D
er Bundesgerichtshof hat kürzlich erneut über Geschäftsbedingungen einer Bank entschieden. Im vorliegenden Fall wurden ei- nem Kontoinhaber, dem an einem Freitag per Überwei- sung 19 000 DM zugewandt werden, die er am selben Tag bar abhebt, 25 DM Zinsen abverlangt, weil die Überwei- sung erst am Montag seinem Konto gutgeschrieben wurde.Das höchste Zivilgericht hat dies rückgängig gemacht und die Bank verurteilt – wie schon acht Jahre zuvor für Bareinzahlungen geschehen (Az.: XI ZR 54/88) –, Über- weisungen am Eingangstag
„wertzustellen“; nur mit dem Buchen könne man sich Zeit lassen. (Az.: IX ZR 208/96)
Zu einer verbreiteten Pra- xis der Banken gehörte es auch, Entgelte für jede Bu- chung auf dem Girokon- to zu verlangen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß eine Bank, die für die Ein- und Auszah- lung am Schal- ter Geld ver- langt (was nach einem früheren BGH- Urteil rechtswid- rig ist – Az.: XI ZR 80/93), zwar die
„vom Gesetz abwei- chende“ Praxis beibehal- ten darf. Dann muß sie aber mindestens fünf Freiposten pro Monat einräumen. Nur wer sein Konto häufiger durch persönliche Vorspra- che „bewege“, könne dafür zur Kasse gebeten werden.
Die Erhebung von Bu- chungsposten für Ein- und
Auszahlungen am Geldauto- maten wurde vom BGH aller- dings bestätigt, weil es sich um eine Sonderleistung han- dele. Voraussetzung dafür sei aber die zusätzliche Möglich- keit, Geld bar am Schalter ab- zuheben oder einzuzahlen.
Wo nur noch mit dem Geld- automaten kommuniziert werden könne, müßten wie- derum fünf Freiposten einge- räumt werden. (Az.: XI ZR 217/95)
Ob die Banken für die Be- arbeitung der Freistellungs- aufträge, die 30prozentige Zinsabschlagsteuer betref- fend, Gebühren berechnen dürfen, haben die Gerichte bisher unterschiedlich beur- teilt. Das Pfälzische Oberlan- desgericht beispielsweise hat die Praxis, pro Jahr zehn DM
zu kassieren, verworfen; die Kunden würden dadurch un- angemessen benachteiligt (Az.: 2 U 16/96). Das Ober- landesgericht München, das über eine Jahresgebühr von 15 DM zu verhandeln hatte,
kam zum entgegengesetzten Ergebnis (Az.: 29 U 1677/96).
Der Bundesgerichtshof ist er- neut gefordert.
Breiten Raum nehmen auch die Auseinandersetzun- gen um die Haftung der Ban- ken ein, etwa für Pannen bei der Anlageberatung. Dabei kommt es grundsätzlich dar- auf an, welche Vorkenntnisse bei einem Kunden vorhanden sind beziehungsweise unter- stellt werden können.
Streit um Anlagetips
So hat der Bundesge- richtshof entschieden, daß
„unerfahrene“ Bankkunden
„schriftlich, unmißverständ- lich und in auffälliger Form“
über die Risiken von Termin- direktgeschäften aufzuklären sind, insbesondere hin- sichtlich der hohen Provisionen, die da- bei anfallen. Ge- schehe das nicht, so hafte die Bank für einen Schaden (Az.:
XI ZR 188/
95). Das Amts- gericht Frank- furt am Main hat in Anwen- dung dieser Rechtsprechung ei- ne Bank verurteilt, ei- nem Kunden 5 000 DM Schadensersatz zu leisten.
Der Berater hatte nämlich einem „in Geldsachen uner- fahrenen“ Kunden empfoh- len, für 45 000 DM, die „für ein Jahr sicher“ angelegt wer- den sollten, Rentenfonds zu kaufen. Der Kurs der Papiere fiel aber innerhalb dieses ei-
nen Jahres in den Keller.
(Az.: 31 C 3752/94-44) Auch zu Bürgschaften er- gingen zahlreiche BGH-Ent- scheidungen: Lassen Eltern ihre erwachsenen Kinder, die finanziell noch nicht auf eige- nen Beinen stehen, für einen 1,4-Millionen-DM-Kredit bür- gen und kann davon ausge- gangen werden, daß der Bank bekannt war, daß die Kinder dadurch überfordert sind, so ist der Vertrag sittenwidrig.
Etwaigen Vermögensver- schiebungen von den Eltern auf ihre Kinder habe die Bank auf andere Weise vorbeugen können. (Az.: IX 333/95)
Entsprechend hat der Bundesgerichtshof zu Bürg- schaften unter Ehegatten ent- schieden. Zwar stellte er fest, daß auch hohe Bürgschaften mittelloser Ehefrauen grund- sätzlich wirksam seien. Sonst seien Pro-forma-Vermögens- übertragungen überschulde- ter Ehemänner auf die Gattin Tür und Tor geöffnet. Der entsprechende Vertrag sei aber zum Beispiel unwirk- sam, wenn die Frau von der Bank unredlich beeinflußt wurde (hier in einem Fall, in dem das Darlehen schon zum Teil ausgezahlt war und damit gedroht wurde, den Kredit zu widerrufen, falls die Ange- traute nicht bürge; Az.: IX ZR 222/94). Mit der Schei- dung wird eine mit Blick auf Vermögensübertragun- gen geforderte Bürgschaft im Regelfall ohnehin wirkungs- los. (Az.: IX ZR 259/95)
Schwergetan haben sich die Banken auch mit der an- teiligen Erstattung eines Dis- agio – bis der Bundesge- richtshof entschieden hat:
weil ein Disagio der laufzeit- abhängige Ausgleich für ei- nen niedrigeren Zins ist, muß die Bank beziehungsweise Sparkasse bei einer vorzeiti- gen Vertragsbeendigung ei- nen Anteil erstatten (Az.: XI ZR 11/93). Dies gelte selbst dann, wenn ein Kunde die (gegenteilige) Abrechnung seiner Bank längere Zeit „un- beanstandet“ gelassen habe, da niemand stillschweigend auf Rechte verzichte. (Az.:
XI ZR 70/93) WB
A-1736 (60) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 25, 20. Juni 1997
V A R I A WIRTSCHAFT
Geschäftsbedingungen
Zahlreiche Urteile gegen Banken und Sparkassen
Der Bundesgerichtshof hat vor kurzem erneut Geschäftsbedingungen einer Bank gekippt, die Kunden „unangemessen benachteiligen“. Im
folgenden Beitrag werden zahlreiche Fälle auf- gelistet, in denen Kunden erfolgreich gegen ihre Kreditinstitute vorgegangen sind.
Zeichnung: Klaus Espermüller