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5.3.6 Abstand des Fibulakopfes zum Tibiaplateau

Beim Vergleich des Abstandes des Fibulakopfes zum Tibiaplateau präoperativ und postoperativ kann ein statistisch signifikanter Unterschied dargestellt werden.

Der Abstand des Fibulakopfes zum Tibiaplateau liegt in der präoperativen Messung im mediolateralen Strahlengang bei 2,75 mm (Standardabweichung: 2,4 mm) sowie im kaudokranialen Strahlengang bei 7,50 mm (Standardabweichung: 2,28 mm). An postoperativen Röntgenaufnahmen gemessen, beträgt der Abstand des Fibulakopfes zum Tibiaplateau im mediolateralen Strahlengang 3,83 mm (Standardabweichung: 2,19 mm) und im kaudokranialen Strahlengang 5,93 mm (Standardabweichung: 2,22 mm). Im Vergleich der prä- und postoperativen Werte kann eine statistisch auffällige Abnahme des Abstandes postoperativ dargestellt werden (Wilcoxon-Test; p= 0,000 (mediolateral)/ p= 0,004 (kaudokranial)).

5.4 Komplikationen

Bei den 93 operierten Kniegelenken konnten insgesamt 21 Komplikationen (22,6 %) dokumentiert werden.

Tab. 4: Komplikationen nach TPLO (n= 21 von 93)

N Komplikation

6 Fistelbildung

5 oberflächliche Hautentzündung

3 Serom

2 Knocheninfektion

1 Verletzung der A. saphena

1 Implantatlockerung

1 Abszeß unterhalb der Platte 1 Bruch der distalen Schraube

1 Pivot Shift

Es wurde jede Komplikation einzeln gezählt, auch wenn bei einigen Patienten mehrere Komplikationen gleichzeitig aufgetreten sind.

5.5 Sonstiger Befund

Implantat-assoziierte Osteosarkome sind maligne Transformationen des Knochens, die entprechend MORANDI et al. (2008) in seltenen Fällen fünf bis sieben Jahre nach Osteosynthese auftreten können (Vgl. Abb. 18).

79

A

Abb. 25: Osteosarkom (Tierklinik Dr. I. Pfeil 2006)

80 D DISKUSSION

Ziel der Studie

Ziel dieser retrospektiven Studie ist die Darstellung der Langzeitergebnisse nach TPLO mit besonderem Schwerpunkt auf die Entwicklung der Sekundärarthrosen. Des Weiteren wurden mögliche Einflussfaktoren auf die Arthrosen untersucht sowie die Auswirkungen der Arthrosen auf die Klinik des Tieres. Insbesondere sollte die Möglichkeit einer Vorhersagbarkeit postoperativer Sekundärarthrosen anhand prä- und postoperativer Einflussfaktoren untersucht werden.

Es wurden 93 Kniegelenke klinisch-orthopädisch und röntgenologisch untersucht. Neben dem prä- und postoperativen Untersuchungszeitpunkt lag der Zeitpunkt der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Kontrolluntersuchung zwischen 13 und 80 Monaten postoperativ.

Entsprechend dieses Beobachtungszeitraumes erfolgte eine Einteilung der Patienten in zwei Altersgruppen. In der ersten Altersgruppe sind die Patienten zusammengefasst, deren Untersuchungszeitraum zwischen 13 und 47 Monaten liegt. In der zweiten Altersgruppe liegt der Beobachtungszeitraum zwischen 48 und 80 Monaten. Ergänzend an die klinisch-orthopädische und röntgenologische Untersuchung wurde zum Zeitpunkt der Untersuchung eine Befragung der Besitzer mittels eines Fragebogens durchgeführt.

Vergleichbarkeit der Studie

Die Rasseverteilung der eigenen Studie ist mit anderen in der Literatur veröffentlichten Arbeiten vergleichbar. Die am häufigsten vertretenen Rassen sind der Boxer, der DSH, der Rottweiler sowie Mischlinge. Im Schrifttum werden insbesondere größere Rassen als prädisponierend beschrieben (INNES 2003). Entgegen der Literatur ist in der eigenen Arbeit, der nicht zu den prädisponierten Rassen zählende DSH zahlreich (HAGEN et al. 2004).

BRAHM (2004) beschreibt als weitere Faktoren für die Vergleichbarkeit das Körpergewicht, die präoperative Lahmheitsdauer, den Beobachtungszeitraum sowie die präoperative Arthrose. In der eigenen Studie konnte kein Einfluss des Körpergewichtes auf die Arthrosen sowie deren Progression dokumentiert werden. Dennoch ist im Schrifttum ein Einfluss des Körpergewichtes auf die Wahrscheinlichkeit einer Kreuzbandruptur sowie auf die Ausprägung des Tibiaplateauwinkels beschrieben. Ergänzend zu BRAHM (2004) erscheint der präoperative TPS als weiteres Kriterium zur Vergleichbarkeit.

Schwächen der Studie

Die Schwächen der vorliegenden Arbeit sind anlehnend an ROBINSON et al. (2006) die fehlende Kontrollgruppe, insbesondere für die Beurteilung der Arthroseprogression. Des Weiteren führen die Autoren verschiedene Operateure als Schwachpunkt ihrer eigenen Studie auf. Trotz standardisierter Methodik in der Durchführung der TPLO manifestieren sich individuelle Unterschiede zwischen den Operateuren. In der vorliegenden Arbeit wurden die Operationen lediglich von einem Chirurgen durchgeführt. Infolge der unterschiedlichen Patientenzahl der beiden Untersuchungsgruppen waren einige statistische Untersuchungen, da eine zu geringe Patientenzahl vorlag, nicht aussagekräftig. Wünschenswert wären gleiche Gruppengrößen gewesen. Leider sind bei einem Beobachtungszeitraum von fünf bis sieben Jahren der zweiten Altersgruppe eine Vielzahl der operierten Tiere nach Anfrage bereits verstorben, so dass der Umfang der zweiten Altersgruppe geringer ausfiel. Ein weiterer Schwachpunkt der Studie sind im Rahmen der orthopädischen Untersuchung parallel festgestellte Erkrankungen sowohl auf der operierten Seite, als auch auf der nicht-operierten Seite. Daraus resultierende Lahmheiten können nur subjektiv zugeordnet werden.

Des Weiteren konnte, aufgrund des retrospektiven Studiendesigns, kein computergestütztes Ganganalyseverfahren durchgeführt werden. Die Tiere wurden zu den Untersuchungen jeweils nur visuell, orthopädisch und röntgenologisch untersucht.

81 Bewertungskriterien der Studie

Die Befragung der Patientenbesitzer ergibt im Allgemeinen eine subjektive Beurteilung des klinischen Bildes des Patienten. In den meisten Fällen besteht ein Unterschied zwischen der subjektiven Beurteilung des Besitzers und den Ergebnissen der klinisch-orthopädischen Untersuchung durch den Tierarzt. Letztere muss auch als subjektiv definiert werden. Ein objektives Beurteilungskriterium zur Ergänzung der klinisch-orthopädischen Untersuchung stellt die Kraftplattenanalyse dar, wobei Sekundärerkrankungen im Voraus ausgeschlossen werden müssen. Erschwerend in der Beurteilung ist zudem das gegensätzliche Gangbild des Hundes (ADRIAN et al. 1966). Der Funktionsverlust eines Gelenkes verursacht eine Veränderung im Gangbild des Hundes, wobei die intakten Gliedmaßen insgesamt den Defekt zu kompensieren versuchen (ADRIAN et al. 1966). Demzufolge ist die Kraftplattenanalyse weder gelenk- noch gliedmaßenspezifisch (BUDSBERG 2002). Des Weiteren objektiv in der Beurteilung ist die röntgenologische Untersuchung abzüglich der Variationen in der Beurteilung zwischen zwei oder innerhalb eines Beobachters. Allerdings lässt das Röntgenbild keine Aussage auf die Klinik zu: „Dogs do not walk on their radiographs“

(GORMAN et al. 2002).

Diskussion der Ergebnisse der Besitzerbefragung

Die Befragung der Patientenbesitzer erfolgte ausschließlich über die Hunde, die Teil der Studie waren. Aufgrund der Subjektivität der Ergebnisse des Erhebungsbogens wurde dieser durch die klinisch-orthopädische und die röntgenologische Untersuchung ergänzt.

Die in 17 (18,3 %) Fällen dokumentierte Wetterfühligkeit an der operierten Gliedmaße ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Wärmeleitungsfähigkeit des Metallimplantates zurückzuführen. Die Beschwerden wurden insbesondere bei Wetterumschwüngen sowie bei kaltem Wetter beobachtet.

Diskussion der funktionellen Ergebnisse

Die Lahmheit – als Störung des Gangbildes – wurden im Rahmen der Untersuchungen in 3 Graden definiert, wobei keine Störung als lahmheitsfrei beurteilt wurde. Die geringgradige Lahmheit (Grad 1) beschreibt ein gestörtes Gangbild, wobei die betroffene Gliedmaße bei jedem Schritt belastet wird. Die mittelgradige Lahmheit (Grad 2) beschreibt ein gestörtes Gangbild, bei dem die betroffene Gliedmaße nicht stetig belastet wird. Bei der hochgradigen Lahmheit (Grad 3) wird die betroffene Gliedmaße nicht mehr belastet. Das Gangbild ist gestört. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung konnte in 69 Fällen (74,2 %) keine Lahmheit diagnostiziert werden. Sieben Kniegelenke (7,5 %) verursachten eine geringgradige Lahmheit, neun (9,7 %) eine mittelgradige Lahmheit sowie vier (4,3 %) eine hochgradige Lahmheit. In diesem Zusammenhang soll noch einmal dargestellt werden, dass in 50 Fällen parallele orthopädische Erkrankungen nachgewiesen werden konnten. Eine objektive Zuordnung der Lahmheit zum operierten Kniegelenk war in diesen Fällen nicht möglich.

SLOCUM u. DEVINE SLOCUM (2000) definieren die Lahmheitsfreiheit als eines der vier Kriterien zur Beurteilung des Chirurgieergebnisses nach TPLO. Die Resultate liegen unter denen in der Literatur angegebenen Erfolgsquoten nach McCARTHY (2003) und LOZIER (1997) von 94 Prozent. Die unterschiedlichen Resultate können entsprechend HULSE (2000a) auf präoperativ existierenden osteoarthrotischen Veränderungen sowie Meniskusläsionen beruhen. Zudem wiesen 41,8% der Patienten aus Gruppe 1 und 48% der Patienten aus Gruppe 2 zum Zeitpunkt der Untersuchung zusätzliche orthopädische Erkrankungen auf. Bezieht man diese Ergebnisse in die Lahmheitsbeurteilung ein, korrigiert sich die Erfolgsquote in Gruppe 1 auf 92,2% und in Gruppe 2 auf 96,2%.

82 Zudem ist zu klären, ob die Lahmheit Ausdruck einer verminderten Extension des Gelenkes in der Stützbeinphase ist, wobei letzteres einen Kompensationsmechanismus des instabilen Kniegelenkes darstellt (TASHMAN et al. 2004). Eine verminderte Flexion des Kniegelenkes kann ebenso als Ursache diskutiert werden wie eine bestehende Instabilität des Gelenkes (O´CONNOR et al. 1989).

Der Sitztest fiel zum Zeitpunkt der Kontrolluntersuchung bei 60 Kniegelenken (64,5 %) negativ aus. In 28 Fällen (30,1 %) wurde die Gliedmaße im Sinne eines positiven Sitztestes vom Körper abgestellt. In der vorliegenden Arbeit konnte ein statistischer Zusammenhang zwischen dem Sitztest und der Gonotrochloseprogression dargestellt werden. Anhand der ermittelten Daten kann die These aufgestellt werden, dass bei zunehmender Gonotrochloseprogression die Wahrscheinlichkeit eines positiven Sitztestergebnisses steigt.

Dieses Ergebnis bestätigt die Aussage von SLOCUM u. DEVINE SLOCUM (2000), dass ein positiver Sitztest, als ein wichtiges Kriterien zur Beurteilung des Chirurgieergebnisses nach TPLO gilt.

Es ist nach den eigenen Untersuchungen allerdings nicht davon auszugehen, dass alle Patienten nach erfolgreicher Operation wieder eine normale Sitzposition einnehmen. Die Sitzposition wird unmittelbar beeinflusst über arthrotische und fibrotische Veränderungen, die bereits im präoperativen Kniegelenk präsent sein können. Dennoch konnte in der vorliegenden Arbeit kein statistischer Zusammenhang zwischen der Gonarthroseprogression und dem Ergebnis des Sitztestes dargestellt werden.

Die eigenen Resultate zeigen einen gesicherten Zusammenhang zwischen der Beugehemmung und dem positive Sitztest. Die in 13 Kniegelenken (14,0 %) dokumentierte Beugehemmung korrelierte in fünf Fällen (5,4 %) mit einem Beugeschmerz. Der Grad der Gonotrochlose kann in diesem Zusammenhang als mögliche Ursache für die Beugehemmung diskutiert werden, wobei statistisch nachgewiesen werden konnte, dass je höhergradiger die Gonotrochlose zum Zeitpunkt der Untersuchung ist, desto wahrscheinlicher fällt das Ergebnis der Beugehemmung positiv aus. Daraus läßt sich die These ableiten, dass bei einem positiven Sitztestergebnis und einer positiven Beugehemmung der Grad der Gonotrochlose mindestens mittel- bis hochgradig ist. Zudem verweist LOZIER (1997) auf die direkte Abhängigkeit der postoperativen Flexion des Kniegelenkes von der präoperativen Fibrosierung der Gelenkkapsel. Die Limitierung der postoperativen Flexion resultiert aus der bereits präoperativ bestehenden mittel- bis hochgradigen Gelenkfibrose in Kombination mit einer Entzündung des Kniegelenkes (LOZIER 1997). MOELLER at al. (2010) machen in Anlehnung an Studien aus der Humanmedizin Fibrosierungen im Bereich des Femoropatellargelenkes und Verklebungen der Patella mit der Trochlea für den Verlust der Flexion verantwortlich. Die Autoren fanden in Ihren Untersuchungen eine verminderte Flexion von 94,8% sowie eine verminderte Extension von 97,2% im Vergleich zur kontralateralen nicht operierten Gliedmaße (MOELLER et al. 2020).

Neben der Schmerzhaftigkeit der passiven Beugung in 5 Fällen (5,4 %) war in einem Fall die Hyperextension sowie in einem Kniegelenk sowohl die passive Beugung als auch die Hyperextension schmerzhaft.

Eine Krepitation während der Bewegung als Ausdruck der Arthrose konnte lediglich bei einem Kniegelenk wahrgenommen werden. Die Krepitation ging einher mit einem positiven Sitztest, einer Beugehemmung sowie einer Schmerzhaftigkeit des Gelenkes.

Die bei fünf Kniegelenken (5,4 %) palpatorisch nachweisbare vermehrte Füllung des Gelenkes konnte nicht im Zusammenhang mit einer Schmerzhaftigkeit der betroffenen Kniegelenke dokumentiert werden.

83 Ziel der TPLO ist nicht die Eliminierung der passiven Bewegung im Rahmen der Durchführung der Schubladenprobe (LAZAR et al. 2005; SHEALY 2006). Durch die Änderung des Tibiaplateauwinkels wird die Biomechanik des Kniegelenkes dahingehend umgestellt, dass in der Belastung die Kranialbewegung der Tibia limitiert wird und gleichzeitig die aktiven Kräfte der Flexoren des Kniegelenkes gesteigert werden (LAZAR et al. 2005; SHEALY 2006).

Das Schubladenphänomen, welches in 56 Kniegelenken (60,2 %) positiv ausgelöst werden konnte, stellt demnach keinen Funktionstest nach TPLO dar. Es handelt sich vielmehr um die passive Ausführung der tibialen Kranialbewegung durch den Untersucher, wobei die Durchführbarkeit von der Arthrose unbeeinflusst bleibt.

Der vollständige postoperative Muskelaufbau ist entsprechend SLOCUM u. DEVINE SLOCUM (2000) ein weiteres Kriterium zur Beurteilung des Chirurgieergebnisses nach TPLO. MOELLER et al. (2010) bezeichnen sie als Indikator für eine normale Gliedmaßenfunktion. Die vollständige Belastungsfähigkeit der Gliedmaße wird entsprechend LOZIER (1997) fünf bis neun Monate postoperativ erreicht, wobei der Muskelaufbau der Oberschenkelmuskulatur über einen Zeitraum von acht bis 12 Monaten postoperativ verläuft.

In der Beurteilung des postoperativen Muskelaufbaus müssen neben dem Ausmaß des präoperativen Verlustes parallele Erkrankungen sowie eine bilateral durchgeführte Chirurgie berücksichtigt werden. Unter Ausschluss der bilateral operierten Hunde wiesen 30 (32,3 %) Tiere eine gleichmäßige Bemuskelung an beiden Hintergliedmaßen auf.

An zehn operierten Gliedmaßen (10,8 %) konnte eine Muskelatrophie von durchschnittlich 1,8 cm im Vergleich zur nicht operierten Seite gemessen werden. Zwei Gliedmaßen wiesen im Vergleich zur nicht operierten Seite eine um durchschnittlich 2,5 cm vermehrte Bemuskelung auf. MOELLER et al. (2010) fanden in Ihren Untersuchungen ein Muskelatrophie der operierten Gliedmaße von 98,5% im Vergleich zur kontralateralen Gliedmaße. Ein größerer Gliedmaßenumfang der operierten Gliedmaße im Vergleich zur kontralateralen spricht entsprechend MOELLER et al. (2010) entweder für eine fehlerhafte Messung oder für eine Muskelatrophie der kontralateralen Gliedmaße.

Die präoperative palpierbare Atrophie der Oberschenkelmuskulatur liegt einer Inaktivitätsatrophie zugrunde, wobei insbesondere die Quadricepsmuskulatur betroffen ist (HARASEN 2003). In Anlehnung an Studien aus der Humanmedizin ist entsprechend MOELLER et al. (2010) insbesondere der M. vastus medialis von der Atrophie betroffen. Der Bewegungszyklus des instabilen Kniegelenkes ist durch eine vermehrte Flexion des Gelenkes gekennzeichnet, mit dem Ziel, die Belastung des instabilen Kniegelenkes zu reduzieren (TASHMAN et al. 2004). Die Atrophie des postoperativen Kniegelenkes kann entsprechend den Untersuchungen von FOX (2002) auf den chronischen Schmerz des osteoarthrotischen Gelenkes zurückgeführt werden. Letzterer bewirkt rückkoppelnd eine konstante Stimulation der Muskulatur. Der daraus resultierende Muskelspasmus endet in einer Ermüdung der Muskulatur (FOX 2002). Initial sollte jedoch bei persistierender postoperativer Muskelatrophie eine Instabilität des Kniegelenkes ausgeschlossen werden.

Diskussion der röntgenologischen Ergebnisse 1. Messung des Tibiaplateauwinkels

Für die exakte Ermittlung des Tibiaplateauwinkels ist die laterale Lagerung der Tibia, welche sich durch exakt übereinandergelagerte Femur- und Tibiakondylen definiert, essentiell (REIF et al. 2002; REIF u. PROBST 2003; McCARTHY 2003). Lagerungsbedingte Differenzen in der Beurteilung des Tibiaplateauwinkels können bis zu 5,8 Grad betragen (DEJARDIN 2003).

84 Entsprechend DEJARDIN (2003) impliziert die korrekte Lagerung der Gliedmaße das Anfertigen der Röntgenaufnahme im Stand des Tieres beziehungsweise unter Belastung der Gliedmaße. Letzteres konnte im Rahmen der Studie nicht berücksichtigt werden. Alle Aufnahmen wurden am liegenden Tier angefertigt.

Degenerative beziehungsweise osteoarthrotische Veränderungen an den Messpunkten des Tibiaplateaus führen allerdings zu großen Varibilitäten in der Beurteilung des Tibiaplateauwinkels (ODDERS, JESSEN u. LIPOWITZ 2004), wobei die Variabilität des ermittelten TPW sich mit steigendem Osteoarthrosegrad potenziert (McCARTHY 2003;

ROBINSON et al. 2006).

McCARTHY (2003) zufolge ergeben sich signifikante Unterschiede bei der Ermittlung des TPW durch einen Radiologen sowie zwischen mehreren Radiologen, wobei die Variabilitäten bei der Beurteilung durch einen Radiologen geringer ausgeprägt sind.

Die Unterschiede beruhen dabei auf der variierenden Wahl des kranialen und kaudalen Messpunktes zur Ermittlung des Tibiaplateaus. In der vorliegenden Arbeit wurden die Tibiaplateauwinkel durch einen Untersucher ermittelt.

Weitere Variabilitäten in der Beurteilung des Tibiaplateauwinkels ergeben sich aus der Messung an digital angefertigten Röntgenaufnahmen im Vergleich zu Film-Folien-Systemen.

Zum objektiven Vergleich von digital angefertigten Röntgenaufnahmen mit Film-Folien-Systemen sollte eine Digitalisierung der Folien erfolgen (MARCELLIN-LITTLE 2004a). Die prä- und postoperativen Röntgenaufnahmen der vorliegenden Arbeit wurden deshalb in Anlehnung an MARCELLIN-LITTLE (2004a) digitalisiert, so dass ein Vergleich zu den zum Zeitpunkt der Untersuchung digital angefertigten Aufnahmen möglich war.

In drei Fällen (3,2 %) war es nicht möglich, den postoperativen Tibiaplateauwinkel zu bestimmen, da das Implantat die zur Ermittlung des TPS definierten Knochenpunkte überdeckte. In einem Fall war es nicht möglich, den TPS zum Zeitpunkt der Untersuchung zu bestimmen.

2. Neigungswinkel des Tibiaplateaus

Der im Rahmen dieser Arbeit untersuchte durchschnittliche Neigungswinkel des Tibiaplateaus prae operationem der Kniegelenke lag bei 23,3 Grad.

Im Schriftum verweist LAZAR et al. 2005 auf einen TPW mit durchschnittlich 18,1 Grad.

Damit liegt der durchschnittliche Tibiaplateauwinkel der vorliegenden Arbeit oberhalb dieses Wertes, was durch eine andere Rassenzusammensetzung erklärt werden könnte.

Eine Rasseprädisposition für eine Ruptur des Ligamentums cruciatum craniale wird in der Literatur von einer Vielzahl von Autoren dokumentiert, wobei diese je nach Autor und Studie variieren (INNES 2003, 2005; DUVAL et al. 1999; WHITEHAIR, VASSEUR u. WILLITS 1993; HAGEN et al.; VASSEUR 2002; VEZZONI et al. 2002). Die prädisponierten Rassen weisen einen größeren Beugungswinkel des Kniegelenkes im Stand auf, wodurch die Hintergliedmaße in gestreckterer Position relativ zu anderen Rassen steht (PLUHAR 2001;

VEZZONI et al. 2002). Der größere Standwinkel des Kniegelenkes vergrößert den Effekt des nach kaudal geneigten Tibiaplateaus und vermindert gleichzeitig die Zugkräfte der Hamstring-Muskulatur auf die Tibia (VEZZONI et al. 2002). Folgend entsteht eine kontinuierliche Kranialbewegung der Tibia, die ihrerseits eine erhöhte Belastung des kranialen Kreuzbandes darstellt (VEZZONI et al. 2002) und Spontanrupturen zur Folge haben kann (PLUHAR 2001).

85 Der Vergleich der am häufigsten vertretenen Hunderassen der vorliegenden Arbeit zeigt, dass Golden Retriever mit 22,1 Grad sowie die Mischlinge mit 22,2 Grad die kleinsten Tibiaplateauwinkel aufweisen. Die Anzahl der den einzelnen Rassen zugeordneten Hunde dieser Arbeit ist jedoch zu klein, um eine Rasseprädisposition für den Grad des Tibiaplateauwinkels herleiten zu können.

WHITEHAIR, VASSEUR u. WILLITS (1993) verweisen auf eine höhere Prädisposition der Kreuzbandruptur bei Hunden mit einem Körpergewicht von mehr als 22kg als bei Hunden mit einem Gewicht von unter 22kg, wobei insbesondere adipöse Tiere betroffen sind (MONTGOMERY 1998; NEČAS et al. 2000). Entsprechend VEZZONI et al. (2002) weisen höhergewichtige Hunde einen durchschnittlich größeren Kniegelenkswinkel relativ zu normalgewichtigen Hunden der gleichen Rasse auf (VEZZONI et al. 2002).

Das erhöhte Körpergewicht bewirkt eine exzessive Muskelermüdung und ist damit prädisponierend für eine Ruptur des kranialen Kreuzbandes unabhängig von individuellen oder rassebedingten Unterschieden (VEZZONI et al. 2002).

Das durchschnittliche Körpergewicht der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Patienten betrug zum Zeitpunkt der Operation 36,5 kg. Lediglich sechs Tiere liegen mit einem mittleren Gewicht von 16,7 kg unter der von WHITEHAIR, VASSEUR u. WILLITS (1993) deklarierten Grenze von 22 kg und weisen somit eine geringere Prädisposition auf. Der durchschnittliche TPW dieser Gruppe lag bei 25,3 Grad. Ein Gewicht von über 22 kg wiesen 80 Tiere auf, wobei das durchschnittliche Gewicht dieser Gruppe 37,9 kg betrug mit einem durchschnittlichen TPW von 23,3 Grad. Bei sieben Tieren wurde im Rahmen der klinischen Untersuchung kein Gewicht dokumentiert. In der vorliegenden Arbeit konnte keine gesicherte Beziehung zwischen Körpergewicht und Tibiaplateauwinkel hergestellt werden.

Weitere Einflussfaktoren auf den Tibiaplateauwinkel sind Strukturveränderungen des Kniegelenkes und wachstumsbedingte Veränderungen, die zu einer Gliedmaßenfehlstellung führen (NEČAS et al. 2000; ARNOCZKY 1985). Insbesondere Rassen mit einem stark gebückten Gangbild weisen eine erhöhte Kompressionskraft auf den kaudalen Aspekt der proximalen Tibiaepiphyse auf (PLUHAR 2001). Infolge eines frühzeitigen Verschlusses des kaudalen Anteiles der proximalen Wachstumszone kann die kaudale Tibia im Längenwachstum hinter dem kranialen Anteil zurückbleiben (PLUHAR 2001). Folge dieser wachstumsbedingten Veränderungen ist ein exzessiver TPW. Dieser erhöht die tibiale Kranialbewegung (DEJARDIN 2003; SLOCUM u. DEVINE SLOCUM 2000; PACCHIANA et al. 2003; PLUHAR 2001; ODDERS, JESSEN u. LIPOWITZ 2004), wobei die Größe der tibialen Kranialbewegung direkt proportional zum TPW sowie zur Kompressionskraft ausfällt (BALLAGAS et al. 2004; KOWALESKI u. McCARTHY 2004).

Der postoperativ ermittelte TPW lag im Mittel bei 7,42 Grad mit einer Standardabweichung von 3,95 Grad. In drei Fällen (3,2 %) war es nicht möglich den postoperativen Tibiaplateauwinkel zu bestimmen, da das Implantat die zur Ermittlung des Tibiaplateauwinkels definierten Knochenpunkte überdeckte.

Die Einschätzung welcher Tibiaplateauwinkel als optimaler Winkel beim Hund gelten soll, wird bis heute kontrovers diskutiert. Mit der Umstellung des Tibiaplateaus wird die tibiale Kranialbewegung innerhalb eines postoperativen TPS von 6,5 Grad plus minus 0,9 Grad aufgehoben (KOWALESKI u. McCARTHY 2004).

Durch Änderung des Tibiaplateauwinkels auf nahezu rechtwinklig zur Tibiaachse werden die aktiven Kräfte der Flexoren des Kniegelenkes in der Belastung gesteigert (LAZAR et al.

2005; SHEALY 2006).

86 Ein TPW von mehr als 6,5 Grad bewirkt allerdings keine Neutralisation der tibialen Kranialbewegung (KOWALESKI u. McCARTHY 2004). Den Untersuchungen von KOWALESKI u. McCARTHY (2004) zufolge erfährt die Tibia bei einem Winkel unter 6,5 Grad eine Subluxation nach kaudal. Diese nach kaudal gerichtete Bewegung ist prädisponierend für die Verletzung des kaudalen Kreuzbandes (KOWALESKI u.

McCARTHY 2004). Die Rotation des proximalen Osteotomiesegmentes verändert neben dem TPW die Position des proximalen Tibialängsachsenpunktes und damit die Tibialängsachse (KOWALESKI u. McCARTHY 2004; ROBINSON et al. 2006). Zur Vermeidung einer Verkürzung oder Verlängerung der Tibialängsachse sowie zur Berechnung des korrekten TPW sollte das Zentrum der Osteotomie mit dem proximalen Längsachsenpunkt übereinstimmen (KOWALESKI u. McCARTHY 2004).

In der vorliegenden Arbeit wurde ein postoperativer Tibiaplateauwinkel von etwa 6,5 Grad Grad als Ergebnis der Tibia Plateau Leveling Osteotomie angestrebt. Postoperative Tibiaplateauwinkel, die außerhalb dieses Bereiches lagen, wurden allerdings nicht korrigiert.

Bei 35 Kniegelenken (37,6 %) lag der postoperative Tibiaplateauwinkel im angestrebten Winkelbereich. In 33 Fällen (35,5 %) lag der postoperative TPS über den maximal angestrebten 8,5 Grad und in 22 Fällen (23,7 %) unter den minimal angestrebten 4,5 Grad. In 3 Fällen konnte der postoperative Tibiaplateauwinkel nicht beurteilt werden.

Ein Tibiaplateauwinkel von weniger als 6,0 Grad bewirkt einen vermehrten Zug auf das Patellarband, welcher eine resultierende Desmitis der Patellarsehne verursacht. Aus der Belastung des Femorotibialgelenkes resultiert die Progression der Gonarthrose. Im Gegensatz dazu vermindert ein postoperativer Tibiaplateauwinkel von mehr als 9,0 Grad den

Ein Tibiaplateauwinkel von weniger als 6,0 Grad bewirkt einen vermehrten Zug auf das Patellarband, welcher eine resultierende Desmitis der Patellarsehne verursacht. Aus der Belastung des Femorotibialgelenkes resultiert die Progression der Gonarthrose. Im Gegensatz dazu vermindert ein postoperativer Tibiaplateauwinkel von mehr als 9,0 Grad den