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Kreuzbandruptur und Rekonstruktion des Ligamentum cruciatum anterius mit Patellar- und Semitendinosussehnentransplantat

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Academic year: 2022

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Kreuzbandruptur und Rekonstruktion des Ligamentum cruciatum anterius mit

Patellar- und Semitendinosussehnentransplantat.

Bewegungsverhalten, neuromuskuläre Aktivierung und Rehabilitation.

Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Sozialwissenschaften an der Universität Konstanz

Thorsten Rudroff

Referenten : Prof. Dr. Riehle

Prof. Dr. Dr. Schönle Konstanz, im Oktober 2001

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Widmung

Meinen lieben Eltern

.

Mit ihrer Fürsorge und Unterstützung haben sie

maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen.

(3)

Danke

Mein Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Riehle, der mir die Möglichkeit zur Pro- motion gegeben hat, sowie der vorbildlichen Betreuung dieser Arbeit. Seine fachliche Kompetenz und seine stets hilfsbereite und menschliche Persönlichkeit hinterlassen bei mir einen nachhaltigen Eindruck.

Prof. Dr. Dr. Schönle danke ich für die Begutachtung dieser Arbeit.

Dank gebührt auch all den Menschen, die in direkter oder indirekter Weise zu der Entstehung dieser Dissertation beigetragen haben:

- Prof. Dr. Kutsch, Fachbereich Biologie, Universität Konstanz, für seine Unter- stützung im Promotionsverfahren

- Dr. W. Nagl, Fakultät für Wirtschaftwissenschaften und Statistik, Universität Konstanz, für seine Beratung im statistischen Bereich

- H. Richter und H. Fink, Universität Konstanz, Elektronik, für die Entwicklung des Goniometers, des Triggers und der Software

- Dr. H. Bork, Chefarzt der Abteilung für Orthopädie, Asklepios Klinik Schauf- ling, für seine Unterstützung und Bereitstellung der Messgeräte

- Dipl. Sportl. C. Kerschl, Abteilung für Sportmedizin und –therapie, Asklepios Klinik für seine wertvollen Hinweise und Vorschläge

- Meinen ehemaligen Patienten für ihre Geduld und ihre Bereitschaft bei dieser Untersuchung mitzuwirken

- Firma Donjoy für die Bereitstellung der Orthesen.

Ganz besonders bedanke ich mich bei meiner Familie Suzanne, Jessica, Dina und Tyler für ihr Verständnis und ihre Geduld während der Erstellung dieser Arbeit.

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 1

2. Forschungsstand 4 2.1 Operationsverfahren nach der Ruptur des vorderen Kreuzbandes

- Vergleich von Ergebnis-Studien 4 2.2 Untersuchungen der Muskelkraft nach VKB – Rekonstruktion 10 2.3 Dynamische Testverfahren zur Beurteilung der Gelenkfunktion nach 13 VKB – Rekonstruktion

3. Grundlagen 16

3.1 Passiver und aktiver Bewegungsapparat des Kniegelenkes 16 3.1.1 Anatomie und Arbeitsweise von Gelenken und Bändern 16 3.1.2 Muskeln, die mit der Bewegung des Kniegelenkes in Zusammenhang stehen 17 3.1.3 Die Anatomie und Biologie des vorderen Kreuzbandes 20 3.1.4 Die Funktion des Kniegelenkes 21 3.2 Propriozeption 24

3.2.1 Rezeptoren 24 3.2.2 Messung der Propriozeption als Funktion des vorderen Kreuzbandes 29 3.2.3 Gelenkdegeneration durch veränderte Propriozeption 30 3.2.4 Atrophie und Reflexinhibition 30 3.3 Ursachen und Unfallmechanismen von VKB – Verletzungen 32 3.3.1 Hormonelle Komponenten 32 3.3.2 Anatomische Faktoren 33 3.3.3 Umweltbedingte Faktoren 34 3.3.4 Neuromuskuläre Faktoren 35 3.3.5 Der VKB – Unfallmechanismus 36 3.4 Klinische Diagnostik 37

3.4.1 Anamnese 37 3.4.2 Inspektion und Palpation 38

3.4.3 Funktionsprüfungen 39 3.4.3.1 Aktive Beweglichkeit 39

3.4.3.2 Passive Beweglichkeit 39 3.4.3.3 Grobe Kraft 39 3.4.3.4 Stabilitätsprüfungen 39 3.4.3.5 Vordere Schublade 40 3.4.3.6 Hintere Schublade 40 3.4.3.7 Lachman –Test 40 3.4.3.8 Pivot – Shift – Zeichen 42 3.4.3.9 Mediale Aufklappbarkeit 43 3.4.3.10 Laterale Aufklappbarkeit 43

3.4.4 Röntgen 43

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3.4.5 Arthrographie 43 3.4.6 Arthroskopie 44 3.4.7 Computertomographie 44

3.4.8 Kernspintomographie 45 3.4.9 Ultraschallsonographie 48 3.4.10 Narkoseuntersuchung 49 3.5 Gegenwärtige Trends in der vorderen Kreuzbandrekonstruktion 49 3.5.1 Biologie des verletzten Kreuzbandes 49

3.5.2 Transplantatoptionen 51 3.5.3 Operative Verfahren und klinische Korrelationen 58 3.5.3.1 Platzierung des Tunnels 59 3.5.3.2 Notchplastik und Dachplastik 59 3.5.3.3 Konditionierung und Spannung des Transplantates 60 3.5.3.4 Fixation des Transplantates 60 3.5.3.5 Die Morbidität der Spenderseite 62 3.6 Das Heilungsverhalten des VKB – Transplantates 63 3.6.1 Die Biologie des Heilungsverhalten an der Insertionsstelle 65 3.7 Begründung für eine Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes 66 3.7.1 Die Auswahl der Patienten für eine VKB – Rekonstruktion 67 3.7.2 Der Zeitpunkt der Operation 68 3.8 Die Rehabilitation nach VKB – Rekonstruktion 69 3.8.1 Die Geschichte der VKB – Rehabilitation 71 3.8.2 Offene und geschlossene Kette 73 3.8.3 Trainingstherapie und Heilungsphasen des VKB – Transplantates 78 3.8.4 Die Kniebeuge (Squat) : Biomechanische Aspekte und ihre Bedeutung

für die Rehabilitation 78 3.8.4.1 Tibiofemorale Scher- und Kompressionskräfte 79 3.8.4.2 Patellofemorale Kompressionskräfte 83 3.8.4.3 Muskelaktivität 84 3.8.4.4 Kniestabilität 84 3.8.4.5 Die mehrgelenkige Kniebeuge (Squat) 85 4. Fragestellung und Zielsetzung 87 5. Material und Methoden 89 5.1 Personenstichprobe 89 5.2 Beschreibung der Operationstechniken 91 5.2.1 Entnahmetechnik des Transplantates 91 5.2.2 Platzierung der Bohrkanäle 92 5.2.3 Press-fit-Fixierung femoral 92 5.2.4 Tibiale Fixierung 93 5.2.5 Verblockungstechnik der 4-fach gebündelten Semitendinosussehne 94 5.3 Beschreibung der Rehabilitation 95

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5.4.1 Kraftmessung (Isometrie) 101

5.4.2 Goniometer 101

5.4.3 Elektromyographie 102

5.4.4 Kraftmessplatten 103

5.4.5 Der schematische Messaufbau 104

5.5 Die subjektive Beurteilung der Symptome und der Funktionsfähigkeit (Lysholm- und Tegner-Score) 105

5.6 Umfangsmessungen 106

5.7 Isometrische Maximalkraftmessung 108

5.8 Dynamische Testverfahren 112

5.8.1 Beidbeiniger Sprung 113

5.8.2 Einbeiniger Sprung 116

5.8.3 Die mehrgelenkige Kniebeuge (Squat) 117

5.8.4 Ganganalyse 119

5.9 Statistische Datenverarbeitung 121

6. Ergebnisse 124

6.1 Lysholm – Score 124

6.2 Tegner – Score 125

6.3 Umfangsmessungen 125

6.4 Isometrische Maximalkraftmessung 127

6.5 Beidbeiniger Sprung 128

6.5.1 Landungswinkel 128

6.5.2 Zeitpunkt Stabilisation 129 6.5.3 Stabilisationswinkel 129

6.5.4 Muskelaktivität vom Erstkontakt bis zum Zeitpunkt der Stabilisation 130 6.6 Einbeiniger Sprung 134

6.6.1 Absprung bis Erstkontakt 134 6.6.2 Maximale Absprungkraft 135 6.6.3 Absprungwinkel 136 6.6.4 Stabilisationszeitpunkt 138

6.6.5 Stabilisationswinkel 138

6.6.6 Muskelaktivitäten vom Erstkontakt bis zur Stabilisation 139

6.7 Die mehrgelenkige Kniebeuge (Squat) 145 6.8 Ganganalyse 159

7. Diskussion 161

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7.1 Lysholm- und Tegner-Score 161

7.2 Umfangsmessungen 162

7.3 Isometrische Maximalkraftmessung 165

7.4 Beid- und einbeinige Sprünge 171

7.5 Die mehrgelenkige Kniebeuge (Squat) 182 7.6 Ganganalyse 185

8. Zusammenfassung 187

9. Ausblick 190

9.1 Die Ko-Aktivierung von Hamstrings und Quadrizeps 190 9.2 Rehabilitative Behandlungs- und Trainingsstrategien 191

9.3 Die Zukunft der vorderen Kreuzbandrekonstruktion 193

10. Literaturverzeichnis 195

Abbildungsverzeichnis 230

Tabellenverzeichnis 233

Anhang 235

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1. Einleitung

Wenige Themen in der gegenwärtigen orthopädischen Chirurgie haben so viele kon- troverse Gedanken und Meinungen hervorgebracht wie der Zeitpunkt und die optima- le Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes des Knies. 95000 neue Verletzungen kommen jedes Jahr hinzu (MIYASAKA et al.1991) und 50000 Kniegelenke mit die- ser Verletzung werden in den USA rekonstruiert (JOHNSON et al.1995). Es ist zu einer regelrechten Explosion von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu diesem Thema gekommen. Während der letzten 20 Jahre sind mehr als 20000 wissenschaft- liche Artikel publiziert worden, inklusive exzellenter Zusammenfassungen (BUTLER et al.1992, JOHNSON et al.1995, JOHNSON et al.1992, ROSENBERG et al.1992, SMITH et al.1993, SWENSON et al.1993) und Bücher (DANIEL et al.1990, FEAGIN 1988, JACKSON et al.1993).

Auch STEINBRÜCK et al.(1999) stellten fest, dass Kniegelenksverletzungen zu den häufigsten Läsionen beim Sportler zählen. Bei ihrer Untersuchung von 30603 Sport- lern mit 34742 Verletzungen waren 12708 (36,6%) Knieverletzungen. Die vordere Kreuzbandruptur war hierbei die zweithäufigste Verletzung.

Die Ruptur des hinteren Kreuzbandes ist wesentlich seltener als die des vorderen Kreuzbandes. BERGFELD et al. (1991) geben in ihrer Untersuchung ein Verhältnis von 9-10:1 an. Gründe für eine geringere Verletzungsanfälligkeit des hinteren Kreuz- bandes liegen nach Meinung der Autoren in der besseren Toleranz eines HKB – De- fizits.

Der Riss des vorderen Kreuzbandes beeinträchtigt die Stabilität des Knies, resultie- rend in Schwierigkeiten bei sportlichen Aktivitäten (Schmerzen, „Giving way“) (AR- NOLD et al.1979, FEAGIN et al.1976, NOYES et al.1983), in ein erhöhtes Risiko auf nachträgliche Meniskusschäden (ARNOLD et al.1979, FINSTERBUSCH et al.1990, MCDONALD et al.1980) und in ein erhöhtes Risiko früher degenerativer Gelenk- schäden (FETTO et al.1980, HAWKINS et al.1986, JACOBSEN et al.1977, KANNUS et al.1987, NOYES et al.1983, SHERMAN et al.1988). Die Ergebnisse einer alleini- gen Wiederherstellung sind den Resultaten von Rekonstruktionen mit Augmentation unterlegen (ENGEBRETSEN et al.1989, GRONTVEDT et al.1996, SGAGLIONE et al.1993).

Die Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes soll die Knie-Stabilität verbessern und das Risiko späterer Meniskus-Schäden reduzieren. Letzteres ist jedoch durch wis- senschaftliche Untersuchungen noch nicht bewiesen worden. Viele Op-Techniken sind in der Vergangenheit vorgeschlagen und getestet worden: prothetische Bänder, Allografts, Autografts, Transplantate mit prothetischer Augmentation und extraartiku- lärer Rekonstruktion. Autografts mit Patellar- oder Semitendinosussehne werden heutzutage von den meisten Chirurgen bevorzugt eingesetzt. Selten kommt die ex- traartikuläre Rekonstruktion zum Einsatz (JOHNSON et al.1992). Untersuchungen haben keinen Unterschied in den Resultaten gezeigt, wenn eine extraartikuläre Re- konstruktion ein intraartikuläres Patellarsehnentransplantat hinzugefügt wurde (O`BRIAN et al.1991, STRUM et al.1989). Offene und arthroskopische Techniken der Transplantatsubstitution sind verglichen worden, ohne dass signifikante Resultatsun- terschiede aufgezeigt werden konnten. Jedoch sind offene und arthroskopische Re-

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konstruktionen mit Semitendinosussehne nie verglichen worden (GILLQUIST et al.1988, RAAB et al.1993). Suspensorische Methoden (Fixation außerhalb des Tun- nels) und Methoden, bei der sich die Interferenzschraube dicht bei Ursprung und In- sertion befindet wurden beschrieben. Letztere resultierte in einer erhöhten Steifheit der Rekonstruktion (ISHIBASHI et al.1997, KURSAKA et al.1987, NORTHRUP et al.1997, STEINER et al.1994).

Der Hauptvorteil der Patellarsehne ist, dass nach der Implantation femoral und tibial eine knöcherne Verankerung erfolgt. Der Vorteil der Semitendinosussehne ist in ei- ner Schonung des Extensormechanismus zu sehen, Patellarentrapment, das infra- patellare Kontraktursyndrom und Patellarfrakturen als mögliche Folgen der Trans- plantatentnahme entfallen ebenfalls (BARRET et al.1993, AGLIETTI et al.1994, BONAMO et al.1984, GRAF et al.1994, LOH IAN et al.1997, McCARROLL et al.1993). Chronische Störungen der Beugesehnenfunktion durch Entfernen der Semitendinosussehne entstehen nicht (LIPSCOMB et al.1982, STEINER et al.1994).

Vor allem für die Arthroskopeure ist die Semitendinosussehne deshalb vorteilhaft, weil noch weniger Trauma bei der Entnahme entsteht und die sogenannte zentrale Arthrotomie wie bei der Patellarsehnenentnahme entfällt. Lange wurde die Semitendinosussehne gedoppelt verarbeitet (KARNS et al.1994). Der Nachteil war ein immer noch schwaches Transplantat, wobei große Anteile der Sehne tibial extraartikulär aus dem Bohrkanal heraushingen und verworfen wurden. Bei der Präparation der Semitendinosussehne als Vierfachschlinge entsteht ein Transplantat, das in Länge und Durchmesser etwa dem mittleren Patellarsehnendrittel vergleichbar ist.

Ein wesentlicher Unterschied in den Ergebnissen beider Transplantate in Vergleichs- studien wurde bisher nicht festgestellt (Kapitel 2.1). Die beschriebenen Studien (AGLIETTI et al.1994, HARTER et al.1989, HOLMES et al.1991, MARDER et al.1991, O`NEILL et al.1996, OTERO et al.1993, CARTER et al.1999, MUNETA et al.1998, SEKIYA et al.1998, KUHNE et al.1998, ARANGIO et al.1997, WACKER et al.1995, MACDONALD et al.1996, HIEMSTRA et al.2000, DORAL et al.2000) bein- halteten Patienten mit weiteren Verletzungen wie Meniskusrupturen, Knorpelläsionen und anderen Bandverletzungen, sowie Patienten mit einer wiederholten VKB- Rekonstruktion. Ferner müssen die verschiedenen Operationstechniken in diesen Vergleichen beachtet werden. Aus diesem Grund ist es schwierig diese Ergebnisse zu interpretieren.

Ein weiterer Grund für die geringe Aussagekraft dieser Vergleichsstudien liegt in der Verwendung von Informationen aus klinischen Untersuchungen und manuellen Test- verfahren, die Auskunft über die Belastbarkeit und die muskulären Verhältnisse der verletzten Extremität geben sollen. Charakteristisch für diese Studien ist es, dass die Resultate überwiegend in unfunktionellen (nicht alltagsspezifischen), passiven Situa- tionen, an entspannten, liegenden Patienten (STROBEL u.a.1995) überprüft werden.

Die Übertragbarkeit von passiven Stabilitätstest auf die funktionelle Stabilität des Ge- lenkes ist nicht nachgewiesen. Voraussetzung aber für eine umfassende Beurteilung der Kniefunktion muss neben der Erfassung klinischer und subjektiver Parameter, die Verwendung von Test- und Trainingsverfahren sein, die die Funktionen des aktiven und passiven Bewegungsapparates während der Aktion dieser Systeme zeigen, also in dynamischen Belastungssituationen.

Das Ziel einer erfolgreichen VKB – Rekonstruktion ist die weitestgehende Wieder- herstellung der Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit des Kniegelenksystems.

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re die Wiederherstellung des optimalen Zusammenwirkens zentraler und peripher Steuerungsmechanismen im Vordergrund. Die Patienten müssen adäquat auf all- tagsspezifische und sportspezifische Belastungssituationen vorbereitet werden.

Es lassen sich in der Literatur keine vergleichenden Untersuchungen finden, bei de- nen an Patienten nach VKB-Rekonstruktion mit Patellarsehne oder Semitendinosus- sehne gezielt funktionelle Tests durchgeführt worden sind mit gleichzeitiger Erhe- bung neuromuskulärer Parameter. Aus diesen Gründen wird in dieser Studie eine Testbatterie eingesetzt, die die funktionelle Kapazität messen soll.

Diese Untersuchung vergleicht die klinischen Resultate einer Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes mit dem mittleren Drittel der Patellarsehne und dem vierfa- chen Semitendinosussehnentransplantat. Der einzige Unterschied zwischen beiden Gruppen soll der Transplantattyp sein. Aus diesem Grund wurden folgende Kriterien bei der Auswahl der Patienten aufgestellt:

1 Alle Patienten haben eine isolierte VKB-Verletzung. Patenten mit Begleitverletzungen wurden ausgeschlossen.

2 Die Operationstechnik war in beiden Gruppen identisch und wurde von einem Operateur durchgeführt.

3 Die Patientengruppen sind vergleichbar hinsichtlich Alter, Geschlecht, Aktivi- tätslevel und Operationsindikation.

4 Alle Patienten führten ein Rehabilitationsprogramm durch, dass hinsichtlich Dauer und Prinzipien identisch war.

Mit der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob es Unterschiede in den Er- gebnissen nach VKB – Rekonstruktion mit dem mittleren Drittel der Patellarsehne und dem vierfachen Semitendinosussehnentransplantat gibt. Zu diesem Zweck wer- den neben subjektive Methoden, dynamische Testverfahren verwendet, mit denen biomechanische und neurophysiologische Aspekte untersucht werden.

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2. Forschungsstand

2.1 Operationsverfahren nach der Ruptur des vorderen Kreuzban- des – Vergleich von Ergebnis-Studien

Ergebnis-Studien von VKB-Rekonstruktionen beinhalteten einfache Einschätzungen einer bestimmten Technik und Vergleiche einer chirurgischen Technik mit einer an- deren. Vergleiche zwischen Patientengruppen mit Patellarsehnen- und Semitendino- sussehnenrekonstruktion wurden ebenfalls durchgeführt ( AGLIETTI et al.1994, HARTER et al.1989, HOLMES et al.1991, MARDER et al.1991, O`NEILL et al.1996, OTERO et al.1993).

AGLIETTI et al.(1991) untersuchte 60 Patienten mit chronischen Verletzungen, die mit Patellar- oder Semitendinosussehne versorgt wurden. Ein einziger Operateur führte die arthroskopischen Eingriffe alternierend durch. Präoperative und operative Daten zeigten keine Unterschiede. Nach 28 Monaten wurde eine Nachuntersuchung durchgeführt. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Sympto- me und nur ein Fall von „Giving way“ trat auf in der Semitendinosus-Gruppe. Eine Rückkehr zum Sport trat häufiger in der Patellarsehnen-Gruppe auf (80% versus 43%, P> 0.01). Ein geringfügiges Extensionsdefizit (<oder=3 Grad) war häufiger in der Patellarsehnen-Gruppe zu finden (47% versus 3%, P<0.001). Andere Unter- schiede waren nicht signifikant. KT-2000 Arthrometer- Unterschiede im Seitenver- gleich (anteriore Verschiebbarkeit > 5 mm bei 30 Pfund) war präsent bei13% der Pa- tellarsehnen-Patienten und bei 20% Semitendinosussehnen-Patienten. Eine patello- femorale Krepitation entwickelte 17% Patellarsehnen- und 3% Semitendinosusseh- nen-Patienten. Als Konsequenz ihrer Untersuchungsergebnisse bevorzugen AGLIETTI et al.(1991) die Patellarsehne in der VKB-Rekonstruktion. Die Semitendi- nosussehne wird eingesetzt bei älteren Patienten, gescheiterten Patellarsehnen- Rekonstruktionen und bei Patienten mit patellofemoralen Problemen.

OTERO et al.(1993) untersuchten in ihrer Studie den postoperativen Erfolg und die Stabilität zweier VKB-Rekonstruktionstechniken : Doppelte Semitendinosussehne und Patellarsehne mit Knochenblöcken. Nach 36,4 Monaten wurden 91 junge, aktive Patienten (x = 25.4 Jahre) nachuntersucht. Davon waren 55 in der Patellarsehnen- Gruppe und 36 in der Semitendinosussehnen-Gruppe. Kein Patient hatte zuvor eine VKB-Rekonstruktion. Daten zur Kniestabilität wurden aufgenommen mit Hilfe des Lysholm-Scores, des Lachman-Tests und der KT-1000 Arthrometer-Messung. Die operativen Verfahren waren vergleichbar. Die Gruppen wurden weiterhin unterteilt in Kategorien mit akut und chronischen Verletzungen und mit oder ohne Menisektomie.

Die Resultate zeigten, dass in allen Kategorien die Patellarsehnen-Patienten eine grössere Kniestabilität aufwiesen als die Semitendinosussehnen-Patienten. Die Er- gebnisse zeigten ferner signifikant geringere (p<0.01) Lachmann-Ergebnisse bei den Patellarsehnen-Patienten. Signifikant geringer (p<0.05) fielen die Ergebnisse bei den KT-1000 Messungen bei den Patellarsehnen-Patienten aus.

O`NEILL (1996) untersuchte 125 Patienten, welche eine Ruptur des vorderen Kreuz- bandes hatten, in einer prospektiven, randomisierten Studie. Es wurden drei unter- schiedliche arthroskopische Techniken eingesetzt. Die Patienten wurden nach einer

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Gruppe 1 beinhaltete 40 Patienten mit einem autogenem Semitendinosus- Transplantat (2 Inzisionen), Gruppe 2 bestand aus 40 Patienten mit autogenem Pa- tellarsehnentransplantat (2 Inzisionen) und Gruppe 3 setzte sich aus 45 Patienten zusammen, die jeweils mittel endoskopischer Technik ein autogenes Patellarsehnen- transplantat erhielten (1 Inzision). Das Verhältnis Mann/Frau, Alterspanne, Aktivitäts- level, Intervall zwischen Unfall und Rekonstruktion, vorherige operative Eingriffe und kombinierte Verletzungen waren in allen drei Gruppen gleich. Alle Patienten folgten einem einheitlichen Rehabilitationsprotokoll. Der Test mit dem KT-2000 Arthrometer bei maximaler manueller Kraft ergab einen Unterschied in der Laxität zwischen be- troffenem und nicht betroffenen Bein von 3 Millimeter oder weniger bei 33 Patienten (83%) in Gruppe 1, 37 Patienten (93%) in Gruppe 2 und bei 39 Patienten (87%) in der Gruppe 3. Ein Unterschied von 2 Millimeter oder weniger wurde bei 30 Patienten (75%) in Gruppe 1, bei 31 Patienten (78%) in Gruppe 2 und bei 35 Patienten (78%) in Gruppe 3 festgestellt. 35 Patienten (88%) der Gruppe1, 38 Patienten (95%) der Gruppe 2 und 40 Patienten (89%) der Gruppe 3 kehrten zu ihrem gleichen Aktivitäts- level zurück, den sie vor dem Unfall hatten. Vier Transplantate (2 der Gruppe 1 und 2 in Gruppe 2) versagten infolge Verletzung. Es gab jeweils einen zusätzlichen Versa- ger in den Gruppen 1 und 3, aufgrund von einer hohen Laxität (9 und 7 mm). Die si- gnifikanten Ergebnisse zeigten, dass kein Knie in die Stufe D des IKDC-Scores ein- geordnet werden konnte (p<0.002, 94% Zufriedenheitslevel) und dass weniger zu- sätzliche operative Eingriffe durchgeführt wurden in der Gruppe 3 (p<0.08). Ferner zeigte sich, dass die Patienten in Gruppe 2 einen höheren Aktivitätslevel erreichten (p<0.02) und dass ein höherer Prozentsatz in dieser Gruppe eine Differenz bei der KT-2000 Messung von 3 Millimeter oder weniger aufwiesen im Vergleich zu den an- deren 2 Gruppen (p>0.1). Interessant ist es, dass die Versagerrate und die Resultate nicht weniger zufriedenstellend sind wenn die Rekonstruktionen akut (innerhalb 3 Wochen nach Trauma) oder später durchgeführt wurden.

HARTER et al.(1989) untersuchten mittels KT-1000 Arthrometer die Knielaxität von 50 Patienten bei denen eine VKB-Rekonstruktion durchgeführt wurde. Ferner wurde die anterior-tibiale Verschiebbarkeit und die anteriore Volumendehnbarkeit bestimmt mittels Lachmann-Test. Die Patienten wurden in Gruppen eingeteilt, die sich nach Transplantat (Patellarsehnen- und Semitendinosussehnen-Transplantat) und Zeit- punkt der Nachuntersuchung (24 bis 101 Monate). Lachmann-Tests wurden mit einer Kraft von 68 und 90 Newton durchgeführt und Hinweise auf die anteriore Compliance wurden aufgenommen. Obwohl signifikant mehr anteriore Laxität in den rekonstruier- ten Kniegelenken demonstriert wurde bei Applikation von 68 und 90 Newton im kon- tralateralem Vergleich (p<0.001), zeigten 13 Patienten, von denen ein Extensionsde- fizit im rekonstruiertem Knie aufwiesen, mehr Laxität im normalen Knie. Varianzana- lysen zeigten keine signifikanten Unterschiede in den Lachmann-Tests bezüglich Rekonstruktionsverfahren und Zeitpunkt der Nachuntersuchung. Die Resultate zei- gen, dass beide Transplantate effizient eine anterior tibiale Verschiebbarkeit limitie- ren, wie die Lachmann-Tests zeigten. Die Studie demonstrierte, dass sich die Trans- plantate während der Studie nicht ausdehnten.

HOLMES et al.(1991) führten eine retrospektive Langzeit-Studie (Minimum 5 Jahre) durch. Sie untersuchten drei Gruppen von VKB verletzten Patienten mittels subjekti- ver und objektiver Tests. 27 chronisch defiziente vordere Kreuzbänder wurden mit dem mittleren Drittel der Patellarsehne rekonstruiert und weitere 28 Patienten erhiel- ten die Semitendinosussehne als Transplantat. Es zeigte sich, dass von den Semi-

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tendinosus-Patienten 4 exzellent, 10 gut und 7 schlecht waren. Bei weiteren 7 Pati- enten kam es zu einem Versagen (durchschnittlicher Score Wert 4.5 von möglichen 12). Bei den Patellarsehnen-Patienten waren 16 exzellent, 7 gut, 3 schlecht. Es gab nur einen Versager (10 Punkte von 12 im Score) (p<0.0032). Weiterhin wurden 20 Patienten untersucht die akut mit einem Semitendinosussehnen-Transplantat ver- sorgt wurden. Diese Gruppe hatte 8 exzellente, 9 gute, 3 schlechte Resultate. Ver- sager gab es keine.(9.8 Punkte von 12 im Score, p<0.03 im Vergleich zu der anderen Semitendinosus-Gruppe). Der Vergleich zwischen den beiden Semitendinosus- Gruppen wurde nur gemacht um den Unterschied zwischen Studien zu zeigen, die Knierekonstruktionen behandeln. Die Autoren zeigten in ihrer Untersuchung, dass akut versorgte VKB-Rekonstruktionen mit der Semitendinosussehne zu besseren Resultaten führt.

MARDER et al.(1991) untersuchte 80 Patienten mit einer chronischen Laxität des vorderen Kreuzbandes infolge einer Ruptur. Die Patienten erhielten entweder eine Rekonstruktion mit der Patellarsehne oder mit einer doppelten Semitendinosusseh- ne. Präoperativ existierten keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich Alter, Geschlecht, Aktivitätslevel und Laxitätsgrad. Das Stan- dard-Rehabilitationsprogramm, welche alle Patienten durchführten, beinhaltete sofor- tige passive Knieextension, frühes Radfahren und vorsichtiges Krafttraining unter Vermeidung endgradiger Streckung, sowie eine Rückkehr zum ursprünglichen Aktivi- tätslevel frühestens nach 10 bis 12 Monaten postoperativ. 72 Patienten wurden nach 24 Monaten postoperativ evaluiert (Zeitspanne:24-40 Monate). Es wurden keine si- gnifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen hinsichtlich subjektive Be- schwerden, Aktivitätslevel oder objektiver Laxitätsmessung (KT-1000 Arthrometer) festgestellt. 17 der 72 Patienten (24%) verspürten anteriore Knieschmerzen nach der VKB-Rekonstruktion. 46 der 72 Patienten (64%) kehrten zu ihrem ursprünglichen Aktivitätslevel zurück. Durchschnittliche KT-1000 Werte waren 1.6 ± 1.4 mm in der Patellarsehnen-Gruppe und 1.9 ± 1.3 mm für die Semitendinosus-Gruppe. Eine iso- kinetische Untersuchung fand eine signifikante Schwäche der Hamstringkraft in der Semitendinosus-Gruppe bei 600 /sec..

CARTER et al.(1999) verglichen mittels Isokinetik die Kraft der Hamstring- und Qua- dricepsmuskulatur bei Patienten nach VKB- Rekonstruktion (Patellarsehnen- und Quadricepssehnentransplantat). Die isokinetische Kraft wurde bei 1800/sec und 3000/sec gemessen. Die Resultate wurden mit dem gesunden Bein verglichen und in Prozent ausgedrückt. Die durchschnittlichen Ergebnisse der Knieextension bei 1800/sec lagen bei der Patellarsehnen-Gruppe bei 68.3% und bei der Semitendino- sus-Gruppe bei 74.3%. Bei 3000/sec 70.7% und 76.7%. Beim Test der Knieflexoren ergaben sich bei der Patellarsehnen-Gruppe bei 1800/sec 86.1% und bei 3000/sec 77.6%. In der Semitendinosussehnen-Gruppe ergaben die Messungen bei 1800/sec 80.6% und bei 3000/sec 79.1%. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwi- schen der Knieextensions- und flexionskraft der beiden Gruppen festgestellt. Die Re- sultate zeigen, dass die Wahl des Transplantates nicht allein von der Wiederherstel- lung der Quadriceps- und Hamstringkraft abhängig gemacht werden sollte. Nach 6 Monaten postoperativ hatte die Mehrzahl der untersuchten Patienten nicht die nötige Kraft in der Oberschenkelmuskulatur (Knieextensionskraft) erreicht, die eine sichere Rückkehr zu unbegrenzten Aktivitäten gewährleisten kann.

MUNETA et al.(1998) untersuchten die Effekte einer aggressiven Rehabilitation nach VKB-Rekonstruktion mit Semitendinosus(Multistrand)- und Patellarsehne (mittleres

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terschiede zwischen beiden Gruppen. Der Lachmann-Test zeigte bei der Semitendi- nosussehnen-Gruppe weniger negativ zu bewertende Resultate. Knieschmerzen ga- ben nur die Frauen in beiden Gruppen an. Weniger positive Krepitation gab es in der Semitendinosussehnen-Gruppe. KT-Arthrometer Messungen ergaben in der Semi- tendinosussehnen-Gruppe mehr Patienten mit einer Differenz von mehr als 5 mm.

Die Resultate dieser Studie zeigen, dass das Risiko einer erhöhten Laxität nach ei- ner aggressiven Rehabilitation nach VKB-Rekonstruktion, bei den mit der Semitendinosussehne rekonstruierten Patienten höher ist.

In einer weiteren prospektiven Studie von MUNETA et al.(1998) wurde mittels sub- jektiver und objektiver Messmethoden die Resultate nach VKB-Rekonstruktion mit Semitendinosussehne (Multistrand) und Patellarsehne (mittleres Drittel) evaluiert.

Das Transplantatmaterial, die Instabilität und die Patientenzufriedenheit wurden nä- her untersucht. Insgesamt wurden 97 Patienten über einen Zeitraum von 30 Monaten untersucht. Ein subjektiver Wiederherstellungsscore, der operiertes und gesundes Bein verglich, kam zum Einsatz. Das Ergebnis lag bei 80% Zufriedenheit auf einer Skala von 20% bis 100%. Die Studie zeigte, dass die Patientenzufriedenheit stark von der Integrität des Knieextensionsmechanismus, der Extensionskraft, der vollen Extensionsfähigkeit und dem Schmerzverhalten im patellofemoralen Gelenk abhängt.

SEKIYA et al.(1998) untersuchte Patienten nach VKB-Rekonstruktionen mit Hilfe ei- nes Ein-Bein-Hüpf-Test. Anhand dieses Testes sollte die Wiederherstellung der Kniemuskelkraft und die verbleibende anteriore Knielaxität beurteilt werden. 78 Pati- enten erhielten eine Semitendinosussehne und 29 eine Patellarsehne als Kreuz- bandersatz. Die Untersuchungen wurden 2 Jahre nach der Operation durchgeführt.

Analysen der Korrelationskoeffienzten bestimmten ob die Beziehung zwischen Kraftwiederherstellung der Muskulatur und dem Hop-Test konstant war über alle Le- vel der verbleibenden Knielaxität und ob die Beziehung zwischen anteriore Knielaxi- tät und Hop-Test war konstant über alle Level der Kraftwiederherstellung. Ausserdem untersuchten die Autoren ob die zwei Transplantate zu unterschiedlichen Ergebnis- sen beim Hop-Test führten. Positive Korrelationen zwischen Hop-Index und Muskel- kraft-Index wurden festgestellt während aller Stufen der anterioren Knielaxität (p<0.05). Diese Korrelationskoeffizienten waren jedoch relativ gering. Es existierten keine Korrelationen zwischen Hop-Index und Knielaxität während aller Stufen der Muskelkraft. Keine signifikanten Unterschiede gab es zwischen der Semitendinosus- sehnen-Gruppe und der Patellarsehnen-Gruppe im Hop-Test.

KUHNE et al.(1998) untersuchten mittels MRI 28 Patienten, von denen 15 eine Semi- tendinosussehne und 13 eine Patellarsehne als Kreuzbandersatz erhielten. Ziel der Untersuchung war es, ob es eine Beziehung zwischen MRI-Untersuchung und klini- schen Erfolg gibt. Die Untersuchung erfolgte 3 bis 5 Jahre postoperativ. Die Kniesta- bilität wurde klinisch und mit dem KT-1000 Arthrometer untersucht. Die MRI- Untersuchung wurde mit einem 0.2-T-System durchgeführt, welches sagital und ko- ronal T1 und T2 gewichtete Bilder aufnahm. Die MRI-Bilder wurden von zwei Unter- sucher hinsichtlich Signalintensität und Kontinuität der VKB-Rekonstruktion evaluiert.

Ausserdem wurde das hintere Kreuzband untersucht. Die Kniestabilität und die MRI- Evaluation wurden in einer 6-Punkte Skala zusammengefasst. Statistische Korrela- tionen wurden mit Hilfe der Spearman Korrelation für nicht-normale Vergleichsbei- spiele vorgenommen. Statistische Tests aller Patientenresultate zeigten eine signifi- kante Korrelation mit einem Voraussagewert von 12%, dass keine signifikante Korre-

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lation zwischen klinischer Resultate und MRI Evaluation bestand. Separate statisti- sche Tests der Patellarsehnen-Patienten und der Semitendinosussehnen-Patienten zeigten keine signifikanten Korrelationen. Es konnten keine Korrelationen zwischen klinischer Stabilität und MRI festgestellt werden. MRI-Untersuchungen nach VKB- Rekonstruktionen mit den beschriebenen Techniken sollten mit Vorsicht interpretiert werden, da sie in keiner Beziehung zur klinischen Stabilität stehen.

ARANGIO et al.(1997) stellten die Hypothese auf, dass Oberschenkel- Umfangsmessungen keine akkurate Reflektion des Muskelquerschnitts ist und auch kein Hinweis auf die Muskelkraft gibt nach einer Standard-Rehabilitation nach VKB- Rekonstruktion. Gewöhnlich wird eine normale Quadricepskraft trotz intensiver ag- gressiver Rehabilitation nicht erreicht. Der Grund der Studie war es, die Muskelgröße und –Kraft zu quantifizieren und Korrelationen zu Oberschenkelumfang, Muskelquer- schnitt durch MRI und isokinetischer Kraft der Patienten herzustellen. Die erste Gruppe bestand aus 28 Patienten mit Iliotibialband-Rekonstruktion, die zweite Grup- pe aus 3 Patienten mit Semitendinosussehnen-Transplantat und die dritte Gruppe aus 2 Patienten mit Patellarsehnen-Transplantat. Sie wurden 48.7 +/- 6.91 Monate postoperativ nachuntersucht. Sie verglichen die verletzte Extremität mit der unver- letzten, unbeteiligten kontralateralen Extremität. Es wurden Oberschenkelumfang, isokinetische Drehmomente und Querschnittsmessungen mittels MRI durchgeführt.

Es wurde eine signifikante Abnahme um 1.8% im Oberschenkelumfang gefunden, eine 10%ige Abnahme des durchschnittlichen isokinetischen Drehmoments und eine Abnahme des Quadricepsquerschnittes (MRI) von 8.6%. Eine positive Korrelation zwischen MRI Querschnittsuntersuchung und Quadriceps und Hamstringkraft zwi- schen betroffener und nicht-betroffener Extremität konnte gezeigt werden. Eine posi- tive Korrelation zwischen Oberschenkelumfang und Quadriceps- und Hamstringkraft wurde in den nicht-betroffenen Extremitäten aber nicht in den operierten Extremitäten gefunden. Die Autoren schlossen daraus, dass der Oberschenkelumfang die Atro- phie unterbewertet und das er nicht mit Querschnittsuntersuchungen mittels MRI und mit der Kraft korreliert. Hartnäckige Quadricepsschwäche und verminderter Muskel- querschnitt nach 49 Monaten postoperativ und nach Rehabilitation bleiben weiter eine Herausforderung. Die Pathophysiologie der Abnahme von Oberschenkelgröße und die Kraft des M.quadriceps femoris bedarf weiterer Untersuchungen (ARANGIO et al.1997).

WACKER et al.(1995) untersuchten anhand von prospektiven MRI Studien die post- operativen Signale nach VKB-Rekonstruktionen. Gruppe 1 bestand aus 15 Patienten die ein Patellarsehnen-Transplantat erhielten. Die 15 Patienten aus Gruppe 2 wurden mit der Semitendinosussehne versorgt. Alle Patienten wurden 6 Wochen und 6 Mo- nate postoperativ nachuntersucht. 19 Patienten zeigten ein typische Erscheinungs- bild eines normalen Transplantats. Nach 6 Monaten konnten 8 der Patellarsehnen- transplantate und 3 der Semitendosussehnentransplantate nicht klar definiert wer- den. Zu diesem Zeitpunkt gab es einen signifikanten Anstieg der Signalintensität im mittleren Drittel des Patellarsehnentransplantates. Die Autoren beobachteten vor dem Hintergrund der zwei verschiedenen Operationstechniken ein höheres Impin- gementrisiko bei den Patienten mit Patellarsehnen-Rekonstruktion. Die postoperati- ven MRI Ergebnisse nach 6 Monaten postoperativ erlauben Differenzierungen hin- sichtlich pathologischen Veränderungen (Impingement) und Revaskularisierung (Remodellierung).

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quantifizierten und verglichen drei Gruppen von Patienten : Die 1.Gruppe bestand aus Patienten mit defizitärem VKB, die 2.Gruppe aus Patienten mit VKB- Rekonstruktion (Semitendinosus) und die 3.Gruppe aus Patienten die eine VKB- Rekonstruktion mit der Patellarsehne erhielten. Insgesamt wurden 32 Personen un- tersucht. Unter ihnen befanden sich 6 gesunde Teilnehmer, die als Kontrollgruppe dienten. Es wurde die Anpassung ihrer Wahrnehmung getestet während der passi- ven Kniebewegung. Alle anderen sensorischen Inputs wurden neutralisiert. Die Tests ereigneten sich im Bereich zwischen 300 und 400 Knieflexion. Jedes Bein bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von 0.5 Grad/sec. In die Knieflexion oder –extension in einer zufälligen Sequenz. Das unverletzte kontralaterale Kniegelenk diente als Kontrolle bei jedem Probanden. Die Variablen Alter, KT-1000 Arthrometer-Werte, Verletzungs-Operation –Intervall, Verletzung-Nachuntersuchung-Intervall und Patien- tenzufriedenheit wurden statistisch auf ihre Korrelation mit ihrer Wahrnehmungsfä- higkeit der Kniebewegung analysiert. Die Kontrollgruppe zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Kniegelenken. Die drei Testgruppen zeigten alle signifikant höhere Werte im betroffenen Kniegelenk verglichen mit dem nicht betroffe- nen Knie (P<0.01). Es wurden jedoch keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen allen Gruppen, inklusive Kontrollgruppe, gefunden hinsichtlich der Wahr- nehmung während der passiven Kniebewegung. Die Autoren schlossen daraus, dass eine VKB-Rekonstruktion zu keiner verbesserten Propriozeption bei den Patienten führte.

Eine neuere Studie von HIEMSTRA et al.(2000) untersuchte die Kraft der Knieflexo- ren und -extensoren nach VKB-Rekonstruktion mit Patellarsehne (N=8) und Semi- tendinosussehne (N=16) sowie einer gesunden Kontrollgruppe (N=30). Alle 24 Pati- enten wurden mindestens 1 Jahr nach ihrer Operation untersucht. Die Kraft der Knie- flexoren und –extensoren wurde mittels isokinetischer Dynamometrie (5 Geschwin- digkeiten, exzentrisch und konzentrisch, 50-950 ROM) evaluiert. Kraftabbildungen wurden eingesetzt, um die neuromuskulären Aktivitäten graphisch darzustellen und zu analysieren. Die Kraftabbildungen wurden für jede Gruppe bestimmt und mit der Kontrollgruppe verglichen. Differenz-Abbildungen (Kontrollgruppe minus Transplan- tatgruppe) und Konfidenz-Abbildungen (T-Test) wurden eingesetzt, um Kraftdefizite quantitativ zu identifizieren. Alle VKB-Patienten zeigten ein 25%iges Kraftdefizit der Knieextensoren, mit regionalen exzentrischen Defiziten bis zu 50% im Vergleich zur Kontrollgruppe. Kraftdefizite überdeckten über 86% der vorgegeben Kraftabbildun- gen (P<0.01). Diese Defizite der Knieextensoren sind grösser als zuvor angenom- men. Ferner demonstrierte die Patellarsehnen-Gruppe ein konzentrisches Knieex- tensionsdefizit bei langsamen Geschwindigkeiten im Bereich von 600-900, welches nicht in der Semitendinosus-Gruppe beobachtet wurde. 50%ige Kraftdefizite der Knieflexoren wurden im Vergleich zur Kontrollgruppe in der Semitendinosus-Gruppe festgestellt. Die Autoren kamen zu der Schlussfolgerung, dass Kraftdefizite bei spezi- fischen Kontraktionsformen und bestimmten Kniegelenkwinkelbereichen bei beiden VKB-Rekonstruktionen auftreten. Postoperative Rehabilitationsprotokolle sollten die- se Spezifitäten berücksichtigen.

DORAL et al.(2000) untersuchten 138 Patienten nach VKB-Rekonstruktion. 27 Patienten erhielten ein Patellarsehnen-Transplantat und 61 ein Semitendinosussehnen-Transplantat. Die Nachuntersuchung erfolgte im Mittel 29 Monate. Es wurden Lachman-Tests und Pivot Shift Tests durchgeführt. Der Lachman-Test war negativ bei 62 Patienten, 1+ bei 22 Patienten und 2+ bei 4 Patienten. Bei 17 Patienten wurde eine vordere Schublade im Vergleich zur

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vordere Schublade im Vergleich zur kontralateralen Seite festgestellt. Pivot Shift Test war moderat positiv nur in 5 Fällen in beiden Gruppen zusammen. 3 Patienten be- richteten von „Giving way“ Symptomen, die bei 2 Patienten nach intensiver Rehabili- tation verschwanden. Es gab keine Fälle von Arthrofibrose, Infektion oder Extensi- onsproblemen. Die klinischen Resultate zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden VKB-Rekonstruktionen. Der Vorteil der Semitendinossehnen- Rekonstruktion scheint die Vermeidung der Störung des Extensionsmechanismus des Knigelenkes zu sein.

2.2 Untersuchungen der Muskelkraft nach VKB-Rekonstruktion

Die aus der Praxis immer wieder berichteten Schwierigkeiten beim Aufbau der Qua- dricepsmuskulatur spiegeln sich im Extremfall in ausgeprägten Schwächen teilweise noch Jahre nach erfolgter Operation wider. Dies bestätigen Untersuchungen von ARVIDSSON et al.(1981) oder SETO et al.(1988), die bei kreuzbandoperierten Pati- enten fünf bis zehn Jahre nach erfolgter Rekonstruktion deutliche Unterschiede im Vergleich zur gesunden Extremität finden konnten.

ARVIDSSON et al.(1981) untersuchte 87 Patienten in einem Zeitraum von 5 bis 10 Jahren nach operativer Versorgung mit der Patellarsehne. Die isokinetischen Mes- sungen zeigten ein Defizit der Knieextensoren zwischen 9,4 und 20,7 %. Defizite der Knieflexoren konnten nicht festgestellt werden. Die niedrigeren Drehmomente im be- troffenen Bein werden von den Autoren mit der anatomisch engeren Verbindung des M.quadriceps femoris zum Kniegelenk (Patellar und Patellarsehne als Teil des Ge- lenkes) und einer damit höheren Beeinflussung diese Muskels durch Instabilitäten oder Schmerzen des Gelenkes begründet. Die deutlichen Kraftdefizite schreiben sie einer Atrophie der Typ I-Muskelfasern zu.

Eine Analyse bisher veröffentlichter Untersuchungen, die isometrische, dynamische und isokinetische Kraftmessungen nach VKB-Rekonstruktion durchführten ergab, dass die Knieextensoren nach der Operationstechnik mit der Patellarsehne ein 5-34

%iges Kraftdefizit im Vergleich zum nicht betroffenen Bein aufwiesen (BACH et al.1994, HARTER et al.1990, Lephart et al.1993, Marder et al.1991, ROSENBERG et al.1992, SHELBOURNE et al. 1993). Die Betrachtung der Knieflexoren ergab bei diesen Patienten keine Kraftdefizite im Seitenvergleich (HARTER et al.1990, RO- SENBERG et al.1992, SHELBOURNE et al. 1993).

Ähnliche Ergebnisse zeigen DAVIES et al.(1984), die die maximalen Drehmomente der Kniegelenksstrecker bei 20 Patienten 6 Monate postoperativ untersuchten. Da- bei zeigten sich Kraftdefizite bei verschiedenen Winkelgeschwindigkeiten zwischen 39 und 41 %.

SETO et al. (1988) untersuchten 25 Patienten 5 Jahre nach erfolgter Kreuzbandope- ration mit der Patellarsehne. Es wurden zwei verschiedenen Operationstechniken (intra- und extraartikulär) angewendet. Die isokinetische Untersuchung ergab für die Gruppe der extraartikulär refixierten Patienten im Vergleich zum nicht betroffenen Bein Defizite von 11,3 bis 17,3 % und für die extraartikulär versorgten Patienten De- fizite von 32,4 bis 40,6 %. Für die Knieflexoren konnte in beiden Gruppen kein signi- fikanter Unterschied festgestellt werden. Die Autoren erklären diese Ergebnisse, dass die nach der Operation auftretenden Symptome wie Schmerz oder Schwellun-

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betroffenen Bein der Probanden führen. Ferner wird die reduzierte Kraft und eine damit verbundene verringerte Stabilität des Gelenkes als Ursache für die auftreten- den Symptome gesehen. Neurophysiologische Erklärungsansätze werden nicht auf- geführt. Der Einfluss der verschiedenen Operationstechniken (Intraartikulär vs. ex- traartikulär) wird nur in bezug auf die Schmerzen und Schwellungen nach der Opera- tion mit dem Hinweis auf den stärker invasiven Eingriff bei der intraartikulären Opera- tion diskutiert.

DVIR et al.(1988) kam in seiner Studie zu ähnlichen Ergebnissen. Er untersuchte 35 Patienten mit arthroskopisch gesicherten und konservativ versorgten Rupturen des vorderen Kreuzbandes mittels isokinetischen Drehmomentmessungen. Dabei wur- den signifikante Unterschiede zwischen den Kniegelenkstreckern der betroffenen und nicht betroffenen Seite festgestellt. Die Knieflexoren zeigten diese Unterschiede nicht.

ELMQVIST et al.(1988) greifen in einer Publikation die Ergebnisse von LORENTZON et al.(1989) auf, in der bei 18 Patienten ein um 13 bis 29 % signifikant geringerer Output der Knieextensoren im Vergleich zur nicht betroffenen Seite festgestellt wur- de. Die Untersuchung wurde 3,1 Jahre nach dem Verletzungsereignis durchgeführt.

Das ermittelte Kraftdefizit führen die Autoren aufgrund der fehlenden Korrelation mit der Muskelgröße und den morphologischen Veränderungen auf eine nicht optimale Aktivierung der Muskulatur zurück. Diese nicht optimale Aktivierung wird von den Autoren bei aus ihrer Sicht voll funktionsfähigen motorischen Einheiten mit einem veränderten afferenten Feedback der Mechanorezeptoren des Gelenkes zu supra- spinalen Strukturen oder zum Motoneuron erklärt. Da die Patienten bei der Untersu- chung keine Schmerzen hatten, wird eine entsprechende reflektorische Hemmung ausgeschlossen.

Es gibt bisher wenig Untersuchungen zum Kraftverhalten nach der VKB- Rekonstruktion mit der Semitendinosussehne.

GORADIA et al.(2001) untersuchte 120 Patienten mit dreifacher Semitendinosus- sehnen- Rekonstruktion nach durchschnittlich 44 Monaten. Die isokinetische Kraftmessung zeigte keine signifikanten Kraftdefizite.

CARTER et al. (1999) verglich die isokinetischen Kraftwerte von 106 Patienten nach VKB-Rekonstruktion mit dem Patellar- und Semitendinosussehnentransplantat. Si- gnifikante Unterschiede konnten bei den gewählten Geschwindigkeiten (180 Grad/sec und 300 Grad/sec) nicht festgestellt werden.

NATRI et al. (1996) evaluierte die isokinetischen Kraftresultate bei 119 Patienten nach VKB-Rekonstruktion mit der Patellarsehne. Der Untersuchungszeitpunkt lag bei 4 Jahren. Er stellte ein Kraftdefizit der Knieextensoren des betroffenen Beines im Vergleich zum nicht betroffenen Bein fest (9 bis 20%). Zur Kraft der Knieflexoren wurden keine Angaben gemacht.

MCHUGH et al. (1998) untersuchten 102 Patienten (56 Männer, 46 Frauen) 6 Mona- te nach VKB-Rekonstruktion mit der Patellarsehne. Die isokinetische Kraftmessung bei 60 Grad/sec zeigte ein Kraftdefizit der Knieextensoren von durchschnittlich 33+/- 2%. Die Autoren führten dieses Defizit auf die Operation, der nachfolgenden Immobi-

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lisation, den Gebrauch von Gehhilfen, postoperativer Schwellung und das Tragen eines Knie – Braces zurück.

WILK et al. (1991) kam zu ähnlichen Ergebnissen bei isokinetischen Messungen der Knieextensoren bei einer Winkelgeschwindigkeit von 180 Grad/sec..

CLARK et al. (1998) untersuchte 22 Patienten nach VKB-Rekonstruktion mit der Se- mitendinosussehne nach 30 Monaten. Er stellte bei den isokinetischen Messungen der Knieextensoren und auch der Knieflexoren ein Kraftdefizit von 8% im Vergleich zur nicht betroffenen Seite fest.

YASUDA et al.(1995) und LIPSCOMB et al.(1982) führte isokinetische, konzentrische Kraftmessungen durch, und konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen be- troffenen und nicht betroffenen Knieflexoren feststellen. Im Gegensatz dazu stellte MARDER et al.(1991) ein Kraftdefizit der Knieflexoren von 17% im Vergleich zum nicht betroffenen Bein fest.

LAURIE et al.(2000) verglichen in ihrer Studie die Kraft der Knieflexoren- und exten- soren nach der VKB-Rekonstruktion mit dem Patellarsehnen- und Semitendinosus- sehnentransplantat nach einem Jahr. Sie führten isokinetische Messungen (5 Geschw., exzentrisch u. konzentrisch, 5-950) an 24 Patienten (Patellargr.: N=8, Se- mitend.gr.: N=16) und einer Kontrollgruppe (N=30) durch. Alle VKB-Patienten zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe ein Kraftdefizit der Extensoren von 25,5 %, welches in der exzentrischen Phase sogar bis zu 50 % betrug (P<0,01). Unterschiede zwi- schen beiden VKB-Gruppen gab es nicht. In beiden Gruppen kam es also zu diesen Kraftdefiziten. Bei der Betrachtung der Kraft der Knieflexoren in der Semitend.gr.

zeigte sich im Vergleich zur Kontrollgruppe eine Defizit von 17%. (P<0,05). Das Defi- zit wird von den Autoren mit dem Semitendinosussehnen-Transplantat in Verbindung gebracht. Ein Knieflexorendefizit in der Patellargruppe konnte nicht festgestellt wer- den. Die Autoren zogen aus ihren Ergebnissen die Schlussfolgerungen, dass Kraft- defizite vom verwendeten VKB-Transplantat abhängen, und das postoperative Re- habilitationsprotokolle dies berücksichtigen sollte. Kritikpunkte dieser Studie sind zum einen, dass auf Operationstechniken und Begleitverletzungen nicht näher eingegan- gen wird. Ausserdem wird nichts über das postoperative Rehabilitationsregime aus- gesagt, welches einen Einfluss auf das Kraftverhalten nach VKB-Verletzungen hat.

Ferner werden in dieser Studie Männer und Frauen gemeinsam untersucht. In der Literatur wird beschrieben, dass es signifikante Geschlechtsunterschiede hinsichtlich des Kraftverhaltens von Knieextensoren und Knieflexoren gibt (MAYHEW et al.1990).

Nachuntersuchungen bei Patienten nach VKB-Rekonstruktion zeigten, dass die funk- tionelle Selbsteinschätzung in Relation zur Kraft der Knieextensoren steht (BACH et al.1994, ROSENBERG et al.1992). Sie demonstrierten ferner, dass das funktionelle Ergebnis mit Kraftmessungen positiv korreliert (SETO et al.1988, WILK et al.1994).

Diese Studien indizieren, dass die Kraft der Knieextensoren und Knieflexoren eine Voraussetzung der funktionellen Wiederherstellung nach VKB-Rekonstruktion dar- stellt.

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nach VKB - Rekonstruktion

BARBER et al. (1990) untersuchten in einem Vergleich zwischen unverletzten Pro- banden und Patienten mit Ruptur des vorderen Kreuzbandes die Erkennbarkeit von Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten mit Hilfe von dynamischen Tests. Durchgeführt wurden ein einbeiniger Weitsprung, ein einbeiniger Vertikal- sprung, einbeinige Sprünge über eine Distanz von 6 Metern und zwei Streckenkäufe über eine Distanz von jeweils 6 Metern. Bei den unverletzten Probanden gab es kei- ne signifikanten Unterschiede zwischen beiden Extremitäten. Bei 35 Patienten mit operativ versorgten Rupturen des vorderen Kreuzbandes ergab der statistische Ver- gleich von allen 5 Tests signifikante Unterschiede zwischen betroffenem und nicht betroffenem Bein. Die berechneten Symmetrien ergaben für die drei Sprungtests deutliche Unterschiede zu den gesunden Probanden. Die Symmetrieindizes der Lauftests unterschieden sich hingegen kaum. Nach Korrelationsberechnungen mit Scores und isokinetischen Kraftmessungen verwerfen die Autoren die drei Strecken- tests aufgrund des hohen Prozentsatzes von kreuzbandverletzten Probanden, die trotz ihrer Verletzung einen hohen Symmetrieindex erreichten und empfehlen die Verwendung der beiden Sprungtests nur unter zusätzlicher Beachtung der Ergebnis- se der klinischen Untersuchung und der Befragung der Patienten mit Hilfe der Funk- tionsscores. Trotzdem schliessen sie nicht aus, dass Patienten mit hohen Scores in sportlichen Belastungssituationen Instabilitäten erleiden.

GAUFFIN et al.(1990) untersuchten in einer Studie 15 Patienten nach konservativ versorgter isolierter Ruptur des vorderen Kreuzbandes nach 16 +/-9 Monate nach dem Verletzungsereignis. Signifikante Unterschiede stellten sie zwischen betroffe- nem und nicht betroffenem Bein fest bei Tests wie einbeiniger Weitsprung, beim Ach- terlauf und bei der Stabilometrie. Zwischen einem zusätzlich erhobenen Knie- Funktions-Score (Lysholm) und den Ergebnissen der dynamischen Tests konnten keine Zusammenhänge gefunden werden. In dieser Untersuchung wurde deutlich, dass die Patienten nur bei den Testverfahren deutliche Defizite zeigen, die aufgrund ihres dynamischeren Charakters eine höhere Belastung des Kniegelenkes darstellen Die beschriebenen Untersuchungen zeigen die Notwendigkeit einer funktionsbezo- genen Diagnostik bei der Beurteilung der Gelenkfunktion für Alltags- und Sportbela- stung. Korrelative Beziehungen zwischen den motorischen Tests, den Kraftmessun- gen und den Funktionsscores herzustellen, sind schwierig und bisher nicht gelungen.

Kraftmessungen alleine oder die Verwendung von Funktionsscores alleine reichen zur Beurteilung der Kniefunktion nicht aus. Die Untersuchung von GAUFFIN et al.

(1990) deutet darauf hin, dass erst Tests mit einem Mindestausmaß an dynamischer Belastung geeignet sind, Unterschiede zwischen verletzter und gesunder Extremität aufzudecken. Dabei kann der Vergleich der ermittelten Daten beider Extremitäten mit denen einer gesunden Kontrollgruppe dem Erkennen von bilateralen Anpassungen an das Verletzungsereignis dienen und somit die Möglichkeiten einer falsch positiven oder falsch negativen Einschätzung der getesteten Extremität minimieren.

Ferner wurde in den Untersuchungen Testverfahren zur Erfassung von motorischen Fähigkeiten verwendet. Die teilweise festgestellten Unterschiede werden als Folge der Verletzungen der untersuchten Probanden interpretiert und im allgemeinen mit den bekannten Immobilisationsfolgen erklärt. Mögliche Veränderungen neuromusku- lärer Aktivitätsmuster werden teilweise ebenfalls als Begründung für die aufgetrete-

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nen Defizite herangezogen. Veränderungen der Muskelaktivität nach Kniebandver- letzungen werden in wenigen Studien dokumentiert, die versuchen, Veränderungen biomechanischer Parameter nach Verletzungen des Kniegelenkes zu erfassen.

Die bisher beschriebenen Arbeiten zu veränderten Muskelaktivierungen nach VKB- Verletzungen wurden vorwiegend an Personen durchgeführt, die eine alte, konserva- tiv versorgte Ruptur hatten. Sie bieten daher nur teilweise die Möglichkeit, Defizite und Unterschiede zwischen betroffener und nicht betroffener Extremität zu erklären, da die dynamischen Tests zum grössten Teil mit operierten Patienten durchgeführt worden sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, das die Untersuchungen zur Erfassung neuro- muskulärer Veränderungen in dynamischen Belastungssituationen in der Literatur nicht sehr zahlreich vertreten sind. Es werden in diesen wenigen Studien zyklische und wenig belastende Bewegungen wie Gang und Laufband untersucht. Versuche zur Aufdeckung von neuromuskulären Veränderungen in funktionellen, dynamischen Testverfahren fehlen.

Ein bekanntes Problem in der Ganganalyse ist die Identifikation von pathologischen Gangmustern im Vergleich mit normalen Mustern (HOPF 1995). Selbst gesunde Testpersonen zeigen intraindividuelle Unterschiede (WIEDMER 1992).

DEVITO et al.(1998) führten eine Ganganalyse an 8 Probanden nach einer VKB- Rekonstruktion durch und analysierten kinematische, kinetische und energetische Parameter. Die Patienten hatten die Rehabilitationsphase abgeschlossen, und führ- ten ihre präoperativen Aktivitäten wieder durch. Die Ganganalyse wurde 3 und 6 Monate nach Rehabilitationsende durchgeführt. Es wurden signifikante Unterschiede in den Knie -und Hüftwinkelgeschwindigkeiten zwischen VKB-Patienten und gesunder Kontrollpatienten festgestellt. Die Autoren schlossen aus ihrer Studie, dass Patienten nach intensiver Rehabilitation mit normalen kinematischen Bewegungsmustern laufen, aber ein verändertes Gelenkdrehmoment einsetzen.

Ganguntersuchungen an rehabilitierten Patienten nach VKB-Verletzung zeigten Adaptationen von erhöhtem Hüftextensormoment und Hamstring-Aktivität und redu- zierten Knieextensormoment und Quadricepsaktivität während des Standes. Die an- fänglichen Adaptationen nach Verletzung und Operation sind unbekannt. Ebenso die Faktoren, die die Entwicklung dieser Adaptationen beeinflussen. Die Identifikation der anfänglichen Reaktion auf die Verletzung kann die Grundlage sein, um zu bestimmen, ob diese Anpassungen automatisch erlernt sind oder ob sie das Resultat einer langen Trainingsperiode sind, in der verschiedene Faktoren diese Entwicklung beeinflussen.

Das Ziel einer weiteren Studie von DEVITO et al.(1997) war es, die anfänglichen Ef- fekte der VKB-Verletzung und Rekonstruktion hinsichtlich Gelenkkinematik, Kinetik und Energetik während des Gehens zu evaluieren. Verletzte Beine von 9 Patienten nach VKB-Verletzung wurden nach 2, 3 und 5 Wochen getestet. 10 gesunde Patien- ten wurden getestet. Kinematische und Bodenreaktionskräfte Daten wurden aufge- nommen und kombiniert um die Gelenkdrehmomente und –leistungen zu berechnen.

Ein Knieextensionsdrehmoment wurde während des Stance beobachtet im verletzten Bein bei allen Tests. Dieses Resultat steht im Widerspruch zu früheren Beobachtun- gen, die ein reduziertes Drehmoment der Extensoren oder Flexoren bei Patienten mit

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kanten Wechsel (P<0,001) in der mittleren Position der Hüfte und des Kniegelenkes, des Extensionswinkelimpulses der Hüfte. Leistung und Arbeit, produziert durch das Knie waren 5fach reduziert (P<0,001) nach 5 Wochen Rehabilitation und erreichte nicht präoperative Level. Die Existenz eines lang anhaltenden Knieextensionsdreh- momentes 2 Wochen nach der Verletzung zeigt, dass der Adaptationsprozess lange dauert und vielfache Faktoren beinhaltet.

Bei Durchsicht der Literatur sind keine Arbeiten gefunden worden, in denen Gang- analysen mit Patienten nach verschiedenen VKB-Rekonstruktionen analysiert wur- den.

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3. Grundlagen

In diesem Kapitel werden wichtige Grundlagen und Begriffe der Anatomie und Phy- siologie des Kniegelenkes vorgestellt. Ausserdem werden Verletzungs- und Schädi- gungsmechanismen beschrieben, die diagnostischen Möglichkeiten sowie operative und konservative Behandlungsmöglichkeiten. Abschließend wird auf einige Aspekte der Rehabilitation eingegangen.

3.1. Passiver und aktiver Bewegungsapparat des Kniegelenkes

3.1.1. Anatomie und Arbeitsweise von Gelenken und Bändern

Das Kniegelenk nimmt in vielerlei Hinsicht eine besondere Position ein. Es ist nicht nur das größte und komplizierteste Gelenk des menschlichen Körpers, sondern es ist auch das anfälligste. Um Verletzungsmechanismen und deren Auswirkungen verste- hen zu können, ist es sinnvoll, grundlegende Aspekte des Kniegelenkes zu erörtern.

Im Kniegelenk (Abb.1) artikulieren die nicht völlig kongruenten Femurkondylen mit den flachen Gelenkflächen der Tibia. Unter arthrokinematischen Gesichtspunkten findet deshalb die relative Bewegung zweier artikulierender Gelenkflächen statt, do dass man beim Kniegelenk vom Roll-Gleit-Mechanismus spricht (MÜHLEMANN 1997). Aus diesem Grund sind die keilförmigen Menisken zwischen beiden knöcher- nen Gelenkstrukturen eingelagert, um einen funktionellen Ausgleich zu ermöglichen und Stoss- sowie Druckeinwirkungen beim schnellen Laufen oder Heben schwerer Lasten zu minimieren. Die Menisken reichen allein jedoch nicht aus, um eine funktio- nelle Stabilität zu gewährleisten. Wesentliche Haltearbeit wird vom Bandapparat ge- leistet, den Kollateralbändern und den Kreuzbändern. Das Ligamentum collaterale tibiale erstreckt sich vom Epicondylus medialis des Femurs bis zum Tibiakopf. Das Ligamentum collaterale fibulare erstreckt sich vom Epicondylus lateralis femoris bis an den Kopf der Fibula. Die Kreuzbänder sichern den Zusammenhalt des Gelenks und sind wesentlich an der Gelenkführung beteiligt (BENNINGHOFF 1985, KA- PANDJI 1984, KEIDEL 1985, ROHEN 19987, SILBERNAGL 1989).

Nach MÜLLER (1982) sind die beiden Kreuzbänder das Kernstück der Kniegelenkki- nematik. Der Schnittpunkt der Kreuzbänder charakterisiert dabei den während der Flexion von vorn nach hinten wandernden Momentandrehpunkt des Gelenks (zur Gelenkkinematik vgl. auch JONSSON et al.1989 und NIETERT 1977).

In den verschiedenen Beugestellungen des Kniegelenkes sind die Kreuzbänder un- terschiedlich gespannt und beansprucht. Während in der Extension v.a. der vordere mediale Teil des VKB gespannt ist, so erfährt in der Flexion der laterale Abschnitt des VKB und der mediale Abschnitt des HKB eine Spannung. In den letzten 10% der Extension ist eine 5%ige Schlussrotation zu beobachten, welche durch das VKB ver- ursacht wird. Hierbei kommt es zu einer leichten Auseinanderwicklung der Kreuz- bänder. Im Bereich von 00 und 150 wirken doppelt so hohe Kräfte wie im Bereich von 500 bis 600 (SCHLEPKOW 1987). Unter Last verändern sich diese Werte signifikant im Vergleich zur Bewegung ohne Gewicht. Während einer Beugung von 100 bis 200 mit einem Gewicht von 45 N und bei einer isometrischen Quadizepskontraktion bei verschiedenen Stellungen zwischen 150 und 300 lässt sich ein signifikant höherer

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Flexion keine Druckveränderungen im Vergleich zur Anspannung ohne Last feststel- len (DYE et al.1988), BEYNNON et al.1992, 1995). Betrachtet man das VKB als Ge- samtligament, so ist es bei 400 bis 500 Beugung am lockersten (HEERS 1983). Bei Innenrotation wickeln sich die Kreuzbänder umeinander, um so eine Einwärtsdre- hung zu hemmen (THEWS et al.1989, TITTEL 1989,1977). Untersucht man die Fa- sern der Kreuzbänder während der Flexion, so lässt sich feststellen, dass sich nur wenige Fasern isometrisch verhalten. Lediglich bei der Aussenrotation stehen die Kreuzbänder nicht unter Spannung, so dass sie hier nicht führend eingreifen. Der grösste Teil ist demzufolge in unterschiedlicher Weise angespannt (FREIWALD 1996, FUß 1989, WEISE 1992). Das in erster Linie als Scharniergelenk arbeitende Kniegelenk lässt demzufolge auch eine begrenzte Innen- und Aussenrotation bei ge- beugtem Unterschenkel zu (THEWS et al.1989).

Abb. 1 : Anatomie des Kniegelenkes ( JEROSCH 1999)

3.1.2 Muskeln, die mit der Bewegung des Kniegelenkes in Zusammenhang ste- hen

Gelenke können ohne Interaktion mit der umgebenden Muskulatur nicht arbeiten.

Umgekehrt beeinflusst die Gelenkstellung aber auch die Muskelwirkung. Ändert sich die Gelenkstellung, so ändert sich ebenfalls die Wirkungslinie eines betroffenen Muskels, indem sie sich nähert oder entfernt. Die Wirkungslinie ist die Linie, auf die der Kraftarm wirkt, mit Hilfe dessen die Gelenkmomente berechnet werden können.

Ferner beeinflusst die Gelenkstellung die Länge der Muskeln, welche von Proprio- zeptoren registriert werden (vergl. Kap. 3.2.). Treten Änderungen der Gelenkstellung auf, so sind es insbesondere die Muskelfasern, die sich der Längenänderung anpas- sen (CAVANAGH/GRIEVE 1983, POPE et al.1992, RENSTROEM 1987).

Die mittlere Reissfestigkeit der Kreuzbänder liegt bei ca.700-1000 N. Beim Gehen wirken auf das vordere Kreuzband ca. 300 N, beim Laufen ca. 600 N und beim Stol- pern ca. 700 N. Dabei trägt die umgebende Muskulatur entscheidend zur Erhöhung der Toleranzgrenze der Reissfestigkeit bei (PETERSEN 1990, SCHARF et al.1991).

Neben der passiven Führung des Kniegelenkes durch Bandstrukturen und Menisken ermöglicht die umgebende Muskulatur die Flexion und die Extension des Knies und sichert die Kreuzbänder gegen Belastungsspitzen ab. Wichtigster Muskel für die Ex- tension ist der M. quadriceps femoris (Abb.2). Dieser vierköpfige Muskel besteht aus M. rectus fem., M. vastus lat., M. vast. med. und M. vastus intermedius. Zusammen

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bilden sie eine gemeinsame Endsehne, die die Patella einschließt. Eine weniger wichtige Bedeutung für die Extension besitzt der M. tensor fasciae latae. An der Fle- xion beteiligte Oberschenkelmuskeln sind im wesentlichen die Muskeln der ischiocru- ralen Muskelgruppe. Gemeinsam ist den beteiligten Muskeln, dass sie über das Kniegelenk hinwegziehen. Die ischiocrurale Muskulatur besteht aus M. biceps fem., M. semitendinosus, M. semimembranosus, M. sartorius und M. gracilis (Abb. 3). Fer- ner sind an der Flexion des Kniegelenks folgende Muskeln des Unterschenkels betei- ligt : M.gastrocnemius und M. popliteus (KAHLE et al.1986, SOBOTTO/BECHER 1988, WEINECK 1990). Eine besondere Stellung hat dabei der M. gastrocnemius (Abb.4). Dieser Teilmuskel des dreiköpfigen M. triceps surae endet mit zwei Köpfen oberhalb des Kniegelenkes und ist deshalb nicht nur für die Flexion dieses Gelenkes zuständig, sondern ebenfalls für die Plantarflexion des Sprunggelenkes (SCHIEB- LER 1987). Der M. gastrocnemius ist demzufolge am Sprunggelenk ein extensori- scher Muskel, der zusammen mit dem M.soleus die Sprunggelenkssteifheit kontrol- liert. Rund um das Knie ist der M. gastrocnemius ein primär flexorischer Muskel, der hierbei für die Kniestabilität verantwortlich ist (SINKJAER/ARENDT-NIELSEN 1991).

Neben der Flexion und Extension des Kniegelenkes ist eine Plantarflexion bzw. Dor- salextension des Fußes notwendig, um Bewegungsabläufe in der unteren Extremität realisieren zu können. Beugung und Streckung des Fußes finden im oberen Sprung- gelenk statt, hingegen ist das untere Sprunggelenk für Pronation und Supination ver- antwortlich. Neben dem M. gastrocnemius ist im wesentlichen der M.soleus an der Senkung des Fußrückens beteiligt. Die Dorsalextension wird primär vom M. tibialis anterior realisiert (TITTEL 1989, WALDEYER/MAYET 1987).

Zur Realisation der Gehbewegung ist letztendlich auch die Hüftmuskulatur notwen- dig. Als wichtigster Beugemuskel der Hüfte wird der M. iliopsoas bezeichnet. Von den besprochenen Oberschenkelmuskeln ist der M.rectus femoris des weiteren an der Flexion der Hüfte beteiligt. Hüftextendierend wirken der M. glutaeus max, die Mm. glutaei medius und minimus und folgende bereits erwähnte Oberschenkelmus- keln: M. semitendinosus, M. semimembranosus, M. biceps femoris. Ebenfalls am Gang beteiligt sind die Mm adductores und abductores. Neben der Flexion und Ex- tension ermöglicht das Hüftgelenk in seiner Funktion als Kugelgelenk die Abduktion und Adduktion sowie Innen- und Außenrotation.

Das harmonische Zusammenspiel von Kapsel-Band-Apparat und Muskulatur zur Stabilisierung des Kniegelenkes wird durch folgende Einteilung charakterisiert :

· Anterior-mediale und posterior-mediale Stabilisatoren: mediales Seitenband, Kapsel., M. quadriceps

· Anterior-laterale und posterior-laterale Stabilisatoren: laterales Seitenband, M.

vastus medialis und M. biceps femoris

· Zentrale Stabilisatoren: Kreuz- und Seitenbänder sowie Menisken (EINSING- BACH 1986).

Der M. quadriceps femoris wird vom M. tensor fascia latae unterstützt. Seine vier Anteile vereinigen sich zum Lig. patellae, setzen an der Tuberositas tibiae an uns stabilisieren mit den Retinacula das Kniegelenk. Das Retinaculum patellae mediale entwickelt sich aus den Fasern des M. vastus lateralis und des M. rectus femoris. Die Kniestabilität hängt also vom M. quadriceps entscheidend ab. Fällt dieser Muskel,

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fenen Bein unmöglich.

Abb. 2 : Muskeln des Oberschenkels Abb. 3 : Muskeln des Oberschenkels von vorn von hinten

*Pes anserinus

Abb. 4 : Muskel des Unterschenkels von hinten

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3.1.3 Die Anatomie und Biologie des vorderen Kreuzbandes

Das Verstehen der strukturellen Eigenschaften des intakten vorderen Kreuzbandes ist wichtig, denn das Transplantat sollte vergleichbare Eigenschaften besitzen.

Die Kreuzbänder sind zentral im Gelenk im Bereich der Area intercondylaris unterge- bracht. Das vordere Kreuzband ist an der Tibia an der Area intercondylaris anterior und längs der medialen Tibiafläche fixiert. Vorne wird es von dem Cornu anterius des medialen Meniskus, hinten vom Vorderhorn des lateralen Meniskus begrenzt. Das Band zieht nach schräg oben, lateral und nach hinten zur medialen Fläche des late- ralen Femurkondylus. Es inseriert dort im hinteren Kondylenbereich unmittelbar an der Knorpel– Knochengrenze. Das vordere Kreuzband liegt an dar Tibia ganz vorn, am Femur ganz außen. Es können drei Bandpartien unterschieden werden:

- Ein anteromedialesBündel weist die längsten Fasern auf. Bei Einblick in das Gelenk von vorn wird es als erstes sichtbar.

- Ein posterolaterales Bündel wird vom oben genannten überdeckt; bei partiel- len Bandrupturen bleibt es meist intakt.

- Ein intermediäres Bündel.

Insgesamt ist das Band in sich torquiert; Faserbündel, die an der Tibia vorn entsprin- gen inserieren distal und vorn am Femur. Faserbündel, die an der Tibia hinten ent- springen, inserieren proximal am Femur (ARNOCZKY et al.1977, ARNOCZKY et al.1993, FURMAN et al.1976, GIRGIS et al.1975). Die Fasern des Bandes haben unterschiedliche Länge. Nach BONNEL sind sie 1,85 bis 3,35 cm lang.

Neuere Studien, welche an jungen Leichenknien durchgeführt wurden zeigten eine ultimative Reißkraft und Festigkeit des menschlichen Femur-VKB-Tibia Komplexes von 2160±157 N bzw. 242 ±28 N/mm (WOO et al.1991). Dieses intraartikuläre Band ist der hauptsächliche Hemmer der anterior-tibialen Translation (BUTLER et al.1980, FUKUBAYASHI et al.1982, MARKOLF et al.1976).

Wie schon erwähnt, besitzt das VKB viele faszikuläre Untereinheiten (DODDS et al.1994, NEURATH et al.1992, STROCCHI et al.1992) mit großen funktionellen Bän- dern (AMIS et al.1991, BLANKEVOORT et al.1991, BUTLER et al..1989GRAHAM et al.1991), welche selektiv während Zugbelastungen rekrutiert werden (TAKAI et al.1993). Ein anatomischer Faktor der diese Faserrekrutierung verursacht ist die spezifische Lokalisation der Insertionen des vorderen Kreuzbandes am Femur und an der Tibia (ARNOCZKY et al.1993). Verschiedene Komponenten des VKBs schei- nen an unterschiedlichen Stellen im Bereich der Insertionsstellen an jedem Knochen befestigt zu sein. Sie verursachen die selektive Rekrutierung der Fasern während der Kniebewegung. Die femorale Befestigung scheint entscheidend für die Rekrutierung zu sein (ARNOCZKY et al.1993). Ein zweiter anatomischer Faktor, der die Faserre- krutierung beeinflusst bezieht sich auf die interne Architektur des Ligamentes. Ma- kroskopisch scheinen sich einzelne Fasern des VKBs während der Kniebewegung in ihrer Länge nicht zu verändern. Histologisch gesehen jedoch, ändern die Fasern ihre Länge wenn sie während Spannung rekrutiert werden. Dies müssen sie während der Kniebewegung tun (AMIS et al.1991, BEYNNON et al.1993). Fasern tun dies durch Streckung und es ist anzunehmen, dass bisher unbekannte Interaktionen eine Rolle spielen. Vom operativen Standpunkt aus, implizieren diese Fakten, dass eine Wie- derherstellung von normaler Lokation, Gestalt und Geometrie der Fasern und Inser-

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erhöhen (AMIS et al.1991, ARNOCZKY et al.1993).

Histologisch ist das vordere Kreuzband komplex aufgebaut (HAUT et al.1993). Seine solide Struktur bildet primär fibröses Kollagen. Ferner enthält es viele andere viskoe- lastische Elemente, inklusive Wasser (AMIEL et al.1990, MCDEVITT et al.1993). Das normale VKB enthält außerdem Blutgefäße (ARNOCZKY et al.1993), Nerven und Fibroblasten (AMIEL et al.1991, LYON et al.1991, NAGINENI et al.1992).

Abb. 5 : Das vordere Kreuzband (CREAGER 1992)

3.1.4 Die Funktion des Kniegelenkes

Das Kniegelenk funktioniert innerhalb des extrem komplexen und interaktivem neu- romuskulärem Systems (JOHANSSON et al.1991, WOJTYS et al.1994). Bewusste Entscheidungen beeinflussen häufig ein individuelles Ausüben von substantiellem Stress auf das Knie. Neuromuskuläre Koordination beeinflusst ebenfalls die Kräfte auf das Knie und seine Komponenten, inklusive des vorderen Kreuzbandes. Das vordere Kreuzband funktioniert demzufolge als ein Komponent innerhalb eines ex- tensiven und dynamischen Systems. Im Kontext mit dem Knie selber, funktioniert das vordere Kreuzband gemeinsam mit allen anderen anatomischen Strukturen im und um das Gelenk, um Bewegungen zu kontrollieren und zu limitieren und ein statisches und dynamisches Gleichgewicht aufrechtzuerhalten (AHMED et al.1992, HAIMES et al.1994, MARKOLF et al.1993, SHAPIRO et al.1991, SHOEMAKER et al.1993, WA- SCHER et al.1993). Aufgrund der Tatsache, dass das VKB Belastungen mit musku- lären Einheiten und anderen Bändern teilt, ist anzunehmen dass diese Strukturen sich gegenseitig in ihren Funktionen direkt beeinflussen.

Einige Strukturen im Knie komplementieren die Funktion mehr als andere; diese werden als sekundäre Stabilisatoren bezeichnet. Die Strukturen der posteriolateralen Seite des Knies (MARKOLF et al.1993, TERRY et al.1993, WROBLE et al.1993) bei- spielsweise dienen zur Kontrolle der anterior tibialen Translation und der anteriolate- ralen tibialen Rotation bezüglich des Femurs. Die Hauptfunktionen anderer Struktu- ren, wie das mediale Seitenband und der posteriormediale Aspekt der Kapsel, unter- scheiden sich von denen des VKBs, aber ergänzen sie sekundär durch die Kontrolle der anterioren Translation an der medialen Seite des Gelenkes. Ähnlich funktionieren die Hamstringmuskeln. Zusätzlich zu ihrer Funktion als Knieflexoren, wirken sie un- terstützend indem sie einer anteriortibialen Translation entgegenwirken. Diese Bei- spiele zeigen, wie verschiedene normale Strukturen innerhalb und außerhalb des Kniegelenkes die Fähigkeit haben, das Kniegelenk zu unterstützen und gegenseitig zu kompensieren. Ferner ist es diesen Strukturen möglich sich so anzupassen, dass unter Umständen weitere Funktionen des vorderen Kreuzbandes übernommen wer- den können. Diese Kompensationsmechanismen erklären, warum einige Patienten

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