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A334 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 6½½½½8. Februar 2002
KOMMENTAR
P O L I T I K
D
ie einseitige Gebührenfestlegung für Gutachten der Rentenversiche- rung durch den Verband Deutscher Rentenversicherungsträger e.V. (VDR) zum 1. Januar 2002 hat zu massiven Pro- testen in der Ärzteschaft geführt. Die Bundesärztekammer hatte auf die unzu- mutbare Vorgehensweise des VDR im Deutschen Ärzteblatt, Heft 3/2002, hin- gewiesen und die Ursache des Streites beleuchtet. Der ist darin begründet, dass in der einseitigen Gebührenfestlegung des VDR die Sonderleistungen nach GOÄ ’96 – das heißt mit reduzierten Be- wertungen – abgerechnet werden sollen und im Gegenzug die Gutachtenge- bühren um 7,5 Prozent angehoben wer- den. Die vermeintliche Besserstellungum 7,5 Prozent ist ein Verlustgeschäft, denn in der GOÄ ’96 sind die Sonderlei- stungen reduziert worden, allerdings zu- gunsten einer circa fünfzigprozentigen Anhebung der Grundleistungen. Die in der GOÄ ’96 erfolgte Honorarum- schichtung mit der Besserbewertung der Grundleistungen hat der VDR in Form einer entsprechenden Anhebung der Gutachtenleistung nicht nachvollzogen.
Die 7,5prozentige Steigerung der Gut- achtengebühren führt – auch angesichts des Zeitablaufs von sechs Jahren seit der letzten Erhöhung – zu Einbußen bei den Ärzten.
Die Träger der gesetzlichen Renten- versicherung sind Behörden im Sinne des
§ 1 Absatz 2 SGB X. Der Arzt ist daher grundsätzlich verpflichtet, Gutachten zu erstellen, es sei denn, es liegen Hinde- rungs-/Verweigerungsgründe vor. Diese können begründet sein in mangelnder fachlicher Kompetenz oder in einer Überlastung mit der Folge, Gutachten- leistungen nicht zeitgerecht erstellen zu können. Da eine Honorarvereinbarung zwischen VDR und Bundesärztekammer nicht besteht, erfolgt die Vergütung der Gutachtenleistungen nach SGB X ent- weder nach dem Gesetz über die Ent- schädigung von Zeugen und Sachver- ständigen (ZSEG) und den dort veran- kerten Stundensätzen beziehungsweise Sonderleistungen (§ 5 einschließlich der Anlage zu § 5) oder durch Aushandeln einer Vergütung zwischen Auftraggeber
und Sachverständigem. Leitschnur einer solchen Verhandlung kann der Vorschlag der Bundesärztekammer sein, der dem Verband Deutscher Rentenversiche- rungsträger als Verhandlungsgrundlage vorlag, von diesem jedoch nicht akzep- tiert wurde. Für die Bundesärztekammer war in der letzten Verhandlung im März 2001 entscheidend, dass die Rentenversi- cherungsträger seit dem 31. Dezember 1996 keine Anpassung der Vergütungen vorgenommen, sondern die alte Ho- norarvereinbarung aus dem Jahr ’96 fort- geschrieben hatten.
Der inzwischen fast sechsjährige ver- tragslose Zustand erfordert eine ange- messene Aufstockung der Gutachtenlei- stungen. Die Bundesärztekammer er-
achtet zum Beispiel für die Erstellung ei- nes Gutachtens von Gebietsfachärzten im Rentenverfahren eine Vergütung in Höhe von mindestens 260 DM (133 A) für sachgerecht (Honorarvereinbarung
’97/137 DM). Die neurologisch-psychia- trischen Fachgutachten sind analog an- zuheben. Neben einer deutlichen Auf- wertung dieser Kernleistungen (ehe- mals Nrn. 2.3, 2.4, 2.6, 2.8 der Honorar- vereinbarung ’97) hält die Bundesärzte- kammer eine Anhebung der Formu- largutachten, der übrigen Gutachten- leistungen sowie der Befundungsge- bühren um 15 Prozent für notwendig.
Bei den Formgutachten würde dies zu Erhöhungen um etwa 5,60 A(Nr. 1.1) und 8,20 A (Nr. 1.2 und 1.3) sowie 10,50A (Nr. 1.4) der Honorarverein- barung ’97 führen. Die Befundungsge- bühren müssten entsprechend angeho- ben werden. Die Schreibgebühren wur- den mit einer Gebühr von 10 DM (cir- ca 5A) pro Seite für aufwandsentspre- chend gehalten. Die Gebühren für Be- fundberichte müssten ebenfalls auf- grund des Zeitablaufs um mindestens 15 Prozent angehoben werden.
Die Forderungen der Bundesärzte- kammer an den VDR vom Frühjahr 2001 sind Mindestforderungen. Auf- grund des Ablaufs eines weiteren Jah- res müssten sie nochmals erhöht wer- den, um in etwa der Kostenentwick- lung in der Arztpraxis Rechnung zu tragen. Renate Hess, Bundesärztekammer