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Zur Therapie der Ruptur des kranialen Kreuzbandes stehen dem Tierarzt sowohl konservative als auch chirurgische Therapiemethoden zur Verfügung (SCHAWALDER 2001).

Tab. 1: Therapiemöglichkeiten bei Ruptur des vorderen Kreuzbandes des Hundes

Therapie Technik Methode

konservativ

chirurgisch extra-artikulär

Kapselraffung nach PEARSON et al.

(1971)

Raffung und Imbrikation

des periartikulären Weichteilgewebes nach DEANGELIS u. LAU (1970)

extraartikuläre Stabilisierung nach FLOH (1975)

Fibulakopftransposition nach SMITH u. TORG (1985)

intra-artikulär Bandersatz nach PAATSAMA (1952)

"Over-The-Top"-Technik nach ARNOCZKY et al. (1979)

Rekonstruktion nach SCHAWALDER (2001)

Autologer/ Herterologer/ Alloplastischer Bandersatz biomechanisch TPLO nach SLOCUM u. DEVINE SLOCUM (2000)

TTA (APELT et al. 2007)

Bei unterlassener Behandlung der Instabilität des Kniegelenkes entwickeln die betroffenen Kniegelenke bereits einige Wochen nach Ruptur des CrCL eine Osteoarthrose.

31 Des Weiteren weisen mehr als 30 Prozent der Hunde mit Ruptur des CrCl innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Ruptur des kontralateralen kranialen Kreuzbandes auf (SANDMANN u. HARARI 2001). Als Ursache definieren die Autoren die erhöhte Belastung der kontralateralen Gliedmaße.

Konservative Therapie

Die konservative Therapie der Ruptur des CrCL ist Hunden mit einem Gewicht von unter 15kg vorbehalten (SANDMANN u. HARARI 2001; LAZAR et al. 2005). Bei Hunden mit einem Gewicht von über 15 kg führt die konservative Therapie lediglich in 30 Prozent der Fälle zu einer Verbesserung der Symptomatik (LAZAR et al. 2005). Trotz guter Ergebnisse ist die Therapie geprägt von einer Progression der Osteoarthrose.

Über eine Dauer von vier bis acht Wochen sollte das Kniegelenk konservativ stabilisiert werden. Unabhängig von der dabei verwendeten Technik sollte initial eine Arthroskopie oder Arthrotomie zur Entfernung degenerierter Kreuzbandfasern sowie von Meniskusgewebe durchgeführt werden. Die Progression der degenerativen Entzündung sollte zudem zusätzlich medikamentell therapiert werden. Im Vordergrund der Behandlung steht der Einsatz von NSAID’s in Kombination mit Glukosaminen, Glukosaminoglykanen sowie Chondroitinsulfat (SANDMANN u. HARARI 2001). Unterstützend sollte des Weiteren ein Rehabilitationsprogramm begonnen werden. Ziel der Physiotherapie ist dabei die Stärkung der Muskulatur, die Verbesserung der Koordination sowie die Wiederaufnahme der Belastung (HILL 2001).

Chirurgische Therapie

Primäres Ziel der Kreuzbandchirurgie ist die Stabilisierung des Kniegelenkes zur Wiederherstellung seiner Funktionalität (HILL 2001; LAZAR et al. 2005). Infolge funktioneller Stabilisierung des Kniegelenkes wird die Progression der Osteoarthrose limitiert beziehungsweise eliminiert (HILL 2001).

Extrakapsuläre Operationstechniken beruhen auf der Entwicklung einer periartikulären Fibrose zur Langzeitstabilisierung des Kniegelenkes (SANDMANN u. HARARI 2001;

WARZEE et al. 2001; LAZAR et al. 2005). Die kurzfristige Stabilisierung des Kniegelenkes wird durch nicht-resorbierbares Nahtmaterial oder mittels Mobilisierung periartikulären Gewebes realisiert (WARZEE et al. 2001). Entsprechend SANDMANN u. HARARI (2001) führen extrakapsuläre Techniken zu einem besseren Ergebnis im Vergleich zu intrakapsulären Techniken. Vorteil der extrakapsulären Techniken ist die Sicherstellung einer ausreichenden Blutversorgung des verwendeten Ersatzgewebes und damit die Limitierung einer möglichen Nekrose oder Ruptur des Gewebes (HILL 2001). Nachteil der extrakapsulären Techniken ist die Einschränkung der physiologischen Kniegelenkskinematik. WARZEE et al. (2001) verweisen in diesem Zusammenhang auf die Eliminierung der physiologischen Innenrotation der Tibia während der Beugung. Zudem wird die Bewegung des Kniegelenkes auf die Rotation um die transversale Achse limitiert. Folge der Änderung der Kinematik ist die Erhöhung der auf die Gelenkfläche wirkenden Kompressionskräfte, die ihrerseits Meniskus- oder Knorpelläsionen verursachen können (WARZEE et al. 2001).

Der im Rahmen intrakapsulärer Techniken verwendete Bandersatz sollte im physiologischen Beugungswinkel des Kniegelenkes gespannt werden. Nachteil jeglichen Bandersatzes ist die Steifheit sowie Unfähigkeit des Materials die Belastungsfähigkeit sowie die physiologische Energieabsoption des kranialen Kreuzbandes zu immitieren (SANDMANN u. HARARI 2001). Das implantierte Material erreicht entsprechend WARZEE et al. (2001) maximal 30 Prozent der Stärke des kranialen Kreuzbandes.

32 Des Weiteren unterliegt das Ersatzgewebe einer frühzeitigen avaskulären Nekrose, die verantwortlich ist für den signifikanten Verlust der Struktur- und Materialeigenschaften des Implantates.

Als Ersatzgewebe zur Wiederherstellung der Funktion des kranialen Kreuzbandes stehen Autograft, Allograft, Xenograft sowie synthetische Prothesen zur Verfügung (LAZAR et al.

2005). Im Gegensatz zu extrakapsulären Operationstechniken wird durch intraartikuläres Ersatzgewebe die Kinematik des Kniegelenkes nicht beeinflusst.

Die Tibial Plateau Leveling Osteotomie wurde 1993 von Barcly Slocum aus Eugene/ Oreon entwickelt. Primäres Ziel der TPLO ist die Stabilisierung des Kniegelenkes gegenüber der kraniokaudalen Vorwärtsbewegung der Tibia (WARZEE et al. 2001; WHITNEY et al. 2002;

SHEALY 2006) sowie die Limitierung der tibialen Innenrotation während der Bewegung (WARZEE et al. 2001). Ziel der TPLO ist nicht die Eliminierung der passiven Bewegung im Rahmen der Schubladenprobe (LAZAR et al. 2005; SHEALY 2006).

Durch Änderung der Biomechanik des Kniegelenkes wird die Kranialbewegung der Tibia in der Belastung verhindert (KÁSA et al. 1998). Durch Änderung des Tibiaplateauwinkels auf nahezu rechtwinklig zur Tibiaachse werden die aktiven Kräfte der Flexoren des Kniegelenkes in der Belastung gesteigert (LAZAR et al. 2005; SHEALY 2006). Entsprechend röntgenologischer Studien wird der physiologische TPS auf durchschnittlich 18,1 Grad festgelegt (LAZAR et al. 2005). Mit der TPLO wird ein optimaler Kompromiss zwischen der Wiederherstellung der Gelenkstabilität und der aus der Rotation entstehenden Spannung auf das kaudale Kreuzband realisiert (LAZAR et al. 2005; SHEALY 2006). Der optimale Winkel des Tibiaplateaus wird bis heute kontrovers diskutiert. Eine Überkorrektur des TPS auf weniger als 6,5 Grad sollte jedoch unbedingt vermieden werden (McCARTHY 2003). Ein zu kleiner TPS nach Rotation resultiert in einer exzessiven Belastung des CdCL (McCARTHY 2003; SHEALY 2006). McCARTHY (2003) definiert das kaudale Kreuzband als primären Stabilisator des Kniegelenkes infolge der Umwandlung der Kranialbewegung der Tibia in eine leichte Kaudalbewegung. Direktes Zeichen für die Wiederherstellung der funktionellen Stabilität ist die Limitierung der Osteoarthroseprogression nach TPLO (LAZAR et al. 2005;

SHEALY 2006). ODDERS et al. (2004) empfehlen die TPLO nicht vor dem achten bis neunten Lebensmonat. Die Gefahr einer potentiellen Verletzung der proximalen Epiphysenfuge der Tibia ist bei Jungtieren nicht kalkulierbar. Der Schluß der proximalen Fuge ist zwischen dem achten und dreizehnten Lebensmonat zu beobachten ODDERS, JESSEN u. LIPOWITZ (2004). Im Fall einer partiellen Ruptur des kranialen Kreuzbandes ist eine arthroskopische Ablösung der verletzen Fasern mittels Radiofrequenz in Kombination mit einer anschließenden TPLO durchzuführen. Dem entgegen empfehlen HULSE et al.

(2012) und GATINEAU et al. (2011) keine Entfernung der frisch verletzten Kreuzbandfasern.

Einig sind sich die Autoren, dass mittels TPLO die komplette Ruptur des Kreuzbandes verhindert werden kann. Als Ursache des protektiven Effektes der TPLO auf das kraniale Kreuzband sehen HULSE et al. (2010) die Umwandlung der tibialen Kranialbewegung in eine tibiale Kaudalbewegung.

Die Durchführung einer bilateralen TPLO wird in der Literatur ebenfalls kontrovers diskutiert. Vorteile der bilateralen Operation sind die kürzere Anästhesiedauer sowie die Abnahme der Rehabilitationszeit um 50 Prozent. Des Weiteren verhindert die bilaterale Operation ein rezidivierendes Trauma des instabilen kontralateralen Kniegelenkes. Nachteil der bilateralen Stabilisierung ist die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Komplikationen. Zudem ist die postoperative Belastung der Gliedmaßen erhöht.

Bei unilateraler Chirurgie der bilateralen Kreuzbandruptur potenziert sich entsprechend BARNHART (1998) das Komplikationsrisiko nicht.

33 Nachteile der unilateralen Chirurgie sind die Verdopplung der Anästhesie- und Rehabilitationszeit sowie der höhere Kostenaufwand durch den Besitzer.

Im Vergleich extrakapsulärer Operationstechniken mit der TPLO besteht entsprechend RENBERG (2003) kein signifikanter Unterschied in Bezug auf die Wiederaufnahme der Belastung der operierten Gliedmaße.

Im Gegensatz dazu beschreibt SCHWARZ (1999) die Rehabilitation nach TPLO im Vergleich zu extrakapsulären Techniken als qualitativer. Zudem ist die Dauer der Rehabilitationszeit bei TPLO in Relation zu extrakapsulären Techniken verkürzt. LAZAR et al. (2005) beschreiben einen höheren Osteoarthrosegrad der mittels extrakapsulärer Techniken stabilisierten Kniegelenke relativ zur TPLO.

Als extrakapsuläre Technik definieren die Autoren in diesem Fall die Faszienraffung inklusive Fadenzügel in Kombination mit vorhergehender vollständiger Entfernung der Bandstümpfe des kranialen Kreuzbandes im Zuge einer Arthrotomie. Der Effekt konventioneller Operationstechniken basiert auf der Wiederherstellung der Rückhaltefunktion des kranialen Kreuzbandes. Sie resultieren jedoch nicht in einer Neutralisation der im Kniegelenk wirkenden Scherkräfte (EGGER 1998).

Demzufolge gewährleisten sowohl intra- als auch extraartikuläre Techniken die Kniegelenkstabilität lediglich in der Bewegung (WARZEE et al. 2001). Im Gegensatz dazu führt die TPLO zu einer Umwandlung der Scherkräfte in Kompressionskräfte (EGGER 1998) und damit zur Herstellung der funktionellen Kniegelenkstabilität sowohl in der Bewegung als auch im Stand (WARZEE et al. 2001).

BALLAGAS et al. (2004) analysieren das Operationsergebnis unter Verwendung der Kraftplattenanalyse. Nach experimenteller Durchtrennung des kranialen Kreuzbandes weisen unbehandelte Kniegelenke eine temporäre Reduktion der vertikalen Spitzenkräfte auf. Mittels Fibulakopftransposition konnten die präoperativen Spitzenwerte der Vertikalkräfte ebenso nicht wiederhergestellt werden. Unter Verwendung der extraartikulären Stabilisierung nach FLOH (1975) ist nach einer Rehabilitation von 20 Wochen kein Unterschied zwischen prä- und postoperativen Spitzenwerten darzustellen. Zudem kann bei beiden Operationstechniken eine signifikante Erhöhung der vertikalen Impulskräfte der kontralateralen Gliedmaße beobachtet werden. Die TPLO liefert bereits nach 18 Wochen Ergebnisse, die keinen signifikanten Unterschied zu präoperativen Werten aufweisen (BALLAGAS et al. 2004).