• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Gesundheitsreform: Mit Skepsis ins neue Jahr" (22.12.2003)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Gesundheitsreform: Mit Skepsis ins neue Jahr" (22.12.2003)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

K

aum drei Monate ist es her, seit sich Regierung und Unionsopposi- tion auf ein gemeinsames Ge- setzespaket zur Reform des Gesund- heitswesens geeinigt haben. Wohl wis- send, dass den Reformkoalitionären mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) nicht der „große Wurf“ gelun- gen ist, den insbesondere Bundesge- sundheitsministerin Ulla Schmidt den Bürgern versprochen hat, brütet man in den Berliner Parteizentralen längst über weitergehende Strukturverände- rungen. Für Patienten und Beschäftigte im Gesundheitswesen hingegen dürfte dies eher Zukunftsmusik sein, müssen sie doch zunächst mit den Auswirkun- gen der aktuellen Gesundheitsreform zurechtkommen, die in gut einer Woche in Kraft tritt.

Wie weitreichend diese Auswirkun- gen sein werden, lässt sich derzeit kaum absehen. Fest steht, dass Versicherte für ihre Gesundheit deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen als bisher. Für Patienten weitaus gravierender aber, so der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, sei die im Gesetz angelegte

„statistische Rationierung“ von Ge- sundheitsleistungen. Diese manifestie- re sich in einer zu erwartenden Gesamt- verknappung des medizinischen Ange- bots und dem Trend zu mehr Pro- grammmedizin. Die Versorgung werde dadurch nach unten nivelliert, warnte Hoppe gegenüber dem Deutschen Ärz- teblatt.

Damit sieht der BÄK-Präsident dem neuen Jahr skeptischer entgegen als etwa der Vorsitzende der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung, Dr. med.

Manfred Richter-Reichhelm. Bei der Vertreterversammlung seiner Organi- sation Anfang Dezember in Berlin fiel

dessen Kritik am GMG milder aus (DÄ, Heft 50, „Streit um die gemeinsa- me Zukunft“). Gänzlich verteufeln will aber auch Hoppe das Reformwerk nicht. Seiner Einschätzung nach ist das GKV-Modernisierungsgesetz immer- hin ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag des Mi- nisteriums und der Koalition.

Dass es überhaupt zu einem Kurs- wechsel bei den Reformplänen kam, ist

nach Meinung Hoppes auch dem Pro- test und den Sachargumenten der Ärz- teschaft geschuldet. Tatsächlich hat sie bereits im Februar bei ihrem außeror- dentlichen Ärztetag in Berlin massiv vor möglichen Gefahren für die Ge- sundheitsversorgung im Zusammen- hang mit den Gesetzesvorhaben von Rot-Grün gewarnt. Besonders schwer im Magen lag den Ärzten dabei die (bis dato von der Regierung geplante) Aus- höhlung der ambulanten fachärztlichen Versorgung sowie die Implementierung

eines staatlich gelenkten Qualitätsinsti- tuts für das Gesundheitswesen. Zwar kam es infolge des Ärztetages hinter den Kulissen zu Gesprächen mit den Spitzen der Regierungsfraktionen und der Opposition. Im Ministerium jedoch zeigte man sich unbeeindruckt und leg- te im Frühsommer einen ersten Gesetz- entwurf vor, der, so Hoppe, von „Miss- trauen gegenüber Ärzten und Staatsdi- rigismus“ geprägt gewesen sei. Die Op- position ließ zu diesem Zeitpunkt kei- nen Zweifel daran, das Gesetz im uni- onsdominierten Bundesrat scheitern zu lassen.

Die Wende kam im Juli, als sich Re- gierung und Union auf ein gemeinsa- mes Gesetzespaket zur Reform des Gesundheitswesens einigten. Rück- blickend, so Hoppe, sei es wohl gelun- gen, die ausgeprägte Misstrauenskul- tur gegenüber den Ärzten weitestge- hend zurückzudrängen. Zudem bleibe auch die ärztliche Fortbildung weiter- hin im Wesentlichen in der Verantwor- tung der Ärztekammern. Grundsätz- lich zu begrüßen sei auch, dass die In- tegrierte Versorgung sowie die Medi- zinischen Versorgungszentren künftig weniger auf Institutionalisierung aus- gerichtet würden als zuvor geplant.

Man dürfe aber nicht übersehen, dass mit derlei strukturellen Neuerungen – ebenso wie mit der vorgesehenen hausarztzentrierten Versorgung – ei- ner zunehmend kassengesteuerten Versorgung Vorschub geleistet werde.

Wartelistenmedizin und „weite Wege“

für die Patienten könnten die Folge sein. Hoppe: „Mittelfristig wird der Facharzt um die Ecke nicht mehr zum gewohnten Erscheinungsbild in der Patientenversorgung gehören.“ Auch das sei eine Form von verdeckter Ra- tionierung. Samir Rabbata P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 51–5222. Dezember 2003 AA3347

Gesundheitsreform

Mit Skepsis ins neue Jahr

Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, befürchtet die heimliche Rationierung von Leistungen

und warnt vor einer Verknappung des medizinischen Angebots.

Bundesärztekammer-Präsident Prof.

Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe: Miss- trauenskultur gegenüber den Ärzten zurückgedrängt

Foto:Bernhard Eifrig

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

durch berufs- und gesellschaftsrecht- liche Begleitregeln eine Art ,Ärzte- gesellschaft‘ schaffen“, erklärt Horst Dieter Schirmer, Justiziar von Bun- desärztekammer

Auseinander gehen dagegen die Einschätzung der Gesund- heit, des Einkommens, des Netzes der sozialen Sicherung sowie des Lebens- standards: hier sind niedergelassene Ärzte

Deutlich ausgeprägt sind hin- gegen die befürchteten negativen Fol- gen: Mehr als die Hälfte der Befragten erwartet eine Überlastung des Kran- kenhauspersonals, 69,5 Prozent

Diese Frage haben sich offenbar auch jene Patienten gestellt, denen angeboten wurde, im Anschluss an einen Arztbesuch eine Tagesquittung mitzunehmen oder eine Quartalsabrechnung

Nicht einverstanden sind Bundes- ärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung ferner mit dem er- weiterten Kündigungsrecht für Ver- sorgungsverträge durch einzelne

Das liegt allerdings nicht nur daran, daß das Ministerium handwerklich schlecht gearbeitet hätte, wie der kritische Rudolf Dreßler (SPD) nicht ohne Eifersucht meint, son- dern

Auf dieser Grundlage könne die Rechts- verordnung noch bis Ende September 2002 erarbeitet werden, damit „um- stiegswillige“ Krankenhäuser eine Wahl- entscheidung bis zum 31..

Diese „vier- te Hürde“ für Arzneimittel soll sicher- stellen, dass höhere Preise für ein Präpa- rat nur dann von der GKV bezahlt wer- den, wenn ein therapeutischer