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Langzeitergebnisse nach Tibiaplateau Leveling Osteotomie zur Behandlung der Ruptur des Ligamentum cruciatum craniale beim Hund

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Academic year: 2022

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Langzeitergebnisse nach Tibiaplateau Leveling Osteotomie

zur Behandlung der Ruptur des Ligamentum cruciatum craniale beim Hund - retrospektive Erhebungen bei 93 Fällen -

INAUGURAL-DISSERTATION Zur Erlangung des Grades einer DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN

- Doctor medicinae veterinariae - (Dr. med.vet.)

vorgelegt von Katja Pfeil

Wolfen

Hannover 2015

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Wissenschaftliche Betreuung: 1. Prof. Dr. M. Fehr Klinik für Kleintiere Bünteweg 9 30559 Hannover

1. Gutachter: Prof. Dr. med.vet. Michael Fehr

2. Gutachter: Prof. Dr. med. vet. Christiane Pfarrer

Tag der mündlichen Prüfung: 04.05.2015

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Meiner Familie

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INHALTSVERZEICHNIS

A EINLEITUNG ... 1

B LITERATURÜBERSICHT ... 2

1 ANATOMIE DES KNIEGELENKES (ART. GENUS) ... 2

1.1 KNÖCHERNE STRUKTUREN ... 2

1.1.1 OBERSCHENKELBEIN (OS FEMORIS)... 2

1.1.2 SCHIENBEIN (OS TIBIAE) ... 2

1.1.3 WADENBEIN (OS FIBULAE) ... 3

1.1.4 SESAMBEINE (OSSA SESAMOIDEA) ... 3

1.2 KNIEGELENK (ART. GENUS) ... 3

1.2.1 DAS KNIEKEHLGELENK (ARTICULATIO FEMOROTIBIALIS) ... 3

1.2.2 DAS KNIESCHEIBENGELENK (ARTICULATIO FEMOROPATELLARIS) ... 4

1.3 BÄNDER DES KNIEGELENKES ... 4

1.3.1 BÄNDER DES KNIEKEHLGELENKES ... 4

1.3.2 BÄNDER DES KNIESCHEIBENGELENKES ... 5

1.3.3 KREUZBÄNDER ... 6

1.4 DIE MENISKEN (MENISCI ARTICULARES) ... 8

1.5 KNIEGELENKKAPSEL (CAPSULA ARTICULARIS) ... 9

1.6 BLUTVERSORGUNG DES KNIEGELENKES ... 10

1.7 INNERVATION DES KNIEGELENKES ... 10

1.8 PROPRIOZEPTION ... 11

1.9 MUSKELN DES KNIEGELENKES ... 13

2 BIOMECHANIK DES KNIEGELENKES ... 16

2.1 ROLL-GLEIT-BEWEGUNG UND ROTATION DES KNIEGELENKES ... 16

2.2 GESCHLOSSENE GEKREUZTE VIERGELENKKETTE ... 17

2.3 BELASTUNG DER KREUZBÄNDER ... 18

2.4 „PASSIVES UND „AKTIVESMODELL DER KNIEGELENKSBIOMECHANIK ... 19

2.5 KRÄFTE DES KNIEGELENKES ... 19

2.6 TIBIALE KRANIALBEWEGUNG (SYN.: CRANIAL DRAWER SIGN) ... 20

2.7 BIOMECHANIK BEI INSUFFIZIENZ DES VORDEREN KREUZBANDES ... 21

3 RUPTUR DES VORDEREN KREUZBANDES ... 22

3.1 SYMPTOMATIK DER KREUZBANDRUPTUR ... 22

3.2 DIAGNOSE DER KREUZBANDRUPTUR ... 23

3.3 RÖNTGENDIAGNOSTIK ... 27

3.4 THERAPIE DES VORDEREN KREUZBANDRISSES ... 30

3.5 KOMPLIKATIONEN NACH TPLO ... 33

3.6 RESULTATE NACH TPLO... 37

3.7 REHABILITATION ... 38

4 MENISKOPATHIE ... 40

4.1 ÄTIOLOGIE UND PATHOGENESE ... 40

4.2 KLASSIFIKATION DER MENISKOPATHIEN ... 41

4.3 DIAGNOSE UND THERAPIE DER MENISKOPATHIEN ... 42

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5 ARTHROPATHIA DEFORMANS ( SYN.: DJD, SYN.: OSTEOARTHROSE) ... 45

6 ACHSENKORREKTUR (SYN.: LIMB ALIGNMENT) ... 49

C EIGENE UNTERSUCHUNGEN ... 52

1 UNTERSUCHUNGSMATERIAL ... 52

1.1 HÄUFIGKEIT ... 52

1.2 RASSENVERTEILUNG ... 52

1.3 ALTERSVERTEILUNG ... 53

1.4 GESCHLECHTSVERTEILUNG ... 53

1.5 KÖRPERGEWICHTSVERTEILUNG ... 53

1.6 SEITENVERTEILUNG ... 53

1.7 UNI- UND BILATERAL OPERIERTE HUNDE ... 53

2 UNTERSUCHUNGSMETHODE ... 53

2.1 VORBERICHT ... 53

2.1.1 URSACHE ... 53

2.1.2 DAUER DER LAHMHEIT VOR DER TPLO ... 54

2.1.3 BEGINN DER LAHMHEIT ... 54

2.1.4 FRÜHERE ERKRANKUNGEN ... 54

2.2 KLINISCHE UND ORTHOPÄDISCHE UNTERSUCHUNG... 54

2.3 RÖNTGENUNTERSUCHUNG ... 54

3 OPERATIONSMETHODE ... 54

3.1 NARKOSE ... 54

3.2 TPLO ... 55

3.3 NACHBEHANDLUNG ... 57

4 BEURTEILUNGSKRITERIEN... 58

4.1 BESITZERBEFRAGUNG ... 58

4.2 KLINISCH-ORTHOPÄDISCHE NACHUNTERSUCHUNG ... 58

4.3 RÖNTGENOLOGISCHE BEURTEILUNGSKRITERIEN ... 59

4.3.1 NEIGUNGSWINKEL DES TIBIAPLATEAUS ... 59

4.3.2 ARTHROSEGRAD ... 59

4.3.3 OSTEOPHYTENKONFORMATION... 61

4.3.4 POSITIONIERUNG UND GRÖßE DES SÄGEBLATTES (S) ... 62

4.3.5 KOMPRESSION DES SÄGESPALTES ... 62

4.3.6 SCHWENKACHSE ... 63

4.3.7 BOHRLOCH ... 63

4.3.8 DICKE DES LIG.PATELLA ... 63

4.4 STATISTIK ... 63

5 ERGEBNISSE ... 63

5.1 BESITZERBEFRAGUNG ... 63

5.2 FUNKTIONELLE ERGEBNISSE ... 64

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5.3 RÖNTGENOLOGISCHE RESULTATE ... 64

5.3.1 NEIGUNGSWINKEL DES TIBIAPLATEAUS PRAE OPERATIONEM... 64

5.3.2 TPS POST OPERATIONEM UND ZUM NACHUNTERSUCHUNGSZEITPUNKT ... 65

5.3.3 ARTHROSEN ... 66

5.3.4 ARTHROSEAUSMAß AN DEN 16KNOCHENPUNKTEN ... 76

5.3.5 DICKE DES LIGAMENTUM PATELLAE ... 78

5.3.6 ABSTAND DES FIBULAKOPFES ZUM TIBIAPLATEAU ... 78

5.4 KOMPLIKATIONEN ... 78

5.5 SONSTIGER BEFUND ... 78

D DISKUSSION ... 80

E ZUSAMMENFASSUNG ... 93

F SUMMARY ... 95

H ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... 116

I ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... 118

J TABELLENVERZEICHNIS ... 119

K ANHANG ... 120

BEISPIELE FÜR RADIOLOGISCHE VERLAUFSKONTROLLEN ... 120

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1 A EINLEITUNG

Die Ruptur des Ligamentums cruciatum craniale stellt die häufigste Lahmheitsursache bei Verletzungen der Hintergliedmaße des Hundes dar.

Ausgangspunkt der Therapie sind die zunehmenden Diskussionen über die Ätiologie der Kreuzbandruptur. Man geht heute davon aus, dass sowohl der Tibiaplateauwinkel als auch die Gliedmaßenfehlstellung maßgeblich zur Ruptur des kranialen Kreuzbandes beitragen.

Die Tibia Plateau Leveling Osteotomie (TPLO) zählt zu den biomechanischen Operationsmethoden der Kreuzbandchirurgie. Im Gegensatz zu den konventionellen Operationstechniken, die auf der Wiederherstellung der Rückhaltefunktion des kranialen Kreuzbandes beruhen, ist das Ziel der TPLO die Neutralisation der infolge Ruptur des Ligamentum cruciatum craniale im Kniegelenk veränderten biomechanischen Kräfte.

Ziel der vorliegenden retrospektiven Studie ist die Darstellung der Langzeitergebnisse nach TPLO mit besonderem Schwerpunkt auf die Sekundärarthrosen.

Es wurden 93 Kniegelenke klinisch-orthopädisch und röntgenologisch untersucht. Neben dem prä- und postoperativen Untersuchungszeitpunkt lag der Zeitpunkt der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Kontrolluntersuchung zwischen 13 und 80 Monaten postoperativ.

Ergänzend wurde zum Zeitpunkt der Untersuchung eine Befragung der Besitzer mittels eines Fragebogens durchgeführt.

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2 B LITERATURÜBERSICHT

1 Anatomie des Kniegelenkes (Art. genus)

Die Ausführungen zur makroskopischen und funktionellen Anatomie basieren im Wesentlichen auf den Werken folgender Autoren: KÖNIG u. LIEBICH 1999, NICKEL, SCHUMMER u. SEIFERLE 1992, DYCE, SACK u. WENSING 1991, VASSEUR 2003 sowie CARPENTER Jr. u. COOPER 2000.

Darüber hinaus einbezogene Arbeiten sind im Text gesondert angegeben.

1.1 Knöcherne Strukturen

1.1.1 Oberschenkelbein (Os femoris)

Das Oberschenkelbein ist der stärkste Knochen des Skeletts. Sein proximales Endstück wird gebildet durch den halbkugeligen Gelenkkopf (Caput ossis femoris), der sich durch ein deutliches Collum vom Corpus absetzt, sowie durch den Trochanter major et minor. Am stehenden Tier weist der Femur in Artikulation mit dem Os coxae eine Winkelstellung von durchschnittlich 100 Grad auf. Durch die kaudodistal abgebogenen Gelenkknorren (Condylus lateralis et medialis) des distalen Endstückes erscheinen die Femurkondylen in einer Art Nockenform, wobei der laterale Kondylus stärker ausgebildet ist als der mediale. Der axiale Anteil der Femurkondylen artikuliert mit dem Tibiaplateau, und der abaxiale Anteil der Kondylen artikuliert mit den Menisken. Die Fossa intercondylaris trennt beide Femurkondylen. Sie weist in ihrer Ausbildung eine glockenförmige kraniale und eine kaudale Auslassung auf. Letztere ist gekennzeichnet durch eine große Anzahl von Erhabenheiten und Vertiefungen sowie Gefäßlöchern und bietet dem kranialen Kreuzband Ansatz. Des Weiteren ist an der Ausprägung der Fossa intercondylaris der kaudale Bogen, der die intercondylare Wand in ein glattes kraniales Drittel und einen rauen kaudalen Anteil teilt, beteiligt. Die Fossa intercondylaris ist von proximolateral nach distomedial um sieben Grad geneigt.

Kranioproximal der Femurkondylen gelegen, befinden sich jeweils der laterale und der mediale Epikondylus, deren raue Vorsprünge Ansatzpunkte für das mediale und das laterale Kollateralband sowie den M. popliteus beherbergen. Kaudal der Femurkondylen befinden sich die Facetten zur Artikulation der Fabellae mit dem Oberschenkelbein. Proximal der beschriebenen Facetten hat der M. gastrocnemius seinen Ursprung in der medialen Tuberositas supracondylaris, wohingegen der M. flexor superficialis digitalis seinen Ursprung an der lateralen Tuberositas hat. Letztere ist weiter proximal als die mediale Tuberositas gelegen.

1.1.2 Schienbein (Os tibiae)

Das flache proximale Endstück der Tibia bildet sich aus dem lateralen und dem medialen Schienbeinknorren, die durch den Kniekehlausschnitt (Inc. poplitea) getrennt sind. Das proximale Endstück ist beteiligt an der Bildung des inkongruenten Kniekehlgelenkes.

Zwischen dem Condylus lateralis et medialis erhebt sich der Zwischenknorrenfortsatz (Eminentia intercondylaris), welcher seinerseits durch die Area intercondylaris centralis in das Tuberculum intercondylare laterale et mediale geteilt wird. Sowohl der mediale Kondylus mit seiner ovalen Form als auch der abgerundete laterale Kondylus weisen in der Transversalen eine konkave und in der Sagittalebene eine konvexe Form auf. Beide Kondylen fallen nach kaudal mit einem Winkel von cirka 23 Grad ab. Der Zwischenknorrenfortsatz wird weiter umlagert von den Areae intercondylares craniales sowie der Area intercondylaris caudalis.

Zusätzlich befindet sich am lateralen Kondylus zur Artikulation mit der Fibula die Facies articularis fibularis. Das proximale Endstück der Tibia geht nach distal über das Corpus tibiae in das distale Endstück der Tibia mit der zweigeteilten Gelenkschraube (Cochlea tibiae) über.

Charakteristisch für das Corpus tibiae ist die proximale Verdickung des Margo cranialis zur Tuberositas tibiae.

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3 1.1.3 Wadenbein (Os fibulae)

Das schwächere Wadenbein liegt der Tibia lateral an und erreicht mit seinem proximalen Endstück das Oberschenkelbein nicht. Der durch den Wadenbeinhals (Collum fibulae) abgesetzte Wadenbeinkopf (Caput fibulae) artikuliert über die Facies articularis capitis gelenkig mit der Tibia. Das Corpus fibulae geht distal in den Malleolus lateralis über. Dieser artikuliert über die Facies articularis malleoli mit der Tibia. Der dünne Fibulaknochen nimmt im Gegensatz zur Tibia nur geringgradig Last auf. Seine Hauptfunktion liegt in der Bereitstellung von Insertionspunkten für die umgebende Muskulatur, Bänder und Sehnen.

1.1.4 Sesambeine (Ossa sesamoidea)

Die ovale Patella ist das größte Sesambein und stellt anatomisch eine Ossifikation der Insertionssehne des M. quadriceps femoris dar. Strukturell unterscheidet man die femurseitige Gelenkfläche (Facies articularis) und die unter der Haut gelegene Facies cranialis. Sowohl die distale Apex patellae als auch die proximale Basis patellae dienen als Insertionspunkt für Muskeln des Kniegelenkes. Die in die Fascia femoralis ziehenden Flügelknorpel der Patella dienen der Artikulation dieser in den Trochleakämmen des Femurs. Die Fascia lata in Kombination mit dem Lig. femoropatellaris hält die Patella in ihrer Position innerhalb der Trochlea. Das Ligamentum patellae stellt dabei die von der Apex patellae zur Tuberositas tibiae ziehende Sehne dar. Die Patellarsehne entsendet Fasern durch den infrapatellaren Fettkörpers in die Synovialmembran. Durch die Einlagerung des infrapatellaren Fettkörpers wird die Membrana synovialis von der Membrana fibrosa der Gelenkkapsel getrennt. An der tibialen Insertionsstelle des Ligamentes befindet sich eine Bursa. Funktionell ist die Patella am Extensormechanismus beteiligt und dirigiert die Richtung des M. quadriceps. Des Weiteren hat die Patella eine Schutzfunktion und dient der Vergrößerung der Gleitfläche der Endsehne.

Neben der Patella existieren noch drei weitere Sesambeine im Kniegelenk des Hundes. Die beiden Fabellae befinden sich jeweils in der Ursprungssehne des M. gastrocnemius in Höhe der Facetten des distalen Femurs. Das in der Ursprungssehne des M. popliteus lokalisierte Sesambein artikuliert mit dem kaudalen Anteil des lateralen Kondylus der Tibia. Letzteres ist das kleinste der beschriebenen Sesambeine und ist teilweise doppelt angelegt. Generell können die Fabellae geteilt, fehlend oder anatomisch an anderer Stelle platziert sein.

1.2 Kniegelenk (Art. genus)

Das beim stehenden Tier angewinkelte Kniegelenk setzt sich zusammen aus dem primär gewichtstragenden Kniekehlgelenk (Articulatio femorotibialis) und dem Kniescheibengelenk (Articulatio femoropatellaris). Infolge der ungleichen Proportionen zwischen der Gelenkfläche der Tibia und den Femurkondylen ist über den gesamten Bewegungsradius des Gelenkes lediglich eine Roll- und Gleitbewegung zwischen den Gelenkflächen möglich.

Neben der Beugung und Streckung erlaubt die Anatomie des Gelenkes im Weiteren die Innen- und Außenrotation von Tibia und Femur zueinander. In vollständiger Flexion des Kniegelenkes erreicht der intraartikuläre Druck seine höchste Amplitude, wohingegen der niedrigste Druck in der Position von 80 bis 120 Grad gemessen wurde (NADE u. NEWBOLD 1983). Die proximale Verbindung zwischen Schien- und Wadenbein wird durch das Articulatio tibiofibularis proximalis realisiert. Durch seine enge Gelenkkapsel ist es ein straffes Gelenk, das keine Bewegung erlaubt.

1.2.1 Das Kniekehlgelenk (Articulatio femorotibialis)

Das Kniekehlgelenk ist sowohl ein Spiralgelenk als auch ein inkongruentes und unvollkommenes Wechselgelenk.

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4 Die Unvollkommenheit manifestiert sich infolge der Verschiebbarkeit der Menisken. Dadurch sind neben Streck- und Beugebewegungen zusätzlich Rotationsbewegungen möglich.

RIEGERT (2004) führt, verweisend auf die Literatur, eine maximal mögliche Beugung und Streckung des Gelenkes mit 90 bis 130 Grad an, wobei MULLER u. de RUIJTER (1998) auf eine maximale Flexion des Kniegelenkes von 170 bis 180 Grad hinweisen. Dementsprechend befinden sich die Längsachsen von Femur und Tibia nie auf einer Geraden. Die funktionelle Artikulation von Femur und Tibia erfolgt über die Kondylen des Os femoris mit der entsprechenden Facies articularis proximalis der Tibia. Der Drehpunkt des Gelenkes befindet sich im Zentrum der Femurkondylen. Anatomisch überlagert sich der funktionelle Drehpunkt mit dem Ansatzpunkt der Seitenbänder in der Drehachse. Die Seitenbänder überbrücken in der mittleren Stellung des Gelenkes den mittleren Radius der Kondylenspirale. In Beuge- oder Streckstellung muss ein größerer Radius überbrückt werden, woraus eine physiologische Bremswirkung auf das Kniegelenk resultiert. Infolge der beschriebenen Nockenform der Kondylen des Femurs bewegen sich diese während der Beugung des Gelenkes nach kaudal. In der Streckbewegung bewegen sich die Femurkondylen relativ zum Tibiaplateau nach kranial.

Schlussfolgernd beschreibt das Gelenk eine Roll- und Gleitbewegung.

1.2.2 Das Kniescheibengelenk (Articulatio femoropatellaris)

Die Bewegung dieses Schlittengelenkes steht funktionell im Zusammenhang mit der Bewegung des Kniekehlgelenkes. Es artikulieren die Trochlea ossis femoris und die Patella.

1.3 Bänder des Kniegelenkes

Das Kniegelenk umfasst in seiner Gesamtheit 15 Bänder. Entsprechend SOLOMONOW u.

KROGSGAARD (2001) sind die Bänder die Halteorgane jedes Gelenkes. Als passive viskoelastische Strukturen sind sie mitverantwortlich für die Gelenkstabilität, wobei sich letztere vielmehr aus der synergistischen Funktion der Knochen, Bänder, Muskeln, Sehnen und der Gelenkkapsel sowie den sensorischen Rezeptoren und deren spinaler und neuronaler Projektion und Verbindung ergibt.

1.3.1 Bänder des Kniekehlgelenkes

Zu den Bändern des Kniekehlgelenkes zählen neben den Kreuzbändern die Seitenbänder des Kniegelenkes. Erstere werden an anderer Stelle separat besprochen.

Das laterale Kollateralband (Lig. collaterale laterale) besteht aus einer oberflächlichen und einer tiefen Komponente. Ursprung beider Anteile sind der laterale Epikondylus des Femurs sowie Anteile des lateralen Lig. femoropatellare. Der tiefe Anteil inseriert am Fibulakopf. Der oberflächliche Anteil hingegen verschmilzt flächig mit der Faszie des M. fibularis longus.

KOCH u. WAIBL (1999) beschreiben den oberflächlichen Anteil als separate Struktur, die über dem lateralen Kollateralband aus der Faszie entspringt, den tiefen Anteil des Kollateralbandes senkrecht in distaler Richtung kreuzt und in die Faszie des M. fibularis longus einstrahlt. Ursprung und Ansatz der Fasern liegen außerhalb der Ideallinie und stellen funktionelle Ergänzungen des Seitenbandes dar (KOCH u. WAIBL 1999). Im Gegensatz zum medialen Kollateralband weist das laterale keine Verbindung zum Meniskus auf. Dennoch besteht eine Verbindung zur Gelenkkapsel durch ein lockeres Bindegewebe. Im gebeugten Kniegelenk ist das Ligament erschlafft und in Falten gelegt, wohingegen es bei Streckung des Kniegelenkes gespannt wird. Infolge der Erschlaffung des Kollateralbandes während der Beugephase des Kniegelenkes ist eine Bewegung des lateralen Femurkondylus nach kaudal möglich. Diesem folgend beschreibt die Tibia eine Innenrotation. Bei anschließender Streckung der Gliedmaße wird das laterale Kollateralband wieder gespannt. Es resultiert eine Außenrotation der Tibia. Der hier beschriebene Mechanismus wird auch als sogenannter

„screw-home-mechanismus“ bezeichnet.

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5 Neben der Rotationsstabilisierung ist entsprechend PAYNE u. CONSTANTINESCU (1993) das laterale Kollateralband primär verantwortlich für die Vermeidung einer Varusstellung des Kniegelenkes.

Das mediale Kollateralband (Lig. collaterale mediale) entspringt mit einer ovalen Insertionsfläche am medialen Epikondylus des Femurs. Es weist eine gut ausgeprägte Verbindung zur Gelenkkapsel und zum medialen Meniskus auf.

Der Ansatzpunkt des medialen Kollateralbandes befindet sich proximomedial an der Tibia.

Charakteristisch ist die zwischen Ligament und Tibia befindliche flüssigkeitsgefüllte Bursa.

Funktion letzterer ist die Verminderung der Reibung sowie die Unterstützung der Kaudalbewegung des Bandes während der Beugung des Kniegelenkes. Das mediale Kollateralband ist im Durchschnitt um 30 Prozent dicker als sein lateraler Partner und besteht ebenso wie das laterale aus zwei Komponenten. Der kaudale Anteil ist in Beugung relaxiert, wohingegen die kraniale Portion sowohl in Streckung als auch in Beugung des Kniegelenkes gespannt ist. Vergleichbar mit dem lateralen Seitenband wird das mediale ebenso durch ein Faserbündel verstärkt, welches im Bereich des medialen Sesambeines entspringt, mit dem Kaudalrand des medialen Seitenbandes verschmilzt und kaudal des Bandes in die Faszie des M. popliteus einstrahlt (KOCH u. WAIBL 1999). Funktion des medialen Seitenbandes ist die Stabilisierung des Wechselgelenkes in Form eines „straffen Zügels“ (KOCH u. WAIBL 1999) Die primäre Funktion beider Kollateralbänder ist die Limitierung der Außenrotation der Tibia sowie die Verminderung der Entstehung von Varus und Valgus. Verantwortlich für die passive Innenrotation der Tibia während der Beugung des Kniegelenkes sind die Asymmetrie der Femurkondylen, die asymmetrische Ausprägung der beiden erschlafften Kollateralbänder sowie die fehlende Verbindung des lateralen Kollateralbandes zum Meniskus. Durch zusätzliche Kontraktion des M. popliteus erfolgt eine aktive Innenrotation der Tibia. Bei gestrecktem Kniegelenk sind beide Kollateralbänder straff gespannt und hemmen die Innenrotation der Tibia relativ zum Femur, wohingegen die Kreuzbänder hier nur eine sekundäre Funktion übernehmen. In Streckung relaxiert des Weiteren der M. popliteus, und die Tibia rotiert passiv nach außen.

Innerhalb des Kniegelenkes sind zwei weitere Sehnen lokalisiert. Die Sehne des M. extensor digitorum longus wird auf einer Länge von drei bis vier Zentimetern von der Synovialmembran umhüllt. Die Sehne des M. popliteus überquert die Gelenkkapsel kaudal des lateralen Kollateralbandes und inseriert am medialen Rand der Tibia.

Eine kaudal in der Gelenkkapsel befindliche Bindegewebsverstärkung wird als schräges Kniekehlband (Lig. popliteum obliquum) bezeichnet. Es zeigt einen von lateroproximal nach kaudodistal verlaufenden Faserverlauf.

1.3.2 Bänder des Kniescheibengelenkes

Beiderseits der Kniescheibe befindet sich als Verstärkung der Faszien die Retinacula patellae. Die Retinacula patellae stellen eine Verbindung zwischen der Sehne des M.

quadriceps femoris sowie der Basis und Seitenfläche der Patella einerseits und dem Distalende des Os femoris und den Tibiakondylen andererseits her und dienen der Fixierung der Kniescheibe in der Trochlea. Sowohl das Lig. femoropatellare laterale als auch das Lig.

femoropatellare mediale werden als Teile des Retinaculum patellae charakterisiert. Das sichtbare Lig. femoropatellare laterale ist dabei kräftiger ausgebildet als das Lig.

femoropatellare mediale. Das laterale Band entspringt am Bandhöcker des Femurs sowie an der Fabella und inseriert am lateralen Winkel der Patella. Das an der Patella entspringende Lig. femoropatellare mediale verschmilzt häufig mit dem femoralen Periost und ist in der Regel nicht von diesem differenzierbar. Ansatzpunkt des Ligamentes ist der mediale Bandhöcker des Femurs sowie die Fabella. Das Lig. patellae stellt die Endsehne des M.

quadriceps femoris dar. In die Endsehne eingelagert ist die Patella.

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6 Zwischen dem Kniescheibenband und der Kniescheibengelenkkapsel befindet sich der Kniefettkörper (Corpus adiposum infrapatellare) sowie proximal der Anheftung der Sehne an die Tibia die Bursa infrapatellaris.

Die gelenkige Verbindung der Articulatio tibiofibularis proximalis wird durch zwei Bänder kranial und kaudal des Fibulakopfes realisiert.

1.3.3 Kreuzbänder

Die Kreuzbänder des Kniegelenkes sind umgeben vom Stratum synoviale der Gelenkkapsel, wobei die Blutversorgung des Stratum synoviale des kaudalen Kreuzbandes optimaler ist als die des kranialen.

Das kraniale Kreuzband liegt vollständig intraartikulär. Das hintere Kreuzband weist am Ansatz an der Tibia Verbindungen zum benachbarten Weichteilgewebe auf. Die Hauptblutversorgung erfolgt von extraossär über ein periligamentöses Netz aus Gefäßen, welches die Kreuzbänder umhüllt. Diese Blutversorgung reagiert empfindlich auf Stress durch Drehung der Kreuzbänder. Die Folge sind Mikroläsionen im Gefäßnetz und eine daraus resultierende Minderversorgung. Physiologisch ist das Zentrum der Kreuzbänder mindervaskularisiert. Sind beide Kreuzbänder intakt, erlauben sie entsprechend den Angaben von ARNOCZKY u. MARSHALL (1977) eine durchschnittliche Innenrotation von sechs Grad sowie eine Außenrotation von fünf Grad bei gestreckter Gliedmaße. Während der Beugung erhöht sich der Rotationswinkel um 19 Grad bei der Innenrotation und um acht Grad im Fall der Außenrotation. Die Limitierung der Innenrotation wird ermöglicht durch die Aufdrehung der Kreuzbänder umeinander (ARNOCZKY 1985). Im Gegensatz zur Innenrotation sind sie nicht strukturiert, um die Außenrotation zu vermindern (ARNOCZKY 1985). In experimentellen Studien konnte gezeigt werden, dass nach der Entfernung der Kollateralbänder eine Außenrotation des Kniegelenkes um 180 Grad möglich ist (ARNOCZKY 1985). ARNOCZKY u. MARSHALL (1977) beschreiben des Weiteren den möglichen Bewegungsradius des Kniegelenkes im Rahmen der Beugung und Streckung. Der durchschnittliche Bewegungswinkel liegt, wenn man von der Intaktheit der anatomischen Strukturen des Kniegelenkes ausgeht, bei 148 Grad. Allein die Durchtrennung des vorderen Kreuzbandes erhöht den Winkel der Extension um 12 Grad, was einer Hyperextension entspricht. Eine Zunahme um 18 Grad ist bei der Durchtrennung beider Bänder zu verzeichnen. Der limitierende Einfluss auf die Beugung wird durch die Kombination beider Bänder realisiert. Im Gegensatz zur Durchtrennung beider Kreuzbänder, die eine Zunahme der Flexion verursacht, führt eine isolierte Ruptur zu keinen Veränderungen in der Bewegung.

1.3.3.1 Lig. cruciatum craniale (L.c.c.)

Das vollständig intraartikulär und lateral des kaudalen Kreuzbandes verlaufende kraniale Kreuzband setzt sich zusammen aus dem größeren kaudolateralen Anteil und dem kleineren kraniomedialen Anteil. ADAMCZYK (2002) beschreibt seine Lage als intrasynovial und extrakapsulär. Der fächerförmige Ursprung des Ligamentes befindet sich in der Fossa intercondylaris kaudolateral am Condylus lateralis des Femurs. Ein Teil der Fasern entspringt des Weiteren im kaudolateralen Bereich der Interkondylarfläche. Zu seiner Ansatzfläche nimmt das Band einen nach kranial, distal und medial gerichteten Verlauf, windet sich dabei spiralig um seine eigene Achse und verschmälert sich in seinem Querschnitt. Die Drehung der Fasern von proximal nach distal erfolgt nach HULSE (2000b) im Winkel von 90 Grad. Die kommaförmige Ansatzfläche befindet sich im Bereich der Area intercondylaris cranialis der Tibia sowie, entsprechend ARNOCZKY u.MARSHALL (1977), kraniolateral des Tuberculum intercondylare mediale. Infolge der Geometrie der beschriebenen femoralen Befestigung sind, abhängig von der Winkelung des Gelenkes, stets einige Anteile des Bandes gedehnt, während andere gespannt sind (FUSS 1991b).

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7 Im Einzelnen bedeutet das, dass der gerade verlaufende kaudolaterale Anteil des Bandes in der Streckstellung gespannt ist, während er bei angewinkelter Gliedmaße erschlafft (FUSS 1991b). Im Gegensatz dazu ist der spiralig verlaufende kraniomediale Anteil sowohl in Beugung als auch in Streckung gespannt (FUSS 1991b). FUSS (1991) beschreibt im kaudolateralen Anteil des CrCL ein sogenanntes „guiding bundle“, dessen Fasern in allen Gelenkpositionen straff gespannt sind.

Neben der anatomischen Unterteilung des vorderen Kreuzbandes in die beiden Anteile ist eine weitere mikroskopisch-anatomische Unterteilung nach REESE (1995) in drei Abschnitte möglich. Sowohl das proximale als auch das distale Drittel weisen die Struktur einer Zugsehne auf, wohingegen das mittlere Drittel strukturell eine faserknorpelige Gleitzone darstellt. Histologisch setzt sich das vordere Kreuzband zusammen aus Bündeln longitudinaler Kollagenfasern unterschiedlicher Anordung und Länge (NEURATH u.

STOFFT 1992), die von spindelförmigen Fibroblasten und Fibrozyten umgeben sind.

Einzelne Faszikel ziehen zum Teil spiralförmig entlang der Längsachse oder direkt vom Femur zur Tibia (ARNOCZKY 1983), wobei die Fasern direkt in die Knochen einstrahlen.

Aufgrund der bestehenden mechanischen Belastung der Kreuzbänder im knöchernen Insertionsgebiet sind die einzelnen Faserbündel dreidimensional miteinander verflochten (NEURATH u. STOFFT 1992). Die Zellen des Faserknorpels stellen dabei Umlenkrollen für die Kollagenfibrillen dar (HAEFNER 2004). Das aus vier Schichten aufgebaute Insertionsgebiet funktioniert als Kraftdämpfer. Zwischen den Bündeln kollagener Fasern befinden sich neben Blut- und Nervenfasern Mechanorezeptoren, die in ihrer Funktion das Kreuzband gegen Scherbeanspruchung schützen. AMIS et al. (2005) zählen die Kreuzbänder zu den Ligamenta mit dem größten Insertionswinkel.

Bei der Betrachtung des vorderen Kreuzbandes in der Bewegung des Kniegelenkes wird seine Funktion offensichtlich. Während der Beugung der Gliedmaße dreht sich der spiralige kraniomediale Anteil um den kaudolateralen Anteil, infolgedessen die Innenrotation der Tibia relativ zum Femur limitiert wird. Untersuchungen von ASCHERL (2000) zeigen, dass die Kreuzbänder maximal 800 Newton Last aufnehmen können. FRIEDERICH et al. (1992) beschreiben anhand von Untersuchungen am humanen Kreuzband eine höhere Belastbarkeit der Kreuzbänder in Abhängigkeit von ihrer biomechanischen Beanspruchung. Die Beanspruchung der Fasern des vorderen Kreuzbandes nimmt dabei von der Beugung zur Streckung zu, wohingegen die Fasern des kaudalen Kreuzbandes von der Streckung zur Beugung zunehmend belastet werden.

Weitere Funktionen des vorderen Kreuzbandes sind die Vermeidung der Hyperextension und der Kranialverschiebung der Tibia relativ zum Femur. Für letzteres ist primär der kraniomediale Anteil verantwortlich, wohingegen der kaudolaterale Anteil als sekundär limitierend funktioniert. Das intakte vordere Kreuzband erlaubt eine Kranialbewegeung der Tibia weder in Beugung noch in Streckung. Im Fall einer Ruptur der kraniomedialen Portion ist eine Vorwärtsbewegung um 1,5 mm bei angewinkelter Gliedmaße, jedoch nicht bei gestreckter Gliedmaße, diagnostizierbar. Liegt eine Ruptur der kaudolateralen Portion vor, sind weder in der Beugung noch in der Streckung der Gliedmaße Vorwärtsbewegungen messbar. Eine Totalruptur ermöglicht eine Vorwärtsbewegung um durchschnittlich zwei mm bei gestreckter und 9,5 mm bei angewinkelter Gliedmaße. Weder bei einer Durchtrennung des hinteren Kreuzbandes oder des lateralen Kollateralbandes ist sie auffällig. Demnach kann die Vorwärtsbewegung der Tibia als pathognomisch für die vordere Kreuzbandruptur deklariert werden. Zusätzlich zur Schutzfunktion des Kreuzbandes gegen Hyperextension existiert ein protektiver „feedback“-Mechanismus. Die Spannung des vorderen Kreuzbandes ist gekoppelt mit der gleichzeitigen Kontraktion der kaudalen Oberschenkelmuskulatur und der Relaxation der Quadriceps-Gruppe. LEOPIZZI et al. (2000) diagnostizierte die Kontraktion des gesamten Bandes bei Extension und demzufolge die Relaxation bei Flexion.

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8 HEFFRON u. CAMPBELL (1978) sehen die Instabilität des Kniegelenkes immer im Zusammenhang mit einer totalen Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Bei einer partiellen Ruptur ist in der Regel eine Degeneration der intakten Portion nachzuweisen.

1.3.3.2 Lig. cruciatum caudale

Zusammen mit dem kranialen Kreuzband limitiert das kaudale Kreuzband die Innenrotation der Tibia relativ zum Femur. Des Weiteren verhindert es die Kaudalbewegung der Tibia.

Das aus dem größeren kranialen und kaudalen Anteil bestehende Ligament hat seinen elliptischen Ursprung im proximalen Bereich der Fossa intercondylaris an der lateralen Seitenfläche des Condylus medialis des Femurs. ARNOCZKY u. MARSHALL (1977) erweitern den Usprung nach kranial bis zu den Gelenkknorren der femoralen Trochlea und verweisen auf einzelne Fasern des Lig. meniscofemorale, die in das kaudale Kreuzband ziehen. Nach kaudodistalem Faserverlauf inseriert das Kreuzband an der medialen Fläche des poplitealen Einschnittes der Tibia. Ähnlich dem vorderen Kreuzband verhalten sich die einzelnen Teile unterschiedlich in der Streckung und Beugung des Gelenkes (FUSS 1991b).

Der kraniale Anteil ist bei angewinkelter Gliedmaße gespannt und erschlafft während der Streckung (FUSS 1991b). Die kaudale Portion ist im Gegensatz dazu bei angewinkelter Gliedmaße erschlafft und spannt sich während der Streckbewegung (FUSS 1991b). In Anlehnung an das vordere Kreuzband beschreibt FUSS (1991) die Existenz eines „guiding bundle“ im kaudalen Kreuzband. Hauptfunktion des intakten hinteren Kreuzbandes ist die Verhinderung der Kaudalbewegung der Tibia relativ zum Femur unabhängig von der Winkelung des Kniegelenkes (FUSS 1991b). Im Gegensatz zum vorderen Kreuzband führt eine selektive Durchtrennung der beiden Anteile des Lig. cruciatum caudale nicht zum Funktionsverlust. Lediglich im Fall einer totalen Ruptur ist die Kaudalbewegung bei gestreckter Gliedmaße über eine Strecke von zwei mm möglich. Bei angewinkelter Gliedmaße verlängert sich die mögliche Bewegung um acht mm. Die Kaudalbewegung kann weder durch eine Durchtrennung des kranialen Kreuzbandes sowie der Kollateralbänder iniziiert werden.

1.4 Die Menisken (Menisci articulares)

Die Menisken sind semilunare, bikonkave faserknorpelige Zwischenscheiben, deren abaxialer Rand dick und konvex und deren axialer Rand dünn und konkav ist. Der geringgradig dickere laterale Meniskus beschreibt einen größeren c-förmigen Bogen und weist eine deutlichere konkave Form auf als der mediale Meniskus (TOMLINSON 1998). NICKEL et al. (1992) beschreiben die der Tibia zugekehrte Fläche der Menisken als eben. Die im Querschnitt aus oval geformten Hörnern und dreiecksförmigen Körpern bestehenden Menisken sind zwischen die Kondylen von Femur und Tibia gelagert. Die Befestigung der Menisken erfolgt jeweils durch das Lig. tibiale craniale menisci laterale sowie mediale und das Lig. tibiale caudale menisci laterale sowie mediale an der Tibia. Das Lig. transversum genus verbindet den lateralen mit dem medialen Meniskus und verläuft kranial des Insertionspunktes des vorderen Kreuzbandes. Das Lig. meniscofemorale stellt eine weitere Verbindung vom Kaudalhorn des lateralen Meniskus zur lateralen Fläche des medialen Femurkondylus her. Der mediale Meniskus ist zudem in Form einer fibrösen Verbindung am medialen Kollateralband und über so genannte “coronary ligaments” an der Gelenkkapsel befestigt (TOMLINSON 1998). Die Ursprungssehnen des M. popliteus und des M. extensor digitorum longus verhindern die Verbindung des lateralen Meniskus mit der Gelenkkapsel und machen ihn so mobiler. Die Ursprungssehne des M. politeus verhindert zudem eine Verbindung zwischen dem lateralen Kollateralband und dem Meniskus. Histologisch bestehen die Menisken zu über 64 Prozent aus Wasser. Weitere Bestandteile sind neben Kollagenfasern auch Proteoglykane und Glykosaminoglykane.

(17)

9 HULSE (2002) beschreibt des Weiteren die Beteiligung von myelinisierten Fasern. Die kollagenen Fasern ordnen sich im Bereich der Meniskushörner in Bündeln an, die ihrerseits durch lockeres Bindegewebe, mit eingelagerten Blutgefäßen und Nervenfasern, getrennt sind.

Im überwiegend aus hyalinisierten Bereichen bestehenden Meniskuskörper sind die kollagenen Fasern im Heringsfischmuster angeordnet.

Die Versorgung der Menisken erfolgt über die Vaskularisation der Meniskusperipherie ausgehend vom Synovialplexus. SLATTER (2003) geht von 15 bis 20 Prozent vaskularisierter Meniskenperipherie aus, TOMLINSON (1998) von 15 bis 25 Prozent sowie PAYNE u. CONSTANTINESCU (1993) von 10 bis 15 Prozent. Die Kernregionen der Menisken sind nicht durchblutet (QUEEN 2005). In den nicht vaskularisierten Regionen erfolgt die Ernährung über Diffusion aus der Synovialflüssigkeit (TOMLINSON 1998).

CARPENTER Jr. u. COOPER (2000) belegen, dass die Ernährung der Meniskushörner über das die Hörner bedeckende Stratum synoviale erfolgt. Die als Lastträger funktionierenden Menisken vermindern die Inkongruenz zwischen den Kondylen von Femur und Tibia.

PAYNE u. CONSTANTINESCU (1993) beschreiben eine Kraftaufnahme von 50 bis 65 Prozent. Neben der Energieabsorption und Wirkung als Schmiermittel sind die Menisken beteiligt an der Stabilisierung des Kniegelenkes gegenüber Rotationsbewegungen sowie Varus- und Valgus-Fehlstellungen. Die eigentliche Gelenkbewegung ist eine Bewegung der Menisken. Entsprechend TOMLINSON (1998) vollziehen die Menisken bei Beugung der Gliedmaße eine Bewegung nach kaudal auf dem Tibiaplateau, wobei sich der laterale Meniskus stärker als der mediale bewegt. Eine Streckung des Kniegelenkes zieht eine nach kranial gerichtete Bewegung der Menisken auf dem Tibiaplateau nach sich (TOMLINSON 1998). Des Weiteren weisen die Menisken eine Sperrwirkung bei Hyperextension und Hyperflexion auf, wobei sie als Hemmungskeile funktionieren. COOK (2004) beschreibt Zugkräfte sowie Druck- und Scherkräfte die auf die Menisken einwirken. Diesen Kräften begegnen die Menisken mit der ihnen eigenen Reifenfunktion, die direkt von der Komposition und Morphologie der extrazellulären Matrix abhängig ist (COOK 2004).

1.5 Kniegelenkkapsel (Capsula articularis)

Die aus dem äußeren Stratum fibrosum und dem inneren Stratum synoviale bestehende Gelenkkapsel begrenzt die drei untereinander kommunizierenden Gelenkhöhlen des Kniekehl- und Kniescheibengelenkes. Das Stratum fibrosum heftet sich an den Gelenkrändern der beteiligten Knochen und an den konvexen Außenrändern der Menisken an und stellt eine periostale Ausdehnung dar. Es ist beteiligt an der Stabilisierung des Gelenkes. Das spezialisierte Stratum synoviale ist neben der Produktion phagozytierender Synoviozyten für die Produktion der Synovialflüssigkeit verantwortlich. Lediglich distal der Apex patellae erfolgt eine Trennung der beiden Synovialschichten durch den infrapatellaren Fettkörper.

Die Gelenkhöhle des Kniekehlgelenkes teilt sich in einen lateralen und einen medialen Gelenksack. Der laterale Gelenksack senkt sich mit einer distalen Exkavation in den Sulcus extensorius und umfasst die Ursprungssehne des M. extensor digitorum logus und bildet dessen Sehnenscheide mit der zusätzlichen Funktion eines Schleimbeutels. Die laterale Exkavation umfaßt die Ursprungssehne des M. popliteus. Der mediale Gelenksack umschliesst die sogenannten Fabellae in der Ursprungssehne des M. gastrocnemius.

CARPENTER Jr. u. COOPER (2000) verweisen in ihren Untersuchungen auf Aussackungen des lateralen femorotibialen Gelenksackes zur lateralen Fabella, zur Articulatio tibiofibularis proximalis und zum erwähnten Sulcus extensorius. Des Weiteren beschreiben sie lediglich eine Aussackung des medialen femorotibialen Gelenksackes zur medialen Fabella. Eine weitere Teilung der femorotibialen Ausbuchtungen in eine distale und eine proximale Etage erfolgt durch eine fibröse Membran.

Die dadurch entstehenden femoromeniskalen und tibiomeniskalen Ausbuchtungen kommunizieren ausschließlich am axialen Meniskusrand miteinander.

(18)

10 Der patellare Gelenksack des Kniescheibengelenkes hat in seiner distalen Ausdehnung eine Verbindung zu den femorotibialen Gelenksäcken. Die Capsula femoropatellaris buchtet sich nach proximal unter den M. quadriceps femoris blindsackartig nach lateral und medial aus.

Die im Kniegelenk enthaltene Synovia besteht aus 0,2 bis 2 ml einer transparenten, farblosen, viskösen Flüssigkeit, die überwiegend aus Wasser und polymerisierter Hyaluronsäure besteht.

Ihre Hauptfunktion dient der Ernährung der intraartikulären Strukturen.

Des Weiteren ist sie Bildungsort phagozytierender Zellen und dient als Schmiermittel.

SOMMER et al. (1999) weisen auf ein Rudiment der ursprünglichen Kapselscheidewand, das sogenannte Lig. synoviale infrapatellare, hin. Das Band hat seinen Ursprung am Corpus adiposum infrapatellare, verläuft frei durch das Gelenk und inseriert in der Fossa intercondylaris ossis femoris.

1.6 Blutversorgung des Kniegelenkes

Die Hauptblutversorgung des Kniegelenkes wird von abzweigenden Ästen der A. femoralis realisiert, welche vorrangig den lateralen Anteil der femorotibialen und femoropatellaren Gelenkkapsel versorgen. Von der A. saphena abzweigende Arterien realisieren die Versorgung des medialen Anteiles der Gelenkkapsel. Der kaudale Gelenkkapselanteil wird durch abzweigende Äste der A. poplitea versorgt. Nach Untersuchungen von ARNOCZKY et al. (1979) erfolgt die Blutgefäßversorgung der Kreuzbänder über abzweigende Äste der Blutgefäße des umliegenden Weichteilgewebes. Insbesondere die Blutgefäßversorgung des infrapatellaren Fettkörpers und der Synovialmembran entsendet Versorgungsäste (ARNOCZKY et al. 1979). Zudem sind die Kreuzbänder von der Synovialmembran überzogen, welche zahlreiche Blutgefäße beinhaltet (ARNOCZKY et al. 1979). Die Blutgefäße bilden ein dendritisches Geflecht periligamentöser Gefäße (ARNOCZKY et al.

1979). Ausgehend von diesem Geflecht innervieren kleine Blutgefäßäste die Kreuzbänder und bilden mit intraligamentösen Gefäßen Anastomosen (ARNOCZKY et al. 1979).

ARNOCZKY (1985) differenzierte zudem kleinkalibrige Anastomosen zwischen den beschriebenen Kreuzbandgefäßen und dem subkortikalen Gefäßnetz von Tibia und Femur, die lediglich einen geringen Beitrag zur Vaskularisation leisten.

1.7 Innervation des Kniegelenkes

Die Innervation des Kniegelenkes wird über Abzweigungen des N. tibialis und des N.

fibularis communis realisiert. Letztere sind verantwortlich für die Weiterleitung sensorischer Informationen der lateralen Gelenkkapsel und des lateralen Kollateralbandes. BURGENER (1982) definiert die Versorgung der Gelenkkapsel aus Abzweigungen des N. femoralis und des N. obturatorius. Des Weiteren konnte eine Innervation aus Abzweigungen von Hautästen dargestellt werden (BURGENER 1982). HEPPELMANN (1997) klassifiziert 60 Prozent der Innervation des Kniegelenkes als nocizeptiv. Die restlichen 40 Prozent der Innervation werden durch Mechanorezeptoren realisiert. O’CONNOR (1984) differenziert zwei verschiedene Typen von Mechanorezeptoren. In histologischen Studien konnte eine dichte afferente Innervation aller Anteile des Kniegelenkes nachgewiesen werden. SCHENK et al.

(1996) untersuchen die sensorische Innervation der Gelenkkapsel. Im medioproximalen Quadranten der dorsalen Gelenkkapsel sind in frequenter Anzahl sowohl freie als auch korpuskuläre Nervenendigungen lokalisiert (SCHENK et al. 1996). Die korpuskulären Nervenendigungen werden weiter differenziert in Ruffini- und Lamellenkörperchen (SCHENK et al. 1996). Die zwischen Stratum fibrosum und Stratum synoviale verlaufenden Nervenendigungen sowie die im Stratum fibrosum verlaufenden Nervenendigungen können histologisch in myelinisierte und nicht myelinisierte Axone differenziert werden (SCHENK et al. 1996). Nach Untersuchungen von HALATA u. GROTH (1976) befinden sich in der Grenzzone zwischen Stratum fibrosum und Stratum synoviale des Weiteren Pacinirezeptoren.

(19)

11 SCHENK et al. (1996) klassifizieren zudem Ruffini-Körperchen als afferente, von Kollagenfasern umgebende Nervenendigungen, die ihrerseits von einer unvollständig entwickelten perineuralen Kapsel umgeben sind. Die Ruffini-Körperchen werden ihrerseits in kleine und große Körperchen eingeteilt. Im Stratum synoviale können keine Nervenendigungen gefunden werden (SCHENK et al. 1996).

Mechanorezeptoren mit myelinisierten Axonen sind verantwortlich für die Weiterleitung von Informationen über den Spannungszustand des vorderen Kreuzbandes (KRAUSPE et al.

1992). Die Aktivität dieser Rezeptoren ist bei Hyperextension sowie übermäßiger Innen- und Außenrotation erhöht (KRAUSPE et al. 1992). Das vordere Kreuzband übernimmt die Funktion eines Neurosensors und hat dementsprechend neurophysiologische Aufgaben in Kombination mit seinen biomechanischen Funktionen. SCHUTTE et al. (1987) klassifizieren Nerven und freie Nervenendigungen, die der Schmerzantwort dienen. Nach Untersuchungen von HAUS (1997) sind die im vorderen Kreuzband lokalisierten Pacinirezeptoren verantwortlich für die Differenzierung der auf das Kreuzband einwirkenden Kräfte in Art, Größe, Größenänderung und Richtung. Die Lokalisation dieser nervalen Bestandteile befindet sich nach Angabe des Autors im dorsalen, subsynovialen und interfaszikulären Bindegewebe.

ZIMNY et al. (1986) lokalisieren die Ruffinischen Endorgane und Pacinirezeptoren in den femoralen und tibialen Enden der Bänder.

1.8 Propriozeption

1,5 Prozent des Gesamtvolumens des vorderen Kreuzbandes nehmen Nervenendigungen ein.

ADAMCZYK (2002) unterscheidet zwischen vier verschiedenen Typen von Rezeptoren, die hauptsächlich im Bereich der Befestigung des Bandes am Knochen lokalisiert sind. Die Funktion der Rezeptoren ist propriozeptiv (ADAMCZYK 2002). Die von LIU-AMBROSE (2003) untersuchten Kreuzbänder des menschlichen Kniegelenkes weisen Mechanorezeptoren auf, deren Funktionen die Erkennung von Spannungsänderungen, Veränderungen der Geschwindigkeit, der Beschleunigung, der Bewegungsrichtung sowie der Position des Gelenkes sind. Neben der Propriozeption, die einen unbewussten Kontrollmechanismus der Bewegung darstellt, definiert LIU-AMBROSE (2003) die Kinästhesie als bewussten Kontrollmechanismus. Beide Mechanismen sind über eine neuromuskuläre Komponente in die Beeinflussung der Bewegung und der Körperhaltung involviert. Die beschriebene neuromuskuläre Kontrolle ist essentiell für die funktionelle Stabilität des Kniegelenkes, und demzufolge müssen Propriozeption und Kinästhesie einen direkten Effekt darauf haben. Geht man von einer moderaten Belastung des Kreuzbandes aus, so weist LIU-AMBROSE (2003) auf Stimulierung von Mechanorezeptoren hin, die ihrerseits eine direkte Stimulierung des Muskelspindelsystems hervorrufen. Folge ist eine primäre Antwort im Muskelspindelsystem.

ADAMCZYK (2002) definiert fünf verschiedene Typen von Mechanorezeptoren. Der primitivste Reflex dieses Systems ist der neuromuskuläre Reflex als Rückzugsreflex.

Daneben existiert der protektive ligamentös-muskuläre Reflex, der eine stabile Bewegung des Gelenkes durch die synergistische Aktion der Bänder, Muskeln und Knochen realisiert. Im Gegensatz zu ADAMCZYK (2002) definieren SKINNER u. BARRACK (1991) lediglich drei verschiedene Mechanorezeptoren im kranialen Kreuzband. Die Autoren klassifizieren die Mechanorezeptoren als spezialisierte Nervenendigungen, welche die Propriozeption ermöglichen und zudem protektive und stabilisierende Reflexe initiieren. Ein Verlust der Rezeptoren infolge Ruptur des kranialen Kreuzbandes oder assoziierter Bandstrukturen verursacht einen Verlust der sensorischen Innervation (SKINNER u. BARRACK 1991).

Unmittelbare Folge dieser Veränderungen sind eine progressive Instabilität des Kniegelenkes sowie ein Defizit der propriozeptiven Wahrnehmung (SKINNER u. BARRACK 1991).

Nach Untersuchungen von PACCHIANA et al. (2003) beinhaltet das vordere Kreuzband für die Propriozeption verantwortliche Nervenfasern.

(20)

12 Entsprechend den Untersuchungen von SKINNER u. BARRACK (1991) kontrolliert die sensorische Innervation des Kniegelenkes den Bewegungszyklus und limitiert die Bewegung.

In der Kinematik des Kniegelenkes funktionieren die Bandstrukturen als primäre Kettenglieder, wobei die Muskulatur das letzte Glied in der Kette bildet (SKINNER u.

BARRACK 1991).

In der Bewegung bedeutet das eine Weiterleitung der in den Bandstrukturen entstehenden Impulse via ZNS in die Effektormuskulatur (SKINNER u. BARRACK 1991). Der beschriebene Mechanismus ermöglicht die physiologische Koordinierung der Bewegung (SKINNER u. BARRACK 1991). Über die Norm erhöhte Impulse führen zu einer Kontraktion der beteiligten Muskulatur, mit dem Ziel die Bandstrukturen zu schützen, sowie einer möglichen Subluxation des Gelenkes vorzubeugen (SKINNER u. BARRACK 1991).

Ein Verlust der beschriebenen Rückkopplung sowie der im rupturierten Kreuzband lokalisierten propriozeptiven Nervenendigungen und des reflektorischen Muskeltonus der Muskulatur verursacht eine Instabilität des Kniegelenkes (SKINNER u. BARRACK 1991).

Kompensatorisch manifestiert sich infolge der verminderten Wahrnehmung der Kniegelenksposition eine Änderung des Gangbildes (SKINNER u. BARRACK 1991).

SKINNER u. BARRACK (1991) führen den Kompensationsmechanismus auf die fehlende Rückkopplung der Kinästhesie zurück.

Die Wahrnehmung der Gelenkposition ist ein wichtiger Parameter in der Ätiologie der Osteoarthrose (SKINNER u. BARRACK 1991). Des Weiteren spielt sie eine wichtige Rolle in der Rehabilitation nach rekonstruktiver Kniegelenkchirurgie (SKINNER u. BARRACK 1991). Das gesunde Individuum ist physiologisch in der Lage, einen Positionswinkel des Kniegelenkes mit einem durchschnittlichen Fehler von 2,5 Grad aktiv zu rekonstruieren (SKINNER u. BARRACK 1991). Bei passiver Bewegung ist eine Winkeländerung um 2,5 bis 4,0 Grad nötig, um die Positionsänderung wahrzunehmen (SKINNER u. BARRACK 1991).

Nach Untersuchungen von SKINNER u. BARRACK (1991) mittels intraartikulärer Kniegelenkanästhesie ist die Empfindung der Gelenkposition unabhängig von der Gelenkkapsel und der Gelenkfläche. Infolge dessen müssen die Kapselrezeptoren, da unbeeinflußt von der Kniegelenkanästhesie, fern der Synovia liegen (SKINNER u.

BARRACK 1991).

Die Wahrnehmung der Positionsänderung kann aktiv durch ein Muskeltraining verbessert werden. Gleichzeitig vermindern jedoch Training und Ermüdung der Muskulatur die Fähigkeit der Winkelreproduktion (SKINNER u. BARRACK 1991). Degenerative Veränderungen des Kniegelenkes sowie benachbarter Strukturen führen zudem zu einer verminderten Wahrnehmung der Gelenkposition, die mit zunehmendem Alter noch weiter zunimmt (SKINNER u. BARRACK 1991). Die defiziente propriozeptive Wahrnehmung des Kniegelenkes führt sekundär zur Entstehung der Arthritis mit folgender Osteoarthrose (SKINNER u. BARRACK 1991). Entsprechend SKINNER u. BARRACK (1991) lassen sich den degenerativen Veränderungen des Kniegelenkes mechanische Effekte zuschreiben. Im Vordergrund der veränderten Mechanik des Kniegelenkes steht das Defizit der propriozeptiven Wahrnehmung (SKINNER u. BARRACK 1991). Unmittelbare Folge daraus sind Mikroläsionen der Gelenkstrukturen infolge einer abnormalen Lastaufnahme (SKINNER u. BARRACK 1991). Die beschriebenen Läsionen manifestieren sich bevorzugt als Verletzungen der Menisken (SKINNER u. BARRACK 1991). An der Entstehung von Meniskusverletzungen ist außerdem die inadäquate sensorische Innervation des Kniegelenkes beteiligt (SKINNER u. BARRACK 1991). Mittels Rekonstruktion der Bandstrukturen oder deren Rehabilitation kann die Wahrnehmung der Kniegelenksposition wiederhergestellt werden. Des Weiteren dient ein intensives postoperatives Muskelaufbautraining der Wiederherstellung der propriozeptiven Wahrnehmung auf das normale Wahrnehmungsvermögen (SKINNER u. BARRACK 1991).

(21)

13 Die Ruptur des vorderen Kreuzbandes bewirkt eine verminderte Innervation des Bandapparates und folgend eine Verminderung der propriozeptiven Wahrnehmung (SKINNER u. BARRACK 1991). Die defiziente Wahrnehmung der Gelenkposition ist entscheidend für die Entstehung von „Charcot“-Gelenkformationen (SKINNER u.

BARRACK 1991).

Im Anschluss an eine Ruptur des CrCL kann eine neuromuskuläre Adaptation des Kniegelenkes festgestellt werden mit dem Ziel, die dynamische Kniestabilität mittels Anwendung entsprechender Muskelkräfte zu verbessern (TASHMAN et al. 2004).

1.9 Muskeln des Kniegelenkes

Der zu den Muskeln des Rumpfes zählende M. tensor fasciae latae ist ein fächerförmiger, dreizipfliger Muskel. Er entspringt an der Spina iliaca ventralis sowie aus der Endaponeurose des M. gluteus medius und inseriert in der Fascia lata. Als Spanner der Schenkelfaszie überspannt er mit der Fascia lata das Kniegelenk. Die Spannung der Fascia lata infolge der Kontraktion des Muskels verursacht die Beugung des Hüftgelenkes sowie die Streckung des Kniegelenkes. Des Weiteren funktioniert der Muskel in der Bewegung als Vorführer der Gliedmaße.

Die kaudale Oberschenkelmuskulatur umfasst neben dem M. biceps femoris und dem M.

abductor cruris caudalis, den M. semimembranosus sowie den M. semitendinosus.

Der starke M. biceps femoris setzt sich zusammen aus zwei undeutlich trennbaren funktionellen Köpfen. Der stärkere kraniale und oberflächlicher gelegene Hauptkopf wird in Anlehnung an seinen Ursprung als Wirbelkopf bezeichnet. Er entspringt am distalen Ende des Lig. sacrotuberale sowie sehnig am lateralen Winkel des Sitzbeinhöckers. Der als Beckenkopf bezeichnete schwächere kaudale und tiefer gelegene Nebenkopf entspringt mit einer Ursprungssehne ventral am lateralen Winkel des Tuber ischiadicum. Der Hauptkopf bildet die kraniale Bizepsportion, die sich undeutlich in einen kranialen und einen mittleren Ast teilt.

Der Muskelkörper des Nebenkopfes bildet die kaudale Bizepsportion. Aus dieser geht weiter distal der kaudale Ast hervor. Die aus den drei Ästen bestehende Muskelplatte geht in Höhe des Kniegelenkes in eine einheitliche Aponeurose über und verschmilzt flächig mit der Fascia lata und Fascia cruris. Über die Fascia lata et cruris inseriert die kraniale Portion an der Patella, dem Lig. patellae sowie der Tuberositas tibiae. Sowohl der mittlere als auch der kaudale Ast inserieren am Margo cranialis der Tibia. Beim Hund isoliert sich aus dem Epimysium der Muskelunterfläche ein Sehnenstrang (Tendo accessorius), der als Nebenstrang in die Fersenbeinsehne strahlt und am Tuber calcanei inseriert. Der zweiköpfige Oberschenkelmuskel funktioniert als Strecker des Hüft- und Kniegelenkes sowie als Abduktor der Gliedmaße.

Die unter der Achillessehne verlaufende Fersenbeinsehne funktioniert als Strecker des Sprunggelenkes und Beuger des Kniegelenkes.

Der nur beim Fleischfresser vorkommende M. abductor cruris caudalis ist ein strangförmiger Muskel. Er entspringt mit einer langen Ursprungssehne am Lig. sacrotuberale, zieht an der kaudalen Kante des M. biceps femoris nach lateral und inseriert in der Fascia cruris. Seine Funktion besteht in der Beugung des Kniegelenkes und der Abduktion der Gliedmaße.

Der kaudal und ventrolateral am Tuber ischiadicum entspringende M. semitendinosus verläuft am Hinterrand des M. biceps femoris bis zur Kniekehle und geht an der medialen Fläche der Tibia in eine platte Sehne über. Über die Sehne inseriert der M. semitendinosus am Margo cranialis der Tibia und mit der Fersenbeinsehne am Tuber calcanei.

Die Fersenbeinsehne des M. semitendinosus verschmilzt mit der des M. biceps femoris und der Fascia cruris zum Tendo accessorius. Die Funktion des Muskels wird in der Bewegung deutlich.

(22)

14 In der Stützbeinphase funktioniert er als Strecker des Hüft-, Knie- und Sprunggelenkes. In der Hangbeinphase beugt er das Kniegelenk und führt die Gliedmaße nach innen und rückwärts.

Ein rein fleischiger Muskel ist der M. semimembranosus. Er entspringt mit einem Beckenkopf ventral am Tuber ischiadicum, um sich weiter distal in zwei Äste aufzuteilen.

Der kraniale Muskelbauch strahlt mit seiner kurzen Ansatzsehne in die Ursprungsaponeurose des M. gastrocnemicus. Des Weiteren findet der kraniale Anteil seinen Ansatz am distalen Ende des Labium mediale sowie am Condylus medialis ossis femoris.

Der kaudale Muskelbauch verläuft mit einer längeren Endsehne unter dem medialen Seitenband des Kniegelenkes und inseriert am Condylus medialis tibiae. Funktionell dienen beide Portionen der Streckung des Hüftgelenkes, wobei der kaudale Bauch zusätzlich an der Beugung des Kniegelenkes beteiligt ist. In der Stützbeinphase funktioniert der halbhäutige Muskel als Strecker des Hüft- und Kniegelenkes, wohingegen er in der Hangbeinphase die Gliedmaße ein- und rückwärts führt.

Als besondere Muskeln des Kniegelenkes werden der M. quadriceps femoris, der M.

articularis genus sowie der M. politeus bezeichnet.

Der M. quadriceps femoris ist der primäre Strecker des Kniegelenkes. Er setzt sich aus vier Portionen mit unterschiedlichem Ursprung zusammen, die im weiteren distalen Verlauf wieder verschmelzen und gemeinsam an der Tuberositas tibiae inserieren. Der M. rectus femoris entspringt mit einer kurzen Sehne, die gelegentlich von einem Schleimbeutel unterlagert ist, oberhalb des Pfannenrandes an der Darmbeinsäule. Wie bereits erwähnt inserieren die Anteile mit einer starken Endsehne, die als gerades Kniescheibenband bezeichnet wird, an der Tuberositas tibiae. In die Endsehne eingelagert befindet sich die Patella als Sesambein. Der Ursprung des M. vastus lateralis befindet sich kraniolateral am Femur sowie am Labium laterale. Seine Fasern strahlen in den Sehnenspiegel des M. rectus femoris. Der M. vastus medialis entspringt proximal an der kraniomedialen Fläche des Femurs sowie am Labium mediale. Sein kräftiger Sehnenspiegel strahlt proximal der Patella in den M. rectus femoris ein. Der M. vastus intermedius entspringt als schwächste Portion medial an der Vorderfläche des Femurs und strahlt in den Sehnenspiegel des M. vastus medialis ein. In die Endsehnen der einzelnen Portionen des M. quadriceps femoris sind proximal und seitlich der Patella Gleitkörper aus Faserknorpel eingelagert. Der vierköpfige M. quadriceps femoris funktioniert als Strecker des Kniegelenkes und durch die Portion des M. rectus femoris als Beuger des Hüftgelenkes. Die Kontraktion der Muskelbäuche bewirkt zudem eine Vorwärtsbewegung der Tibia. Insofern stellt der M. quadriceps femoris einen biomechanischen Antagonisten zum vorderen Kreuzband dar.

Der dünne M. articularis genus entspringt kranial am distalen Drittel des Femurs und teilt sich im weiteren Verlauf in zwei dünne, bandartige Muskelbäuche.

Sowohl die laterale als auch die mediale Portion inserieren in Form eines umgekehrten „V“ an der Gelenkkapsel des Femoropatellargelenkes. In Verbindung mit den Muskeln der Quadriceps-Gruppe wirkt der M. articularis genus als Strecker des Kniegelenks.

Des Weiteren zieht er in der Bewegung die Kapsel des Kniescheibengelenkes zurück und verhindert somit ein Einklemmen der Kapsel zwischen Patella und Trochlea.

Die kaudale Fläche des Kniegelenkes überspannend und der Kniegelenkkapsel direkt aufliegend, entspringt der M. popliteus in der Fossa musculi poplitei des Condylus lateralis ossis femoris. Mit seiner Ursprungssehne zieht der Kniekehlmuskel unter das laterale Seitenband und verläuft zwischen diesem und dem lateralen Meniskus. Von kaudal nach medial ziehend, verbreitert er sich fächerförmig und inseriert an der Linea musculi poplitei der Tibia. Er wirkt bei der Beugung des Kniegelenkes mit und fixiert den lateralen Meniskus in der Rotation.

Er ist weitherhin beteiligt an der medialen Rotation der Tibia relativ zum Femur und an der Propriozeption. Zudem hat er eine stabilisierende Funktion auf das Kniegelenk.

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