Pendler Beiträge an die Wiener Ge- bietskrankenkasse abgeliefert haben.
In den Zielerreichungstopf gelangen die übrigen Einnahmen. Die Ziele wer- den noch als Richtlinien oder Zielver- einbarungen zwischen Hauptverband und Krankenkassen erlassen – zum Bei- spiel Optimierung der Verwaltung und Senkung diverser Kosten (unter ande- rem auch bei den Ausgaben für Medika- mente). Der Verteilungsschlüssel steht noch aus. Nach Ende eines Kalen- derjahres überprüft eine Controlling- Gruppe, wieweit die Ziele erreicht wur- den, und empfiehlt dann dem Haupt- verband die entsprechende Ausschüt- tung an die Kassen.
Kritisiert werden vor allem die Zwangsdarlehen, aber auch die Metho- de als Ganzes. Weder der Rechnungs- hof noch die Österreichische Ärzte- kammer (ÖÄK) können in dem Paket eine nachhaltige Sanierung der sozialen Krankenversicherung erkennen. Für ÖÄK-Präsident Otto Pjeta, der vor al- lem den längst überfälligen Ausbau der Versorgungssysteme im stationären wie im ambulanten Bereich im Auge hat, zeichnet sich die Notwendigkeit einer Verbreiterung der Beitragsgrundlage ab. Geradezu säbelrasselnd haben Ge- werkschaften, Arbeiterkammer, Oppo- sitionsparteien (SPÖ und Grüne), die betroffenen Krankenkassen und in den jeweiligen Bundesländern die politi- sche Führung (vor allem die Landes- hauptmänner) reagiert – Letztere sogar ungeachtet dessen, dass sie der Volks- partei (ÖVP), der Partei des Bundes- kanzlers, angehören.
Die Oberösterreichische GKK be- fürchtet, dass sich die finanzielle La- ge der einzigen positiv bilanzieren- den Gebietskrankenkasse spürbar ver- schlechtern wird. „Während das heuri- ge Jahr noch mit plus/minus null ausge- hen könnte, muss man bereits 2003 mit roten Zahlen rechnen. Im vergangenen Jahr konnte die OÖGKK einen Mehr- ertrag in Höhe von 12,4 Millionen Euro in ihre Erfolgsrechnung schreiben“, heißt es in einer Aussendung. Das jetzi- ge „Sanierungspaket“ für die Kranken- kassen fügt sich nach Ansicht vieler Kri- tiker nahtlos an eine Reihe von Ope- rationen, die von einer erfolgreichen Therapie des Gesundheitssystems noch weit entfernt sind. Reinhard Hampel
P O L I T I K
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A2306 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 366. September 2002
KOMMENTAR
M
it einem Positionspapier zur Gesundheitsreform hat sich auch die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen zu Wort gemeldet.Darin wird Althergebrachtes und Traditionelles der Krankenkassenre- formpolitik repetiert. Die „Wahlprüf- steine“ passen allerdings oftmals nicht zueinander.
Einerseits plädieren die Kranken- kassen für „durchgreifende, grund- sätzliche“ Strukturreformen im Ge- sundheitswesen. Mit nur punktuell wirkenden Einzelmaßnahmen und palliativen Änderungen am Bestehen- den wollen sie sich dieses Mal nicht
abfinden. Andererseits wollen die Krankenkassen möglichst vieles beim Alten lassen. Einen grundsätzlichen Systemwechsel wollen sie nicht wa- gen. Es soll bei der solidarischen Fi- nanzierung der Gesetzlichen Kran- kenversicherung aus Versicherten- und Arbeitgeberbeiträgen bleiben.
Ein voller Versicherungsschutz im Krankheitsfall nach dem Umlagefi- nanzierungsverfahren bei Beibehal- tung eines durchgängigen Sachlei- stungsprinzips soll auch künftig ge- währleistet bleiben. Die Krankenkas- sen wollen den Einzelnen in die indivi- duelle Verantwortung für die eigene Gesundheit stärker einbinden. Wie dies geschehen soll, bleibt allerdings unklar. Um dem Patienten „selbstbe- stimmte Auswahlentscheidungen zu ermöglichen“, müsse es künftig den Krankenkassen erlaubt sein, über konkrete Leistungen und Leistungs- erbringer zu informieren und Emp- fehlungen auszusprechen. Was die Krankenkassen damit meinen, wird klargelegt: Die Kassen wollen ihre
Versicherten künftig auch über die
„Qualität“ der Leistungserbringer in- formieren. Über vorgegebene Versor- gungsziele sollten festgestellte Über-, Unter- und Fehlversorgung nicht mehr mit den Kollektivbeiträgen der Kassenmitglieder finanziert werden.
Die im internationalen Vergleich an- geblich bestehenden „erheblichen Qualitätsdefizite“, vor allem bei der Versorgung chronisch Kranker, müss- ten schleunigst beseitigt und die Pro- duktivität der Leistungserbringer über einen verschärften Wettbewerb ge- steigert werden.
In den Dienst einer „stärkeren Ver- sicherten- und Patientenorientierung“
sollen auch die Möglichkeiten eines
„solidarischen Wettbewerbs“ gestellt werden. Die Devise: Weg mit den kol- lektiven Vertragsstrukturen und Ver- tragsmonopolen der Anbieter! Ver- stärkt sollen deshalb flexible Versor- gungs- und Vergütungsformen zum Zuge kommen, neben und außerhalb der kollektivvertraglichen Sicherstel- lung durch die Kassenärztlichen Verei- nigungen. Das Heil sehen die Kran- kenkassen in einer überwiegend er- folgsorientierten Honorierung und einer Belohnung Kosten sparender Struktureffekte statt einer Bezahlung nach dem Aufwand erbrachter Lei- stungen (EBM). Qualitätsgesicherte medizinische Leitlinien, die auch die Bedarfs- und Wirtschaftlichkeitskom- ponente mit einbeziehen, seien das Mittel der Wahl, um die Krankenkas- senfinanzen zu stabilisieren und die Leistungen zielgenauer, indikationsge- recht und kostenbewusst zu erbringen.
Mal sehen, was von diesem fülligen Wunschkatalog nach der Bundestags- wahl übrig bleibt. Dr. rer. pol. Harald Clade