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Archiv "Rechtsqualität der „Good Clinical Practice“: Gute Klinische Praxis für die klinische Prüfung von Arzneimitteln in der Europäischen Gemeinschaft" (03.07.1992)

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THEMEN DER ZEIT

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Die Rechtsqualität der Good Clinical Practice (GCP) ist auf den Rechtsgrundlagen des Europäischen Gemeinschaftsrechts darzustellen.

Es wird unterschieden zwischen pri- märem Gemeinschaftsrecht, das sind der EWG-Vertrag, der Vertrag über die Europäische Atomgemeinschaft und der Vertrag über die Europäi- sche Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), und dem sekundären Gemeinschaftsrecht, das sind Ver- ordnungen, Richtlinien, Empfehlun- gen, Stellungnahmen, Entscheidun- gen und sonstige Rechtsakte „sui ge- neris". Die rechtliche Einordnung innerhalb des sekundären Gemein- schaftsrechts verkompliziert sich da- durch, daß Empfehlungen im Rah- men der EWG etwas anderes sind als Empfehlungen im Bereich der EGKS, weil Empfehlungen der EGKS den Richtlinien der EWG entsprechen.

Bei der Prüfung der Rechtsqua- lität der GCP interessiert der Unter- schied zwischen Richtlinien und Empfehlungen nach Art. 189 EWG- Vertrag.

Art. 189 Abs. 3 EWG-Vertrag charakterisiert die Richtlinien als ei- nen Rechtsakt der Gemeinschaft, der für jeden Mitgliedsstaat, an den er gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich ist, den innerstaatlichen Stellen jedoch die Wahl der Form und der Mittel überläßt. Mit den Rechtsakten des nationalen deutschen Rechts ist die Richtlinie am ehesten vergleichbar mit Rahmengesetzen des Bundes, die die Länder auszufüllen haben.

Die Richtlinie gibt den angesproche- nen Mitgliedsstaaten verbindliche Zielsetzungen mit der Verpflichtung zu deren vollständiger Umsetzung in das nationale Recht.

Richtlinien haben Rechtsver- bindlichkeit für ihre Adressaten in dem doppelten Sinne, daß das mit ihnen jeweils verfolgte Ziel maßgeb- lich ist und daß die betroffenen Mit- gliedstaaten eine Umsetzungspflicht hinsichtlich ihres Inhalts in das na- tionale Recht trifft.

Daneben kennt Art. 189 Abs. 5 des EWG-Vertrages das nichtver- bindliche Rechtsinstrument der Empfehlungen und Stellungnahmen.

Die Unterscheidung zwischen Emp- fehlungen und Stellungnahmen ist im EG-Bereich nicht sonderlich be- deutsam. Im allgemeinen ergehen Empfehlungen eher auf Eigeninitia- tive des erlassenden Organs, wäh- rend Stellungnahmen mehr Reaktio- nen auf das Verhalten eines anderen Gemeinschaftsorgans oder eines Mitgliedsstaates darstellen. Empfeh- lungen und Stellungnahmen sind für die Gemeinschaftspraxis häufig ge- brauchte und gerade infolge ihrer fehlenden rechtlichen Verbindlich- keit gern benutzte Instrumente. Sie entfalten für die Fortentwicklung der EG erhebliche politisch-psycho- logische Wirkungen. Sie werden in erster Linie vom Rat oder der Kom- mission erlassen. Der Rechtscharak- ter erschöpft sich darin, daß es sich hier zwar um offizielle Verlautba- rungen der Gemeinschaft handelt, die aber nicht verbindlich sind, ge- wisse Rechtswirkungen aber wegen

der Loyalitätspflichten der Mitglieds- staaten entfalten.

Sie enthalten bestimmte Beur- teilungen von Sachfragen. Im Hin- blick auf ihre Adressaten erweisen sich die Empfehlungen als flexibel handhabbarer Rechtsakt. Sie kön- nen sich an die Mitgliedsstaaten richten, aber auch Empfehlungen an Unternehmen, Unternehmensgrup- pen und Privatpersonen enthalten.

Die „Gute Klinische Praxis für die klinische Prüfung von Arzneimitteln in der Europäischen Gemeinschaft"

besagt in ihrer Überschrift nichts über die Rechtsqualität. Im Vorwort des Dokumentes wird aber schon erklärt, daß es sich um eine Empfehlung han- delt Damit ist die Rechtsqualität fest- gelegt. Der Empfehlungscharakter ergibt sich aber zwingend auch aus den Adressaten, die erreicht werden sollen. Im Vorwort heißt es:

Empfehlungen...

„Das Ziel dieser Empfehlung ist es, die Grundsätze für Standards der Guten Klinischen Praxis bei der Durchführung von Studien mit Arz- neimitteln beim Menschen in der EG aufzustellen. An erster Stelle ist diese Empfehlung an die pharma- zeutische Industrie gerichtet, aber auch an alle Personen, die an der Er- stellung klinischer Daten beteiligt sind, die für die Einreichung eines Antrages auf Zulassung eines Arz- neimittels verwendet werden. Die dargelegten Prinzipien beziehen sich auf alle vier Phasen der klinischen Prüfung von Arzneimitteln und kön- nen auch von denjenigen angewen- det werden, die experimentelle Stu- dien beim Menschen durchführen."

Da als Adressat ausdrücklich die pharmazeutische Industrie, aber auch Personen erwähnt sind, die an der Erstellung klinischer Daten be- teiligt sind, die für die Einreichung eines Arzneimittelzulassungsantra- ges verwendet werden, ist klar, daß es sich nicht um Richtlinien handeln kann, da Richtlinien, wie dargestellt, als Normadressaten ausschließlich an einzelne oder alle Mitgliedsstaa- ten sich richten, nicht aber an juristi- sche oder natürliche Personen oder Gruppen solcher.

Rechtsqualität der „Good Clinical Practice"

Gute Klinische Praxis für die klinische Prüfung von Arzneimitteln in der Europäischen Gemeinschaft

Ulrich Kirchhoff

Das Europarecht greift zunehmend auch in privatrechtliche Berei- che über. Dieser Beitrag erfaßt die europarechtliche Komponente des Arzneimittelrechts, für das Grundsätze für Standards der gu- ten klinischen Praxis bei der Durchführung von Studien mit Arz- neimitteln beim Menschen in der EG aufgestellt werden auf der Grundlage der Richtlinien 65/65 und 75/318 EWG.

A1-2376 (28) Dt. Ärztebl. 89, Heft 27, 3. Juli 1992

(2)

I

Konsequenzen

für die Ethik-Kommission

Aufgrund der Einordnung der

GCP-Empfehlungen in das sekundä- re Gemeinschaftsrecht der Empfeh lungen/Stellungnahmen ergibt sich, daß keine unmittelbare Verbindlich- keit der GCP-Empfehlungen für die Pharmaindustrie und die bei Arznei- mittelprüfungen mitwirkenden Ärzte besteht. Dennoch darf ihre Wirkung nicht unterschätzt werden. Es ist zu erwarten, daß die nach nationalem Recht zugelassenen Arzneimittel bei dem Vertrieb und der Verwendung innerhalb und auch außerhalb der EG daran gemessen werden könn- ten, ob die Empfehlungen für Gute Klinische Praxis für die klinische Prüfung der Europäischen Gemein- schaft beachtet wurden.

Denn die GCP-Empfehlungen bedeuten eine Gebrauchsanweisung für Standards, die den Schutz der Patienten in klinischen Prüfungen verbessern und Anforderungen an den Umgang mit den Daten klini- scher Prüfungen zur Qualitätssiche- rung beschreiben.

Die bekannten Erfahrungen aus der Spruchpraxis der Ethik-Kommis- sionen nach den am 19. November 1986 beschlossenen und zuletzt am 21. November 1990 ergänzten Ver- fahrensgrundsätzen für die Ethik- Kommissionen widersprechen nicht diesen GCP-Empfehlungen. Die Ar- beitsweise der Ethik-Kommissionen nach diesen Verfahrensgrundsätzen kann unbedenklich fortgesetzt wer- den, ohne damit in eine Kollision mit den GCP-Empfehlungen zu geraten.

Aus der praktischen Arbeit der Ethik-Kommissionen für Beratungen und Empfehlungen gegenüber an- tragstellenden Arzten bestätigt sich, daß die Standards, Formalitäten und Qualitätssicherungsbedingungen der GCP-Empfehlungen weitgehend be- rücksichtigt werden. Allerdings ge- hen die GCP-Empfehlungen weit mehr ins Detail als unsere Verfah- rensgrundsätze. Diese Aussage wird belegt aus dem Vergleich von vier Seiten Verfahrensgrundsätzen zu 35 Seiten GCP-Empfehlungen. Manche der ausführlicheren europäischen

Ein wichtiges Thema in der 9. Jah- resversammlung des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland war das Dokument „Gute Klinische Praxis für die klinische Prüfung von Arzneimitteln in der Europäischen Gemeinschaft" mit seinem Anhang über Empfehlungen zu einigen prakti- schen Aspekten klinischer Studien.

Dem Arbeitskreis gehören inzwi- schen alle Ethik-Kommissionen der Landesärztekammern und der Medi- zinischen Fakultäten oder Fachberei- che der Universitäten und Hochschu- len der alten und neuen Bundesländer an. Das allgemeine Interesse der Versammlungsteilnehmer an der Rechtsqualität des EG-Dokuments ist Veranlassung für diesen Artikel. Er ergänzt die „Gebrauchsanweisung für klinische Prüfungen" im Deut- schen Ärzteblatt, 88, Heft 36 vom 5.

September 1991 von Prof. Dr. jur. Dr.

h. c. Deutsch, Göttingen.

Verfahrensvorschläge gegenüber un- seren Grundsätzen erledigen sich aber dadurch, daß nach § 6 der Ver- fahrensgrundsätze das Verwaltungs- verfahrensgesetz ergänzend gilt.

Damit werden manche Kriterien der GCP-Empfehlungen — wie zum Beispiel Auflagen — abgedeckt. Ei- nige Patientenrechte der GCP- Empfehlungen, etwa die zur Einsicht in die Unterlagen im Schadensfalle, sind im deutschen Rechtskreis durch gefestigte höchstrichterliche Recht- sprechung abgedeckt. Andere Fra- gen wie etwa die Prüferqualifikation berücksichtigen viele Ethik-Kommis- sionen, indem sie sich an die Qualifi- kationsanforderungen von Ärzten für klinische Arzneimittelprüfungen nach den Richtlinien des Berufsver- bandes für Ärzte für klinische Phar- makologie richten oder nach dem Vorschlag des Wissenschaftsrates (1990) zur Qualifikation als Leiter einer klinischen Prüfung.

Zusätzlich gilt nach § 1 Abs. 2 Satz 2 der Verfahrensgrundsätze die

„Bekanntmachung von Grundsätzen für die ordnungsgemäße Durchfüh- rung der klinischen Prüfung von Arz- neimitteln vom 9. 12. 1987 (BAnz Nr.

243 vom 30. 12. 1987)".

Es ist aber jeder Ethik-Kommis- sion sowohl der Landesärztekam- mern als auch der medizinischen Fa- kultäten zu raten, sich hinsichtlich der wesentlichen Standards, der for- malen und materiellen Qualitätssi- cherungsempfehlungen und der Wahrung der Patientenschutzrechte an den GCP-Empfehlungen für die klinische Prüfung von Arzneimitteln in der EG zu orientieren.

Allerdings enthalten die GCP- Empfehlungen superbürokratische Anforderungen an die Arbeit der Ethik-Kommissionen und an die Prüfleiter, weil sie im Detail sehr weit gehen. Dazu gehören zum Bei- spiel die umfänglichen Auflistungen aller am Projekt Beteiligten ein- schließlich des gesamten Hilfsperso- nals, die Darstellung der Untersu- chungspopulation unter Berücksich- tigung ethnischer Gruppen, beglei- tende Maßnahmen über die Kontrol- le aller Bedingungen des Prüfplans, Anforderungen über Prüfungen von Literaturverzeichnissen, Einstieg in die Finanzierungsbedingungen und ähnliche Vorschriften des Anhangs zu den GCP-Empfehlungen. Es ist deshalb eine Überprüfung unver- meidbar, sie auf ein praktikables Maß zu reduzieren. Das läßt aber der Empfehlungscharakter der GCP auch zu.

Ein zusätzliches Problem stellt der Begriff des in den GCP einge- führten „Monitor" dar. Er soll die Si- cherheit und Zuverlässigkeit der me- dizinisch erhobenen Daten garantie- ren, obwohl er meist vom Sponsor, dem Auftraggeber der klinischen Prüfung, angestellt ist. Damit ergibt sich eine rechtlich bislang noch nicht ausreichend geklärte Fragestellung, wieweit der Monitor vom Sponsor unabhängig ist, wieweit er die Zu- stimmung der Patienten und Proban- den erhalten hat, nicht der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht zu unter- liegen, und wieweit die Datenschutz- vorschriften beachtet sind.

Anschrift des Verfassers:

Dr. jur. Ulrich Kirchhoff Berliner Allee 20

W-3000 Hannover 1

I

.

. . im Sinne von

Gebrauchsanweisungen

A1-2378 (30) Dt. Ärztebl. 89, Heft 27, 3. Juli 1992

Referenzen

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