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Der Kündigungsverzicht im Arbeitsvertrag und im freien Dienstvertrag von GmbH-Geschäftsführern. Diplomarbeit

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Diplomarbeit

zur Erlangung des Grades einer Magistra der Rechtswissenschaften an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät

der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Eingereicht bei:

Univ.-Prof. Dr. Gert-Peter Reissner Institut für Arbeitsrecht, Sozialrecht und Rechtsinformatik

von

Daniela Zijerveld Innsbruck, April 2021

Der Kündigungsverzicht im Arbeitsvertrag

und im freien Dienstvertrag von GmbH-Geschäftsführern

(2)

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet und die den benützten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

………

Innsbruck, April 2021

(3)

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Diplomarbeit die gewohnte männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.

(4)

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ... IV Abkürzungsverzeichnis ... VI

1 Einleitung ... 1

2 Der Kündigungsverzicht im Arbeitsvertrag ... 4

2.1 Allgemeines ... 4

2.2 Kündigungsverzicht des Arbeitnehmers ... 7

2.2.1 Kündigungsregeln für Angestellte ... 8

2.2.2 Kündigungsregeln für Arbeiter ... 11

2.2.3 Befristungen und Vertragsverhältnisse auf Lebenszeit ... 13

2.3 Kündigungsverzicht des Arbeitgebers ... 14

2.4 Rechtsfolgen eines vertraglichen Kündigungsverzichts ... 15

2.5 Exkurs: Der Kündigungsverzicht im Kollektivvertrag bzw in der Betriebsvereinbarung ... 16

3 Der Kündigungsverzicht im freien Dienstvertrag von GmbH-Geschäftsführern ... 19

3.1 Die Rechtsbeziehungen des Geschäftsführers zur GmbH ... 19

3.1.1 Bestellung ... 19

3.1.2 Anstellung ... 21

3.1.3 Exkurs: Die Drittanstellung ... 25

3.1.4 Abberufung ... 26

3.1.5 Beendigung der Anstellung ... 28

3.2 Kündigungsverzicht des freien Dienstnehmers ... 31

3.3 Kündigungsverzicht des freien Dienstgebers ... 33

4 Ausgewählte Probleme aus der Judikatur des Obersten Gerichtshofs ... 34

4.1 Kündigungsverzicht als Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr ... 34

(5)

4.1.1 Allgemeines zum Verbot der Einlagenrückgewähr ... 34

4.1.2 Umfasster Personenkreis ... 37

4.1.3 Der Kündigungsverzicht als vermögenswerte Leistung im Sinne des § 82 GmbHG ... 38

4.1.4 Rechtsfolge bei Verstoß gegen § 82 GmbHG ... 41

4.2 Stellvertretung und Kollusion ... 43

4.2.1 Stellvertretung nach §§ 1002 ff ABGB ... 44

4.2.2 Besonderheiten der Stellvertretung durch Organmitglieder ... 48

5 Resümee ... 53

Literaturverzeichnis ... 55

(6)

Abkürzungsverzeichnis

ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr 946/1811

Abs Absatz

AG Arbeitgeber

AktG Aktiengesetz, BGBl Nr 98/1965 idF BGBl Nr 24/1985

AN Arbeitnehmer

AngG Angestelltengesetz, BGBl Nr 292/1921 Arb Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen ArbVG Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl Nr 22/1974 ARD Aktuelles Recht zum Dienstverhältnis ASoK Arbeits- und SozialrechtsKartei

AÜG Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl Nr 196/1988 BAG Berufsausbildungsgesetz, BGBl Nr 142/1969

BGBl Bundesgesetzblatt

bspw beispielsweise

BV Betriebsvereinbarung

bzw beziehungsweise

DG Dienstgeber

dh das heißt

DN Dienstnehmer

DRdA Das Recht der Arbeit

DRdA-infas Informationen aus dem Arbeits- und Sozialrecht dRGBl deutsches Reichsgesetzblatt

ecolex ecolex - Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht

etc et cetera

f und die folgende Seite

ff und die folgenden Seiten

gem gemäß

GES Zeitschrift für Gesellschaftsrecht und angrenzendes Steuerrecht GesRZ Der Gesellschafter – Zeitschrift für Gesellschafts- und

Unternehmensrecht

GewO 1859 Gewerbeordnung 1859, RGBl Nr 227/1859 GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG GmbH-Gesetz, RGBl Nr 58/1906

(7)

GmbH & Co KG Gesellschaft mit Beschränkter Haftung und Compagnie Kommanditgesellschaft

hA herrschende Ansicht

hL herrschende Lehre

hM herrschende Meinung

idF in der Fassung

idR in der Regel

IESG Insolvenzentgeltsicherungsgesetz, BGBl Nr 324/1977 infas Information für Arbeits- und Sozialrecht

IO Insolvenzordnung, RGBl Nr 337/1914

iSd im Sinne der/des

JGS Justizgesetzsammlung

KG Kommanditgesellschaft

KollV Kollektivvertrag

MSchG Mutterschutzgesetz, BGBl Nr 221/1979 idF BGBl Nr 577/1980

nF neue Fassung

Nr Nummer

OGH Oberste Gerichtshof

OLG Oberlandesgericht

RdW Österreichisches Recht der Wirtschaft

RGBl Reichsgesetzblatt

Rsp Rechtsprechung

Rz Randziffer

SSV-NF Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in Sozialrechtssachen – Neue Folge

SVSlg Sozialversicherungsrechtliche Entscheidungssammlung

SZ Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen

ua unter anderem

UGB Unternehmensgesetzbuch, dRGBl S 219/1897

vgl vergleiche

wbl Wirtschaftsrechtliche Blätter wobl Wohnrechtliche Blätter

Zak Zivilrecht aktuell

ZAS Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht ZFR Zeitschrift für Finanzmarktrecht

(8)

1 Einleitung

Ein wichtiges Wesensmerkmal eines auf unbestimmte Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnisses ist, dass beide Vertragsparteien, AN und AG, dieses jederzeit durch Kündigung beenden können. Dabei sind sie zwar an gewisse, gesetzlich vorgesehene zeitliche Modalitäten (Kündigungsfrist, Kündigungstermin) gebunden, darüber hinaus steht es den Vertragsparteien aber frei, sich ohne Begründung vom Vertragsverhältnis zu lösen.1

ISd Privatautonomie ist es den Vertragsparteien jedoch erlaubt, dieses weitgehend freie Beendigungsrecht durch zusätzliche, idR einzelvertragliche, Vereinbarungen einzuschränken oder sogar gänzlich auszuschließen. Dieses Phänomen wird gemeinhin als partieller bzw gänzlicher Kündigungsverzicht bezeichnet.2

Möchte eine Partei im Arbeitsvertrag auf ihr Kündigungsrecht verzichten, sind allerdings verschiedene Schranken der Rechtsordnung zu beachten. Auffallend ist dabei, dass sich die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Kündigungsverzichts nicht nur unmittelbar aus dem Arbeitsrecht, sondern auch aus anderen Rechtsgebieten, wie dem Gesellschaftsrecht oder Stellvertretungsrecht, ergeben.

Den Ausgangspunkt für die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Thematik bilden drei jüngst ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes. Dieser war in letzter Zeit wiederholt dazu aufgefordert, Kündigungsverzichtsvereinbarungen genauestens zu überprüfen:

Zum einen können sich komplexe gesellschaftsrechtliche Fragen ergeben, wenn ein AN in einer Kapitalgesellschaft angestellt wird und zugleich Anteile an dieser Gesellschaft hält. Für Gesellschafter gilt nämlich das in § 82 GmbHG bzw § 52 AktG verankerte Verbot der Einlagenrückgewähr. Diese Bestimmungen sehen vor, dass sich ein Gesellschafter nicht beliebig vermögenswerte Vorteile aus der Gesellschaft zuwenden darf. Das Höchstgericht hatte in der vorliegenden Entscheidung3 zu beurteilen, ob auch eine arbeitsrechtliche Kündigungsverzichtsvereinbarung gegen das gesellschaftsrechtliche Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßen könne und folglich unwirksam wäre.

1 Neumayr in Reissner/Neumayr (Hrsg), Zeller Handbuch Arbeitsvertrags-Klauseln2 (2019) Rz 11.01.

2 Löschnigg, Arbeitsrecht13 (2017) Rz 8/196.

3 OGH 24.5.2019, 8 ObA 53/18d, Arb 13.590 = GES 2019, 236.

(9)

Zum anderen beschäftigten den Obersten Gerichtshof in zwei weiteren Entscheidungen4 Fälle der sogenannten Kollusion, also des bewussten Zusammenwirkens mehrerer Personen, um einen Dritten zu schädigen. Umstritten war jeweils eine Kündigungsverzichtsvereinbarung in einem Arbeitsvertrag, welche jedoch nicht unmittelbar vom AG selbst, sondern von einem Vertreter desselben abgeschlossen worden war. Der Oberste Gerichtshof hatte zu klären, ob das abgeschlossene Rechtsgeschäft trotz Einhaltung der allgemeinen Voraussetzungen der Stellvertretung als unwirksam zu qualifizieren ist. Mit anderen Worten: ob eine derartige Unwirksamkeit aufgrund einer Kollusion von Vertreter und AN bejaht werden kann.

Der inhaltliche Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf dem Kündigungsverzicht im Arbeitsvertrag. Es ist aber genauso möglich, das Kündigungsrecht des AN bzw des AG im KollV oder in einer BV einzuschränken. Man verwendet diesbezüglich oft den Begriff der Definitivstellung.5

Auch in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen sind Kündigungsausschlüsse sehr geläufig. Es handelt sich dabei um einen speziellen Kündigungsschutz der Beamten, auch Pragmatisierung genannt.6 Inhalt dieser Arbeit bildet allerdings nur der Kündigungsverzicht in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse werden in diesem Zusammenhang nicht weiter behandelt.

Ein umfassender Überblick über den Kündigungsverzicht im Arbeitsvertrag – insbesondere über die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen, die sich unmittelbar aus dem Arbeitsrecht ergeben – bildet daher den ersten Teil dieser Arbeit.

Anschließend soll erforscht werden, inwiefern sich die Regeln des Kündigungsverzichts im Arbeitsvertrag auch auf den freien Dienstvertrag – als typischer Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers – übertragen lassen. Die eingangs dargestellten Fälle zeigen, dass in der Praxis vielfach zugunsten von Geschäftsführern einer GmbH das Kündigungsrecht eingeschränkt wird. Die Rechtsbeziehung einer Gesellschaft zu ihren Organen kennzeichnet sich allerdings durch zahlreiche Besonderheiten. Auch diese Aspekte sollen daher im zweiten Teil meiner Arbeit veranschaulicht werden.

4 OGH 29.10.2014, 9 ObA 68/14m, ARD 6437/7/2015 = ZAS-Judikatur 2015/26, 72; 24.6.2016, 9 ObA 61/16k, DRdA-infas 2016/154, 260.

5 Neumayr in ZellHB AV-Klauseln2 Rz 11.02.

6 Mazal, Pragmatisierungen aufheben?, ecolex 2004, 726 (726).

(10)

In einem weiteren Kapitel werden die Zulässigkeitsgrenzen eines Kündigungsverzichts, die sich aus anderen Rechtsgebieten – insbesondere aus dem Gesellschaftsrecht und aus dem Stellvertretungsrecht – ergeben, dargestellt. Dazu werden die eingangs erwähnten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs herangezogen und umfassend analysiert.

Abschließend werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen in einem Resümee präsentiert.

(11)

2 Der Kündigungsverzicht im Arbeitsvertrag

2.1 Allgemeines

In jedem unbefristeten Arbeitsverhältnis besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sowohl das Kündigungsrecht des AG, als auch des AN partiell oder gänzlich auszuschließen. Ein befristeter Arbeitsvertrag hingegen kann schon seiner Natur nach nicht gekündigt werden, daher ist auch eine zusätzliche Vereinbarung über einen Kündigungsverzicht überflüssig.7

Völlig unabhängig von einer Kündigungsvereinbarung bleibt die Entlassungsmöglichkeit. Bei einem reinen Verzicht auf das Kündigungsrecht steht es den Vertragsparteien weiterhin offen, das Arbeitsverhältnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vorzeitig zu beenden. Auf dieses Recht zur vorzeitigen Lösung aus wichtigem Grund kann bei Vorliegen von Verschulden von keiner Vertragspartei im Voraus gültig verzichtet werden.8

Neben einem gänzlichen Kündigungsausschluss ist auch ein partieller Kündigungsausschluss grundsätzlich möglich. Dabei wird vertraglich die Kündigung nur teilweise eingeschränkt. Dies geschieht bspw durch Bindung der Kündigung an das Vorliegen bestimmter Gründe oder das Einhalten gewisser Formvorschriften. So wäre es denkbar, dass eine Kündigung erst nach der Fällung eines Disziplinarkommissionsbeschlusses wirksam ist.9 Nach der Rsp10 ist dagegen eine Vereinbarung nichtig, in der ein Arbeitsverhältnis nur aus wichtigen Gründen gelöst werden kann und die Beurteilung darüber, ob solche Gründe vorliegen, allein dem AG zusteht. Ein Kündigungsausschluss kann darüber hinaus zeitlich begrenzt werden oder sich auf die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses beziehen.11

Fraglich ist, ob durch einzelvertragliche Regelungen die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats erweitert werden können. So könnte an einen partiellen Kündigungsausschluss gedacht werden, welcher die Kündigung an die Zustimmung des Betriebsrates knüpft.

Aufgrund des zwingenden Charakters des Betriebsverfassungsrechts ist eine solche Vereinbarung allerdings als unzulässig anzusehen.12

7 Neumayr in ZellHB AV-Klauseln² Rz 11.01.

8 Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 8/199.

9 Karl in Marhold/Burgstaller/Preyer (Hrsg), Kommentar zum Angestelltengesetz § 20 Rz 79 (Stand 1.10.2017).

10 OGH 22.9.1993, 9 ObA 175/93, wbl 1994, 53.

11 Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 8/197.

12 Neumayr in ZellHB AV-Klauseln2 Rz 11.03.

(12)

Ein vertraglicher Kündigungsverzicht kann nach den allgemeinen Regeln ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden. Vor allem an einen konkludenten Kündigungsausschluss ist allerdings ein strenger Maßstab zu legen. So stellt der Oberste Gerichtshof13 klar, dass sich allein aus einer Zusage zu einer bestimmten Verwendung nach einer Reorganisation des Betriebs im Zweifel ein konkludenter Verzicht des AG auf sein Kündigungsrecht nicht deuten lässt. Vielmehr muss ein AN hier davon ausgehen, dass diese Zusage nur unter der Voraussetzung gilt, dass sein Arbeitsverhältnis noch aufrecht besteht und diese Reorganisation tatsächlich stattfindet.

In einer weiteren Entscheidung14 wird vom Obersten Gerichtshof festgehalten, dass mit Stilllegung des Betriebes ein Arbeitsverhältnis, sofern nicht anders vereinbart, jedenfalls endet.

Auch bei Vorliegen eines Kündigungsverzichts kann in diesem Fall eine Kündigung rechtmäßig erfolgen.

Im Falle der Insolvenz des AG ist die begünstigte Lösungsmöglichkeit des AG bzw des Insolvenzverwalters zu beachten. Gem § 25 Abs 1 IO sind dabei nur die gesetzlichen und kollektivvertraglichen Kündigungsfristen einzuhalten. Alle anderen Kündigungs- beschränkungen, vor allem auch jene im Arbeitsvertrag, sind dagegen unbeachtlich. Ein Kündigungsverzicht spielt bei der Berechnung der Kündigungsentschädigung und der Abfertigung im Insolvenzfall daher keine Rolle.15 Dasselbe gilt für Ansprüche aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds nach § 3 Abs 3 IESG.16

Eine wichtige Rechtsfrage im Zusammenhang mit einem Kündigungsausschluss ist der konkrete Zeitpunkt, ab welchem wieder eine rechtsgültige Kündigung abgegeben werden kann.

Je nach Parteienabsicht bedeutet ein Kündigungsverzicht über eine bestimmte Zeit, dass eine Kündigung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gar nicht erst ausgesprochen werden darf oder, dass das Arbeitsverhältnis nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt enden soll. Bei einem Kündigungsverzicht von bspw drei Jahren auf Seiten des AG hätte dies zur Folge, dass einem AN innerhalb dieser Frist überhaupt keine Kündigung zugehen darf, oder aber ein Zugang möglich ist, jedoch mit der Einschränkung, dass die Kündigung das Rechtsverhältnis erst nach diesen vereinbarten drei Jahren beendet.17

13 OGH 16.1.1991, 9 ObA 324/90, ecolex 1991, 270.

14 OGH 28.11.2001, 9 ObA 264/01s, ZAS 2003/20, 112 (Gerlach) = ASoK 2003, 299 (Stärker).

15 Neumayr in ZellHB AV-Klauseln² Rz 11.22.

16 OGH 10.12.1998, 8 ObS 2339/96w, SSV-NF 12/163 = SVSlg 46.937.

17 Neumayr in ZellHB AV-Klauseln² Rz 11.19.

(13)

Der Oberste Gerichtshof ging diesbezüglich in einer Entscheidung aus dem Jahr 201918 von der zweiten angeführten Auslegungsvariante aus. Ohne genauere Begründung scheint es für eine rechtswirksame Kündigung im Zweifel nur entscheidend, dass das Ende des Arbeitsverhältnisses außerhalb des vereinbarten Kündigungsausschlusses liegt. In einer älteren Entscheidung aus 197519 wählte der Oberste Gerichtshof hingegen noch genau den entgegengesetzten Interpretationsweg. So wird aus der Unkündbarkeit des Vertragsverhältnisses geschlossen, dass eine Kündigung erst nach Ablauf der vereinbarten Frist ausgesprochen werden darf.

Holzer20 geht in ihrer Entscheidungsbesprechung diese Problematik mit einem Vergleich zur gesetzlichen Lage zum besonderen Kündigungsschutz an. Der Oberste Gerichtshof kommt allerdings in Bezug auf den Kündigungsschutz nach dem MSchG, ArbVG oder BAG je nach dem konkreten Zweck des Gesetzes zu unterschiedlichen Auslegungen.

Bspw dient das MSchG vor allem dem gesundheitlichen Schutz der Mutter. Ihr Arbeitsplatz soll eine gewisse Zeit lang absolut gesichert sein, um Beunruhigungen betreffend ihrer Existenzgrundlage soweit wie möglich zu vermeiden. Um diesem Zweck gerecht zu werden, legt der Oberste Gerichtshof die Schutzfrist als absolutes Kündigungsverbot aus. Eine rechtmäßige Kündigung darf der Mutter erst nach dem Ende der Frist gem § 10 Abs 1 MSchG, unabhängig vom konkreten Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses, zugehen. Ähnlich zu beurteilen ist die gesetzliche Lage zum Bestandschutz von Betriebsratsmitgliedern nach

§§ 120 f ArbVG. Auch hier stellt der Sonderschutz auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung und nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab. Zu einem anderen Ergebnis kommt der Oberste Gerichtshof hingegen in Bezug auf die Behaltefrist von Lehrlingen nach § 18 BAG. Hier wird die Drei-Monats-Frist für ausreichend gesehen, um dem Lehrling den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Eine Befristung für die Dauer der Behaltefrist oder ein Ausspruch der Kündigung innerhalb der Behaltefrist zum nächstmöglichen Kündigungstermin stehen nicht im Widerspruch zum Zweck der Weiterverwendungspflicht. Insgesamt liefern daher die unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen zum besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz kein einheitliches Ergebnis.

18 OGH 25.6.2019, 9 ObA 53/18m, DRdA 2020/23, 261 (Holzer) = ZAS 2020/55, 333 (Melzer-Azodanloo).

19 OGH 2.12.1975, 4 Ob 74/75.

20 Zugang der Kündigung während besonderem vertraglichen Kündigungsschutz: Folgen für die Rechtswirksamkeit, DRdA 2020, 261 (265 f).

(14)

In Anbetracht dessen spricht sich Holzer21 für eine differenzierte Auslegung in Bezug auf den vertraglichen Kündigungsausschluss aus. So wie es beim gesetzlichen Kündigungsschutz auf den angestrebten Zweck ankommt, ist bei einem vertraglichen Kündigungsschutz die konkrete Parteienabsicht maßgeblich. Es bedarf immer einer Beurteilung im Einzelfall. Es wird aber festgehalten, dass diesem absoluten Kündigungsverbot nach dem MSchG oder ArbVG ein umfassender Zweck zu Grunde liegt und die Parteien wohl nur in den wenigsten Fällen eine in ihrer Intensität ähnliche Absicht haben werden. Unter Berücksichtigung aller Umstände kann Holzer zufolge daher auch dem Ergebnis der Entscheidung OGH 9 ObA 53/18m beigepflichtet werden.

Auch Mazal22 warnt diesbezüglich vor einem undifferenzierten Rückgriff auf die Rsp zu den gesetzlichen Kündigungsverboten. Er plädiert stattdessen – ähnlich wie Holzer – für eine Auslegung der konkreten Vertragsklausel über die Unkündbarkeit im Einzelfall. Zum einen kann der Wortlaut einen guten Hinweis auf den gemeinten Inhalt geben. So deutet die Formulierung, die dem AG schlichtweg verbietet „zu kündigen“, auf ein umfassendes Verbot, eine Kündigung während dieser Zeit gar nicht erst auszusprechen, hin. Demgegenüber lässt eine Vertragsklausel, dass vor Ablauf einer bestimmten Frist das Arbeitsverhältnis „nicht enden“ soll, vermuten, dass nur das Ende des Arbeitsverhältnisses nach dem geschützten Zeitraum liegen soll. Einen weiteren Anhaltspunkt kann auch der erkennbare Zweck liefern.

Soll das Arbeitsverhältnis bspw bis zum Erreichen des Pensionsalters gesichert werden, soll damit wohl nur ein vorzeitiges Enden verboten werden. Eine Kündigungserklärung vor Ablauf der Frist mit beendigender Wirkung zum Zeitpunkt des Erreichens des Pensionsalters ist in diesem Fall als zulässig anzusehen. Eine andere Auslegung würde nur dazu führen, dass der AG den AN über das Pensionsalter hinaus, zumindest bis Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfristen und -termine, nicht mehr losbringt. Das kann aber wohl nicht dem Parteiwillen entsprechen.

2.2 Kündigungsverzicht des Arbeitnehmers

Ein Kündigungsverzicht von Seiten des AN ist nicht ohne Weiteres möglich. Zwingende arbeitsrechtliche Normen gewährleisten sowohl für Angestellte als auch für Arbeiter eine weitreichende Kündigungsfreiheit. Es soll dem AN ermöglicht werden, dass er sich in

21 DRdA 2020, 267.

22 Zum Zeitplan der Kündigung bei Kündigungsverboten, RdW 1986, 46 (47).

(15)

angemessener Zeit von einem eingegangenen Arbeitsverhältnis auch wieder lösen kann. Jede Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten bedeutet für den AN weniger Flexibilität in seiner Arbeitsplatzwahl und stellt daher einen Nachteil dar.23 Ein vertraglicher Kündigungsausschluss ist deshalb nur in sehr engen, gesetzlich vorgesehenen Grenzen möglich. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtslage für Angestellte und Arbeiter, jedenfalls bis 30.6.2021, werden diese beiden Arbeitnehmergruppen nachstehend getrennt betrachtet.

2.2.1 Kündigungsregeln für Angestellte

Für Angestellte die unter den Anwendungsbereich des AngG fallen sind die Kündigungsregeln in § 20 Abs 4 AngG maßgeblich. Demnach stehen einem Angestellten grundsätzlich Kündigungsmöglichkeiten jeweils unter Einhaltung einer einmonatigen Frist zum letzten Tag eines Kalendermonats offen.

Das Gesetz ermöglicht es aber zu Lasten des Angestellten, die Kündigungsfrist durch Vereinbarung bis zu einem halben Jahr auszudehnen. Das allerdings nur unter der Voraussetzung, dass auch der AG eine gleich lange oder längere Kündigungsfrist einzuhalten hat (§ 20 Abs 4 letzter Satz AngG). Es ist zu beachten, dass es sich hierbei um eine Ausnahmeregelung handelt. Das bedeutet, dass diese im Zweifel eng auszulegen ist. Es wäre daher verfehlt, § 20 Abs 4 letzter Satz AngG so zu interpretieren, dass jede Kündigungsvereinbarung, die das Arbeitsverhältnis innerhalb der Sechs-Monats-Grenze enden lässt, zulässig sei. Von dieser Bestimmung ist bspw die vertragliche Regelung, dass die Kündigungsfrist vier Wochen beträgt und als Kündigungstermin aber nur mehr das Ende jedes Jahresquartals in Frage kommt, auch wenn damit ein Arbeitsverhältnis jedenfalls vor Ablauf eines halben Jahres endet, nicht gedeckt. Der Gesetzgeber hat den Freiraum in § 20 Abs 4 AngG gerade nur für Kündigungsfristen vorgesehen.24 Der Kündigungstermin des Angestellten zum Monatsende stellt hingegen einen Mindeststandard dar.25

Umgekehrt ist jede vertragliche Besserstellung eines Angestellten zulässig. Es darf ohne Weiteres die Kündigungsfrist verkürzt oder die Anzahl an Kündigungsterminen erhöht werden.

Das ergibt sich schon aus der Wortfolge „Mangels einer für ihn günstigeren Vereinbarung…“

in § 20 Abs 4 AngG. Verstärkt wird diese einseitig zwingende Wirkung der Kündigungsregeln

23 Resch, Grenzen privatautonomer Dispositionen über das Auflösungsrecht des Arbeitnehmers, ZAS 1991, 4 (4).

24 Trost in Löschnigg (Hrsg), Angestelltengesetz: Band 210 (2016) § 20 Rz 103.

25 Reissner/Heinz-Ofner in Reissner (Hrsg), Angestelltengesetz3 (2019) § 20 Rz 42.

(16)

durch die Aufzählung in § 40 AngG. Ob eine Regelung tatsächlich günstiger für den AN ist, entscheidet nach Rsp und Lehre der sogenannte Gruppenvergleich.26 Dabei werden rechtlich und sachlich zusammenhängende Normen, also jene Bestimmungen, die den gleichen Regelungsgegenstand betreffen, einander gegenübergestellt (vgl § 3 Abs 2 ArbVG). In concreto bedeutet das, dass Kündigungsfristen und -termine als Einheit zu betrachten sind.27 Dagegen dürfen völlig andersartige Gegenleistungen im Günstigkeitsvergleich nicht berücksichtigt werden. So kann bspw ein zusätzliches Weihnachtsgeld die Erschwerung der Kündigungsmöglichkeiten nicht kompensieren.28 Voneinander getrennt zu betrachten sind auch die Lösung von Seiten des AG und die Lösung von Seiten des AN.29 Bei der Beurteilung der Begünstigung oder Benachteiligung ist eine ex-ante-Prüfung durchzuführen. Es ist jener Zeitpunkt maßgeblich, zu dem sich die in den Gruppenvergleich einzubeziehenden Bestimmungen erstmals gegenüberstanden.30

Aus § 20 Abs 4 AngG und § 1159c ABGB wird neben dem Kündigungsfristengleichheitsgebot bzw dem allgemeinen Günstigkeitsprinzip darüber hinaus der Grundsatz der Kündigungsgleichheit abgeleitet. Nach anerkannter Rsp darf ein AN in Bezug auf die Lösbarkeit vom Arbeitsverhältnis besser oder gleich, niemals aber schlechter, als sein AG gestellt werden.31 In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass bei gleich langen Kündigungsfristen für AN und AG der gesetzliche Rahmen von maximal 24 Kündigungsterminen auf Seiten des AG (vgl § 20 Abs 3 AngG sowie Punkt 2.3) nur dann ausgeschöpft werden darf, wenn diese 24 Kündigungstermine auch einem AN eingeräumt werden.32

Dieser Grundsatz soll auch nicht dadurch umgangen werden, dass dem AN sein Kündigungsrecht auf sonstige Weise vertraglich erschwert wird. Eine Vereinbarung ist unzulässig, wenn zwar für AN und AG gleiche Kündigungsfristen und -termine festlegt sind, aber durch sonstige Nachteile tatsächlich die Kündigungsfreiheit des AN im Vergleich zum AG erheblich eingeschränkt ist. Es handelt sich hierbei oft um Abreden, die eine Kündigung des

26 Reissner/Heinz-Ofner in Reissner, AngG3 § 20 Rz 38 ff.

27 Drs in Neumayr/Reissner (Hrsg), Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 (2018) § 40 AngG Rz 2.

28 OGH 14.9.1998, 9 ObA 178/88, Arb 10.729 = wbl 1989, 123; vgl auch OGH 8.6.1994, 9 ObA 104/94, Arb 11.206 = ARD 4575/26/94.

29 Reissner/Heinz-Ofner in Reissner, AngG3 § 20 Rz 38.

30 Drs in ZellKomm3 § 40 AngG Rz 2; RIS-Justiz RS0051060.

31 Reissner in Neumayr/Reissner (Hrsg), Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 (2018) § 20 AngG Rz 55; RIS- Justiz RS0028854, RS0114302.

32 OGH 28.11.2007, 9 ObA 116/07k, Arb 12.717 = RdW 2008/433, 472; RIS-Justiz RS0114302.

(17)

AN an finanzielle Opfer von größerem Ausmaß knüpfen, bspw an den Verfall von Kautionen, Vertragsstrafen, den Wegfall von Erfolgsbeteiligungen oder das Zurückerstatten bereits empfangener Leistungen.33

Dieses dargestellte Kündigungsgleichheitsprinzip ist von nicht unbeachtlicher Bedeutung und muss stets auch bei Vereinbarung eines Kündigungsausschlusses berücksichtigt werden. Mit dieser Problematik sah sich auch jüngst der Oberste Gerichtshof34 konfrontiert.

Den Kern der Diskussion bildete ein vereinbarter beidseitiger Kündigungsausschluss über drei Jahre, allerdings mit Sonderkündigungsrecht des AG für den Fall, dass die wirtschaftlichen Ziele der Gesellschaft in ihrem Businessplan nicht erreicht werden würden. Das Höchstgericht hat festgehalten, dass es sich hierbei um eine unzulässige Besserstellung des AG handle. Nicht zielführend war das Argument, dass eine Lösungsmöglichkeit aus demselben Grund für den AN sinnlos wäre. Es ändert nämlich nichts an dem Umstand, dass dem AN keine gleichwertige Kündigungsmöglichkeit aus für ihn relevanten Gründen eingeräumt wurde. Diese Klausel stellt somit einen Verstoß gegen das Kündigungsgleichheitsgebot – in der Entscheidung als Symmetriegebot bezeichnet – dar.

An dieser Stelle muss vollständigkeitshalber noch darauf hingewiesen werden, dass auch dem KollV nach § 2 Abs 2 Z 2 ArbVG und der BV nach § 97 Abs 2 Z 22 ArbVG die Kompetenz zusteht, die gesetzlichen Kündigungsregeln abzuändern. Dabei ist zu beachten, dass im Verhältnis dieser Rechtsgrundlagen zueinander das Günstigkeitsprinzip gilt. Der AN darf im KollV, in der BV und vor allem auch im nachgeordneten Arbeitsvertrag immer nur bessergestellt werden. Normiert daher der KollV eine Kündigungsfrist des AN von nur einer Woche, kann einzelvertraglich nicht mehr auf die gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist von vier Wochen zurückgegriffen werden. Man ist auch hier angehalten, einen Günstigkeitsvergleich iSd Gruppenvergleichs durchzuführen.35

Das herrschende Günstigkeitsprinzip führt letztlich auch dazu, dass nicht nur im Arbeitsvertrag, sondern genauso im KollV oder in der BV ein umfangreicher Kündigungsausschluss des AN nicht möglich ist. Die gesetzlichen Schutzvorschriften des AN zur Kündigung sind genauso für diese Rechtsquellen beachtlich.36

33 OGH 8.7.1992, 9 ObA 142/92, Arb 11.043 = ZAS 1994, 5; RIS-Justiz RS0028260; Karl in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 20 Rz 67 ff.

34 OGH 25.6.2019, 9 ObA 53/18m, Arb 13.594 = ZAS 2020/55, 333.

35 Tinhofer in Reissner/Neumayr (Hrsg), Zeller Handbuch Arbeitsvertrags-Klauseln2 (2019) Rz 10.15.

36 Drs in ZellKomm3 § 40 AngG Rz 1.

(18)

Werden im Arbeitsvertrag die Kündigungsregeln übergeordneter Rechtsquellen (BV, KollV und Gesetz) nicht beachtet und kommt es dadurch zu einer nachteiligen Regelung zu Lasten des AN, ist diese teilnichtig. Der betreffende Teil ist durch zwingendes Recht zu ersetzen.37 So wäre für den Angestellten auch ein unzulässig vereinbarter Kündigungsverzicht nicht beachtlich. Er hat das Recht, das Arbeitsverhältnis nach den gesetzlichen Vorschriften jederzeit zu beenden.

2.2.2 Kündigungsregeln für Arbeiter

Für Arbeiter, die unter den Anwendungsbereich des § 73 GewO 1859 fallen, sind bei Kündigung bis inklusive Juni 2021 die Regelungen in § 77 GewO 1859 maßgeblich. Demnach darf jeder Arbeiter unter Einhaltung einer 14-tägigen Frist sein Arbeitsverhältnis kündigen.

Einen einzuhaltenden Kündigungstermin sieht die GewO 1859 nicht vor.

Wesentlicher Unterschied dieser Regelung zu jener im AngG ist, dass es sich hierbei um abdingbares Recht handelt. Nachgeordneten Rechtsquellen ist es erlaubt, die Kündigungsmöglichkeiten eines Arbeiters beliebig – auch in nachteiliger Weise – abzuändern.

Grundsätzlich könnte ein Arbeiter iSd GewO 1859 daher einen sehr umfassenden Kündigungsverzicht abgeben. Schutz vor solch belastenden Arbeitsvertragsklauseln bietet in der Praxis vor allem der anwendbare KollV. Legt ein KollV eine Kündigungsfrist oder einen Kündigungstermin fest, darf hiervon nach dem Günstigkeitgebot nicht zu Lasten des AN im Arbeitsvertrag oder in einer BV abgegangen werden. Auch hier ist wieder auf den notwendigen Gruppenvergleich zu verweisen.38

In der Lehre sehr umstritten ist das Fristengleichheitsgebot nach § 1159c ABGB. Dieses besagt, dass Kündigungsfristen für AG und AN gleich lang zu sein haben. Werden im Arbeitsvertrag (oder im KollV oder in der BV) ungleiche Zeiten normiert, gilt für beide Teile die längere der gewählten Frist.39 Nach hA findet diese Norm auch auf einen Arbeiter iSd GewO 1859 Anwendung.40 Kritische Stimmen sprechen sich dagegen für eine klare Trennung zwischen dem Kündigungsrecht nach der GewO 1859 und nach dem ABGB aus. So möchte

37 Drs in ZellKomm3 § 40 AngG Rz 5.

38 Tinhofer in ZellHB AV-Klauseln2 Rz 10.31.

39 Reissner in ZellKomm3 § 1159c ABGB Rz 7 ff.

40 OGH 8.7.1992, 9 ObA 142/92, DRdA 1993/12, 117 (krit Grillberger), ZAS 1994/5, 60 (Micheler); Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 8/017; Tinhofer in ZellHB AV-Klauseln2 Rz 10.32.

(19)

Reissner41 den § 1159c ABGB für Arbeiter nach der GewO 1859 nicht heranziehen. Da § 1159c ABGB in § 1164 ABGB nicht erwähnt ist, stellt sich als zweite Frage, ob dem Fristengleichheitsgebot zweiseitig oder einseitig zwingende Wirkung zukommt. Inhalt, Formulierung und Zweck der Norm würden grundsätzlich eine zweiseitig zwingende Wirkung nahelegen. Das würde aber bedeuten, dass ein AN durch diese Norm nicht nur begünstigt, sondern auch benachteiligt werden kann. Man denke an den Fall, dass der AG sich zu einer Kündigungsfrist von einem Jahr überzeugen lässt. Folglich wäre für den AN nur dieselbe, nicht aber eine kürzere, für ihn günstigere Kündigungsfrist vereinbar.42 Dieses Resultat entspricht aber gerade nicht dem Interesse des AN bzw dem arbeitsrechtlichen Schutzprinzip. Zahlreiche Stimmen in der Lehre43 gehen deshalb von einer nur einseitig zwingenden Wirkung des § 1159c ABGB zugunsten des AN aus. Auch die Rsp44 lässt eine Begünstigung des AN durch ungleiche Kündigungsfristen zu.

Subsidiär gelten für all jene Arbeiter, die nicht unter die GewO 1859 oder andere Sondergesetze fallen, die Regelungen in §§ 1159 ff ABGB.45 Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen Art der Tätigkeit, Entgeltbemessung, Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Inanspruchnahme der Erwerbstätigkeit.

Alle AN, die keine Dienste höherer Art verrichten und nach Stunden oder Tagen bzw nach Stück oder Einzelleistungen bezahlt werden, können gem § 1159 ABGB jederzeit mit Ende des Folgetages kündigen. Nimmt das Arbeitsverhältnis die Erwerbstätigkeit des AN hauptsächlich in Anspruch und hat es schon mehr als drei Monate gedauert oder ist das Entgelt nach Wochen bemessen, ist die Kündigung allerdings spätestens am ersten Werktag für den Schluss der Kalenderwoche zulässig. § 1159a ABGB legt weiters eine vierwöchige Kündigungsfrist für jene AN, die Dienste höherer Art verrichten, fest. Vorausgesetzt wird aber, dass diese Dienste die Erwerbstätigkeit des AN hauptsächlich in Anspruch nehmen. Dem gleichgestellt ist, dass die Bemessung des Entgelts nach Jahren erfolgt. Für alle anderen Fälle normiert § 1159b ABGB eine 14-tägige Kündigungsfrist. Zu beachten ist auch das bereits genannte Fristengleichheitsgebot nach § 1159c ABGB.

41 in ZellKomm3 § 1159c ABGB Rz 6.

42 Krejci in Rummel (Hrsg), Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch3 § 1159c ABGB Rz 86 (Stand 1.1.2000, rdb.at); Reissner in ZellKomm3 § 1159c ABGB Rz 2 f.

43 Resch, ZAS 1991, 9 f; Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 8/017.

44 OGH 8.7.1992, 9 ObA 142/92, DRdA 1993/12, 117 (Grillberger), ZAS 1994/5, 60 (Micheler).

45 Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 8/021.

(20)

Diesen Kündigungsregeln kommt gem § 1164 ABGB einseitig zwingende Wirkung zu.

Die Kündigungsfreiheit des AN darf daher über die gesetzlichen Grenzen hinweg nicht eingeschränkt werden.46 Ein vollständiger Kündigungsausschluss kommt demnach auch für einen Arbeiter nach ABGB nicht in Frage.

Wie bereits zu Beginn angemerkt, treten diese dargestellten Regelungen für Arbeiter mit 1.7.2021 außer Kraft. § 77 GewO 1859 sowie §§ 1159 ff ABGB werden durch den neuen

§ 1159 ABGB ersetzt. Zum einen endet damit die Doppelgleisigkeit des Kündigungsrechts eines Arbeiters in der GewO 1859 und im ABGB. Zum anderen soll diese Gesetzesnovelle zu einer Angleichung der Angestellten- und Arbeiterstellung nun auch im Kündigungsrecht führen. § 1159 ABGB entspricht in seiner neuen Fassung weitgehend § 20 AngG.47 Mit Juli 2021 gelten daher die Ausführungen zu den Angestellten (vgl Punkt 2.2.1) auch für die Kündigung des Arbeiters.

2.2.3 Befristungen und Vertragsverhältnisse auf Lebenszeit

Ein befristetes Arbeitsverhältnis und ein Arbeitsverhältnis mit einem Kündigungsverzicht haben gemeinsam, dass die Möglichkeit der Kündigung über eine gewisse Dauer hinweg vertraglich ausgeschlossen wird. Beides bietet grundsätzlich die Möglichkeit, einen AN auf bestimmte Zeit an ein Arbeitsverhältnis zu binden. Für unbefristete Arbeitsverträge wurde bereits ausgeführt, dass gesetzliche Normen allerdings eine zu starke Bindung des AN an seinen Arbeitsplatz gerade verhindern wollen und stattdessen zwingende Kündigungsmöglichkeiten vorsehen. Auch im Falle einer Befristung verfolgt der Gesetzgeber konsequenterweise dieses Anliegen und ermöglicht es daher gem § 21 AngG und § 1158 Abs 3 ABGB dem AN, jedenfalls nach fünf Jahren sein Arbeitsverhältnis zu beenden.48

Wesentlicher Unterschied einer Befristung im Vergleich zu einem Arbeitsverhältnis mit Kündigungsverzicht sind allerdings die Rechtsfolgen einer vorzeitigen, unzulässigen Beendigung. Im Falle einer Befristung gilt nach hM mit der Kündigung das Arbeitsverhältnis als beendet, es gebührt dem AN Schadenersatz. Im Falle eines Arbeitsverhältnisses mit Kündigungsverzicht steht dem AN hingegen ein Wahlrecht zu. Er kann auf Fortführung des Arbeitsverhältnisses bestehen oder die Beendigung gegen sich gelten lassen und Schadenersatz

46 Drs in ZellKomm3 § 1164 ABGB Rz 1.

47 Thöny-Maier, Kündigungsfristen und -termine Arbeiter (Stand 15.1.2021, Lexis Briefings in lexis360.at).

48 Neumayr in ZellHB AV-Klauseln2 Rz 11.08.

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fordern (vgl Punkt 2.4).49 Es muss daher stets zwischen einem befristeten Arbeitsverhältnis und einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit Kündigungsverzicht unterschieden werden.

Vor allem bei der Zuordnung des in § 21 AngG und § 1158 Abs 3 ABGB genannten

„Arbeitsverhältnis auf Lebenszeit einer Person“ ist diesbezüglich Vorsicht geboten. Eine solche Vereinbarung zwischen AG und AN ist mehr als eine reine Befristung. Ein Arbeitsverhältnis würde ohnehin aufgrund der höchstpersönlichen Leistungspflicht eines AN mit dessen Tod enden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Vertragsparteien bei einem Arbeitsverhältnis auf Lebenszeit des AN eine spezielle Bestandfestigkeit ausdrücken wollten. Es handelt sich somit um ein befristetes Arbeitsverhältnis mit Kündigungsausschluss. Damit kommt bei rechtswidriger Lösungserklärung des AG dem AN das Wahlrecht zu.50

2.3 Kündigungsverzicht des Arbeitgebers

Ein AG kann, anders als der AN, ohne Weiteres auch gänzlich auf sein Kündigungsrecht über die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses verzichten.51 Zwar sieht das Gesetz auch für den AG einzuhaltende Kündigungsfristen und -termine vor (vgl § 20 Abs 2 und Abs 3 AngG,

§ 77 GewO 1859, § 1159 ff ABGB bzw § 1159 Abs 2 und Abs 3 ABGB nF), es handelt sich hier aber um eine Untergrenze. Bspw dürfen vom AG einzuhaltende Kündigungsfristen verlängert und Kündigungstermine reduziert werden. Jede Einschränkung der Kündigungsfreiheit des AG verschafft dem AN letztlich einen länger gesicherten Arbeitsplatz.

Eine vertragliche Begünstigung des AN ist nach den allgemeinen Grundsätzen (Günstigkeitsprinzip) zulässig.52

Jedenfalls einzuhalten hat ein AG eine Kündigungsfrist von mindestens sechs Wochen und den Kündigungstermin jeweils zum Ablauf eines Kalendervierteljahres. Die Kündigungsfrist verlängert sich allerdings mit den jeweiligen Dienstjahren. Durch Vereinbarung könnten allerdings die Kündigungstermine auf bis zu 24 im Jahr – jeweils zum 15. und letzten Tag des Monats – erhöht werden. Ab 1.7.2021 gilt diese Rechtslage einheitlich für alle AG und AN.53 Für Arbeiter, die vor diesem Datum gekündigt werden, sind dagegen die

49 Trost in Löschnigg, AngG10 § 19 Rz 32.

50 Karl in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 21 Rz 6 ff.

51 Neumayr in ZellHB AV-Klauseln² Rz 11.16.

52 Vgl § 40 AnG, § 1164 ABGB.

53 Vgl § 20 Abs 2 und Abs 3 AngG, § 1159 Abs 2 und Abs 3 ABGB nF.

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alten Bestimmungen in der GewO 1859 und ABGB beachtlich. Das Kündigungsrecht des AG ist hier spiegelbildlich zu jenem des AN gestaltet, es gelten dieselben Kündigungsfristen und -termine.54 Es kann insofern auf die Ausführungen in Punkt 2.2.2 verwiesen werden.

Ein AG kann, neben der Möglichkeit, durch einzelvertragliche Regelung einen Kündigungsausschluss zu vereinbaren, in seiner Kündigungsfreiheit auch durch KollV nach

§ 2 Abs 2 Z 2 ArbVG oder fakultative BV nach § 97 Abs 1 Z 22 ArbVG eingeschränkt sein (vgl Punkt 2.5).55

2.4 Rechtsfolgen eines vertraglichen Kündigungsverzichts

Für die Rechtsfolgen eines vertraglichen Kündigungsausschlusses werden jene des besonderen gesetzlichen Kündigungs- und Entlassungsschutzes analog angewendet. Der Oberste Gerichtshof spricht sich in solchen Fällen für das sogenannte Wahlrecht des AN aus.

Grundsätzlich ist bei vereinbartem Kündigungsverzicht eine Kündigung, genauso wie eine ungerechtfertigte Entlassung, unwirksam und kann daher das Arbeitsverhältnis nicht beenden.

Dem AN steht daher ein Entgeltanspruch nach § 1155 ABGB als Erfüllungsanspruch zu.

Daneben hat der AN aber die Möglichkeit, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen sich gelten zu lassen und sich mit Ersatzansprüchen zu begnügen. Hier kommt insbesondere die Kündigungsentschädigung gem § 1162b ABGB bzw § 29 AngG in Betracht. Umgekehrt können auch dem AG Schadenersatzansprüche gegenüber dem AN in Analogie zu § 1162a ABGB bzw § 28 AngG entstehen, wenn letzterer seine Kündigungsausschlussvereinbarung bricht.56

Dieser Bestandschutz bzw dieses Wahlrecht im Falle eines Kündigungsverzichts geht jedoch nicht so weit, dass jeder Fehler im Zusammenhang mit der Kündigung diese automatisch unwirksam werden lässt. Vor allem bei einem partiellen Kündigungsausschluss ist bezüglich der Rechtsfolgen Vorsicht geboten. Wird nämlich eine Kündigung an das Vorliegen bestimmter Gründe gebunden, ist eine Kündigung oder ungerechtfertigte Entlassung nur dann unwirksam, wenn es an dem vorgeschriebenen Grund fehlt. Wäre die Kündigung nach dem Vertrag allerdings an sich zulässig, es liegt also ein Kündigungsgrund vor, werden aber die notwendigen

54 Vgl § 77 GewO 1859, § 1159 ff ABGB.

55 Neumayr in ZellHB AV-Klauseln² Rz 11.01 ff.

56 Neumayr in ZellHB AV-Klauseln² Rz 11.17 ff.

(23)

Fristen bzw Termine nicht eingehalten, handelt es sich dagegen nur um eine zeitwidrige Kündigung. Diese hat zur Folge, dass Schadenersatzansprüche entstehen. Das Arbeitsverhältnis wird aber jedenfalls beendet. Es besteht in einem solchen Fall kein Wahlrecht.57

Abgelehnt wird nach ständiger Rsp eine Konversion einer unwirksamen Beendigung zu einer wirksamen zu einem späteren Zeitpunkt.58

2.5 Exkurs: Der Kündigungsverzicht im Kollektivvertrag bzw in der Betriebsvereinbarung

An den unterschiedlichen Stellen wurde immer wieder auf die Regelungskompetenz der BV sowie des KollV in Bezug auf einen Kündigungsausschluss hingewiesen. In diesem Teil der Arbeit soll daher vertieft erarbeitet werden auf welchen Rechtsgrundlagen basierend ein KollV bzw eine BV das Kündigungsrecht des AN bzw AG abändern darf und wie weit diese Ermächtigungen reichen.

Für den KollV ist diesbezüglich die Regelungskompetenz in § 2 Abs 2 Z 2 ArbVG einschlägig. Ua ist es demnach dem KollV gestattet, die „gegenseitigen aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten der AN und der AG“ zu regeln. Man spricht in diesem Zusammenhang von den sogenannten Inhaltsnormen. Von diesem Tatbestand umfasst sind nach Rsp und Lehre alle typischen, wesentlichen und regelmäßig wiederkehrenden Inhalte eines Arbeitsvertrages.59 Darunter lässt sich auch die Regelungsbefugnis des KollV in Bezug auf die Abänderung bzw Beschränkung des Kündigungsrechts des AN bzw des AG subsumieren. Es ist einem KollV daher grundsätzlich gestattet einen Kündigungsausschluss zu normieren.60

§ 97 Abs 1 Z 22 ArbVG ermächtigt auch die BV zur Regelung von, „Kündigungsfristen und Gründe zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. Mittels einer fakultativen BV, das bedeutet einer freiwilligen, nicht erzwingbaren BV,61 ist es daher möglich das Kündigungsrecht sowohl des AG, als auch des AN abzuändern. Obwohl in dieser Bestimmung

57 OGH 10.4.2008, 9 ObA 180/07x, ecolex 2008/319, 847 = infas 2008 A 74.

58 RIS-Justiz RS0101989.

59 Mosler/Felten in Gahleitner/Mosler (Hrsg), Arbeitsverfassungsrecht: Band III6 (2020) § 2 Rz 44 ff.

60 Reissner in ZellKomm3 § 2 ArbVG Rz 48; ua auch OGH 10.5.1995, 9 ObA 52/95, Arb 11.397 = RdW 1996, 130.

61 Reissner in ZellKomm3 § 97 ArbVG Rz 11 f.

(24)

nur die Kündigungsfristen ausdrücklich genannt werden, führt eine teleologische Auslegung dieser Norm unstrittig dazu, dass auch das Festlegen von Kündigungsterminen in einer BV möglich ist. Ebenso von diesem Ermächtigungstatbestand umfasst, ist das Vorschreiben von Kündigungsgründen.62

Auch das Einhalten spezieller Formvorschriften, wie der Schriftlichkeit, im Zusammenhang mit der Kündigung könnte in einer BV nach Felten/Preiss63 verankert sein.

Reissner64 stimmt dieser Ansicht allerdings nur soweit zu, als dass bei Binden der Kündigung an wichtige Gründe vorgeschrieben werden darf, dass diese wichtigen Gründe in Schriftform erklärt werden müssen. Binder65 hält dagegen das Normieren von Formvorschriften in der BV in jedem Fall für unwirksam.

Auch bezüglich der Zulässigkeit eines gänzlichen Kündigungsausschlusses in der BV herrscht geteilte Ansicht. Felten/Preiss66 sprechen der BV keine Regelungskompetenz zum gänzlichen Ausschluss des Kündigungsrechts des AG zu. Eine solch weite Auslegung des Wortlautes der Bestimmung erscheint ihnen fraglich. Reissner67 vertritt gegenteilige Position und erlaubt auch den totalen Ausschluss der AG-Kündigung in der BV.

Aufgrund dieser grundsätzlichen Regelungsbefugnis des KollV bzw der BV über die Kündigungszeiten darf jedoch nicht auf ein schrankenloses Recht zur Normierung eines Kündigungsausschlusses geschlossen werden. Genauso wie für den Arbeitsvertrag sind auch für den KollV bzw die BV die einseitig zwingenden gesetzlichen Bestimmungen beachtlich.68 Jedenfalls zulässig sind aber Regelungen, die zugunsten des AN von der gesetzlichen Lage abweichen, dh den AN besserstellen.69 Sofern das Gesetz einen Spielraum offenlässt, darf auch dieser ausgeschöpft werden. So kann in der BV oder im KollV vereinbart werden, dass nach

§ 20 Abs 3 AngG die Kündigungsfrist des AG am 15. oder letzten Tag eines jeden Kalendermonats endet.70 Vereinzelt finden sich allerdings Meinungen in der Lehre71, die vor allem die Ausdehnung der Kündigungsfrist des AN auf sechs Monate (vgl § 20 Abs 4 AngG)

62 Reissner in ZellKomm3 § 97 ArbVG Rz 103.

63 in Gahleitner/Mosler, ArbVR III6 § 97 Rz 178.

64 in ZellKomm3 § 97 ArbVG Rz 105.

65 in Tomandl (Hrsg), Arbeitsverfassungsgesetz (Loseblatt, 11. Lieferung [2013]) § 97 Rz 369.

66 in Gahleitner/Mosler, ArbVR III6 § 97 Rz 178.

67 in ZellKomm3 § 97 ArbVG 103.

68 Drs in ZellKomm3 § 40 AngG Rz 1.

69 Tinhofer in ZellHB AV-Klauseln2 Rz 10.23.

70 Karl in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 20 Rz 133 f.

71 Felten/Preiss in Gahleitner/Mosler, ArbVR6 § 97 Rz 175.

(25)

mittels BV in Frage stellen. Eine solche Beschränkung der Kündigungsfreiheit des AN solle demnach nur einzelvertraglich möglich sein. Anhaltspunkt für eine solche Auslegung der Norm ist dessen Wortlaut, der von einer „Vereinbarung“ spricht.

(26)

3 Der Kündigungsverzicht im freien Dienstvertrag von GmbH-Geschäftsführern

3.1 Die Rechtsbeziehungen des Geschäftsführers zur GmbH

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist als juristische Person rechtsfähig, aber nicht handlungsfähig. Der Geschäftsführer ist daher ein notwendiges Organ der GmbH, der zur Vertretung nach außen bestellt werden muss.72 Dieser Teil der Arbeit soll sich mit der besonderen Rechtsbeziehung zwischen Geschäftsführer und GmbH auseinandersetzen, um in weiterer Folge zu verstehen, welche Regeln bei einem Kündigungsverzicht zugunsten eines GmbH-Geschäftsführers zu beachten sind.

3.1.1 Bestellung

Eine Kapitalgesellschaft steht zu ihren Organen in einer doppelten Rechtsbeziehung. Es muss einerseits zwischen dem organschaftlichen Bestellungsverhältnis und andererseits dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis unterschieden werden.73 Ersteres folgt gesellschaftsrechtlichen Regeln und ermächtigt das Organ bspw zur Vertretung nach außen.

Letzteres regelt hingegen das dienstrechtliche Innenverhältnis wie bspw die Vergütung.74 Für die Bestellung von Geschäftsführern ist gem § 15 Abs 1 GmbHG die Generalversammlung zuständig. Es ist nicht möglich, diese Aufgabe an ein anderes Organ der GmbH wie den Aufsichtsrat zu übertragen.75 § 15 Abs 3 GmbHG erlaubt allerdings, im Gesellschaftsvertrag den Bund, das Land oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften zur Bestellung der Geschäftsführer für zuständig zu erklären. Diese Bestimmung ermöglicht es der öffentlichen Hand, sich auf bestimmte Gesellschaften einen gewissen Einfluss zu sichern, ohne selbst Gesellschafterin zu sein.76 Subsidiär hat auch das Gericht nach § 15a GmbHG unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, Geschäftsführer für die GmbH einzusetzen.

Es liegt grundsätzlich in der Freiheit der Generalversammlung, als Geschäftsführer Personen aus den eigenen Reihen, also Gesellschafter der GmbH oder unabhängige

72 Knell/Freudhofmeier/Weber/Wentner, Dienstverträge für Führungskräfte2 (2011) 23.

73 Laimer/Wieser, Der GmbH-Geschäftsführer als Angestellter (2017) Rz 1.2f.

74 Vavrovsky, Der erfolgreiche Geschäftsführer (2005) 25.

75 OGH 21.3.2019, 6 Ob 183/18g, GES 2019, 246 (Birnbauer) = ecolex 2019, 958 (Engin-Deniz).

76 Koppensteiner in Koppensteiner/Rüffler (Hrsg), GmbH-Gesetz Kommentar3 (2007) § 15 Rz 13.

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außenstehende Dritte zu wählen. Das erlaubt das sogenannte Prinzip der Drittorganschaft bei Kapitalgesellschaften.77 Je nachdem, ob es sich um einen Gesellschafter oder Dritten handelt, bezeichnet man diesen als Gesellschafter-Geschäftsführer oder Fremdgeschäftsführer.78

Der Generalversammlung kommen zur Bestimmung der Geschäftsführer grundsätzlich zwei Möglichkeiten zu. In der Praxis wird am häufigsten der Geschäftsführer mittels Gesellschafterbeschluss bestellt. Dieser Bestellungsbeschluss unterliegt nach § 15 GmbHG keinen besonderen Formvorschriften, kann daher in der Generalversammlung, als Umlaufbeschluss oder formfrei erfolgen.79 Allerdings muss gem § 17 Abs 1 GmbHG für die notwendige darauffolgende Firmenbucheintragung die Bestellung in beglaubigter Form nachgewiesen werden. Im Regelfall wird daher ein beglaubigter Beschluss in einer förmlichen Generalversammlung zur Bestellung gefasst. Genauso wäre aber ein Umlaufbeschluss, sofern jede Unterschrift beglaubigt ist, zulässig. Soweit im Gesellschaftsvertrag nichts Anderes festgelegt wurde, ist für die Beschlussfassung gem § 39 Abs 1 GmbHG eine einfache Mehrheit ausreichend. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer darf bei seinem Bestellungsbeschluss auch selbst mitstimmen (§ 39 Abs 5 GmbHG). Soll ein Gesellschafter schon vor Eintragung der GmbH ins Firmenbuch bestellt werden, bedarf es nach hA genauso nur eines Beschlusses mit Mehrheit der Stimmen.80

Mit der Stellung als Geschäftsführer gehen umfangreiche Aufgaben und Pflichten einher. Deshalb erlangt die Bestellung auch erst mit Annahme durch den neu ernannten Geschäftsführer Wirksamkeit. Für die Wirksamkeit hingegen nicht erforderlich ist die Firmenbucheintragung nach § 17 Abs 1 GmbHG. Allerdings kann diese insoweit relevant werden, als sich daraus Publizitätswirkungen ergeben. Sollte bspw ein Geschäftsführer Rechtshandlungen treffen, obwohl dieser im Innenverhältnis bereits abberufen wurde, muss sich die Gesellschaft sein Verhalten zurechnen lassen, solange dieser noch im Firmenbuch eingetragen ist (vgl § 15 Abs 1 UGB). Eine Ausnahme von diesem Vertrauensschutz bildet nur jener Fall, dass aufgrund von positiver Kenntnis der tatsächlichen Rechtslage der Dritte nicht schutzwürdig ist (vgl Punkt 4.2.2).81

77Straube/Ratka in Straube/Ratka/Rauter (Hrsg), Wiener Kommentar zum GmbHG Einführung Rz 6 (Stand 1.8.2020, rdb.at).

78 Laimer/Wieser, Der GmbH-Geschäftsführer als Angestellter 3.

79 Laimer/Wieser, Der GmbH-Geschäftsführer als Angestellter 4 f.

80 Ratka/Völkl in Straube/Ratka/Rauter (Hrsg), Wiener Kommentar zum GmbHG § 15 Rz 47 ff (Stand 1.8.2020, rdb.at); Koppensteiner in Koppensteiner/Rüffler, GmbH-Gesetz3 § 15 Rz 11.

81 Laimer/Wieser, Der GmbH-Geschäftsführer als Angestellter 6.

(28)

Für Gesellschafter-Geschäftsführer gibt es darüber hinaus eine zweite Möglichkeit zur Bestellung, nämlich im Gesellschaftsvertrag. Dabei ist zu beachten, dass diese Form der Bestellung strikt an die Gesellschaftereigenschaft gebunden ist. Das bedeutet, bei Verlust der Gesellschaftereigenschaft endet auch die Geschäftsführerbestellung. Außerdem erfordert die Bestellung im Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Mehrheit unter den Gesellschaftern.

Erfolgt sie bereits im Rahmen der Gründung wird Einstimmigkeit verlangt. Nach Entstehen der Gesellschaft hingegen benötigt jede Satzungsänderung gem § 50 Abs 1 GmbHG, so auch die Bestellung im Gesellschaftsvertrag, zumindest eine Drei-Viertel-Mehrheit. Während bei einem Gesellschafterbeschluss der Firmenbucheintragung nur deklarative Wirkung zukommt, ist die Bestellung im Gesellschaftsvertrag erst mit der Eintragung der Satzungsänderung wirksam.82

In der Praxis kommt es oft vor, dass der Gesellschaftsvertrag auch dazu genutzt wird, einzelnen Gesellschaftern privilegierte Rechte einzuräumen. So kommen bspw im Zusammenhang mit dem Bestellungsverfahren von Geschäftsführern Endsendungs-, Nominierungs- oder Zustimmungsrechte in Frage.83

Nur soweit nach oben genannten Grundsätzen ein Geschäftsführer zur Vertretung der GmbH fehlt oder keiner seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und zusätzlich ein Antrag eines Beteiligten gestellt wird, geht die Zuständigkeit zur Bestellung auf das Gericht über (§ 15a GmbHG). Der sogenannte Notgeschäftsführer ist nur für dringende Fälle vorgesehen, also nur bei solchen Vertretungsmängeln, die nicht durch die GmbH oder ihre Organe selbst behoben werden können. Es soll auch lediglich eine Übergangslösung darstellen.

Folglich gilt, dass sobald der Mangel behoben wird, die Tätigkeit eines gerichtlich bestellten Geschäftsführers automatisch endet.84

3.1.2 Anstellung

Die Anstellung soll vertraglich die schuld- bzw arbeitsrechtliche Beziehung zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH regeln. Auch wenn Anstellung und Bestellung grundsätzlich strikt getrennt werden, sind Rechte und Pflichten im Anstellungsvertrag weitgehend durch die Organstellung vorgezeichnet.85 Das Organschaftsverhältnis verpflichtet

82 Ratka/Völkl in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 15 Rz 56 ff.

83 Laimer/Wieser, Der GmbH-Geschäftsführer als Angestellter 4.

84 Laimer/Wieser, Der GmbH-Geschäftsführer als Angestellter 5 f.

85 Laimer/Wieser, Der GmbH-Geschäftsführer als Angestellter 27.

(29)

den Geschäftsführer zur Dienstleistung iSd Geschäftsführung und zur Geschäftsbesorgung iSd Vertretung der GmbH. Der Anstellungsvertrag muss folglich das Erbringen von Dienstleistungen und die Geschäftsbesorgung zum Inhalt haben. Als Vertragstypen kommen ein klassischer Arbeitsvertrag oder ein freier Dienstvertrag sowie unter Umständen auch ein Auftrag oder Werkvertrag in Frage.86

In den meisten Fällen wird das Anstellungsverhältnis als Arbeitsvertrag oder freier Dienstvertrag einzuordnen sein. Ein Auftragsverhältnis ist nur dann anzunehmen, wenn eine Person für eine ganz bestimmte Geschäftsbesorgung und lediglich vorübergehend bestellt wird.

Das wäre bspw der Fall, wenn ein Geschäftsführer zur Liquidierung der Gesellschaft beauftragt wird. Der Werkvertrag kommt idR nicht in Betracht. Ein Geschäftsführer schuldet gattungsmäßig umschriebene Leistungen, es handelt sich daher selten um eine konkrete Erfolgsverbindlichkeit. Die Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und freiem Dienstvertrag erfolgt nach allgemeinen Regeln. Ausschlaggebend für die Einordnung ist das Kriterium der persönlichen Abhängigkeit.Liegt diese vor, handelt es sich um einen echten AN, ansonsten um einen freien DN.87

Der AN ist dann persönlich abhängig, wenn er der funktionellen Autorität des AG unterworfen ist. Das äußert sich vor allem durch die Eingliederung in fremde unternehmerische Strukturen. Es sind typischerweise die Arbeitszeiten, der Arbeitsort und die Arbeitsabfolge vorgegeben.88 Der AN ist bei seiner Arbeit fremdbestimmt und unterliegt daher den Weisungen seines AG.89 Weiters ist ein AN idR zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet und kann sich daher ohne Zustimmung des AG nicht vertreten lassen. Üblicherweise werden dem AN auch die Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt, das Ergebnis der Arbeit kommt aber folglich dem AG zu. Es ist der AG, der das unternehmerische Risiko trägt, aber daher auch den Gewinn lukriert.

Kennzeichnend für ein Arbeitsverhältnis sind auch die sogenannten Treuepflichten des AN und die Fürsorgepflicht auf Seiten des AG.90 So weist ein vertragliches Konkurrenzverbot besonders auf ein Arbeitsverhältnis hin.91 Ein weiteres, aber eher schwächeres Indiz kann auch

86 Völkl in Straube/Ratka/Rauter (Hrsg), Wiener Kommentar zum GmbHG § 15 Rz 83 (Stand 1.8.2020, rdb.at).

87 Schrammel, Bestellung und Abberufung von GmbH-Geschäftsführern aus arbeitsrechtlicher Sicht, ecolex 1990, 697 (697).

88 RIS-Justiz RS0021306; RS0021354; RS0021284.

89 Löschnigg, Arbeitsrecht13 Rz 4/004.

90 Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht6 (2020) 3 f; RIS-Justiz RS0021284.

91 Vgl ua OGH 29.5.2013, 9 ObA 53/13d, infas 2013, A 73 = ARD 6358/4/2013; 26.3.1997, 9 ObA 88/97z, Arb 11.590 = SZ 70/56.

(30)

die Anmeldung zur Sozialversicherung der Unselbständigen sein.92 Entscheidend für das Vorliegen eines echten Arbeitsvertrages ist ein qualitatives Überwiegen der dargestellten Elemente.93 Ansonsten ist von einem freien Dienstvertrag auszugehen.

Für die Aktiengesellschaft verneint in diesem Zusammenhang der Oberste Gerichtshof in seiner ständigen Rsp die Arbeitnehmereigenschaft von Vorstandsmitgliedern.94 Begründet wird dies mit den gesetzlich vorgegebenen Wesenszügen des Vorstandes, wie dessen Weisungsfreiheit. Es fehlt an einer Ein- oder Unterordnung gegenüber dem AG. Das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit ist nicht erfüllt, das Rechtsverhältnis wird daher idR dem freien Dienstvertrag zugeordnet.95

Der Geschäftsführer einer GmbH ist hingegen sehr wohl an Weisungen der Generalversammlung gebunden. Es kann daher zu einer arbeitnehmer-typischen persönlichen Abhängigkeit kommen. Vor allem Fremdgeschäftsführer stehen üblicherweise in einem klassischen Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft.96

Für Gesellschafter-Geschäftsführer findet sich dort die Grenze der Arbeitnehmereigenschaft, wo diese einen beherrschenden Einfluss auf die GmbH haben. Ein Geschäftsführer, der selbst zu 100% an der Gesellschaft beteiligt ist, kann jedenfalls kein AN sein. Ein solcher Geschäftsführer hat völlige Entscheidungsfreiheit und ist damit auch nicht persönlich abhängig.97 Es reicht aber auch schon, wenn der Geschäftsführer in der Lage ist, Weisungen der Generalversammlung zumindest zu verhindern. Man spricht hier von dem Verfügen einer Sperrminorität. Entscheidend ist dafür die Stimmrechtsverteilung innerhalb der GmbH, nicht hingegen die Anteile am Gesellschaftskapital. Auch wenn Stimmen und Stammeinlage meist korrelieren, erlaubt § 39 Abs 2 GmbHG abweichende Regelungen davon, die entsprechend beachtet werden müssen. Die notwendige Anzahl der Stimmen, um eine Sperrminorität zu erreichen, ergibt sich aus den Mehrheitserfordernissen für einen konkreten Beschluss. Gesetzlich gefordert wird, bis auf ein paar Ausnahmen, eine einfache Mehrheit. Das bedeutet, dass bei Verfügen von 50% der Stimmen (meist daher einer 50%-Beteiligung am Stammkapital) ein Geschäftsführer eine Sperrminorität hält und damit nicht AN der GmbH ist.

92 Rebhahn in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.03 § 1151 Rz 95 (Stand 1.3.2017, rdb.at).

93 RIS-Justiz RS0021284 [T11, T20]; RS0021306 [T10].

94 RIS-Justiz RS0027993; OGH 5.2.1984, 4 Ob 5/85, SZ 58/20; 13.11.2008, 8 Ob S 16/08y, Arb 12.777 = SSV- NF 22/76.

95 Runggaldier/Schima, Manager-Dienstverträge4 (2014) 1 f.

96 Rebhahn in Neumayr/Reissner (Hrsg), Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 (2018) § 1151 ABGB Rz 144/1.

97 Rebhahn in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 1151 Rz 119.

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Sollte hingegen eine höhere Mehrheit für Beschlüsse gefordert sein, verringern sich die notwendigen Stimmen entsprechend (meist daher auch die notwendige Beteiligung am Stammkapital).98

Ein beherrschender Einfluss eines Geschäftsführers auf die GmbH kann aber auch auf indirektem Wege erlangt werden. Zu denken ist dabei an Syndikatsverträge oder wenn ein Dritter treuhändig für den Geschäftsführer Anteile hält. Es ist daher immer im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände die Arbeitnehmereigenschaft zu prüfen.99

Grundsätzlich ist der Abschluss eines Anstellungsvertrages nicht zwingend notwendig, die Tätigkeit als Geschäftsführer kann auch ehrenamtlich ausgeübt werden. Ehrenamtlichkeit liegt aber nur dann vor, wenn das Entgelt in nicht mehr als einer Aufwandsentschädigung besteht. Für den Vertragsabschluss werden allerdings keine bestimmten Formerfordernisse verlangt. In den meisten Fällen wird daher von zumindest einem konkludent geschlossenen Anstellungsvertrag auszugehen sein.100

Gerade durch diese Möglichkeit, den Anstellungsvertrag konkludent zu schließen, fällt es in der Praxis oft schwer, den Bestellungsbeschluss vom Anbotsbeschluss zur Anstellung des Geschäftsführers zu trennen. Die Rsp hat teilweise sogar angenommen, dass die Gesellschaft mit dem Bestellungsbeschluss dem bestellten Geschäftsführer stillschweigend ein Anbot auf Abschluss eines Anstellungsvertrages mache. Es kann daher passieren, dass ein Beschluss der Generalversammlung sowohl als Bestellung, als auch als Anstellung zu deuten ist und damit in der Praxis zusammenfällt. In der Theorie bleiben aber natürlich beide Verhältnisse weiterhin voneinander unabhängig und es müssen die jeweils selbstständigen Rechtsfolgen beachtet werden.101

Der Regelungsspielraum im Anstellungsvertrag ist durch den Gesellschaftsvertrag und das Gesetz begrenzt. Diese drei Rechtsquellen stehen in einer Über- bzw Unterordnung zueinander, wobei an oberster Stelle das Gesetz steht. Jegliche Regelungen im Gesellschafts- oder Anstellungsvertrag, welche dem Gesetz widersprechen, sind daher gem § 879 Abs 1 ABGB nichtig. An zweiter Stelle steht der Gesellschaftsvertrag. Satzungswidrige

98 Runggaldier/Schima, Manager-Dienstverträge4 5 ff.

99 Völkl in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 15 Rz 89.

100 Völkl in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 15 Rz 67 f.

101 Völkl in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 15 Rz 69.

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