DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
DIE REPORTAGE
A
uch Hojjatoleslam Seyyed Ali Khamenei, der iranische Staatspräsident, gehört zur Kaste der Schriftgelehrten; er ist ein Vertreter der jüngeren schwarzbärtigen Generation, die in der Führungsschicht des revo- lutionären Iran sichtlich nach vorn drängt. Unter Khameneis Ägide steht jener internationale medizi- nische Kongreß Ende November 1983, bescheiden Seminar ge- nannt, auf dem Medizin und Poli- tik ineinander übergehen.Der Staatspräsident, der „seinen"
Kongreß eröffnet, erläutert, wes- halb der Arzt sich nicht nur auf Medizin beschränken darf: Es sei nun mal nicht möglich, medizini- sche Probleme unterdrückter oder ehemals unterdrückter Na- tionen isoliert und ohne Rücksicht auf die fundamentalen Ursachen — nämlich die sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Hintergründe — zu untersuchen.
Der wahre Arzt sei nicht bloß Me- diziner; er spiele, erinnert Khame- nei, im Islam eine erweiterte Rol- le. Schon die großen Ärzte in der Vergangenheit seien nicht ein- fach Ärzte gewesen; das zeige die Bezeichnung „Hakim" — ein Aus- druck, mit dem nicht nur die Ärz- te, sondern auch Philosophen ge- kennzeichnet worden seien; das deute an, daß der Arzt auch ethi- sche und erzieherische Aufgaben habe.
Eine wissenschaftliche Großver- anstaltung in einem revolutionä- ren Land ist wegen der von den Offiziellen bezweckten Wirkung nach außen und innen allemal po- litisch: Seht — wir sind wer. Des- halb darf bei der Organisation die- ses Kongresses nichts schief ge- hen. Und da das Gesundheitsmini- sterium auf internationalem Par- kett nicht so geübt ist, bedient es sich der organisatorischen Hilfe des erfahrenen Ölministeriums.
Wir Kongreßteilnehmer haben es daher immer wieder mit 011euten zu tun.
Vor allem aber darf, vor den Hun- derten neugierigen Augen aus
Einreise nach Persien (IH)
AIDS kam wie gerufen
dem Ausland, keine Panne in Sa- chen Sicherheit vorkommen. Die Sicherheitsvorkehrungen, ohne- dies beachtlich und lästig, sind bei der Eröffnung am 20. Novem- ber 1983 extrem. Am Abend vor- her waren alle Teilnehmer vergat- tert worden, keinerlei Gegenstän- de, in denen auch nur die kleinste explosive Ladung untergebracht werden könnte, mit in den großen
Die Reportage aus dem Iran:
Medizin unter den Mullahs
Saal des Ex-Hiltons zu bringen:
keine Taschen, keine Fotoappara- te, keine Kugelschreiber, keine Armbanduhren, keine Siegelrin- ge. Die iranische Regierung hat eine Heidenangst vor terroristi- schen Anschlägen, nachdem füh- rende Männer der Revolution zwei Jahre zuvor weggebombt worden sind.
Innenpolitisch hat der Sicher- heitsaufwand eine kleine, unbe- absichtigte Nebenfolge: Die Ab- riegelung des Verkehrs während
der Visite des Staatspräsidenten führt zu einem riesigen Autostau, gewaltig, selbst für die chaoti- schen Teheraner Verhältnisse.
Ein Hupkonzert ist die Folge. Es wächst sich, im Schutz der anony- men Blechlawine, zu einem oh- renbetäubenden und ohnmächti- gen Protest aus.
Die Teilnehmer der Eröffnungssit- zung merken davon nichts, feier- lich eingestimmt und wohl abge- schirmt wie sie sind. Dennoch dürften jedem die politischen Im- plikationen der Veranstaltung völ- lig bewußt sein. Ja, viele sind ge- rade deswegen gekommen. Sie rufen nach der islamischen Wie- derbesinnung auf allen Gebieten, eingeschlossen die Medizin. Sie hoffen auf ein Erstarken der Kräf- te zwischen Ost und West, sie glauben an eine Vorreiterrolle der islamischen Revolution. Und so entwickelt sich über sieben Tage hin ein Kongreß, der zwischen Wissenschaft, ja westlicher Schul- medizin und Glaubensbekennt- nis, zwischen islamischer Realität und revolutionärer Propaganda schwankt. Nehmen wir das aktu- ellste, in Teheran gebotene Bei- spiel: AIDS.
Schon im Westen wird wahrhaftig nicht wenig über AIDS geredet. So viel, in so kurzer Zeit wie bei die- sem Internationalen Seminar, ha- be ich noch nie gehört. AIDS in der großen Eröffnungsveranstal- tung vor rund 1000 Teilnehmern aus 65 Ländern, AIDS in allerlei Seminaren. Über AIDS wurde nicht etwa deshalb so viel gere- det, weil die Erkrankung im Iran oder allgemein in islamischen Ländern eine hervorragende Rol- le spielt. Nein, im Gegenteil, AIDS war deshalb allgegenwärtig, weil der Iran überhaupt keine Proble- me damit hat. Probleme hingegen hat, so lautet der Tenor der Islam- bewußten Mediziner, der permis- sive Westen und vor allem dessen Vormacht, die Vereinigten Staa- ten. AIDS, die Krankheit der Deka- denten, die gerechte Strafe Got- tes gegen die Homosexuellen (ei- ne solche Beurteilung ist nicht nur Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 5 vom 3. Februar 1984 (17) 257
RELIGIOUS CIRCLE (DIVINE LAW'S CIRCLE)
Das persönliche Leben, eingebettet in den Staat, umschlossen vom göttlichen Recht Dr. S. A. Hosseini, Nervenarzt aus Mashad, benutzte dieses Schema in einem Referat über Psychotherapie nach islamischer Vorstellung
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Einreise nach Persien
im Iran, sondern bekanntlich auch unter „aufrechten Amerikanern"
verbreitet) kam den Iranern wie gerufen, um ein düsteres Gemäl- de des Westens zu zeichnen und um so heller die eigene gesunde Gesinnung nach der islamischen Revolution leuchten zu lassen.
Der Islam ächte die Homosexuali- tät, hieß es, und deshalb könne ei- ne solche Krankheit in einem wahrhaft rechtgläubigen Land nicht vorkommen. Beweis: Im Iran seien keinerlei AIDS-Fälle gemel- det. Der zarte Hinweis auf arabi- sche Länder, in denen Homose- xualität verbreitet sei und den- noch AIDS nicht vorkomme, wird weggewischt. In Saudi-Arabien sei der Islam pervertiert; und ob nicht doch AIDS vorkomme, wer wisse das schon genau.
Unter den moralisierenden Tönen gingen die wissenschaftlich orien- tierten Referate über AIDS eher
unter. Dem Kongreß zu Ehren muß allerdings festgehalten wer- den: Es gab auch seriöse Analy- sen, die jedem Kongreß zur Ehre gereicht hätten. Und so war es mit vielen Aussagen — ob zu Alkoho- lismus, Drogensucht oder Ge- schlechtskrankheiten. Da gab es dramatische Schilderungen der Folgen eines exzessiven, über Jahre hinweg getriebenen Alko-
holgenusses; die anonymen Alko- holiker hätten die Liste der negati- ven Wirkungen des Alkohols nicht kompletter darbieten können. Da wurden die geläufigen Zusam- menhänge zwischen Nikotinkon- sum und Krebserkrankungen vor- getragen; und da kamen auch in- teressante Untersuchungen über verstärkte Krebsgefährdung sol- cher Probanden, die Alkohol- und Nikotinkonsum kombinierten, zur Sprache. Da wurden sachkundig die Gründe für das Ansteigen ve- nerischer Erkrankungen referiert (und auch fairerweise vorgetra-
gen, daß das Ansteigen nicht al- lein den Westen betrifft).
In islamischen Ländern dürfe das alles, folge man ernsthaft der Leh- re des Propheten, kein Problem sein. Die iranischen Veranstalter des Kongresses wurden nicht mü- de, ihre Beobachtungen zu prä- sentieren, die einen rapiden Rückgang der gesellschaftlich be- dingten Krankheiten belegen soll- ten. Dr. Musar Zargar, der Leiter des Kongresses, berichtete etwa aus seiner eigenen Arbeit als Chir- urg an einem Teheraner Kranken- haus: Vor der islamischen Revolu- tion sei die Notfallambulanz sei- nes Hospitals Nacht für Nacht mit Hunderten von betrunkenen Pa- tienten, die sich verletzt hatten, die Verkehrsunfälle heraufbe- schworen hatten, die schlicht in volltrunkenem Zustand waren, überfüllt gewesen. Seit der Revo- lution sei von all diesen Trunken- heitsdelikten nichts mehr zu se- hen. Zadar: „Dieser Wandel ist un- zweifelhaft eine Folge des Trium- phes der islamischen Revolution und der Anwendung des islami- schen Rechts in unserer Gesell- schaft." Heute seien in den gro- ßen Städten des Landes die Näch- te ruhig und sicher, ganz im Un- terschied zu den großen Städten sonst in der Welt.
Tatsächlich sind, zumindest in Te- heran, die Nächte ruhig, ab 9 Uhr abends ist kaum noch etwas los.
Die Lokale, sofern nicht geschlos- sen, sind gähnend leer. Auf den Gehwegen spazieren nur wenige, auf den Straßen bewegen sich nur die Autokolonnen. Niemand hat Lust, auszugehen. Weshalb auch?
Die Stadt bietet vergnügungs- süchtigen jungen und alten Leu- ten nichts mehr. Das Vergnügen findet, wenn überhaupt, hinter ho- hen Mauern statt, ein völliger Rückzug ins Privatleben. „Früher tranken wir in aller Öffentlich-
keit", so heißt ein Witz, der gegen- wärtig in Teheran umgeht, „und
beteten im stillen Kämmerlein.
Heute trinken wir im stillen Käm- merlein und beten in aller Öffent- lichkeit."
258 (18) Heft 5 vom 3. Februar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A
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Einreise nach Persien
Das Schwarzbrennen ist weit ver- breitet. Der Schwarzhandel mit Al- koholika blüht. Wer sich nicht westliche Getränke für 600 DM die Flasche leisten kann, kauft Methylalkohol und braut sich selbst etwas. Die Ambulanzen sind daher heute nicht mehr mit normalen Volltrunkenen bevöl- kert, sondern mit Alkoholvergifte- ten. Deren Zahl dürfte jedoch, zu- gegeben, weitaus geringer sein als die Alkoholleichen zu Schah- Zeiten. Denn die drakonischen Strafen (Auspeitschen) auf Alko- holgenuß schrecken ab.
Drogenhändlern gar droht der Tod. Die Todesstrafe erleiden nicht nur rücksichtslose Ge- schäftsleute, sondern auch die kleineren Händler, die nicht nur handeln, sondern selbst abhängig sind. Zur Zeit meines Besuches hieß es, innerhalb der letzten bei- den Monate seien 150 Händler hingerichtet, weitere 40 harrten der Vollstreckung der Todesstra- fe. Über 1800 Personen seien in diesen beiden Monaten wegen Drogendelikten verhaftet worden.
Angesichts dieser Zahlen frage ich, ob man das Drogenproblem wirklich gelöst habe. Die Ge- sprächspartner lächeln.
Die gesellschaftlichen Ursachen der Geschlechtskrankheiten, auch ihre Zahl soll schlagartig zu- rückgegangen sein, werden nicht ganz so drakonisch — nämlich durch „Umerziehung" — be- kämpft. Dabei spielen gesell- schaftliche Jugendorganisatio- nen, wie es sie auch in anderen ideologisch straff geführten Staa- ten gibt, eine wichtige Rolle. Die früher angeblich übliche Gamme- lei wohlhabender Söhne und Töchter in den Straßen und Loka- len hat aufgehört — mangels ge- eigneter Treffpunkte, vor allem aber deshalb, weil die faulenzen- den Jugendlichen zu Arbeitsein- sätzen in die bedürftigen Gebiete des Landes geschickt werden.
Freiwillig natürlich, heißt es.
Ein Arzt, der lange in armen Ge- bieten der Golf-Region gearbeitet
Diese schlichte Zeichnung — Titelbild ei- ner kleinen Fibel — veranschaulicht an vielen kleinen Hinweisen, wie sich die Führer im Iran die ideale islamische Fa- milie vorstellen. An der Wand: Khomeini
hat, zeigt sich mir gegenüber sichtlich beeindruckt von dem Ei- fer der jungen Leute: Diese früher in der Hauptstadt lungernden Jugendlichen seien heute stolz darauf, etwas Nützliches für ihr Volk tun zu können.
Die Familie als integrierende Insti- tution wird von den islamischen
Revolutionären besonders ge- schätzt. Und zwar die traditionell strukturierte Familie: der Vater als Familienoberhaupt, die Mutter, die sich aus der Öffentlichkeit zu- rückzieht, auf eine berufliche Kar- riere verzichtet und sich stattdes- sen um so mehr ihren Lieben da- heim widmet. Frage an einen un- verheirateten jungen Mann: „Wie kommt man bei Euch heute ei- gentlich an eine Freundin und ei- ne Frau?" Die selbverständliche Antwort: „Wir lernen sie in der
Verwandtschaft kennen; die Mut- ter sucht vielleicht nach einem passenden Mädchen."
Prostitution ist, versteht sich, ebenfalls verboten, zumindest je- ne Prostitution westlicher Art. Un- ter den Soldaten an der Front drücke man aber gelegentlich ein Auge zu, wurde mir angedeutet.
Die Alternative für den persischen Mann heißt freilich nicht Enthalt- samkeit. Märtyrer Mutahhari, des- sen Buch über die Rechte der Frau im Islam uns Kongreßteilneh- mern empfohlen wurde, versi- chert sogar ausdrücklich, der Is- lam sei gegen die im Christentum favorisierte Enthaltsamkeit. Der Prophet und seine Nachfolger hätten vielmehr sehr viel Ver- ständnis für die Nöte des Mannes, gerade auch des jungen Mannes gezeigt. Der Islam eröffnet daher dem jungen Mann und dem Mäd- chen den Ausweg der frühen Ehe.
Schon Teenagern, im Prinzip ab 13, ist die Ehe erlaubt.
Dem jungen Mann, der noch nicht dauerhaft eine Ehefrau unterhal- Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 5 vom 3. Februar 1984 (19) 259
Die Arzneimittelkommissiom der deutschen Ärzteschaft informiert
Phenylbutazon- und oxyphenbutazonhaltige
Arzneimittel: Zulassung für 65 Präparate widerrufen, Indikationen für 206 umgestellt
Arzneimittel, die Phenylbutazon oder Oxyphenbutazon enthalten, dürfen in der Bundesrepublik Deutschland ab sofort nur noch zur Anwendung bei akutem Gichtanfall und zur Behand- lung von akuten Schüben von Mor- bus Bechterew vertrieben werden.
Damit reagieren pharmazeutische 'Unternehmer und Bundesgesund-
heitsamt auf schwere Nebenwirkun- gen, die von diesen Arzneimitteln ausgelöst worden sind.
206 Arzneimittel von 69 pharmazeuti- schen Unternehmern sind mit soforti- ger Wirkung umgestellt worden. Für 65 Arzneimittel von 33 pharmazeuti- schen Unternehmern hat das Bun- desgesundheitsamt den Widerruf der .Zulassung und die sofortige Vollzie-
hung der Entscheidung angeordnet.
Die vom Widerruf der Zulassung be- troffenen pharmazeutischen Unter- nehmer haben sich den Maßnahmen der anderen Hersteller phenylbuta- zon- und oxyphenbutazon-haltiger Arzneimittel nicht angeschlossen.
Insbesondere sind sie nicht der Auf- forderung des Amtes nachgekom-
Möglicherweise AIDS-kontaminierte Faktor VIII- und Faktor IX- haltige Arzneimittel
Die möglicherweise AIDS-kontami- nierte Charge Ch.-B. 07cI-4207 des Profilate 750 Faktor VIII-Konzentrat Human, Zul.-Nr. 866.02.00, wird vom Hersteller (Alpha Therapeutic) sofort zurückgerufen.
An der Herstellung dieser Charge Profilate 750 Faktor VIII-Konzentrat Human ist ein freiwilliger Vollblut- spender mit einer Vollblutspende be- teiligt gewesen, der an AIDS erkrankt ist. Die Spende erfolgte vor der Ein- führung des von der Food and Drug Administration geänderten Spender- auswahlprogramms im März 1983.
Die betroffenen Faktor VIII-Chargen tragen in den USA die Bezeichnun-
men, Ärzte und Apotheker auf die Ri- siken ihrer Arzneimittel umgehend und angemessen hinzuweisen. Unter diesen Umständen hatte das Amt im Interesse des Verbraucherschutzes die Zulassung mit sofortiger Wirkung zu widerrufen. Eine Einschränkung der Anwendung der Arzneimittel reicht in diesen Fällen zur Abwehr unvertretbarer Arzneimittelrisiken aus folgendem Grund nicht aus: Eine vom Amt angeordnete Beschränkung von Anwendungsgebieten und An- wendungsdauer, die lediglich Ein- gang in die für den Patienten be- stimmte Gebrauchsinformation, die sog. Packungsbeilage, findet, würde die verschreibenden Ärzte nicht so- fort und nach allen Erfahrungen auch nicht vollständig erreichen.
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hat in ihrer In- formation in Heft 4/1984 des Deut- schen Ärzteblatts vom 27. Januar (Seite 202) bereits auf die Indika- tionsbeschränkungen hingewiesen.
Eine Liste der vom Zulassungswider- ruf betroffenen Präparate wird im nächsten Heft veröffentlicht.
gen a 3-2740, a 3-2461, a 3-3030, wo- bei die erstgenannte amerikanische Bezeichnung der deutschen Char- genbezeichnung Ch.-B. 07cI-4207 entspricht. Die betroffenen Faktor IX- Chargen weisen die amerikanischen Bezeichnungen b 1-0540 und b 1-0580 auf.
Inwieweit die betroffenen Chargen von Parallelimporteuren in der Bun- desrepublik Deutschland in den Ver- kehr gebracht worden sind, ist hier nicht genau bekannt.
Nach Kenntnis des Bundesgesund- heitsamtes kommen wenigstens fol- gende Firmen als Parallelimporteure von Profilate-Präparaten in Betracht:
1. MPA Vertriebsgesellschaft GmbH;
2. eurim pharm GmbH;
3. Medil GmbH;
4. Kolo-Med.
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Einreise nach Persien BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER
ten kann, empfiehlt Mutahhari ei- ne Ehe auf Zeit. Das ist eine ganz spezifische islamische Institution:
eine vertraglich befristete, vom Mullah abgesegnete eheliche Ge- meinschaft. Sinn der vertrag- lichen Fixierung ist es,. Vorkehrun- gen für eventuell kommende Kin- der zu schaffen (sie gelten als ehelich) und die Frau einigerma- ßen abzusichern. Die Frau darf sich, im Unterschied zur Dauer- ehe, einem Kinderwunsch des Mannes widersetzen. Jegliche Verhütungsmethoden sind im Iran ohnehin erlaubt (Abtreibung, auch aus medizinischer Indika- tion, hingegen im Iran verboten).
„Einer der heiligsten Berufe ist der Beruf des Arztes"
Spruch in der Wandelhalle vor dem Kongreßsaal in Teheran
Eine solche Ehe auf Zeit ist jeder- mann möglich, selbstverständlich auch erwachsenen Männern — ne- ben der normalen Ehe. Im Iran der Schah-Zeit hatte die Frauenbewe- gung — nur die der westlich orien- tierten Oberschicht wie es heißt — diese Institution scharf angegrif- fen. Heute wird sie empfohlen.
Unter den jungen Leuten, die ich getroffen habe, alles Studenten, oft etwas überalterten Studenten, ,die darunter zu leiden hatten, daß die Universitäten vier Jahre lang geschlossen waren (im Iran als Kulturrevolution bezeichnet) — un- ter diesen jungen Leuten also war freilich niemand, der sich der be- fristeten Ehe bedient hätte. Sie äußerten sich mir gegenüber in erstaunlich ernsthaften morali- schen Wendungen über die Hei- ligkeit der Ehe und die Würde der Frau. Norbert Jachertz
• Im nächsten Heft:
Leben und Denken auf zwei Ebenen
260 (20) Heft 5 vom 3. Februar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A