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AUSGEPRÄGTE OLIGODONTIE

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Academic year: 2022

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Auf Aplasien permanenter Zähne trifft man im Praxisalltag häufiger.

Wenn es sich dabei um eine aus- geprägte Form handelt, ist ein in- terdisziplinäres Behandlungskon- zept notwendig. Dieser Fall soll zeigen, wie wichtig die Planung und die Zusammenarbeit ver- schiedener Fachbereiche sind und wie individuell mit solchen Fällen umgegangen werden muss, damit das Ergebnis sowohl

funktionell als auch ästhetisch optimal gestaltet werden kann.

OLIGODONTIE

Komplexe orale Rehabilitation einer Patientin

Franziska Hensel, Dr. Thomas Barth, Christian Barth, Dr. Anke Steiniger

Hintergrund: In diesem Fall wird eine da- mals 12-jährige Patientin, die eine multi- ple Aplasie mit 17 fehlenden permanen- ten Zähnen und ebenso der Nichtanlage aller 4 Weisheitszähne aufwies, vorge- stellt. Die Situation erforderte eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie eine umfassende und lange Behand- lung.

Methode: Nach Abschluss der Kieferor- thopädie und daraus resultierender Lü- ckenöffnung für Implantate erfolgte eine Stabilisierungsphase, da die Patientin noch zu jung für die geplante Implanta - tion war. 5 Jahre nach Behandlungsbe- ginn begann die eher zurückhaltende Im- plantation. Nach der Einheilungsdauer von ca. 3 Monaten bekam die Patientin Langzeitprovisorien auf die vorhande- nen Seitenzähne und die eröffneten Im- plantate, da die vorgenommene Bisshe- bung zunächst stabilisiert werden sollte.

6 Monate später wurde die Patientin dann mit dem definitiven Zahnersatz ver- sorgt.

Ergebnis und Schlussfolgerung: Bei der Patientin konnte trotz der umfangrei- chen Aplasie ein funktionell und ästhetisch höchst zufriedenstellendes Ergebnis er- zielt werden.

Um frühzeitig ein individuelles Be- handlungskonzept erstellen zu können, ist eine enge Zusammenarbeit verschiede- ner Fachbereiche dringend erforderlich.

Ein zu beachtender Aspekt ist zudem das junge Alter der Patientin, das ein minima- linvasives Vorgehen fordert.

Schlüsselwörter: Aplasie; Oligodontie;

Kieferorthopädie; Implantation; Behand- lungskonzept

Zitierweise: Hensel F, Barth T, Barth C, Steiniger A: Ausgeprägte Oligodontie − Komplexe orale Rehabilitation einer Pa- tientin. Z Zahnärztl Implantol 2018; 34:

206−210

DOI 10.3238/ZZI.2018.0206−0210

EINLEITUNG

Die Aplasie von Zähnen der permanenten Dentition ist eine der häufigsten dentalen Anomalien des Menschen [3, 8]. Eine Dif- ferenzierung der Aplasie erfolgt unter den Begriffen Hypodontie, Oligondontie und Anodontie.

Die Anodontie beschreibt das Fehlen aller Zähne und die Hypodontie das Feh- len von bis zu 5 Zähnen einer Dentition.

Letztere betrifft ca. 4–5 % der Bevölkerung

(2)

mit Ausnahme der dritten Molaren [2]. Bei der Oligodontie handelt es sich um eine Aplasie von mehr als 6 Zähnen im perma- nenten Gebiss exklusive der Weisheits- zähne mit einer Häufigkeit von ca. 0,14 % [4, 5].

Diese Diagnose erfordert eine frühzei- tige und umfassende interdisziplinäre Be- handlung. Wichtig ist dabei, eine mög- lichst minimalinvasive Therapie zu planen, damit letztlich wenig Implantate für die de- finitive Versorgung notwendig werden. Zu- erst muss entschieden werden, welche Lücken kieferorthopädisch geschlossen oder auch geöffnet werden können. Da ei- ne Implantation erst nach abgeschlosse- nem Gesichtswachstum empfohlen wird, ist meistens auch eine provisorische Ver- sorgung der Lückensituation bis zu die- sem Zeitpunkt notwendig. Bei Frauen ist dieser Zeitpunkt im Durchschnitt mit dem 17. Lebensjahr und bei Männern mit dem 21. Lebensjahr erreicht [1]. Bei Abwägung

der Therapiemöglichkeiten ist daher eine enge Absprache zwischen Kieferorthopä- die, Chirurgie und Prothetik nötig.

Die Leitlinie der DGI zu Zahnimplan- tatversorgungen bei multiplen Zahnnicht- anlagen und Syndromen gibt Empfehlun- gen zur kaufunktionellen Rehabilitation von Patienten mit Aplasien unter Verwen- dung von Implantaten bzw. weist ebenso auf andere mögliche Therapieoptionen hin.

FALLBESCHREIBUNG

Im Juni 2011 wurde eine 12-jährige Pa- tientin von ihrem Hauszahnarzt in unsere Praxis überwiesen, da sie eine stark aus- geprägte Oligodontie mit 17 fehlenden permanenten Zähnen und ebenso der Nichtanlage aller 4 Weisheitszähne auf- wies. Anamnestisch auffällig war, dass es sich um ein Drillingskind handelte. Ihre Schwester hatte eine Nichtanlage von 12 und 22, und ihr Bruder hatte eugnathe

Bissverhältnisse mit 32 Zahnanlagen.

Wunsch der Mutter war vor allem eine mi- nimalinvasive Therapie mit möglichst we- nig Implantaten.

Klinisch zeigte sich die ausgeprägte Aplasie folgender Zähne: 18–14, 12, 22, 25, 27, 28, 38, 37, 35, 32–42, 44, 45, 47 und 48. Persistierende Milchzähne waren zu diesem Zeitpunkt 55, 54, 53, 65, 75, 74, 72, 82, 83–85 (→ Abb. 1, 2). Die Patientin hatte zudem eine Angle-Klasse II/1 mit traumatischem Tiefbiss und großer sagit- taler Stufe. Auch typische Symptome der Oligodontie, wie Anomalien in Zahnform und Zahngröße, waren im klinischen Be- fund ersichtlich.

Nach der Vorstellung bei der Kieferor- thopädin erfolgten zunächst die Unterkie- fer-Vorverlagerung, eine Bisshebung und eine Harmonisierung des Gesichtsprofils mit einem Bionator.

Anfang 2013 wurde erneut ein Ortho- pantomogramm angefertigt, und nach Ab- Abb. 1: OPG vom 16.06.2011. Ausgangslage

Abbildungen: Praxis Dentale

Abb. 2: Ausgangssituation 2011

Abb. 3: OPG vom 07.01.2013 Abb. 4: Eingliederung des Langzeitprovisoriums in Form einflügeliger Klebebrücken an 13 und 23 (März 2015)

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sprache mit der behandelnden Kieferor- thopädin wurden die Patientin und ihre Mutter über das weitere Behandlungskon- zept aufgeklärt (→ Abb. 3). Sie sollte eine Multibracketbehandlung erhalten, um für die spätere Implantatversorgung einige Lücken zu öffnen. Dafür wurden im Mai 2013 die persistierenden Milchzähne 53, 54, 63 und 84 entfernt. Ziel der kieferortho- pädischen Therapie waren die Aufrichtung von Zahn 11 und 21 und die Distalisierung von 13, 23 und 43, um die Lücken für die spätere Implantation Regio 12, 22 und 42 zu öffnen.

In regelmäßiger Absprache mit der Kieferorthopädin und der Patientin wurde der Verlauf der Behandlung kontrolliert und gesteuert. Da die Patientin mit 16 Jah- ren noch zu jung für eine Implantation war, musste zunächst das Ergebnis stabilisiert werden. Dazu empfiehlt sich eine kieferor- thopädisch kombinierte, temporäre Lü- ckenversorgung. Im März 2015 wurde ein Langzeitprovisorium in Form einer einflü- geligen Klebebrücke an 13 und 23 zum Er-

satz von 12 und 22 befestigt und gleichzei- tig die Multibandapparatur zur Stabilisie- rung belassen (→ Abb. 4).

Nach ca. 1,5 Jahren wurden ein präim- plantologisches Orthopantomogramm und ein Fotostatus erstellt (→ Abb. 5–7) und die implantologische Auswertung und Planung mit der Patientin und ihrer Mutter besprochen.

Im Oktober 2016 erfolgten die umfas- sende Implantation des Ober- und Unter- kiefers mittels „Camlog Screw-Line Pro- mote Plus“-Implantaten (Regio 14: Ø 3,8 Länge 13 mm, Regio 12: Ø 3,8 Länge 16 mm, Regio 22: Ø 3,3 Länge 16 mm, Regio 33: Ø 3,8 Länge 16 mm, Regio 31: Ø 3,8 Länge 16 mm, Regio 42:

Ø 3,8 Länge 16 mm, Regio 44: Ø 3,8 Län- ge 16 mm) sowie die Extraktion von 81, 83, 71 und 73 (→ Abb. 8). Implantiert wur- de im Oberkiefer Regio 14, 12 und 22 in Verbindung mit lateralen Augmentationen (Geistlich Bio-Oss und Bio-Gide) und ei- nem internen Sinuslift Regio 14. Im Unter- kiefer wurde in Regio 42 und 31 in distaler

Position implantiert. Da durch die kieferor- thopädische Therapie 33 mesialisiert und 43 distalisiert wurde, erfolgte in der Regio 33 und in etwas mesialer Position Regio 44 eine weitere Implantatinsertion mit zeit- gleicher lateraler Augmentation (Geistlich Bio-Oss und Bio-Gide).

In einer Folgesitzung bekam die Pa- tientin die Langzeitprovisorien in Form zweier Flügelbrücken im Oberkiefer zum Ersatz von 12 und 22 und einer Frontzahn- brücke im Unterkiefer zum Ersatz von 32–42 eingesetzt.

Nach komplikationsloser Einheilung wurde im Januar 2017 die Eröffnung der Implantate mit gleichzeitiger Weichge- websplastik in Form einer supraperiosta- len Verschiebelappenplastik von palatinal nach bukkal durchgeführt. Zur selben Zeit wurden die Implantate zur Ausheilung des Weichgewebes und zur Verbesserung des ästhetischen Ergebnisses mit PEEK- Kronen versorgt. Gleichzeitig erfolgte die komplette kieferothopädische Entbände- rung. Da die Patientin aufgrund der jahre- Abb. 5: Präimplantologisches OPG vom

14.07.2016

Abb. 6: Präimplantologische Situation OK (14.07.2016)

Abb. 7: Präimplantologische Situation UK (14.07.2016)

Abb. 8: Postimplantologisches OPG vom 05.10.2016 Abb. 9: Provisorische Versorgung mittels PEEK-Kronen und Non-Pre- Onlays

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lang fehlenden Seitenzahnabstützung im Biss um ca. 2 mm gehoben werden muss- te, erfolgte ebenso in diesem Zusammen- hang die Stabilisierung der Bisshebung mit provisorischen Non-Prep-Onlays auf den Zähnen 55, 13, 23, 24, 65, 26, 75, 36 und 85. Die Zähne 11 und 21 wurden zur Verbesserung des ästhetischen Ergebnis- ses mittels Kompositfüllungen verbreitert und verlängert (→ Abb. 9).

Die anschließende Phase einer Stabi- lisierung des insbesondere kieferorthopä- dischen Behandlungsmarathons halten wir für essenziell, vor allem da sich erst jetzt bei der noch jungen Patientin ein Äquibrillium der kaufunktionellen Führung und Belastung des Ober- und Unterkiefers in dieser provisorischen Behandlungspha- se einstellen kann.

Deshalb begann für die Patientin erst nach ca. 6 Monaten die definitive Zahner- satzbehandlung. Die Versorgung der Im- plantate regio 14, regio 33, 44, 42 erfolgte mittels individualisierter Abutments und e.max-Kronen und in regio 31 mittels einer

e.max-Krone mit mesialem Anhänger. Die Implantate 12 und 22 wurden mit Zirkona- butments und Zirkonkronen versorgt. Die provisorischen Onlays wurden nach einer minimal invasiven Präparation durch Kera- mik-Teilkronen ersetzt (→ Abb. 10–14).

Ausgehend von der Ausgangssitua - tion konnte für die Patientin eine hoch- wertige und ästhetische Versorgung rea- lisiert werden, mit der sie sehr zufrieden ist.

FAZIT

Im vorliegenden Fall zeigt sich, wie wichtig eine frühzeitige Erarbeitung des äußerst individuellen Behandlungskonzepts sowie eine sehr enge interdisziplinäre Zusam- menarbeit sind, um für die Patientin das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Gera- de bei Patienten mit ausgeprägten Apla- sien erfordert die Therapie oftmals umfas- sende und langwierige Behandlungen.

Nichtanlagen sind frühzeitig erkennbar, und die Implantation wird frühestens ab dem 17. Lebensjahr empfohlen. Wird vor-

her eine Implantation angestrebt, ist diese in der Regel je nach Kieferregion kompli- zierter und risikobehafteter als bei Er- wachsenen. Grund dafür sind die ankolyti- sche Einheilung und die in den darauffol- genden Jahren mögliche Infraokklusion der Implantate infolge fehlenden Kiefer- wachstums des betroffenen Bereichs [7|.

Im Vergleich der Implantatüberlebensra- ten bei vorhandenen Nichtanlagen zeigte sich bei Kindern bis 12 Jahren mit 72,4%

und bei Patienten von 12–18 Jahren mit 93 % eine schlechtere Überlebensrate als bei jungen Erwachsenen ab dem 18. Le- bensjahr mit 97,4 %. Die Prognose von Zahnimplantaten ab dem 18. Lebensjahr bei Patienten mit multiplen Aplasien gleicht somit der von normal bezahnten Erwachsenen [6].

Aufgrund des jungen Alters sollten auch stabile, persistierende Milchzähne in die definitive Versorgung eingebunden wer- den, damit die Therapie möglichst minimal - invasiv erfolgen und die Implantatzahl – ggf. vorerst – reduziert werden kann.

Abb. 10: Definitive Versorgung OK/UK (August 2017) Abb. 11: Definitive Versorgung OK/UK

Abb. 12: Definitive Versorgung OK Abb. 13: Definitive Versorgung UK Abb. 14: Definitive Versorgung

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1 __Fudalej P, Kokich VG, Leroux B: De- terming the cessation of vertical growth of the craniofacial structures of facilitate placement of single-tooth implants. AM J Orthod Dentofacial Orthop 2007; 131 (Suppl): 59–67 2 __Harzer W: Lehrbuch der Kieferor-

thopädie. München: Hanser Fach- buch, 1999; 222

3 __Nunn JH, Carter NE, Gillgrass TJ et al.: The interdisciplinary manage-

ment of hypodontia: background and role of paediatric den tistry. Br Dent J 2003; 194: 245–251 4 __Pannu P, Galhotra V, Ahluwalai P,

Gambhir RS: Non-Syndromic Oli- godontia in permanent Dentition.

Ghana Medical Journal 2014; 48:

173–176

5 __Schalk-van der Weide Y: Oligo- dontia. A clinical, radiographic and genetic evaluation. Thesis 1992; The Netherlands: University of Utrecht

6 __Terheyden H, Wüsthoff F: Occlusal rehabilitation in patients with con- genitally missing teeth-dental im- plants, conventional prosthetics, tooth autotransplants, and preser- vation of deciduous teeth – a syste- matic review. Int J Implant Dent 2015; 1: 30

7 __Thilander B, Odman J, Lekholm U:

Orthodontic aspects of the use of oral implants in adolescents: a 10-year follow-up study. Eur J Or- thod. 2001; 23: 715–731

8 __Vastardis H: The genetics of hu- man tooth agenesis: new discove- ries for understanding dental ano- malies. Am J Orthod Dentofacial Orthop 2000; 117: 650–656

Literatur

lem im OK-Frontbereich, ist in derartigen Behandlungsfällen u.U. ebenso indiziert.

Trotz der umfangreichen Aplasien konnte in diesem doch sehr speziellen Be- handlungsgeschehen dank einer sehr gu- ten interdisziplinären Zusammenarbeit ein höchst ästhetisches und funktionelles Er- gebnis erzielt werden.

Interessenkonflikt: Die Autorin Franzis- ka Hensel und die Co-Autoren Dr. Christi- an Barth, Dr. Thomas Barth sowie Dr. An- ke Steiniger geben an, dass kein mögli- cher Interessenkonflikt im Zusammen- hang mit diesem Beitrag besteht.

DR. MED. THOMAS BARTH DENTALE – Zahnärztliches Kompetenzzentrum Leipzig GmbH

info@dentale.de

ZA CHRISTIAN BARTH DENTALE – Zahnärztliches Kompetenzzentrum Leipzig GmbH

info@dentale.de

Referenzen

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