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Archiv "Gesundheitsreform: Leerformeln" (11.04.2003)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1511. April 2003 AA949

S E I T E E I N S

Z

urzeit kämpfen die Kassenärzt- lichen Vereinigungen (KVen) um ihr Überleben. Die Regierung will die ärztlichen Körperschaften schwä- chen und den Einfluss der Kranken- kassen stärken. In solchen Zeiten rücken die Betroffenen für gewöhn- lich enger zusammen – es sei denn, einzelne Mandatsträger verfolgen Partikularinteressen.

Während die große Mehrheit der Haus- und Fachärzte in den Regio- nen gut zusammenarbeitet, bläst die so genannte „Hausarztfraktion“ der Vertreterversammlung der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Attacke. Vertreten durch Dr.

med. Wolfgang Hoppenthaller, der zugleich stellvertretender Vorsit- zender der KV Bayerns ist, ließen die Hausärzte in einer gezielten Ak- tion die „Fach- und Standespresse“

wissen, dass sie die KBV und ihre Gremien für reformunfähig halten.

Ändert sich das nicht, werde „die deutsche Hausärzteschaft ihren Weg auch außerhalb der KV suchen und finden“.

Hoppenthaller konkretisiert sei- ne Kritik nicht weiter. Stattdessen teilt er mit, was die Hausärzte wol- len: einen Basistarif für ein haus- arztzentriertes Versorgungssystem.

Facharztbesuche (bis auf Augen- ärzte und Gynäkologen) sollen nur noch auf Überweisung erfolgen kön- nen. Nimmt der Patient dennoch einen Facharzt direkt in Anspruch, soll er entweder eine Praxisgebühr von 25 Euro zahlen oder im Wege der Kostenerstattung 20 Prozent des ärztlichen Honorars tragen. Die freie Arztwahl soll sich nach Mei- nung der Hausärztevertreter nur

noch innerhalb der „ambulanten Versorgungsebenen“ abspielen.

Die KBV hält nichts von Malusre- gelungen und nichts von der spitzfin- digen Unterscheidung nach „Ver- sorgungsebenen“. Noch viel weniger ist von der Drohung zu halten, „ei- nen Weg außerhalb der KVen zu su- chen“. Die Hausärzte betreiben da- mit – gewollt oder auch nur blauäu- gig – das Geschäft der KV-Stürmer.

Vorstand und Länderausschuss der KBV gaben dazu Ende vergan- gener Woche ein eindeutiges Votum ab: Sie sind für den Erhalt einer fachübergreifend organisierten KV als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Denn nur so könne ein gleichwertiges Gegengewicht aller Vertragsärzte zu den stärker wer- denden Krankenkassen erhalten

bleiben. Josef Maus

Hausärzte

Deplatzierte Drohung

L

eerformeln und Schlagworte sind in der gesundheitspolitischen Diskussion hoch in Kurs. Sie tragen zur Konfliktlösung ebenso wenig bei wie zur Präzisierung von ge- sundheitspolitischen Konzepten. In den gesundheitspolitischen Pro- grammen (auch der Ärzteschaft) gibt es zahlreiche Formulierungen, die nur ahnen lassen, was die Ver- fasser und Interessenten damit tatsächlich meinen. Beispiele sind zahlreich.

Inhaltsleer und daher nicht ope- rational sind Axiome wie diese:

„Die Sozial- und Gesundheitspoli- tik muss vom Menschen ausgehen.“

Im Mittelpunkt aller wohl verstan- denen Interessen und der Reform- aktivitäten steht der Mensch, der Patient. Solche Formeln können in

Programme gegensätzlicher Rich- tungen und Weltanschauungen „ein- gespeist“ werden. Sie sind eben kei- ne Lehrformeln, sondern inhaltslose Formeln (leere Formeln).

Eine gängige Vokabel in der ge- sundheitspolitischen Auseinander- setzung ist die der „Selbstbetei- ligung“ der Krankenversicherten.

Dahinter steckt die Forderung, sich mit einem finanziellen Obolus zu- sätzlich zu dem schon happigen Kollektivbeitrag zur Gesetzlichen Krankenversicherung zu beteiligen.

Besser wäre es daher, von einer Di- rektbeteiligung an den Krankheits- kosten zu sprechen, denn auch der Etat von mittlerweile 130 Milliar- den Euro pro Jahr, den die Gesetz- liche Krankenversicherung bean- sprucht, wird nicht aus himmlischen

Quellen gespeist, sondern muss durch die Kollektivbeiträge der rund 40 Millionen Krankenversi- cherten selbst aufgebracht werden.

Die paritätische Mitfinanzierung der Arbeitgeber ist dabei lediglich eine Fiktion, denn auch diese ist dem Produktionsfaktor Arbeit zu- zurechnen.

Ein Widerspruch in sich selbst ist die Losung vom „solidarischen Wettbewerb“. Der Wettbewerb als wichtigstes Element einer liberalen, marktwirtschaftlichen Wirtschafts- ordnung setzt auf Konkurrenz, Preis, Qualität, Service und andere öko- nomische Determinanten. Solidari- tät, Rücksichtnahme und Sozialver- pflichtung haben in diesen natio- nalökonomischen Denkkategorien nichts verloren. Dr. rer. pol. Harald Clade

Gesundheitsreform

Leerformeln

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