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Archiv "Operative gelenkerhaltende Verfahren bei Gelenkknorpelschäden: Knorpel induzierende Techniken und Knorpeltransplantation" (28.02.2003)

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A

dulter Gelenkknorpel besteht als avaskuläres Gewebe hauptsäch- lich aus einer extrazellulären Ma- trix und den Chondrozyten als einzigem Zelltyp. Der zelluläre Anteil macht circa 1 bis 5 Prozent des Gesamtvolumens aus.

Die Matrix besteht zu etwa 60 bis 70 Pro- zent aus Kollagen (Typ II, VI, IX, XI), 20 bis 25 Prozent machen Proteoglykane und 15 bis 25 Prozent nichtkollagene Proteine und Glykoproteine aus, die durch ihre osmotische Wasserbindung wesentlich zu den biomechanischen Ei- genschaften des hyalinen Knorpels bei- tragen (16, 17, 68). Das Kollagennetz- werk ist vor allem für die Reißfestigkeit und strukturelle Stabilität des hyalinen Knorpels verantwortlich. Beide Kompo- nenten zusammen sichern die Elastizität des Gelenkknorpels und die Fähigkeit, hohe Stoßbelastungen zu tolerieren und eine gegenüber Druck- und Schwerkräf- ten stabile, quasi reibungs- und abriebs- freie Oberfläche zu bilden (68).

Diagnostik

Bei der Diagnostik von Gelenkknorpel- schäden zeigen klinische Untersu- chung, Standardröntgen und Standard- Magnetresonanztomographie nur eine mäßige Sensitivität (11).

Neue Techniken der Magnetreso- nanztomographie versprechen hier eine höhere Aussagekraft. Die arthrosko- pische beziehungsweise offene Explo- ration ist nach wie vor das genaueste Diagnostikum, wobei die verschie- denen Klassifikationen von Knorpel- schäden unter anderem auf subjektiven Einschätzungen basieren (11) (Abbil- dung 1).

Von den verschiedenen Klassifika- tionen (7, 70, 92) wird die Einteilung nach Outerbridge (70) bis heute am häufigsten verwendet.

Pathophysiologie

Als Schädigungsmechanismen des Ge- lenkknorpels kommen neben Traumata biomechanische Fehlbelastungen der Gelenke sowie endogen genetische und entzündliche Ursachen infrage. Kli- nisch steht der Gelenkschmerz und eine Funktionseinschränkung im Vorder- grund (85). Aufgrund der Avaskulari- tät, der Immobilität der Chondrozy- ten und der verminderten Prolifera- tionsmöglichkeiten adulter Chondro- zyten (56) in hyalinem Gelenkknorpel führt jegliche Schädigung des adulten Knorpels zu einem bleibenden Defekt, insbesondere ab einer Defektgröße von mehr als 3 mm (21). Neben der De- gradation von molekularen Komponen- ten kommt es zur Zerstörung von su- pramolekularen Strukturen, was letzt- lich zum makroskopisch sichtbaren Knorpelabrieb führt (54). Bei osteo- chondralen Defekten wie zum Beispiel

Operative gelenkerhaltende Verfahren bei

Gelenkknorpelschäden

Knorpel induzierende Techniken und Knorpeltransplantation

Zusammenfassung

Humaner hyaliner Gelenkknorpel hat nach ei- ner eingetretenen Schädigung nur eine sehr geringe Regenerationspotenz. Neben konser- vativer steht heute die gelenkerhaltende ope- rative Therapie im Vordergrund. Faserknorpel, als Ersatzgewebe durch einwandernde Zellen nach Eröffnung des subchondralen Knochens gebildet, erreicht nicht die Belastbarkeit des hyalinen Gelenkknorpels. Die Transplantation von Periost oder Perichondrium als Gewebe mit chondrogener Potenz ermöglicht die Bil- dung eines vergleichsweise guten Regenerat- knorpels. Derzeit ist die Verwendung vor- nehmlich autologer osteochondraler Trans- plantate die einzige Methode, einen Gelenk- flächendefekt mit hyalinem Gelenkknorpel wiederherzustellen. Die Notwendigkeit eines Zweiteingriffes und die hohen Kosten der au- tologen Chondrozytentransplantation machen diese Methode zur aufwendigsten unter den zurzeit angewendeten Verfahren. Außerdem

erreicht der gebildete „hyalinartige“ Knorpel auch hier nicht die gleiche mechanische Belast- barkeit wie normaler Gelenkknorpel. Ob der Einsatz von beispielsweise mesenchymalen Stammzellen beziehungsweise von Gewebe- konstrukten im Rahmen des Tissue Enginee- ring oder die Gentherapie in Zukunft eine Al- ternative darstellen, muss sich noch zeigen.

Schlüsselwörter: Gelenkknorpel, Knorpelde- fekt, Chondrozytentransplantation, chirurgi- sche Therapie, Periostlappenplastik

Summary

Operative Techniques in Restoration of Joint Surface – Cartilage-inducing Techniques and Transplantation of Osteochondral Segments Articular cartilage has only a limited potential for regeneration after an initial lesion. Today the effort for operative restoration of the joint surface is of highest interest. Several

techniques have been employed such as penetration of subchondral bone by drilling as well as microfracture to allow immigration of mesenchymal cells into a defect. Also trans- plantation of autologous chondrocytes or tissues with a repair capacity like periosteum or perichondrium may lead to a repair tissue, but all methods can not gain the biologic and mechanical quality of real hyaline cartilage.

Transplantation of osteochondral segments enable the closure of a defect with original hyaline cartilage, but problems like a donor- site defect or the hazards of allografts should be taken into account. The use of mesenchymal stem cells or tissue engineering techniques for the generation of implantable tissue as well as the use of gene therapy to stimulate cartilage regeneration appear to be promising alternatives.

Key words: articular cartilage, cartilage defect, chondrocytes transplantation, surgical thera- py, periostal flap

Orthopädische Klinik (Direktor: Prof. Dr. med. Rüdiger Krauspe), Universitätsklinikum Düsseldorf

Andreas Werner

Martin Fuß

Rüdiger Krauspe

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der Osteochondrosis dissecans be- schleunigt eine pathologische Lastum- verteilung auf angrenzende Bezirke die nachfolgende Degeneration (14, 83).

Bei Eröffnung des subchondralen Knochens kommt es zu einer Defekt- heilung durch einwandernde mesen- chymale Zellen aus dem Blut bezie- hungsweise Knochenmark (16, 86) mit der Ausbildung eines mechanisch und biochemisch minderwertigen Faser- knorpels (41). Dieser Regeneratknor- pel zeigt typischerweise einen rasche- ren Verschleiß der mit erneuten klinisch manifesten Beschwerden einhergeht (30, 62). Bei größeren Knorpelschäden und der Mitbeteiligung anderer Ge- lenkstrukturen steigt das Arthroserisi- ko stark an, insbesondere wenn der Pa- tient zum Zeitpunkt der Läsion älter als 30 Jahre ist (28, 58, 80).

Prävalenz von Knorpelschäden am Kniegelenk

10 bis 12 Prozent aller Individuen lei- den an Knorpelläsionen (85). Curl et al.

(22) sahen in einer Serie von 31 516 Kniegelenksarthroskopien 53 569 Knor- pelläsionen bei 19 827 Patienten. Da- bei betrafen 5 Prozent aller Arthro- skopien Patienten unter 40 Jahren mit Knorpelschäden Grad 4 (freiliegender subchondraler Knochen). In einer an- deren Studie wurden bei 16 Prozent von 132 Patienten mit Knieverletzun- gen Knorpelschäden gesehen (35). In weiteren Serien wurden bei Kniege- lenkbeschwerden isolierte Knorpel- schäden in 1 bis 3 Prozent der Arthro-

skopien gefunden (39, 58). Nach Wild- ner (99) liegt die Zahl der möglichen Indikationen für operative Maßnah- men bei isolierten Knorpeldefekten in Deutschland bei 1 500 bis 5 400 pro Jahr. Demgegenüber werden pro Jahr etwa 50 000 Kniegelenksendoprothe- sen implantiert, mit steigender Ten- denz. Nimmt man für gelenkerhaltende Eingriffe am Knorpel erweiterte Indi- kationen im Sinne von beginnenden Gonarthrosen hinzu, ist zu bedenken, dass nach einer bevölkerungsbezoge- nen Studie in Mitteleuropa (79) die Prävalenz einer Kniegelenkarthrose für 62,5-Jährige bei 0,271 liegt, das heißt jeder vierte Mensch ist potenziell betroffen. In Deutschland wird die Zahl von Patienten, die täglich an Ar- throsebeschwerden leiden, auf fünf Millionen geschätzt (100). Dadurch er- gibt sich eine deutlich höhere Zahl möglicher Indikationen für gelenker- haltende Eingriffe am Knorpel.

Therapieoptionen beim Knorpeldefekt

Konservative Therapiemöglichkeiten bestehen in analgetisch und antiin- flammatorisch wirksamen Medikamen- ten, krankengymnastischer und physi- kalischer Behandlung sowie gegebe- nenfalls in einer Versorgung mit Orthe- sen, Schuhzurichtungen oder Gehhil- fen.

Das operative Behandlungsspek- trum beginnt mit symptomatischen Ver- fahren (2, 18): arthroskopische Lavage, Debridement und Knorpelglättung.

Diese weisen kurzfristig eine Erfolgsra- te von bis zu 80 Prozent und mittelfri- stig zufriedenstellende Ergebnisse von 50 Prozent bis zu fünf Jahren auf (2).

Dabei wird jedoch weder ein Regene- ratgewebe gebildet noch die weitere Arthroseentwicklung beeinflusst.

Insbesondere beim umschriebenen Knorpeldefekt des jüngeren Patienten, zum Beispiel posttraumatisch oder nach Osteochondrosis dissecans, stehen heute operative Verfahren im Mittel- punkt, die zur Wiederherstellung einer tragfähigen Gelenkfläche führen sol- len. Dabei kann grundsätzlich zwischen den folgenden zwei Strategien unter- schieden werden.

Verfahren zur

Faserknorpelinduktion

Durch Anbohrung (76), Abrasion (46) oder Mikrofrakturierung (89) des sub- chondralen Knochens kommt es zu ei- ner Eröffnung von intraossären Blutge- fäßen mit der lokalen Bildung und An- lagerung eines Blutkoagels, dem so ge- nannten „super clot“ (Abbildung 2).

Darin enthaltende mesenchymale Stammzellen aus dem Knochenmark (18, 86) und solche aus der Membrana synovialis (40) sollen zu einem Faser- knorpel differenzieren. Histologisch enthält dieser Knorpel vorwiegend Typ- I-Kollagen im Gegensatz zum Typ-II- Kollagen des hyalinen Knorpels. Bio- mechanische Testungen zeigen eine deutlich geringere Belastbarkeit des Regeneratgewebes im Vergleich zum hyalinen Knorpel (73, 90). Längerfristig ist der gebildete Faserknorpel den me- chanischen Anforderungen nicht ge- wachsen, sodass es bei entsprechender Defektgröße zur nachfolgenden Ar- throse kommt (41). Entsprechend sind die klinischen Ergebnisse unsicher (2, 18, 25, 46), die besten Resultate wurden für die Mikrofrakturierung mit Befund- besserung bei 75 Prozent der Patienten berichtet (71, 89).

Klassifikation nach Outerbridge

>Grad 0:

Normaler Gelenkknorpel

>Grad 1:

Leichte Knorpelerweichung und -verdickung

>Grad 2:

Oberflächliche Rissbildung, Länge < 1,7 cm (0,5 inch)

>Grad 3:

Tiefe Rissbildung, bis zum subchondralen Knochen reichend

>Grad 4:

Freiliegender subchondraler Knochen Textkasten 1

a

b

Abbildung 1: a) MRT-Darstellung einer osteo- chondralen Läsion der lateralen Femurkon- dyle (TSE-Sequenz). b) Intraoperativer Situs dieser Läsion. Klinisch Läsion Grad 3.

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Transplantation von Geweben mit potenzieller

chondrogener Differenzierung

Periost (43, 63–66) und Perichondrium (15, 38) besitzen in ihrer Cambium- Schicht mesenchymale Vorläuferzel- len, die nach der Transplantation in ei- ne Defektzone zur Bildung eines Er- satzknorpels führen. Osteochondrale Defekte beim Kaninchen, die mittels autologer Periostlappen gedeckt wur- den, zeigten in der histologischen Un- tersuchung einen vornehmlich hyali- nen Knorpel (63, 65, 66). Der sub- chondrale Knochen konnte komplett wiederhergestellt werden. Dies ist ins- besondere wichtig, da die Haltbar- keit eines Knorpelregenerates vom physiologischen biomechanischen Ver- halten des subchondralen Knochens abhängt (77). Klinische Ergebnisse wurden von verschiedenen Autoren beschrieben. In einer Studie zur Be- handlung von Patelladefekten (Abbil- dung 3) hatten nach einem mittleren Follow-up von 42 Monaten 25 von 26 Patienten ein exzellentes oder gutes Ergebnis (53). O´Driscoll (63) berich- tete über gute Ergebnisse bei mehr als 40 Patienten. Einschränkend, insbe- sondere bei Verwendung von Peri- chondrium, ist auf die geringe Verfüg- barkeit sowie eine Ossifikationsten- denz des Transplantates hinzuweisen (2, 15, 18, 38, 59).

Knorpel-Knochen- Transplantation

Bis heute ist die Transplantation osteochondraler Segmente die einzige Methode, einen bestehenden Gelenk- knorpeldefekt mit intaktem hyalinen Knorpel zu decken.

Bereits 1964 berichtete Wagner (95) über osteochondrale autologe Trans- plantationen (OCT). In der Folgezeit wurden sowohl autologe als auch allo- gene Transplantationen in offener Tech- nik vornehmlich am Knie durchgeführt (26, 32, 49, 96, 101), später auch in ar- throskopischer Technik (11, 57). Imhoff (42) zeigte die Möglichkeiten des po- sterioren Kondylentransfers als Sal- vage-Operation bei großen osteochon- dralen Defekten. Zwischenzeitlich wird

die Methode auch im Bereich der Patel- la und der Tibia sowie an anderen Gelen- ken wie Ellenbogen, Sprunggelenk und Schulter eingesetzt (34, 41). Autologe Transplantate werden sowohl vom late- ralen als auch medialen Condylus sowie von der femoralen Notch gewonnen (11, 31, 41, 100). Auch die laterale Patel-

lafacette sowie das proximale Tibiofibu- largelenk sind als Entnahmeregion be- schrieben (45, 69). Simonian (88) zeigte im Hinblick auf eventuelle Probleme im Entnahmebezirk, dass für die proxima- le laterale Kondyle und die mediale Wange der Notch die geringsten An- pressdruckwerte zwischen 0 und 110 Grad Kniebeugung auftreten. Er wies jedoch gleichzeitig darauf hin, dass kei- ne der von ihm getesteten Spenderre- gionen vollständig ohne Belastung ge- wesen wäre. Bei der ursprünglich von Wagner beschriebenen Technik (95) er- folgte die Entnahme aus der dorsalen Kondyle. In tierexperimentellen Studi- en konnte gezeigt werden, dass es zu einer vollständigen Integration im Be- reich der subchondralen Platte so- wie der übrigen knöchernen Anteile kommt, jedoch eine Integration der Knorpelplatte mit dem umgebenden Knorpel nur als faserknorpelige Narbe zustande kommt (33, 87).

Indikationen

Als „ideale“ Indikation zur OCT galt zunächst ein bis auf den subchondralen Knochen durchgängiger Knorpeldefekt bis 20 mm (11). Heute werden die Indi- kationen weiter gestellt (41) :

>Fokale chondrale oder osteochon- drale Läsionen in der Belastungszone der Femurkondylen, retropatellar oder an der Talusschulter;

>OD-Herde Grad III und IV sowie begrenzte Osteonekrosen in der Bela- stungszone der Femurkondylen, retro- patellar oder an der Talusschulter;

>Relativ: Chondrale und osteochon- drale Läsionen an Schulter-, Ellenbo- gen- und Hüftgelenk.

Zunehmende Erfahrung mit der Me- thode führte zu einer Ausweitung der Indikation auf degenerative Knorpel- schäden und arthrotische Veränderun- gen bei jüngeren Patienten (51).

Technik

Die Entnahme der Transplantate und die Vorbereitung der Empfängerbetten erfolgt mittels Hohlmeißeln verschie- dender Instrumentarien (11, 23). Die Hohlmeißel für das Spendertransplan- tat sind minimal größer als die für die Entnahme aus der Empfängerregion, um eine Press-fit-Implantation zu ge- währleisten (23) (Abbildung 4). Die Oberflächenwöbung der Entnahme- und Empfängerareale sollte möglichst identisch sein. Alternativ zur Mosaik- plastik mit vielen kleinen Zylindern können einzelne oder mehrere größere Zylinder transplantiert werden (11, 41, 49). Eine Alternative bei großen De- fektflächen bietet der dorsale Kondy- lentransfer beziehungsweise der so ge- nannte „Mega-OATS“ (1, 42).

Die „Spenderbetten“ können entwe- der „frei“ gelassen werden oder mit den entknorpelten Zylindern aus dem Emp- fängerareal beziehungsweise mit Kno- chenersatzstoffen aufgefüllt werden.

Normalerweise füllen sich die Defekte spontan innerhalb von zwölf Wochen mit Knochen und Faserknorpel (11).

Bei Versorgung von Defekten an an- deren Gelenken als dem Knie werden die Spendertransplantate in der Regel aus dem Kniegelenk entnommen („2- Gelenk-Technik“, 6, 34, 41).

a

b

Abbildung 2: a) und b) Pridie-Bohrung im Fe- muro-Patellar-Gelenk.

(4)

Ergebnisse der OCT

Sowohl kurz- bis mittelfristige (5, 12, 33, 39) als auch langfristige (49, 96) Ergeb- nisse mit Nachuntersuchungszeiten von bis zu 9 Jahren zeigen gute Resultate bei 70 bis 90 Prozent der Patienten, mit bes- seren Ergebnissen bei chondralen ge- genüber osteochondralen und femora- len gegenüber retropatellaren Defekten.

Erste Erfahrungen am Sprunggelenk zeigen vergleichbar gute Ergebnisse wie am Kniegelenk (6, 34). Insbesonde- re traten keine Probleme im Bereich der Spenderregionen (Kniegelenk) auf.

Über die Anwendung der Technik an an- deren Gelenken wie Schulter oder El- lenbogen liegen bisher nur wenige Fall- berichte vor (41).

Mega-OATS beziehungsweise posteriorer Kondylentransfer

Osteochondrale Defekte mit einem Durchmesser von mehr als 25 bis 30 mm erscheinen für die OATS-Technik oder die Mosaikplastik nicht geeignet. Zum einen sind die Spenderareale begrenzt, zum anderen ist bei dieser Defektgröße eine stabile Press-fit-Verankerung nicht mehr gewährleistet (1). Der (partielle) Transfer der posterioren Femurkondyle, der so genannte Mega-OATS, dient zur autologen Deckung solcher Defekte, zum Beispiel bei M. Ahlbäck oder bei großem OD-Herd (1, 42). Dabei wird zunächst der dorsale Abschnitt der be- troffenen Kondyle mit einem Meißel osteotomiert. Daraus wird dann ein der Defektgröße entsprechendes Transplan- tat mit einem speziellen Instrumentari- um entnommen und Press-fit einge- bracht. Von 29 Patienten waren 26 (89,7 Prozent) nach durchschnittlich 17 Mona- ten (3–46) zufrieden, 16 von 29 konnten wieder auf ihr früheres Sportniveau zurückkehren. Komplikationen wurden in dieser Serie insbesondere im Bereich der hinteren Kondylenabtragung nicht gesehen.

Allografts

Osteochondrale Allografts können passgenau dem Defekt entsprechend als Zylinder wie bei den autologen Techniken aus dem tiefgefrorenen oder frischen Spendergewebe (67, 81) ge-

wonnen werden. Bei experimentellen Studien an Hunden (91) konnte gezeigt werden, dass die Immunantwort des Empfängers gegenüber tiefgefrorenen Allografts geringer ausfiel als bei fri- schen Allotransplantaten. Tiefgefrore- ne Allografts jedoch zeigten im 5-Jah- res-Versuch an Affen frühere Degene- ration als frische Gewebstransplantate (52). Histokompatibilität ist zumindest für massive osteochondrale Allografts

ein positiver Faktor im Hinblick auf das Langzeitergebnis (24).

Klinische Ergebnisse mit einem mitt- leren Follow-up von 4 bis 7,5 Jahren zei- gen Befundbesserungen in mehr als 85 Prozent der Patienten (26, 27).

Autologe

Chondrozytentransplantation

Einen weiteren Ansatz zur Therapie von Gelenkknorpelschäden bietet die Transplantation kultivierter Chondro- zyten, die mit oder ohne Trägersysteme in Knorpeldefekte eingebracht werden können. Bereits 1968 führten Chester- man und Smith (19) allogene Chondro- zytentransplantationen in Knorpelde- fekte im Tierversuch durch. Bentley

und Greer (8) verfolgten ähnliche An- sätze. Grundlage dieser Therapie ist die Möglichkeit, Chondrozyten aus der um- gebenden Matrix enzymatisch heraus- zulösen (37, 48). Die Arbeitsgrup- pe um Brittberg (13) entwickelte in Schweden in den 90er-Jahren die so ge- nannte autologe Chondrozytentrans- plantation (ACT).

Bei der ACT wird Knorpelgewebe aus nicht belasteten Gelenkbereichen,

in der Regel arthroskopisch, entnom- men. Daraus werden Chondrozyten iso- liert und unter speziellen Bedingungen in der Zellkultur vermehrt (3). Unter den Kulturbedingungen kommt es zu einer reversiblen Entdifferenzierung der Zellen zu fibroblastären Zellen (9, 10, 29, 31, 94).

In einem zweiten operativen Eingriff wird die Zellsuspension in den ange- frischten und mit einem Periostlappen versiegelten Defekt retransplantiert.

Alternativ kann eine resorbierbare Ma- trix (3, 72, 78, 82, 84) mit den kultivier- ten Zellen beladen werden, um dann implantiert zu werden. Hierdurch scheint ein besseres Handling der zu transplantierenden Zellen mit besserer lokaler Adhäsion möglich (82). Am En- de des biologischen Regenerationspro-

a b

c d

Abbildung 3: Periostlappendeckung eines retropatellaren Knorpelschadens. a) Knorpelscha- den mit Narbengewebe. b) Anfrischung mit Anbohrung. c) Entnahme eines Periostlappens von der antero-medialen Tibia. d) Aufnahme des Periostlappens, Abdichtung mit Fibrinkleber.

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zesses steht ein hyalines Reparationsge- webe, welches jedoch histologisch, bio- chemisch und biomechanisch nicht voll- ständig dem intakten Gelenkknorpel entspricht (90).

Als Indikation für dieses Verfahren gelten nach einer Empfehlung der Ar- beitsgemeinschaft „Autologe Chondro- zytentransplantation ACT und Tissue Engineering“ (3) ähnliche Indikationen wie für die osteochondrale autologe Transplantation (OCT), wobei die sub- chondrale Lamelle allerdings erhalten und eine stabile Gelenkführung ge- währleistet sein muss.

Minas (59) zeigte eine deutliche Ver- besserung der Lebensqualität der Pati- enten bei noch akzeptablen Kosten die- ses Verfahrens. Langzeituntersuchun- gen mit einem Follow-up bis zu 11 Jah-

ren von Peterson et al. (73, 74) konnten insbesondere bei Transplantation im Bereich der Femurkondylen in etwa 90 Prozent gute bis sehr gute klinische Er- gebnisse mit dieser Methode zeigen.

Biomechanische Messungen der Knor- pelsteife bei 8 Patienten zeigten 90 Pro- zent oder mehr der Werte des normalen hyalinen Gelenkknorpels (73). Bei der Osteochondrosis dissecans oder auch bei retropatellaren Schäden sind die Resultate nach ACT mit 74 Prozent be- ziehungsweise 69 Prozent guten bis sehr guten klinischen Ergebnissen etwas schlechter.

Spezifische Probleme und Kompli- kationen dieser Methode sind Trans- plantatablösung, Hypertrophie des Transplantats, Chondromalazie, Adhä- sionen und Arthrofibrosen. Insgesamt treten in den zitierten Studien Kompli- kationen in einer Größenordnung von etwa 10 Prozent auf, wobei eher Kom- plikationen bei Transplantationen im Bereich der Trochlea, der Patella und der Tibia beschrieben sind. Nachteilig sind die notwendige zusätzliche Ope- ration zur Entnahme des Knorpelge- webes und die aufwendige Methode, die Zellen zu isolieren und zu vermeh- ren (99). Lee (50) konnte darüber hin- aus in einer Studie am Kaninchen nachweisen, dass allein die Knorpel- entnahme an der Trochleakante („tro- chlea ridge“) in einem Gelenk bleiben- de Veränderungen der biomechani- schen Eigenschaften am übrigen Ge- lenkknorpel der Trochlea hinterlässt.

Ob diese Veränderungen später zu ar- throtischen Folgeschäden führen, ist noch unklar.

Experimentelle Ansätze zur Knorpelregeneration

In jüngster Zeit konnte von mehreren Arbeitsgruppen gezeigt werden, dass im humanen Knochenmark mesenchymale Progenitorzellen oder Stammzellen exi- stieren, welche unter definierten Bedin- gungen in vitro in Richtung Knorpel dif- ferenzieren (47, 75). Im Tierversuch konnten Wakitani et al. (97) die Bildung eines Ersatzknorpels nach Implantation von mesenchymalen Zellen aus Kno- chenmark und Periost nachweisen. Je- doch zeigte sich im zeitlichen Verlauf ei-

ne zunehmende Ossifizierung des Rege- neratgewebes. In ersten klinischen Ana- lysen der Autoren (98) konnte beim Ver- gleich zwischen einer alleinigen Periost- lappenplastik und einer solchen kombi- niert mit kulturexpandierten mesenchy- malen Knochenmarkstammzellen histo- logisch und makroskopisch eine höhere Qualität des Ersatzknorpels in der zell- transplantierten Gruppe gezeigt werden.

Aus Biomaterialien hergestellte Ma- trices mit unterschiedlichen mechani- schen Eigenschaften, mit und ohne in- korporierte Wachstumsfaktoren, werden derzeit im Tierversuch getestet (2, 44, 64).

Ein die Matrixsynthese stimulierender Effekt durch TGFβ-1-Gentransfer in Ge- lenkknorpelzellen wurde von Möller (60) beschrieben. Für die Nutzung von elektrischer Stimulation (52) oder Laser- behandlung (4, 20, 36, 61) zur Stimulation der Knorpelregeneration bestehen keine ausreichenden Daten, um eine klinische Anwendung zu rechtfertigen.

Manuskript eingereicht: 14. 7. 2002, revidierte Fassung angenommen: 14. 10. 2002

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 546–554 [Heft 9]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit0903 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Andreas Werner

Orthopädische Klinik des Universitätsklinikums Moorenstrasse 5, 40225 Düsseldorf E-Mail: Werner@med-uni-duesseldorf.de

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Abbildung 4: Autologe Knorpel-Knochen- Transplantation mit dem OATS-System (Firma Arthrex, Karlsfeld). a) Transplantatentnahme.

b) Einbringen des Transplantates. c) Defekt- deckung mit zwei Transplantatzylindern.

Diskussionsbeiträge

Zuschriften zu Beiträgen im medizinisch-wis- senschaftlichen Teil – ausgenommen Editori- als, Kongressberichte und Zeitschriftenrefera- te – können grundsätzlich in der Rubrik „Dis- kussion“ zusammen mit einem dem Autor zu- stehenden Schlusswort veröffentlicht wer- den, wenn sie innerhalb vier Wochen nach Erscheinen der betreffenden Publikation bei der medizinisch-wissenschaftlichen Redakti- on eingehen und bei einem Umfang von höchstens einer Schreibmaschinenseite (30 Zeilen mit je 60 Anschlägen, Literaturver- zeichnis mit bis zu vier Zitaten) wissenschaft- lich begründete Ergänzungen oder Entgeg- nungen enthalten. Für Leserbriefe anderer Ressorts gelten keine besonderen Regelun- gen (siehe regelmäßige Hinweise). DÄ/MWR

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