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Archiv "Gebrauchsanweisung für klinische Prüfungen: Ethik-Kommissionen und die Anleitung der EG „Gute Klinische Praxis für die klinische Prüfung von Arzneimitteln“" (05.09.1991)

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Academic year: 2022

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Gebrauchsanweisung für klinische Prüfungen

Am 1. Juli dieses Jahres ist in der Europäischen Gemein- schaft eine „Note For Guidan- ce" in Kraft getreten, die im Deutschen den Titel trägt:

„Gute Klinische Praxis für die klinische Prüfung von Arznei- mitteln in der Europäischen Gemeinschaft". Nach ihrer Einleitung ist „diese Empfeh- lung an die Pharmazeutische Industrie gerichtet, aber auch an alle Personen, die an der Erstellung klinischer Daten beteiligt sind, die für die Ein- reichung eines Antrags auf Zu- lassung eines Arzneimittels verwendet werden".

Die Anleitung der EG im Konzert der Vorschriften

Dieses Papier der EG tritt zu den weiteren Dokumenten, die sich auf nationaler und internationaler Ebene mit unterschiedlichem Wir- kungsgrad auf die klinische Prüfung beziehen. Nur auf Arzneimittel ge- richtet und mit der Verbindlichkeit eines Bundesgesetzes ausgerüstet, sind die §§ 40 bis 42 des Arzneimit- telgesetzes (AMG), welche durch die Richtlinien zur klinischen Prü- fung als Allgemeinverfügung ergänzt worden sind. International vorbild- lich und auf der ganzen Welt ange- wendet ist die Revidierte Deklarati- on von Helsinki (in der Fassung von Hongkong 1989), welche die gesamte biomedizinische Forschung am Men- schen regelt, sei sie Arzneimittelprü- fung, sei sie medizinische Forschung an sich.

Die Deklaration von Helsinki ist keine Rechtsquelle, hat aber mittler- weile den Rang von internationalem Standesrecht auf gewohnheitsrecht- licher Basis erlangt.

Ethik-Kommissionen und die Anleitung der EG

„Gute Klinische Praxis für die klinische Prü- fung von Arzneimitteln"

Die neue „Anleitung", wenn man den englischen Begriff der note for guidance so übersetzen will, ge- sellt sich eher zu den erstgenannten Vorschriften des Arzneimittelrechts.

Sie hat weder den Charakter einer europäischen Verordnung als unmit- telbar anwendbares Recht, noch ist sie als Richtlinie verkündet worden, welche den Regierungen zur Umset- zung in Landesrecht aufgegeben ist.

Zur Zeit wird allerdings erörtert, ob Teile der Anleitung trotz ihres Über- maßes an Definitionen in eine Richt- linie überführt werden sollen. Recht- lich steht die Anleitung auf der Stufe einer Allgemeinverfügung.

Der Zweck der Anleitung ergibt sich aus dem letzten Absatz ihres Vorwortes: „Bei Einhaltung der Be- dingungen der Guten Klinischen Praxis kann bestätigt werden, daß al- le Daten, Informationen und Doku- mente korrekt erstellt, festgehalten und berichtet werden". Es geht also im wesentlichen um ein hohes Rechtsgut, nämlich um die Korrekt- heit der Ergebnisse der klinischen Prüfung, die als Unterlage für die Bewertung und schließliche Zulas- sung von Arzneimitteln Verwendung finden sollen. Wissenschaft, Indu- strie und Behörden sollen gegen schlampige Erfassung von Daten, schließlich auch gegen vorsätzliche Fälschungen geschützt werden. Das ergibt sich auch aus vier der insge- samt fünf Kapitel der Anleitung, die sich mit Verantwortlichkeit, Umgang mit den Daten, Biometrie und Quali- tätssicherung befassen. Allerdings

enthält das erste Kapitel die Über- schrift: „Schutz der an der Prüfung teilnehmenden Personen und Bera- tung durch Ethik-Kommissionen".

Stellung der

Ethik-Kommissionen

Obwohl sich die Anleitung nach eigener Aussage nicht an Ethik- Kommissionen richtet, wird doch die

„Ethik-Kommission" ausführlich umschrieben. In die Definition sind Teile der Revidierten Deklaration von Helsinki eingeflossen, andere Teile sind eher eigener Art. Ein Miß- trauen der Anleitung gegen Ethik- Kommissionen ist unverkennbar, wenn man liest: „Eine Aufstellung der Mitglieder der Ethik-Kommissi- on sowie ihrer beruflichen Stellung, und eine Darstellung ihrer Arbeits- grundsätze, einschließlich des zeitli- chen Verfahrensablaufs, sollte öf- fentlich verfügbar sein." Der längst entkräftete Vorwurf, Ethik-Kommis- sionen arbeiteten zu langsam, scheint hier wieder durch. Es ist mittlerweile erwiesen, daß eine län- gere Dauer eines Verfahrens vor ei- ner Ethik-Kommission fast stets auf unvollständige Unterlagen oder die Notwendigkeit von Rückfragen hin- sichtlich wesentlicher Punkte zu- rückzuführen ist.

Verfahrensweise bei Ethik-Kommissionen

Auf mehr als einer Seite der An- leitung wird über die Ethik-Kommis- sion gehandelt. Dabei wird ein gan- zer Katalog dessen aufgestellt, was Ethik-Kommissionen zu berücksich- tigen haben. Hier erfährt der Leser einige Überraschungen: Unter 1.6.e soll die Ethik-Kommission gebeten werden, folgenden Punkt zu begut- achten: „ . . . eine Versicherung oder eine Rechtsschutzversicherung, um die Haftung des Sponsors und des Prüfers abzudecken". Die Rechts- schutzversicherung des Sponsors oder Prüfers als Punkt des Schutzes der an der Prüfung teilnehmenden Personen ist nicht leicht verständ- lich. Sodann soll die Ethik-Kommis- sion begutachten: „Das Ausmaß, in A-2880 (32) Dt. Ärztebl. 88, Heft 36, 5. September 1991

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welchem die Teilnahme von Prüfer und Patienten/Probanden entgolten wird" (1.6.f). Sprachlich ist die Über- setzung nicht gelungen: das Entgelt geht an Prüfer beziehungsweise Pro- band, es kommt nicht etwa von ihm.

Überdies haben sich bislang die Ethik-Kommissionen nur in Ausnah- mefällen mit dem Entgelt der Pro- banden und gar nicht mit dem Prüfer befaßt. Soll das jetzt regelmäßig in die Fragen der Ethik-Kommissionen aufgenommen werden?

Gegen Schluß regelt dann die Anleitung das Vorgehen der Ethik- Kommission selbst, wozu sie nach ei- gener Angabe nicht ausgezogen war:

Etwa daß die Ethik-Kommission ihre Meinung und ihren Rat in schriftli- cher Form innerhalb einer angemes- senen Zeit (wiederum die Unterstel- lung der Verzögerung) geben soll und die Studie eindeutig angegeben sein soll. Das mag selbstverständlich erscheinen, zeigt aber, daß Ethik- Kommissionen bei Universitäten und Ärztekammern offensichtlich von der Anleitung betroffen sein sollen, obwohl man sie nicht einmal ange- hört hat.

Stellung von

„Sponsor" und „Monitor"

Die Anleitung führt eine Reihe neuer Begriffe ein. Es gibt keinen Leiter der klinischen Prüfung mehr, sondern an seine Stelle ist wohl in gewisser Hinsicht der Sponsor getre- ten. Mit der Figur des Monitors wird eine (oft vom Sponsor angestellte) Person eingeführt, welche für die Si- cherheit und Zuverlässigkeit der kli- nisch erhobenen Daten garantiert.

Unsicher ist freilich, inwieweit der Monitor die Akten einsehen darf, wovon die Anleitung ausgeht, wenn es heißt (2.4.e): „die Eintragung in den Prüfbögen mit den Originalbe- funden zu vergleichen . . .". Wenn man dann noch liest, daß der Moni- tor auch sicherstellen muß, daß die Einwilligung nach Aufklärung er- folgt ist, beginnt man sich für die Person des Monitors zu interessie- ren. Danach ist der Monitor vom Sponsor oder einem Auftragsfor- schungsinstitut angestellt. Verant- wortlich ist er gegenüber dem Spon-

sor oder dem Auftragsforschungsin- stitut.

Juristisch stellt sich nunmehr die Frage, wie der Monitor zulässiger- weise Einsicht in die Krankenunter- lagen nehmen kann. Um die ärztli- che Verschwiegenheit nach § 203 StGB, das ärztliche Standesrecht und den Arztvertrag nicht zu verlet- zen, wird man zuerst die Zustim- mung des Patienten beziehungsweise Probanden einzuholen haben. Die Akten sind aber auch Klinikakten und stehen daher nicht dem Patien- ten alleine zu. Für eine Einsicht ist ebenso die Erlaubnis der Kliniklei- tung erforderlich.

Definition der

Guten Klinischen Praxis

Die Anleitung der EG erklärt sich selbst, also die Gute Klinische Praxis als „Standard, nach welchem klinische Prüfungen geplant, durch- geführt und berichtet werden, so daß sichergestellt ist, daß die Daten glaubwürdig sind und daß die Rech- te und Unversehrtheit der Personen sowie die Vertraulichkeit von Daten geschützt sind". Diese Definition trägt public relations-Charakter: Wie kann die „Unversehrtheit" der Per- son geschützt sein, wenn zwar mit ih- rer Zustimmung nach Aufklärung die Gefahr besteht, daß ein potentes Arzneimittel an ihr geprüft wird. Of- fenbar ist die Unversehrtheit eine Sache des Willens.

Gleiche Normen für medizinische Geräte in allen EG-Ländern

Medizinische Geräte sollen künftig in allen Staaten der Europäi- schen Gemeinschaft gleichen Nor- men entsprechen. Die EG-Kommis- sion legte einen Richtlinienentwurf vor, der für die Zulassung medizini- scher Geräte die Einführung einer Reihe von EG-weiten Normen vor- sieht.

Nicht nur Geräte für Röntgen- aufnahmen, Laserbehandlung oder Elektrokardiogramme sollen nach

Übermäßig formali- siertes Instrument

Eine Durchsicht der „Guten Kli- nischen Praxis" zeigt, daß nach Art einer Gebrauchsanweisung alles, was mit einer klinischen Prüfung zusam- menhängt, ausführlich dargestellt wird.

Wie eine Stichprobe zeigt, reicht das von der Verpflichtung des Prü- fers, einen aktualisierten Lebenslauf einzureichen, bis zur Handhabung der Dokumentation mit „peinlicher Sorgfalt" (2.5.d.k.). Alles in allem ist die Anleitung der Europäischen Ge- meinschaft ein übermäßig formali- siertes, übermäßig vollständiges In- strument, das die klinische Prüfung nicht erleichtern wird. Man wird den Ethik-Kommissionen an den Univer- sitäten und Ärztekammern raten müssen, die Anleitung der EG als das zu nehmen, was sie nach eigener Aussage ist. Nämlich gerichtet an die pharmazeutische Industrie und Per- sonen, die an der Erstellung klini- scher Daten beteiligt sind, ersetzt die Anleitung weder die §§ 40ff. AMG noch die Revidierte Deklaration von Helsinki. Diese sind nach wie vor die Hauptquellen der Beratung durch die Ethik-Kommission.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Dr. h. c.

Erwin Deutsch

Platz der Göttinger Sieben 6 W-3400 Göttingen

den Vorschlägen der EG-Kommissi- on einem einheitlichen „hohen Schutzniveau" für die Patienten un- terworfen sein, sondern auch Sprit- zen, zahnärztliche Geräte, Prothesen oder Kontaktlinsen.

Die gemeinschaftlichen Zulas- sungsbestimmungen, denen die Staa- ten der Europäischen Gemeinschaft noch zustimmen müssen, sollen im Juli 1994 in Kraft treten. Bis 1997 sollen Hersteller von medizinischen

Geräten aber noch die Möglichkeit

erhalten, ihre Geräte auch nationa- len Zulassungsbedingungen zu un- terwerfen. Erst ab Juli 1997 wird die EG-Regelung verbindlich. afp Dt. Ärztebl. 88, Heft 36, 5. September 1991 (35) A-2881

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