A-1345
M E D I Z I N
Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 20, 21. Mai 1999 (41) dizinischen Klinik III (Hämatologie,
Onkologie und Transfusionsmedizin) im Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Universität Ber- lin. Für die Rehabilitation von onko- logischen Patienten hat sich unserer Erfahrung nach das schnelle Gehen auf dem Laufband am besten be- währt, denn der ausgeprägte Muskel- abbau mit entsprechender Schwäche der Oberschenkelmuskulatur macht für viele Tumorpatienten das Radfah- ren ungeeignet. Nur bei übergewichti- gen oder orthopädisch vorgeschädig-
ten Patienten ist das Training auf dem Fahrradergometer dem Laufbandtrai- ning vorzuziehen. Bei Aufnahme in das Programm wird die individuelle Belastbarkeit mittels einer submaxi- malen Ergometrie mit kontinuierli- cher EKG-Kontrolle festgestellt.
Nach Ausschluß von Kontraindika- tionen und einer ersten Trainingsein- heit unter ärztlicher Aufsicht wird das Training täglich auf der Station unter Betreuung von geschultem Personal fortgesetzt. Für Patienten nach Kno- chenmarktransplantation beginnt das Training bereits während der Neutro- penie im Isolierungszimmer. Um die bestmöglichen Ergebnisse in kurzer Zeit zu erreichen, sollte das Pro- gramm entsprechend dem Prinzip des Intervalltrainings gestaltet werden:
Die Patienten sollten Belastungen von kurzer Dauer (einer bis drei Mi- nuten) bei einer Intensität entspre- chend zirka 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz durchführen; zwischen
AKTUELL/FÜR SIE REFERIERT
diesen Belastungen liegen Erholungs- pausen von einer bis drei Minuten, die eine Regeneration ermöglichen. Bei Patienten mit kardialen Erkrankun- gen sind diese Intensitäten dem Zu- stand des Patienten anzupassen.
Es sind derzeit keine negativen kardialen oder immunologischen Ef- fekte des aeroben Trainings bekannt;
vielmehr weisen mehrere Untersu- chungen auf die positive Auswirkung des Trainings auf das Immunsystem hin (2). Jedoch ist körperliche Akti- vität in bestimmten klinischen Situa- tionen (zum Beispiel Infek- te, Fieber, Knochenmetasta- sen an den unteren Extre- mitäten oder am Stammske- lett mit der Gefahr einer Kompression des Spinalka- nals, mangelhafter Er- nährungszustand) kontrain- diziert. Ferner ist ein Trai- ningsprogramm in manchen Situationen (Epilepsie, Er- krankungen des Bewegungs- apparates, Diabetes mellitus, bestimmte kardiovaskuläre Krankheiten und andere) nur bedingt möglich. Eine genaue Bestimmung der Hä- matopoese ist unentbehrli- che Voraussetzung vor dem Beginn eines Rehabilita- tionsprogramms. Um das Ri- siko von Blutungen zu verringern, werden die Patienten in das Trai- ningsprogramm erst aufgenommen, nachdem die Thrombozyten eine An- zahl von 20 3 109/l erreicht haben.
Diese Werte liegen unterhalb der von anderen Autoren vorgeschlagenen Grenze für die Durchführung von körperlichem Training (31); jedoch wurden bei den Teilnehmern an den beschriebenen Programmen keine trainingsbedingten Komplikationen wie Blutungen oder Infekte beobach- tet. Unserer Ansicht nach stellt An- ämie keine Kontraindikation für das aerobe Training dar. Unter unserer Betreuung haben bereits mehrere Pa- tienten mit Hämoglobinkonzentra- tionen von weniger als 9 g/dl an einem Trainingsprogramm ohne Komplika- tionen teilgenommen. Aus den oben genannten Gründen sollte das aerobe Ausdauertraining zum festen Be- standteil der Rehabilitationspro- gramme und der Behandlung der Er- schöpfung bei onkologischen Patien- ten werden.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1999; 96: A-1340–1345 [Heft 20]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser Dr. med. Fernando Dimeo Institut für Sportmedizin Freie Universität Berlin Universitätsklinikum Benjamin Franklin
Clayallee 229 · 14195 Berlin 19
17 15 13 11 9 7 5
Neutropenie Thrombopenie Stationärer Aufenthalt Tage
Trainingsgruppe Kontrolle Grafik 4
Dauer (in Tagen) der Neutropenie ,0,5 3109Zellen/l (p = 0,01), der Thrombopenie ,50 3109Thrombozyten/l (p = 0,06) und des stationären Krankenhausaufenthaltes (p = 0,03) bei trainierten und untrainierten Patienten mit soliden Tumoren nach Hochdosis-Chemo- therapie und peripherer Stammzelltransplantation (10)
Der Morbus Crohn gehört zu den chronisch-entzündlichen Darmerkran- kungen, die besonders häufig zu rezidi- vieren pflegen. Die kanadischen Auto- ren untersuchten den Einfluß des Rau- chens und oraler Kontrazeptiva auf die Rezidivneigung bei 152 Patienten, von denen 61 (40 Prozent) während einer einjährigen Beobachtungsperiode ein Rezidiv entwickelten. Eine Multivari- anzanalyse ergab für Rauchen versus
Nichtrauchen ein relatives Risiko von 2,1, für die Einnahme der Pille ein rela- tives Risiko von 3,0. Ex-Raucher wie- sen kein erhöhtes Risiko auf. Die Auto- ren kommen zu dem Schluß, daß orale Kontrazeptiva und Nikotinkonsum mit einem erhöhten Rezidivrisiko bei Mor- bus Crohn vergesellschaftet sind. w Timmer A, Sutherland LR, Martin F, Ca- nadian Mesalamine for Remission of Crohn’s Disease Study Group: Oral con- traceptive use and smoking are risk fac- tors for relapse in Crohn’s disease. Gas- troenterology 1998; 114: 1143–1150.
Department of Community Health Sciences, The University of Calgary 3330 Hospital Drive Northwest, Calgary, Al- berta, T2N 4N1, Kanada.