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Archiv "Kriterien der wissenschaftlichen Anerkennung von Heilmethoden" (17.02.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESS-BERICHT

Mit dem Problem „Kriterien der wissenschaftlichen Anerkennung von Heilmethoden" beschäftigte sich der Arbeitskreis „Ärzte und Juristen" der „Arbeitsgemein- schaft der Wissenschaftlichen Me- dizinischen Fachgesellschaften (AWMF)" am 18. und 19. Novem- ber 1983 in Frankfurt am Main. Die Leitung hatte Professor Kuhlen- dahl, Düsseldorf.

Anläßlich dieser neuerlichen Dis- kussion der genannten Fragen re- ferierten die Professoren Kriele, Köln, Laufs, Heidelberg, und Deutsch, Göttingen, über die juri- stischen Aspekte, und die Profes- soren Carstensen, Mülheim, Gross, Köln, und Vosteen, Düssel- dorf, über die medizinischen Aspekte. Dr. Baum, Damme, brachte einen Beitrag über die Akupunktur als Problemfall wis- senschaftlicher Anerkennung.

Über dieses Referat wird das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT voraus- sichtlich in absehbarer Zeit ge- trennt berichten.

Die Juristen gingen von dem in der Rechtsprechung gültigen wis- senschaftlichen Begriff nach Arti- kel 25 des GG aus, nach dem Wis- senschaft, Lehre und Forschung frei sind in der weiteren (vielleicht etwas zu weiten) Fassung ernst- hafter planmäßiger Versuche zur Ermittlung der Wahrheit.

Dabei wurde in Anlehnung an Ari- stoteles zwischen Episteme (wahr und sicher), Phronesis (was ist praktisch wertvoll?) und Techne (was macht die praktische Anwen- dung möglich?) unterschieden.

Die Wissenschaft ist ein nie abge- schlossener Prozeß, die herr- schende Meinung dagegen dog- matisiert (Kriele). Eingriff und Arz- neibehandlung müssen nach der Wahrscheinlichkeit des Schaden- eintritts abgewogen werden. Je eingreifender die Maßnahme bei Gefahren für Leben und Gesund- heit, desto höher muß zur Recht- fertigung der Grad der Informa- tion sein.

Die Therapiewahl ist eine komple- xe Einzelentscheidung. Sie ver- langt einerseits einen Beurtei- lungsspielraum, andererseits — auch bei allgemeiner Anerken- nung der Methodik — die Zustim- mung des Kranken.

Die immanenten Mißerfolge sind in die Pflicht zur größtmöglichen Sorgfalt eingebettet. Gerade bei der heutigen Spezialisierung muß der Arzt die Grundlagen seiner ei- genen Kenntnisse und Möglich- keiten sehen und daraus die Kon- sequenzen ziehen (Laufs).

Je angefochtener eine Methodik ist, um so gewichtiger ist die Auf- klärungspflicht. Der Patient hat aber auch die Möglichkeit des Vertrauens ohne Kenntnis aller methodischen Alternativen oder ohne Kenntnis der Details.

Bei aller anerkannten Plurali- tät müssen besonders sogenann- te Außenseitermethoden geprüft werden.

Auch im Rahmen dieses Ge- sprächs wurde der Schwerpunkt wieder auf die Ethikkommission,

auf in Zwischenprüfung erkenn- bare Abbruchkriterien und etwai- ge sogenannte Begleitkommissio- nen gelegt.

Wenn klinische Forschungen vali- de Ergebnisse bringen, müssen diese auch gegen den Willen der Auftraggeber publiziert werden.

Carstensen unterschied für opera- tive Fächer

C) die bewährte Behandlung C) die neue und gegenüber

CD,

zu

prüfende Heilbehandlung

® das Humanexperiment der ex- perimentellen Chirurgie.

Im letztgenannten Fall handelt es sich um sogenannte Neuland- Operationen zur Lebenserhal- tung, besonders deutlich bei den Organtransplantationen.

Nach Gross ist der kontrollier- te klinische Versuch die auch ethisch am besten vertretbare Me- thodik, da er die Zahl der für eine verwertbare Aussage erforder- lichen Patienten minimiert bzw.

bei gegebener Patientenzahl die erreichbare Aussage maximiert.

Naturheilkundliche Verfahren wie Homöopathie, Neuraltherapie, Akupunktur, Anthroposophie wer- den von vielen Ärzten besonders bei chronischen Krankheiten an- gewendet. Sie gehen dabei häufi- ger besser und individueller auf die Anliegen ihrer Patienten ein als dies in der Anonymität von Großkrankenhäusern möglich ist.

„Außenseitermethoden" und

„Schulmedizin" sind Kampfworte aus dem 19. Jahrhundert, die im Rahmen fruchtbarer Gespräche möglichst vermieden werden soll- ten.

In der Diskussion wurde vor allem betont, daß der kontrollierte klini- sche Versuch einer Individualisie- rung der Therapie entgegenwirkt und wegen der signifikanten Un- terschiede stark wirksame Medi- kamente begünstigt. Eine Ein-

Kriterien der

wissenschaftlichen Anerkennung von Heilmethoden

Kurzbericht über eine Sitzung des Arbeitskreises

„Ärzte und Juristen" der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 7 vom 17. Februar 1984 (91) 445

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Wissenschaftliche Heilmethoden FÜR SIE GELESEN

schränkung in Grenzfällen bringt das Beihilferecht (Klingmüller/

Köln). Die stärkere Betonung der Zivilhaftung gegenüber dem ge- genwärtig noch dominierenden Strafrecht wäre der weiteren Ent- wicklung dienlich.

Nach Franzki/Celle bedarf es kei- ner Daueraufklärung des Patien- ten, statt dessen einer umfassen- den Grundaufklärung sowie der jederzeitigen Möglichkeit des

„Aussteigens aus laufenden Be- handlungen". Oepen/Marburg be- tonte, daß bei ausreichender Auf- klärung viel mehr möglich sei als angenommen wird, und erinnerte an die Stellungnahme der Vertre- terinnen der betroffenen Frauen zum Krebsregister.

Die pharmazeutische Industrie (Fox/Köln) prüft zunächst die pharmazeutische pharmakologi- sche Wirkung —vor allem die Toxi- zität und Wirksamkeit — im Tier- versuch, später im klinischen Ver- such. Dabei sind die Indikations- stellungen oft problematisch wie z. B. im Fall zerebrovaskulärer In- suffizienz. Jesdinsky/Düsseldorf legte besonderen Wert auf die Va- lidität der Modellvorstellungen hinsichtlich Krankheit und Sym- ptomen.

In einem anspruchsvollen Schluß- referat betonte Bochnik, Frank- furt, die außerordentliche Kom- plexizität der Fragestellungen.

Modelle führen über eine Reduk- tion von Wirklichkeiten zur Ab- straktion und weiter zur Regel.

Regel bedeutet aber zugleich schon einen Verlust an Individua- lität. Wie auch die wenigen hier aufgeführten Stichworte zeigen, kam es nicht zu — auch kaum zu erwartenden — Patentlösungen, aber zu einer deutlichen Annähe- rung der juristischen und medizi- nischen Betrachtung.

Professor Dr. med.

Rudolf Gross

Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41

Nächtliche

Säuresekretion unter H2-Blocker-Gabe

Die Unterdrückung der nächt- lichen Säuresekretion ist für die Behandlung der Ulkus-duodeni- Erkrankung von entscheidender Bedeutung. Ob eine einmalige abendliche Gabe von H 2-Blockern hierfür ausreicht, war bisher nicht bekannt. In der vorliegenden Stu- die wurde daher der Einfluß von 800 mg Cimetidin nocte, 300 mg Ranitidin nocte, 40 mg Famotidin nocte bzw. Placebo auf die 24stündige intragastrale Azidität bei 8 gesunden Probanden unter- sucht. In Doppelblindanordnung erhielten die Probanden um 19°°

abends ihre Medikation. Stan- dardisierte Mahlzeiten bzw. Zwi- schenmahlzeiten wurden um 19 00 , 223° , 83° , 10 3° , 13°° und 15 3° einge- nommen.

Zwischen 2300 und 7 0° morgens lag die mittlere stündliche H+-Ak- tivität unter Placebo bei 35,8 ± 0,6 (±SEM), unter 800 mg Cimetidin nocte bei 11,4 ± 3,7 mmo1/1, unter Famotidin bei 7,6 ± 3,1 mmo1/1 und unter 300 mg Ranitidin nocte bei 5,8 ± 2,3 mmol/l. Dies ent- spricht einer 85-, 90- bzw. 95pro- zentigen Hemmung. Am darauf- folgenden Tag (8 °°-189 wurde in den Placeboversuchen eine mitt- lere stündliche H + -Aktivität von 16,9 ± 2,7 mmo1/1, unter Cimetidin von 15,4 ± 3,1 mmo1/1, unter Fa- motidin von 11,5 ±3,2 mnno1/1 und unter Ranitidin von 7,6 mmo1/1 ge- messen. Dies entspricht einer 10-, 33- bzw. 55prozentigen Hem- mung. Der säurereduzierende Ef- fekt von Famotidin und Ranitidin (nicht dagegen der von Cimetidin) war gegenüber Placebo signifi- kant (p < 0,05).

Die Ergebnisse zeigen, daß eine einmalige abendliche Gabe von 800 mg Cimetidin bzw. 300 mg Ra- nitidin die H+-Konzentration über 24 Stunden in ähnlichem Ausma- ße reduziert wie Cimetidin und Ranitidin in herkömmlicher Dosie- rung. Klinische Studien werden

zeigen müssen, ob die einmalige abendliche Gabe höherer Dosen von Cimetidin und Ranitidin zu ähnlichen Resultaten führt wie die bisherige Applikation. Famotidin bietet in der Dosierung von 1 x40 mg einen vergleichbaren Schutz wie Ranitidin. Smn

Dammann, H. G., Müller. P., Simon. B.:

24-Hour Intragastric Acidity and Single Night- Time Dose of Three H 2-Blockers, Lancet II (1983) 1078, Krankenhaus Bethanien, Marti- nistr. 44, 2000 Hamburg 20

Alkohol bei

Paracetamolvergiftung?

Paracetamol wird durch Leber- oxydasen zu einem stoffwechsel- aktiven Metaboliten umgebaut, der normalerweise durch Konju- gation mit reduziertem Glutathion inaktiviert und über die Nieren ausgeschieden wird. Bei einer Pa- racetamolvergiftung sind die Glu- tathionreserven der Leber er- schöpft, so daß es zu einer schwe- ren Leberzellschädigung kommt.

Frühzeitige Zufuhr von Gluta- thionvorstufen wie N-Acetylcy- stein können diese Leberschädi- gung weitgehend verhindern. Ei- ne therapeutische Alternative stellt die Hemmung der metaboli- schen Aktivierung von Paraceta- mol dar. Da Cimetidin die Oxydie- rung vieler Pharmaka hemmt und im Tierversuch bei einer Paraceta- molvergiftung wirksam ist, wurde vorgeschlagen, Cimetidin als Anti- dot bei entsprechenden Vergif- tungen des Menschen einzuset- zen. Wie Untersuchungen der Au- toren an gesunden Freiwilligen ergaben, ist jedoch die Gabe von 0,6 g Whisky pro kg Körperge- wicht effektiver als die Gabe von 800 mg Cimetidin. Aufgrund der vorliegenden Studie sollte des- halb bei einer Paracetamol-Ver- giftung auf die Gabe von H 2-Blok- kern verzichtet werden.

Critchley, J. A. J. H., Dyson, E. H., Scott, A. W., Jarvie, D. R., Prescott, L. F.: Is there a Place For Cimetidine Or Ethanol In The Treatment of Paracetamol Posisoning?, Lancet I (1983) 1375-1376, University Department of Thera- peutics and Clinical Pharmacology and De- partment of Clinical Chemistry, Royal Infirma- ry, Edingburgh

446 (92) Heft 7 vom 17. Februar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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