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Gegenwärtig wird nach der Ruptur des vorderen Kreuzbandes vorwiegend eine Re-konstruktion unter Verwendung der Patellarsehne oder der Semitendinosussehne vorgenommen. Zielstellung der vorliegenden Arbeit war es festzustellen, ob es Un-terschiede bzw. Vorteile der einen oder anderen Methoden in den Ergebnisse der beiden Rekonstruktionsverfahren gibt. Es wurden neurophysiologische und biome-chanische Aspekte näher untersucht.

In der Literatur existieren wenig kritische Daten, die die Ergebnisse nach Operation und Rehabilitation miteinander vergleichen. Ergebnis-Studien und Vergleiche von VKB-Rekonstruktionen beinhalteten einfache Einschätzungen einer bestimmten Technik und Vergleiche einer chirurgischen Technik mit einer anderen.

Diese erwähnten Studien beinhalteten Patienten mit weiteren Verletzungen wie Me-niskusrupturen, Knorpelläsionen und anderen Bandverletzungen, sowie Patienten mit einer wiederholten VKB-Rekonstruktion. Ferner müssen die verschiedenen Operati-onstechniken in diesen Vergleichen beachtet werden. Aus diesem Grund ist es schwierig diese Ergebnisse zu interpretieren.

Charakteristisch für diese Studien ist es, dass die Resultate überwiegend in unfunk-tionellen, passiven Situationen, an entspannten, liegenden Patienten überprüft wer-den. Die Übertragbarkeit von passiven Stabilitätstest auf die funktionelle Stabilität des Gelenkes ist fraglich. Des Weiteren wird zur Einschätzung der Funktionsfähigkeit eines Gelenksystems auch teilstandardisierte Scores, wie z.B. der Lysholm-Score, der Tegner-Score oder IKDC-Score verwendet, mit denen versucht wird, Funktions-einschränkungen in Alltag und Sport zu erfragen.

Alle diese Untersuchungsverfahren können nur wenige Informationen zur Funktion des neuromuskulären Systems in alltäglichen oder sportlichen Belastungssituationen liefern. Voraussetzung für eine umfassende Beurteilung der Kniefunktion muss, dies zeigten zahlreiche Untersuchungen, neben der Erfassung klinischer und subjektiver Parameter, die Verwendung von Test- und Trainingsverfahren sein, die die Funktio-nen des aktiven und passiven Bewegungsapparates während der Aktion dieser Sy-steme zeigen, also in dynamischen Belastungssituationen.

Es lassen sich in der Literatur keine vergleichenden Untersuchungen finden, bei de-nen an Patienten nach VKB-Rekonstruktion mit Patellarsehne oder Semitendinosus-sehne gezielt funktionelle Tests durchgeführt worden sind mit gleichzeitiger Erhe-bung neuromuskulärer Parameter. Aus diesen Gründen wurde eine Testbatterie ein-gesetzt, die die funktionelle Kapazität messen sollte.

Die Studie vergleicht die klinischen Resultate einer Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes mit dem mittleren Drittel der Patellarsehne und dem vierfachen Semi-tendinosussehnentransplantat. Der einzige Unterschied zwischen beiden Gruppen sollte der Transplantattyp sein. Aus diesem Grund wurden folgende Kriterien bei der Auswahl der Patienten aufgestellt :

:

1. Alle Patienten hatten eine isolierte VKB-Verletzung. Patenten mit Begleit-verletzungen wurden ausgeschlossen.

2. Die Operationstechnik war in beiden Gruppen identisch und wurde von ei-nem Operateur durchgeführt.

3. Die Patientengruppen sind vergleichbar hinsichtlich Alter, Geschlecht, Ak-tivitätslevel und Operationsindikation.

4. Alle Patienten führten ein Rehabilitationsprogramm durch, dass hinsichtlich Dauer und Prinzipien identisch war.

Die erste Versuchsgruppe (n=15) setzte sich aus Personen mit rekonstruiertem VKB zusammen, bei denen das mittlere Drittel der Patellarsehne als Transplantat verwen-det wurde.

Bei der zweiten Gruppe (n=15) wurde als VKB-Transplantat die Semitendinosusseh-ne (Quadrupeltechnik) gewählt. Gesunde Probanden ohSemitendinosusseh-ne Verletzung der unteren Extremität dienten als Kontrollgruppe (n=10).

Bei allen Patienten lag die VKB-Rekonstruktion ca. 2 Jahre zurück. Die Fragestellun-gen der Arbeit beziehen sich auf neurophysiologische und biomechanischen Aspekte des Kraft- und Bewegungsverhaltens.

Es wurden folgende Tests durchgeführt :

§ Subjektive Beurteilung der Symptome und der Funktionsfähigkeit (Lysholm- und Tegner-Score)

§ Umfangsmessungen des Oberschenkels

§ Maximalkrafttest

§ Dynamische Tests: Beid- und einbeinige Sprünge, Squat (mehrgelenkige Kniebeuge)

§ Ganganalyse

Der multiparametrische Messbau beinhaltete kinematische (Goniometrie), kinetische (Kraft, Bodenreaktionskraft), anthropometrische (Körpermasse) und neuromuskuläre (Elektromyographie) Parameter.

Die wichtigsten Ergebnisse lauten :

§ Sowohl die Patienten der Patellargruppe, als auch die der Semitendinosus-gruppe erreichten nicht wieder den präoperativen Aktivitätslevel.

§ Die Patienten beider Gruppen erreichten einen hohen Lysholm-Score von 90,4 (Patellargr.) und 88 (Semitend.gr.).

§ Die Patienten der Patellargruppe waren stärker von einer Atrophie des Ober-schenkels betroffen als die der Semitend.gruppe.

§ Die Maximalkraftmessung des M. quadriceps fem. und der Hamstrings ergab bei den Patienten der Patellargruppe keine Unterschiede. Die Kraft der Ham-strings auf der betr. Seite bei der Semitend.gruppe war signifikant geringer.

§ Beim beidbeinigen Sprung zeigte sich ein geringerer Landungswinkel des betr. Beines der Patellargruppe.

§ Die Stabilisationszeitpunkte und – winkel unterschieden sich nicht.

§ Beim einbeinigen Sprung ergaben sich keine Unterschiede hinsichtlich der Zeitpunkte Absprung bis Erstkontakt und der Stabilisationszeitpunkte.

§ Das betroffene Bein der Patellargruppe zeigte eine reduzierte Absprungkraft.

onswinkel.

§ Einen grösseren Absprungwinkel auf der betroffenen Seite ergab sich bei den Patienten der Semitendinosusgruppe.

§ Beim beidbeinigen und beim einbeinigen Sprung demonstrierte der M. vast.

med. bei allen Probanden vom Erstkontakt bis zur Stabilisation die höchste Aktivität. Beim Vergleich zwischen betr. und nicht betr. Bein ergaben sich kei-ne Unterschiede.

§ Die Muskelaktivität der Hamstrings des betr. und nicht betr. Beines war bei den Patienten der Semitend.gruppe signifikant am höchsten, gefolgt von der Patellargruppe und der Kontrollgruppe. Dies zeigte sich bei beiden Sprung-tests.

§ Beim Squat demonstrierten alle drei Gruppen die höchsten Muskelaktivitäten des M. vast. med., M. vast. lat. und des M. rectus fem. in der konzentrischen, aufsteigenden Phase (90-00). Die Hamstringsaktivität aller drei Gruppen än-derte sich während der einzelnen Kniewinkelabschnitte kaum.

§ Beim Vergleich der betr. mit der nicht betr. Seite zeigte die Hamstringsaktivität des betroffenen Beines bei beiden Patientengruppen eine erhöhte Aktivität.

§ Die Auswertungen der bei den Squats auftretenden Vertikalkräfte ergaben, dass alle Probanden der drei Gruppen beide Beine gleichmässig belasteten.

§ Für eine Asymmetrie des Gangbildes bei den Probanden der Patellargruppe spricht die Tatsache, dass das betroffene Bein das erste Kraftmaximum (V1) erst später erreicht und dass der Schritt des betroffenen Beines hochsignifi-kant kürzer ist. Diese Asymmetrien zeigten die Patienten der Semitendinosus-gruppe nicht.

Die Ergebnisse zeigen, dass noch zwei Jahre postoperativ bei den Patienten nach VKB-Rekonstruktion mit dem mittleren Drittel der Patellarsehne und dem vierfachen Semitendinosussehnentransplantat deutliche Veränderungen der neu-romuskulären Funktion des Kniegelenks feststellbar sind, die mit klinischen Un-tersuchungen oder der Verwendung von Funktionsscores nicht aufgedeckt wer-den konnten. Diese Veränderungen sind nicht als Defizite, sondern als sinnvolle Kompensationsmechanismen anzusehen. Unterschiede im Kraftverhalten und im Gangbild lassen auf einen nicht ausreichenden Trainingszustand schliessen.

Eindeutige Vorteile für eine der beiden Operationstechniken konnten nicht festge-stellt werden.