DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
NOTIZ
werden zu klären haben, ob die Gefahren bei der Glyko- sid-Therapie nicht durch die Einführung der Strophan- thus-Glykoside hierzulande vergrößert wurden. Eine au- ßerordentlich schwierige Fra- ge, die sicherlich ex post aufgrund der Krankenge- schichten nicht mehr zu klä- ren sein dürfte. Immerhin wird der Sekunden-Herztod präferentiell diesen wasser- löslichen Glykosiden mit ge- ringer Bindungsfähigkeit an Plasmaproteine angelastet.
Es ist übrigens eine offene Frage, ob verschiedene Herzglykoside nicht präfe- rentiell bestimmte Strukturen des Herzens als Wirkort be- vorzugen. Die Tatsache, daß zur Frequenzminderung bei Vorhoftachykardien eben Di- gitoxin und nicht Strophan- thus-Glykoside angewendet wurden, wird heute eher mit diesen pharmakokinetischen Eigenschaften der beiden Glykosid-Typen interpretiert.
Die pharmakokinetischen Ei- genschaften der verschiede- nen Glykoside sind nicht un- wichtig. Die präferentielle Elimination von Digoxin über die Nieren und die von Digi- toxin durch Verstoffwechse- lung in der Leber bieten dem Arzt dann Alternativen, wenn der eine der beiden Wege durch Einschränkun- gen der Leistungsfähigkeit der Organe verlegt ist.
Die Anwendung von Digitalis- glykosiden erfolgt zuneh- mend differenziert. Differen- ziert, das heißt im Hinblick auf die Ursachen, die der Herzinsuffizienz zugrunde liegen. Stoffe, die sich auf die „Vorlast" und/oder die
„Nachlast" des Herzens aus- wirken, treten zunehmend in Konkurrenz mit den kardioto-
nen Steroiden und ihrer po- sitiv-inotropen Wirkung, das heißt der gesteigerten Kraft- entwicklung des kontraktilen Apparates der Herzmuskel- zelle.
Die Erfahrung der Zukunft wird lehren, inwieweit diese Entwicklung sinnvollerweise in die ärztliche Praxis Ein- gang finden wird. Es bedarf dazu der zuverlässigen Ab- schätzung der Wirkungen und Risiken der verschiede- nen Therapieprinzipien, die heute noch nicht vollständig überschaubar sind.
eo
kommt es, daß wir mit einem Therapieprinzip, das schon 200 Jahre alt ist, immer etwas Neues erleben können. Wir dürfen auch si- cher sein, daß in weiteren 20, 50 oder 100 Jahren über den Wirkungsmechanismus der Herzglykoside diskutiert wird. In dem Maße nämlich, in dem sich unsere Kenntnis- se über Physiologie und Bio- chemie des Herzens erwei- tern, wird sich auch die In- terpretation der Wirkung der kardiotonen Steroide verän- dern. Daran könnte sich nur dann etwas ändern, wenn wir ein ganz neues therapeuti- sches Prinzip in die Hand bekämen, das sich bei der Behandlung der Herzinsuffi- zienz als wirksam und se- gensreich herausstellt: In den letzten 200 Jahren war aber kein derartiges Prinzip besser als die Digitalisglyko- side.Professor Dr. med.
Wolfgang Forth Walther Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Nußbaumstraße 26
8000 München 2
Merkblatt für Augenärzte zur Verhütung von
LAV/HTLV-III-Infektionen
Von der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrank- heiten e. V. (DVV) in München er- hielten wir das folgende Merkblatt für Augenärzte:
C) LAV/HTLV III ist der Erreger von AIDS; doch führen nicht alle LAV/HTLV-III-Infektionen zum voll ausgebildeten Krankheitsbild AIDS. Viele Träger des Virus ha- ben keinerlei Symptome.
© Bei möglichem Kontakt mit Blut oder Tränenflüssigkeit soll- ten Handschuhe getragen wer- den.
® LAV/HTLV III wird durch Desin- fektionsmittel mit nachgewiese- ner Viruswirksamkeit (siehe Des- infektionsmittelliste des Bundes- gesundheitsamtes oder gleich- wertige Präparate) oder Alkohol (30 bis 70 Prozent) inaktiviert. To- nometer- und Ultraschallköpfe, Diaphanoskope, Kontaktgläser und andere Instrumente, die nicht sterilisiert werden können, sollten mit entsprechenden Mitteln zwi- schen dem Gebrauch von einem Patienten zum nächsten jedesmal desinfiziert werden.
® Anpaß-Sätze von Kontaktlin- sen: Die im allgemeinen benutz- ten Reinigungsverfahren (Wa- schen mit Pflegemittel, zehnminü- tiges Einlegen in dreiprozentige 1-1 20 2-Lösung, zwei Stunden neu- tralisieren) sind ausreichend des- infizierend, und eine Übertragung von LAV/HTLV III ist bei Einhal- tung der Empfehlung der Herstel- ler nicht zu befürchten, solange die Linsen zwischen jeder Benut- zung entsprechend behandelt werden.
Für die DVV: Professor Dr. med.
Friedrich Deinhardt
Max-von-Pettenkofer-lnstitut für Hygiene und
medizinische Mikrobiologie Pettenkoferstraße 9a
8000 München 2Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 9 vom 26. Februar 1986 (55) 543