (bitte ankreuzen)

□ durch den Hausarzt

□ durch den Gastroenterologen

□ durch _________________

□ mache ich selber

□ nie bzw. kann mich nicht mehr daran erinnern Ich denke, dass ich einen vollständigen Impfstatus habe:

□ ja □ nein □ weiß nicht

Ist Ihnen bekannt, dass es staatliche Empfehlungen für Schutzimpfungen gibt?

□ ja □ nein

Ich wäre bereit, alle offiziell empfohlenen Schutzimpfungen durchführen zu lassen:

□ ja □ nein □ _________________

Bitte kreuzen Sie alle aus Ihrer Sicht zutreffenden Argumente gegen Schutzimpfungen an Ich vermeide Schutzimpfungen,

□ weil ich befürchte, dass die Darmerkrankung schlimmer wird

□ weil mein Immunsystem nicht intakt ist

□ weil ich allgemeine Nebenwirkungen befürchte

□ weil die Impfung aufgrund meiner Medikamente wahrscheinlich sowieso nicht wirkt

□ weil ich generell gegen Impfungen bin

□ weil meine Angehörigen dagegen sind

□ weil mir mein Hausarzt abgeraten hat

□ weil mir mein Gastroenterologe abgeraten hat

□ weil sie schmerzhaft sind

□ weil sie zu zusätzlichen Arztterminen führen

□ anderes Argument:_______________________

□ Ich stimme keinem der genannten Argumente zu.

(9)

Wie ist Ihr Alter? __________ Jahre □ weiblich □ männlich Nahmen Sie schon folgende Medikamente ein (bitte ankreuzen) ?

Jetzt aktuell Früher Nie Weiß nicht Prednisolon

Budesonid*

Azathioprin*

6-Mercaptopurin, 6- Thioguanin*

Ciclosporin*

Metotrexat*

TNF-Blocker Mesalazin*

E.coli nissle*

*in Klammern wurden hier alle verfügbaren Handelsnamen aufgeführt

Mussten Sie schon einmal mehr als 20 mg Prednisolon täglich einnehmen?

□ ja □ nein □ weiß nicht

Lassen Sie sich gegen Grippe impfen?

□ jedes Jahr □ gelegentlich □ nie

Haben Sie schon einen Arzt wegen Reiseimpfungen konsultiert? □ ja □ nein Wie groß war der Ort, in dem Sie vorwiegend Ihre ersten 10 Lebensjahre verbrachten?

□ < 2000 Einwohner

□ > 2000 – 25.000 Einwohner (zum Vergleich: Borna hat 20.000 Einwohner)

□ > 25.000 – 250.000 Einwohner (zum Vergleich: Halle hat 200.000 Einwohner)

□ > 250.000 Einwohner

In welchem Bundesland lag dieser?

□ Sachsen

□ ___________

Wie groß war der Ort, in dem Sie gegenwärtig leben (Hauptwohnsitz)?

□ < 2000 Einwohner

□ > 2000 – 25.000 Einwohner (zum Vergleich: Borna hat 20.000 Einwohner)

□ > 25.000 – 250.000 Einwohner (zum Vergleich: Halle hat 200.000 Einwohner)

□ > 250.000 Einwohner

In welchem Bundesland wohnen Sie?

□ Sachsen

□ ___________

Ihr Schulabschluss?

□ < 10. Klasse

□ 10. Klasse

□ (Fach-) Abitur

Herzlichen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Befragung!

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