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Archiv "AIDS: Der heutige Stand unseres Wissens" (04.09.1985)

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Epidemiologie

In den USA wurde AIDS zunächst bei männlichen Homosexuellen und dann bei Abhängigen von i. v.

Drogen gesehen und bei Empfän- gern von Blut und/oder Blutpro- dukten (Hämophiliepatienten), bei Kindern erkrankter oder infi- zierter Mütter und bei heterosexu- ellen Intimpartnern von AIDS-Pa- tienten oder infizierten Personen.

Ätiologie

Regelmäßig mit AIDS assoziiert ist ein erstmals 1983 beschriebenes lymphotropes Retrovirus, das als

„Lymphadenopathie-assoziiertes Virus" (LAV) und als „Humanes T- Zell lymphotropes Retrovirus Typ III" (HTLV-III) bezeichnet wird (Abb. 1). Seroepidemiologische Untersuchungen aus den USA zei- gen, daß dieses Virus Ende der 70er Jahre in die genannten Risi- kogruppen eingebrochen ist und sich dort schnell ausbreitete.

Risikopersonen

Folgende Personen haben ein er- höhtes Risiko, mit LAV/HTLV-III in- fiziert zu werden

Männliche Homosexuelle mit häufig wechselnden Intimpart- nern,

I> Abhängige von i. v. verabfolg- ten Suchtmitteln (Fixer),

> Heterosexuelle Intimpartner von Infizierten,

I> Neugeborene LAV/HTLV-III-infi- zierter Mütter,

> Empfänger von LAV/HTLV-III- haltigem Blut.

Bei Reisenden aus Haiti, der Kari- bik oder Äquatorialafrika (zum Beispiel Zaire) sollte bei entspre- chender Klinik eine LAV/HTLV-III- Infektion ausgeschlossen werden.

Substitutionspflichtige Hämo- phile können infiziert sein.

Pathogenese

Die Zielzellen des LAV/HTLV-III sind Zellen des Immunsystems, das heißt hauptsächlich Zellen, die die Oberflächenmarker T4 be- sitzen (T-Helferzellen). Neben die- sen Zellen können auch bestimm- te Zellen des ZNS infiziert werden.

Die Virusvermehrung führt zur Zerstörung der Zielzellen.

Virus wurde nachgewiesen im Blut, in lymphatischem Gewebe, im ZNS, aber auch im Speichel und in Samenflüssigkeit.

Übertragung erfolgt ähnlich wie bei der Hepatitis-B durch parente- rale Inokulation von erregerhalti- gen Körperflüssigkeiten, Blut und Blutprodukten, am häufigsten bei Sexualkontakten.

Der Ablauf der Infektion ist unzu- reichend bekannt. Die akute In- fektion kann ähnlich einer Mono- nukleose verlaufen. Der Nachweis LAV/HTLV-III-spezifischer Antikör-

AIDS ist die schwerste Verlaufs- form einer Infektion mit LAV/

HTLV-III. Wie in den USA steigt die Zahl der AIDS-Patienten in Deutschland mit unveränderter Geschwindigkeit an. Bis zum 16.

August 1985 sind dem Bundesge- sundheitsamt 248 Patienten ge- meldet worden. Ärzte aller Fach- richtungen werden in zunehmen- dem Maße mit dieser Infektions- krankheit konfrontiert werden.

per, die einige Wochen nach In- fektion erscheinen, ist der einzige

Nachweis auf eine Infektion in der folgenden Latenzphase von Mo-

naten bis Jahren. Daran kann sich ein Stadium der Lymphadenopa- thie anschließen. Das Stadium des manifesten erworbenen Immun- defektsyndroms (AIDS) kann sich aus der Lymphadenopathie ent- wickeln, aber auch erste und ein- zige klinische Manifestation der

LAV/HTLV-III-Infektion sein.

Die Zeit von der Infektion bis zum Auftreten von AIDS kann bei Er- wachsenen zwei bis fünf Jahre oder länger betragen. Bei prä- oder perinataler Infektion ist die- ser Zeitraum nur Wochen bis Mo- nate.

Nach jetzigen Beobachtungen en- det nur ein Teil der Infektionen in AIDS (Ende 1984: 5 bis 19 Pro- zent). Das Auftreten von opportu- nistischen Erregern, Parasiten und/oder von Tumoren bestim- men Verlauf und Ausgang der AIDS-Erkrankung. Patienten mit manifestem AIDS versterben in- nerhalb von 36 Monaten zu über 80 Prozent an diesen Komplikatio- nen. Kaposi-Sarkome ohne zu- sätzliche Komplikationen haben eine günstigere Prognose, woge- gen Infektionen mit Pneumocystis carinii, Toxoplasmen, atypischen Mykobakterien und generalisierte Cytomegalovirusinfektionen nur begrenzt beherrschbar sind.

Eine Wiederherstellung von nor- malen zellulären lmmunfunktio-

AIDS:

Der heutige Stand unseres Wissens

Meinrad A. Koch und Johanna L'age-Stehr

Aus der AIDS-Arbeitsgruppe am Robert-Koch-Institut des Bundesgesundheitsamtes, Berlin

(2)

Tabelle 1: Der AIDS-Arbeitsgruppe des BGA bekannt gewordene AIDS-Erkrankungen in Deutschland (Stand 16. 8. 85)

Gesamt 248 100 40,3

1 0 1 16 47 27 4 4 0

0 2 38 110 66 10 10

2 0 0 3 6 1 0 0 0— 1 J.

1— 9 J.

10-19 J.

20-29 J.

30-39 J.

40-49 J.

über 50 unbekannt

12

Gesamt 236

Fallzahl % gesamt Risikogruppe

Manifestation Fallzahl % gesamt Patienten % verstorben

des Immun- verstorben

defektes Kaposi- Sarkom (KS) ohne oppor- tunistische Infektionen (01)

KS und 01 01

49 19,7 9 18,4

31 12,5 20 64,5

168 67,7 71 42,3

1. Homo- oder Bisexuelle Männer 2. Fixer

2. a) Risiken 1) + 2) 3. Afrikaner

4. Hämophile 5. andere*

6. nicht bekannt

198 9 5 3 18 (+1)**

8 6

79,8 3,6 2,0 1,2 7,6 3,2 2,4

Gesamt 248

Zahl der Patienten männlich weiblich

% von Gesamtzahl Alter

* Drei Patienten (zwei Männer, eine Frau) gaben an, heterosexuelle Kontakte in Haiti während der letzten 5 Jahre gehabt zu haben; eine Frau war bis 2 Jahre vor ihrem Tod Sexualpartnerin eines Hämophilen; 2 Säuglinge unter 1 Jahr; 1 Patientin nach Blut- transfusion; 1 weibl. Prostituierte;

** Ein verstorbener Hämophiliepatient soll auch homosexuell und drogenabhängig gewe- sen sein.

nen bei erwachsenen Patienten im Stadium der opportunistischen Infektionen und Tumoren wurde bisher nicht beobachtet.

Eine Übertragung von LAV/HTLV- III ist wahrscheinlich in allen Sta- dien der Infektion möglich. Ob es in einem Teil der Fälle zur Elimi- nation des Erregers durch die kör- pereigene Abwehr kommt, ist un- bekannt.

Diagnose der

LAV/HTLV-III-Infektion

Eine LAV/HTLV-III-Infektion sollte nur angenommen werden, wenn spezifische Antikörper zweifels- frei nachgewiesen wurden. In sel- tenen Fällen können Antikörper nicht demonstriert werden, ent- weder weil Antikörper im Einzel- fall mit monatelanger Verzöge- rung erscheinen oder weil die An- tikörper im Finalstadium von AIDS unter die Nachweisgrenze abge- sunken sind. Als Suchtest hat sich der „enzyme linked immunosor- bent assay" (ELISA) bewährt. Bei allen positiven Befunden ist ein Bestätigungstest durchzuführen, wie zum Beispiel Immunfluores- zenz, „radioimmunopraecipita- tion assay" (RIPA) und besonders lmmunoblot („Western Blot").

Der direkte Erregernachweis ist nicht routinemäßig durchführbar.

Der Nachweis von Antikörpern ge- gen LAV/HTLV-III besagt lediglich, daß eine Infektion mit LAV/HTLV- III stattgefunden hat, nicht aber, daß das klinische Krankheitsbild AIDS vorliegt oder sich entwickeln wird.

Klinik der LAV/HTLV-III-Infektion Die akute Infektion mit dem mo- nonukleoseähnlichen Syndrom wird nur in seltenen Fällen beob- achtet, da die flüchtigen Sympto- me wie Fieber, akute Lymphkno- tenschwellung und diskretes ety- thematöses Stammexanthem dem Patienten in der Regel nicht als Krankheit imponieren. Die Mo-

nate bis Jahre dauernde Latenz- phase bietet keine klinischen Auf- fälligkeiten.

Stadium der Lymphadenopathie Dieses Stadium sollte differential- diagnostisch in Betracht gezogen

werden, wenn bei Patienten mit einer nachgewiesenen LAV/HTLV- 111-Infektion Lymphknotenschwel- lungen (> 1 cm Durchmesser) an mindestens zwei extrainguinalen Körperstellen, insbesondere an Hals und Nacken auftreten und länger als vier bis sechs Monate persistieren. Daneben werden —

(3)

Abbildung 1: LAV/HTLV-III auf der Oberfläche einer infizierten Zelle. Das AIDS-Virus ist durch seinen tubulären Innenkörper leicht von anderen Retroviren zu unterschei- den. Präparat und Aufnahme: H. G. Iderblom, Robert-Koch-Institut (Berlin)

Tabelle 2: AIDS-Fälle* (CDC-Falldefinition) in Bundesländern und West-Berlin

AIDS-Fall- AIDS-Fälle verstorben I nzidenz/M II.

Einwohner**

Berlin 54 15 29,2

Hessen 45 23 8,2

Nordrhein-Westfalen 46 20 2,7

Hamburg 36 15 22,5

Bayern 31 13 2,8

Baden-Württemberg 20 10 2,1

Niedersachsen 8 3 0,8

Bremen 5 0 7,3

Schleswig-Holstein 1 1 0,4

Rheinland-Pfalz 2 1 0,6

Saarland 0 0 0

Total 248 100 4,0

* Bis 16. 8. 85 der AIDS-Arbeitsgruppe des BGA bekannt geworden

** Statistisches Jahrbuch 1984 für die Bundesrepublik Deutschland

gelegentlich auch bei Fehlen ei- ner Lymphadenopathie — folgen- de Symptome einzeln oder in Kombination beobachtet:

> Leistungsabfall, leichte Ernnüd- barkeit

> Fieber oder rezidivierende Fie- berschübe ohne erkennbare Ur- sache

> Nachtschweiß, vermehrte Transpiration

> ungeklärte Gewichtsabnahme (> 10 Prozent des Körpergewich- tes)

> Diarrhoen

> multiple, muko-kutane Efflores- zenzen, zum Beispiel unspezifi- sche flüchtige Exantheme, Pyo- dermien, Akne, Herpes simplex Manifestationen, Warzen, Condy- lome, Mollusca contagiosa, Pilzin- fektionen.

Solche Symptome können jahre- lang persistieren.

Bei vielen Patienten ist eine Sple- nomegalie und/oder eine Vergrö- ßerung der retroperitonealen Lymphknoten nachweisbar. In der Regel findet sich eine Inversion des T-Helfer/T-Suppressor-Quo- tienten. Dies kann bedingt sein durch eine Vermehrung der T- Suppressor-Zellen (frühe Stadien) oder eine Verminderung der T- Helfer-Zellen.

Die Immunglobuline im Serum, vor allem IgG und IgA, sind an der oberen Grenze der Norm oder leicht erhöht.

Diese Diagnostik ist angeraten:

> Nachweis spezifischer Antikör- per gegen LAV/HTLV-III

> Eingehende klinische Untersu- chung, vor allem Palpation aller Lymphknotenregionen

> Blutbild, Differentialblutbild, einschließlich Thrombozytenzäh- lung,

> Blutsenkung

> Bestimmung der Transamina- sen, der alkalischen Phosphatase und Serumelektrophorese

> quantitative Immunglobulinbe- stimmung,

> Bestimmung der zellvermittel- ten Immunität durch Intrakutante- ste, mit mehreren sogenannten

„Recall"-Antigenen, wie Tuberku- lin, Candida, Mumps, Streptokok- ken, Tetanus (zum Beispiel als

„Multitest Merieux").

> Antikörperbestimmungen für folgende Erreger können aus dif- ferentialdiagnostischen Überle- gungen angezeigt sein: für den Epstein-Barr-Virus (EBV), den Cy- tomegalovirus (CMV) und den He- patitis-B-Virus.

> Wo differentialdiagnostisch an-

gezeigt, sollte in jedem Fall eine Lymphknotenbiopsie erfolgen.

Bei der durch eine LAV/HTLV-III- Infektion induzierten persistieren- den Lymphadenopathie ergibt die histologische Untersuchung in der Regel nur eine unspezifische Aktivierung des lymphatischen Gewebes in Form von follikulärer Hyperplasie.

Bei wenig ausgeprägter klinischer Symptomatik und normalen Be- funden in den genannten Untersu- chungen ist eine weiterführende

(4)

Vorläufige Liste der

Beratungsstellen für AIDS-Patienten (1)

Berlin

Bundesgesundheitsamt Robert-Koch-Institut Abteilung Virologie

Prof. M. A. Koch Dr. Läge-Stehr

Nordufer 20, 1000 Berlin 65 Tel.: 0 30/4 50 32 44 oder 2 43

Landesinstitut für Tropenmedizin Dr. Bienzle

Königin-Elisabeth-Str.

1000 Berlin 30 Tel.: 0 30/3 03 27 01 Prof. Dr. H. Pohle

Chefarzt der II. Inneren Klinik des Rudolf-Virchow-

Krankenhauses

Augustenburger Platz 1 1000 Berlin 65

Tel.: 0 30/45 05 22 62 Düsseldorf

Dr. med. Jochen Purrmann Zentrum f. Innere Medizin Abtlg. f. Gastroenterologie der Universität Düsseldorf Moorenstr. 5

4000 Düsseldorf

Tel.: 02 11/3 11 89 38/78 33 Erlangen

Institut und Poliklinik für klinische Immunologie Prof. Kalden

Krankenhausstr. 12 8520 Erlangen Tel.: 0 91 31/85 33 63 Essen

Prof. W. Pöttgen Medizinische Klinik Alfred-Krupp-Str. 21 4300 Essen 1

Tel.: 02 01/4 34 25 25

Frankfurt

Universitäts-Klinik

Zentrum für Innere Medizin Frau Prof. Dr. E. B. Helm Theodor-Stern-Kai 7 6000 Frankfurt/Main 70 Tel.: 0 69/63 01 66 13

Freiburg

Medizinische Universitätsklinik Abt. Klin. Immunpathologie Hugstetter Str. 55

7800 Freiburg Tel.: 07 61/2 70 35 28 Hamburg

Bernhard-Nocht-lnstitut für Schiffs- und Tropenkrankheiten Prof. Dr. M. Dietrich

Bernhard-Nocht-Str. 74 2000 Hamburg 4 Tel.: 0 40/31 10 23 90 Hannover

Beratungsstelle des Gesundheitsamtes der Landeshauptstadt Hannover Prof. Dr. P. Volk

Ricklinger Str. 3B 3000 Hannover 1

Tel.: 05 11/1 68 36 90 und 1 68 32 29

Staatliches Medizinal-

untersuchungsamt Hannover Dr. Höpken

Roesebeckstr. 4 3000 Hannover 91 Tel.: 05 11/44 43 71

Immunologische Ambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover

Prof. Dr. Deicher

Konstanty-Gutschow-Str. 8 3000 Hannover

Tel.: 05 11/5 32 30 14 Diagnostik nicht erforderlich, aber

eine Kontrolle nach drei bis sechs Monaten angezeigt.

Liegen mehrere Ergebnisse der Routinetests außerhalb der Norm und ist die klinische Symptomatik ausgeprägt, können folgende Un- tersuchungen zur Abklärung bei- tragen:

I> Untersuchung der Lymphozy- ten-Subpopulationen im Frisch- blut zur Bestimmung der absolu- ten Zahl der T-Helfer- und T-Sup- pressor-Zellen und Ermittlung des

T-Helfer/T-Suppressor-Quotien- ten.

Bei Gesunden beträgt dieser Quo- tient 1,4 bis über 2,0. Zu beachten ist, daß im Verlauf von Virusinfek- tionen, insbesondere Herpesvi- rusinfektionen (CMV, EBV), dieser Quotient unter Normwerte absinkt und monatelang niedrig bleiben kann. Persistiert ein Quotient von

< 0,6, der durch eine Verminde- rung der T-Helfer-Zellen bedingt ist, über mehr als 3 Monate, ist ei- ne bedrohliche Störung des Im- munsystems anzunehmen.

> Bestimmung der In-vitro-Stimu- lierbarkeit von Lymphozyten durch Antigene oder Mitogene.

Bei heutigem Wissen über AIDS ist nicht vorhersehbar, welche Schädigungen des Immunsy- stems irreversibel sind. Alle Pa- tienten mit den beschriebenen Symptomen sollten deshalb in re- gelmäßiger ärztlicher Kontrolle bleiben.

Manifestes erworbenes Immundefektsyndrom (AIDS) Einem Vorschlag der Centers for Disease Control folgend, hat die WHO für die Mitgliedsländer eine Definition des AIDS übernommen.

Sie lautet:

„Ein erworbenes Immundefekt- syndrom liegt bei nachgewiese- ner LAV/HTLV-III-Infektion bei Pa- tienten vor, bei denen Krank-

heiten auftreten, persistieren oder rezidivieren, die auf Defekte im zellulären Immunsystem hinwei- sen und bei denen für diese Im- mundefekte keine bereits be- kannten Ursachen vorliegen."

Typische Erkrankungen, die auf Defekte im zellulären Immunsy- stem hinweisen, sind vor allem re- zidivierende oder persistierende Infekte mit opportunistischen Er- regern.

(5)

Vorläufige Liste der

Beratungsstellen für AIDS-Patienten (2)

Köln

Gesundheitsamt Stadt Köln Dr. Leidl

Neumarkt 15-21 5000 Köln 1

Tel.: 02 21/2 21 47 28 Dr. Rasokat

Universitäts-Hautklinik Joseph-Stelzmann-Str.

5000 Köln 41

Tel.: 02 21/4 78 45 43 Mainz

I. Medizinische Klinik und Poliklinik der Johannes-Gutenberg- Universität

Prof. Dr. Dr.

Meyer zum Büschenfelde Langenbeckstr. 1

6500 Mainz

Tel.: 0 61 31/17 26 24

Kölner Platz 1 8000 München 40 Tel.: 0 89/3 06 81 Bundesverband

Deutsche AIDS-Hilfe e. V.

Bundesplatz 11 1000 Berlin 31 Tel.: 0 30/8 53 10 00 Berlin

Berliner AIDS-Hilfe Bundesplatz 11 1000 Berlin 31 Tel.: 0 30/8 53 20 00 Braunschweig Arbeitsgruppe Homosexualität

Braunschweig — AHB e. V.

Postfach 11 64 3300 Braunschweig Tel.: 05 31/34 31 27

München Bremen

Dermatologische Klinik und Poliklinik der

Universität München Prof. Dr. Ring (Männerambulanz) Frauenlobstr. 9-11 8000 München 2 Tel.: 0 89/53 97-6 44 Medizinische Poliklinik Universität München Prof. Dr. Goebel Pettenkoferstr. 8a 8000 München 2 Tel.: 0 89/51 60 35 56

Städt. Krankenhaus Schwabing Dr. Jäger

Rat + Tat Zentrum Theodor-Körner-Str. 1 2800 Bremen

Tel.: 04 21/70 41 70 oder 7 48 19 Dortmund

AIDS-Hilfe Dortmund c/o KCR Dortmund Braunschweiger Str. 22 4600 Dortmund 1 Düsseldorf

AIDS-Hilfe Düsseldorf Kölner Str. 216 4000 Düsseldorf 1 Tel.: 02 11/78 68 49 Besonders häufig sind Pneumo-

nien, verursacht durch Pneumo- cystis carinii. Daneben werden In- fektionen mit folgenden Erregern oder Parasiten beobachtet (in Klammern die typischen Manife- stationsformen bei AIDS):

• Candida (Ösophagitis)

• Cryptococcus neoformans (dis- seminiert, ZNS)

• Cryptosporidien (länger als 1 Monat anhaltende Diarrhoe)

• Cytomegaloviren (Pneumonie, disseminierte gastrointestinale UI- cera, Meningoencephalitis, Reti- nitis)

I> Herpesviren (Persistierende nekrotisierende mucokutane Lä- sionen, Meningoencephalitis)

• JC-Virus (Progressive multifo- kale Leukoencephalopathie)

• atypische Mycobakterien (dis- seminierte Infektionen, z. B. Kno- chenmark)

I> Nokardien (Pneumonie)

• Strongyloides (Diarrhoe)

• Toxoplasmen (Hirnabszeß, Pneumonie)

Neben Infektionen sind Neopla- sien eine typische Komplikation.

Die aggressive disseminierte ku- tane wie viszerale Form des Kapo- si-Sarkoms wird fast ausschließ- lich bei homosexuellen Männern gefunden. Multilokuläre, noduläre bis plaqueartige, bräunlich bis livi- de Effloreszenzen, die bevorzugt in den Spaltlinien der Haut verlau- fen, kennzeichnen die kutane

Form des Kaposi-Sarkoms bei AIDS. Die Effloreszenzen sind zu-

nächst linsengroß, können aber großflächig konfluieren. Oftmals treten Kaposi-Effloreszenzen früh am Gaumen und den Schleimhäu- ten des Gastrointestinaltraktes auf. In Lymphknotenbiopsien wer- den gelegentlich isoliert Kaposi- Sarkom-Herde gefunden.

Isolierte Lymphome des Hirns und Non-Hodgkin-Lymphome sind ty- pische Tumoren bei AIDS. Andere maligne Neubildungen wie Leuk- ämien und Karzinome sind be- schrieben worden.

Insgesamt ergibt sich ein „buntes Bild", geprägt durch die beschrie- benen Infekte oder Tumoren. Die zugrundeliegende schwere Alte- ration des lymphatischen Systems läßt sich objektivieren durch Nachweis einer

• Lymphopenie (unter 1000 pro mm 3)

> starken Verminderung oder des fast völligen Fehlens der T-Helfer- zellen,

> Anergie gegen sogenannte

„Recall"-Antigene,

I> Anämie, Leukopenie, Throm- bozytopenie,

> fehlenden In-vitro-Stimulierbar- keit von Lymphozyten.

Bei Patienten mit opportunisti- schen Infektionen sind in der Re-

(6)

gel Lymphknotenschwellungen und Milzschwellungen nicht mehr nachweisbar.

Der Verlauf ist abhängig von der Art und Beherrschbarkeit der Komplikationen. Die Prognose für Patienten mit gehäuften Infekten durch opportunistische Erreger ist sehr schlecht (Letalität fast 100 Prozent innerhalb von 3 Jahren).

Kutane Kaposi-Sarkome ohne Be- teiligung des Gastrointestinaltrak- tes (Blutungsgefahr!) haben eine verhältnismäßig günstige Progno- se (Überlebenszeit länger als drei Jahre).

LAV/HTLV-III-Encephalopathie Eine Vermehrung des LAV/HTLV- III in Zellen des ZNS resultiert in einer diffusen gliösen Enzephalo- pathie, die sich als progressive Hirnatrophie manifestiert. Kli- nisch stehen progrediente We- sensveränderungen, Demenzen, periphere Neuropathien (Harnver- haltung, Inkontinenz, Parästhe- sien etc.) im Vordergrund.

Therapie

Eine AIDS-spezifische Therapie steht im Augenblick nicht zur Ver- fügung. Erprobt werden Behand- lungen mit virustatisch wirksamen Substanzen. In Frage kommen Hemmer der virusspezifischen re- versen Transkriptase (zum Bei- spiel Suramin, Phosphonoformat, Antimoniotungstat) oder der Pro- teinsynthese (zum Beispiel Riba- virin).

Im wesentlichen wird sich die Therapie auf eine Behandlung der opportunistischen Infekte und/

oder Neoplasien beschränken.

Wo eine medikamentöse Behand- lung möglich ist (Pneumocystis- carinii-Pneumonie, Toxoplasmo- se, Candidiasis etc.) sollte sie frühzeitig, ausreichend dosiert und konsequent durchgeführt werden.

Ratschläge für LAV/HTLV-111- infizierte Personen

Es gibt Hinweise dafür, daß mehr als 80 Prozent der LAV/HTLV-111- Infizierten in allen Stadien des Infektionsverlaufs LAV/HTLV-III übertragen können. Die Übertra- gung erfolgt in den meisten Fällen durch Intimkontakte.

Auf eine mögliche Gefährdung ih- rer Intimpartner müssen Seropo- sitive mit Nachdruck hingewiesen werden. Die Benutzung von Kon- domen ist anzuraten.

LAV/HTLV-III-infizierte Personen dürfen kein Blut, Samen, Organe oder andere Gewebe spenden. Ih- nen muß aufgetragen werden, ih- ren behandelnden Ärzten und Zahnärzten über die bei ihnen er- hobenen Befunde Mitteilung zu machen.

Die gemeinsame Benutzung von Rasierapparaten, Klingen und Zahnbürsten ist zu unterlassen.

Unbestritten ist, daß Promiskuität, wie sie für Gruppen männlicher Homosexueller nicht untypisch ist, mit einem hohen Risiko für In- fektionen belastet ist.

Bei LAV/HTLV-III-Infizierten, Pa- tienten mit Lymphadenopathie und AIDS-Patienten können sich schwierige psychosoziale Proble- me ergeben. In zahlreichen Groß- städten sind besondere Bera- tungsstellen für diese Personen eingerichtet worden.

Empfohlene Schutzmaßnahmen Der Infektionsmodus des AIDS-Vi- rus ist am ehesten vergleichbar mit dem von Hepatitis-B-Virus (HBV). Wie bei HBV gibt es keine aerogene Übertragung, aber Ge- webe, Blut und Körperflüssig- keiten müssen als infektiös gel- ten. Als Schutzmaßnahmen bei der Pflege von AIDS-Patienten und beim Umgang mit Material solcher Patienten zur Diagnostik sind deshalb mindestens die glei-

chen Schutzmaßnahmen einzu- halten wie bei HBV-Infektionen.

Das sind im wesentlichen

Verhinderung von Hautkontakt mit Blut, bluthaltigen Exkreten und Gewebsproben (Schutzhand- schuhe),

besondere Vorsicht bei serolo- gischen und klinisch-chemischen Laboruntersuchungen (kein Mundpipettieren),

1> abgesonderte Pflege nur bei Patienten mit profusen Diarrhoen oder Inkontinenz sowie Verwirrt- heitszuständen und

1> angemessene Vorsichtsmaß- nahmen bei der Autopsie.

Für die Desinfektion werden die Mittel und Verfahren empfohlen, die in der Desinfektionsmittel-Li- ste des Bundesgesundheitsamtes (Bundesgesundhbl. 27 [1984]

82-91) als brauchbar für den Wir- kungsbereich B (Inaktivierung von Viren) ausgewiesen werden.

Für die hygienische Hände-Desin- fektion können auch Mittel ver- wendet werden, die 70-85 Volu- men-Prozent Äthanol enthalten.

Erfassung von AIDS-Erkrankten Das Bundesgesundheitsamt be- müht sich, die in der Bundesrepu- blik Deutschland auftretenden Fälle von AIDS zu erfassen. Zu diesem Zweck sind besondere Er- fassungsbögen für eine nicht na- mentliche Meldung manifester Er- krankungen und Tod erstellt wor- den, die beim Robert-Koch-Insti- tut, Abteilung Virologie, Nordufer 20, 1000 Berlin 65, angefordert werden können.

Anschrift für die Verfasser:

Professor Dr. med.

Meinrad A. Koch Robert-Koch-Institut im Bundesgesundheitsamt Nordufer 20

1000 Berlin 65

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