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Archiv "Tuberkulose-Impfstoffe: Zahlreiche Kandidaten im Testlauf" (25.05.2012)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 21

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25. Mai 2012 A 1087

V

or dem Hintergrund der welt- weiten Ausbreitung der Tu- berkulose (TB) wird der Forschung zu neuen Impfstoffen zur Präven - tion und Therapie der Infektions- krankheit hohe Priorität eingeräumt.

Mit dem Strategiepapier „Tubercu- losis Vaccines: A Strategic Blueprint for the Next Decade“ (Tuberculosis 2012; Vol. 92, Supplement 1: 1–35), fordern internationale Organisatio- nen und Stiftungen* Wissenschaft, Industrie sowie Politik weltweit zu stärkerer Zusammenarbeit bei der Grundlagenforschung und bei klini- schen Studien bis hin zur Marktein- führung auf.

„Die Entwicklung eines wirksa- meren und sicheren Impfstoffs ge- gen Tuberkulose kann kein Land und keine Organisation im Allein- gang bewältigen“, kommentiert der Gesundheitsminister von Südafrika, Dr. med. Aaron Motsoaledi, das Strategiepapier. Südafrika spielt ei- ne entscheidende Rolle bei den lau- fenden klinischen Studien zu TB- Impfstoffen.

Seit fast 90 Jahren arbeiten Wis- senschaftler an einem verbesserten Impfstoff gegen den Tuberkulose - erreger Mycobacterium tuberculo- sis. Denn die bisherige Bacille-Cal- mette-Guérin-Vakzine (BCG), die abgeschwächte Bakterien des Typs Mycobacterium bovis enthält, schützt zwar Kinder vor frühen Formen der TB, bietet Jugendlichen und Erwachsenen aber keinen Schutz vor der häufigsten Tuberkulose- form, der Lungentuberkulose. Au- ßerdem ist sie nicht besonders gut verträglich, vor allem bei immun- geschwächten und/oder HIV-infi- zierten Personen.

Ursache der eingeschränkten Wirksamkeit von BCG

Effektive Impfstoffe (zum Beispiel gegen Kinderkrankheiten) induzie- ren die Produktion von Antikör- pern, die extrazelluläre Erreger ab- töten. Da sich Mycobacterien in - trazellulär verbergen, werden sie von Antikörpern nicht erreicht. Die nächste Verteidigungslinie, die zel-

luläre Immunabwehr, zu aktivie- ren, ist jedoch wesentlich schwieri- ger. Dennoch, die TB-Impfstoff- Forschung hat im letzten Jahrzehnt deutliche Fortschritte erzielt. Zwi- schen 2000 und 2010 ist es Wissen- schaftlern aus dem öffentlichen und privaten Bereich gelungen, zahlrei- che Impfstoffkandidaten zu entwi- ckeln, von denen sich elf in ver- schiedenen Stadien der klinischen Prüfung befinden (Grafik).

Zehn zielen auf die präexposi - tionelle Prävention der Infektion ab.

Von diesen sind sieben Spaltimpf- stoffe – entweder als adjuvantierte oder viral-vektorisierte Antigene.

Bei den anderen drei Kandidaten handelt es sich um gentechnische (rekombinante) BCG-Konstrukte, die theoretisch als Ersatz für die herkömmliche BCG-Vakzine infra- ge kommen.

Weitere Impfstoffkandidaten ste- hen kurz vor ihrem Eintritt in die kli- nische Prüfung, darunter auch post- expositionelle Impfstoffe für Men- schen mit latenter Tuberkulosein - TUBERKULOSE-IMPFSTOFFE

Zahlreiche Kandidaten im Testlauf

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie in Berlin haben den herkömmlichen BCG-Impfstoff mit molekularbiologischen Verfahren so „aufgerüstet“, dass die zelluläre Immunantwort gestärkt wird. Klinische Studien laufen.

Angriff des Immunsystems:

Makrophage (grün) schließt Myco- bacterium tuber - culosis (gelb) ein.

Foto: MPG/Brinkmann

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25. Mai 2012 fektion. „Auf lange Sicht wäre es na-

türlich ideal, wenn ein Impfstoff die Eradikation des im Körper persistie- renden Mycobacterium tuberculosis induzieren könnte“, sagt Prof. Dr. rer.

nat. Stefan Kaufmann, Direktor des Max-Planck-Instituts für Infektions- biologie in Berlin (Lancet Infectious Diseases, 2011; 11: 633–40). Seiner Ansicht nach könnte die Prüfung neuer Kandidaten durch die Ent- wicklung von Biomarkern, die den klinischen Endpunkt (also den Aus- bruch der Tuberkulose) vorhersagen, beschleunigt werden.

Strategisch handelt es sich bei den Vakzinekandidaten in klini- scher Prüfung sowohl um Spalt- als auch um Lebendimpfstoffe. Bei den Spaltimpfstoffen werden verschie- dene tuberkulosespezifische Anti- gene – beispielsweise das früh se- zernierte mykobakterielle Protein - antigen ESAT-6 oder Ag85 – mit ei- nem Adjuvans versehen oder von einem Virusträger exprimiert.

Aktuell werden für diesen An- satz sogenannte Prime-Boost-Sche- mata favorisiert. Das bedeutet: Eine initiale Komponente (prime), die aus dem konventionellen BCG- Impfstoff besteht, wird von einem neuen Impfstoffkandidaten (Boost)

gefolgt. Dadurch wird die Immun- antwort verstärkt und die BCG- Impfung, für die ein Schutz gegen schwere Verläufe im Kindesalter nachgewiesen ist, nicht vollständig aufgegeben.

VPM1002-Vakzine weist zwei relevante Modifikationen auf

Auch virale Vektoren, die bestimmte Antigene des Tuberkuloseerregers exprimieren, werden als Spaltvakzi- nen genutzt: Die modifizierte Vakzi- nia-Ankara-Vakzine (MVA), bei der ein Trägervirus ein oder mehrere An- tigene des Tuberkelbakteriums expri- miert, gehört in diese Kategorie; au- ßerdem die von unterschiedlichen Teams favorisierten Impfungen auf der Basis von Adenoviren.

Andererseits versuchen verschie- dene Arbeitsgruppen, den her- kömmlichen BCG-Impfstoff gen- technisch zu verbessern. Bei den Lebendimpfstoffen wird diese Stra- tegie aktuell bevorzugt. Unter ande- rem auch von Kaufmann und sei- nen Mitarbeitern. Sie entwickelten in Zusammenarbeit mit der Vak - zine Projekt Management GmbH, Hannover, den Impfstoffkandidaten VPM1002, der sich durch zwei re- levante Modifikationen unterschei-

det. In das Genom von BCG wurde ein Gen von Listeria monocytoge- nes integriert, welches für das Pro- tein Listeriolysin kodiert. Der zu- grundeliegende Mechanismus dieses Impfstoffs ist die membranperforie- rende Aktivität von Listeriolysin, das infizierte Wirtszellen in den Zelltod (Apoptose) treibt.

Außerdem wurde das BCG-Gen für Urease C inaktiviert. Dieses En- zym neutralisiert das umgebende Milieu; sein Fehlen erlaubt daher eine Ansäuerung, die für die Aktivi- tät von Listeriolysin optimal ist.

Aufgrund dieser Manipulationen führte VPM1002 in präklinischen Modellen zu einer breiteren Akti- vierung des Immunsystems (zusätz- lich zu Th1- auch Th17- und CD8 - T-Zellen), wie erste Tests an Men- schen gezeigt haben.

Seit November wird der deut- sche Impfstoffkandidat VPM1002 im südafrikanischen Stellenbosch bei Kapstadt in einer Phase-IIa-Stu- die zunächst an 48 gesunden Babys getestet. 36 von ihnen erhalten den neuen, die zwölf anderen zum Ver- gleich den konventionellen BCG- Impfstoff. Bislang traten keine Nebenwirkungen auf. VPM1002 ist damit der am weitesten fortgeschrit- tene neue Lebendimpfstoff gegen Tuberkulose.

„Wenn alles gutgeht und VPM1002 auch in großen international ange- legten Studien wirksam und sicher ist, könnte der neue Impfstoff 2020 an den Start gehen“, hofft Kauf- mann. „Diese Vakzine soll den her- kömmlichen BCG-Impfstoff erset- zen. Er stellt also eine Prime-Vak- zine dar. Es ist natürlich auch denkbar, später einen verbesserten Prime-Impfstoff mit den neu entwi- ckelten Boost-Impfstoffen zu kom-

binieren.“

Dr. med. Vera Zyka-Menhorn

*Das Strategiepapier „Tuberculosis Vaccines:

A Strategic Blueprint for the Next Decade“ wurde unter der Schirmherrschaft der Arbeitsgruppe Work - ing Group on New Vaccines (www.stoptb.org) der Stop TB Partnership produziert, und zwar mit Un- terstützung folgender Organisationen und Stiftun- gen: Weltgesundheitsorganisation (WHO) (www.

who.int), Bill & Melinda Gates Foundation (www.

gatesfoundation.org), Aeras (www.aeras.org), Tu- berculosis Vaccine Initiative (www.tbvi.eu), EC FP 7 framework programme (ec.europa.eu/research/

fp7/) und US National Institutes of Health, National Institute of Allergy and Infectious Diseases (www.

niaid.nih.gov/).

GRAFIK

Die dargestellten Tuberkulose-Impfstoffe basieren auf folgenden Strategien: virale Vektoren (MVA85A, AERAS-402, AdAg85A), Protein mit Adjuvans (M72, Hybrid-1, Hyvac 4, H56), rekombinante BCG-Vakzine (VPM 1002, AERAS-422) und Killed WC oder Extract Mw (RUTI)

Tuberkulose-Impfkandidaten (modifiziert)

AdAg85A

McMaster University

Hybrid-I+CAF01

SSI, TBVI

H56+IC31

SSI, Aeras, Intercell

Hyvac 4/AERAS-404 +IC31

SSI, Sanofi-Pasteur, Aeras, Intercell

M72+AS01

GSK, Aeras

VPM 1002

Max Planck, Vakzine Projekt Mgmt, TBVI

Hybrid-1+IC31

SSI, TBVI, EDCTP, Intercell

RUTI

Archivel Farma, S.L.

MVA85A/

AERAS-485

Oxford-Emergent Tubercolosis Consortium (OETC), Aeras

AERAS-402/

Crucell Ad35

Crucell, Aeras

Mw (M. indicus pranii [MIP])

Dept of Biotechnology (India), M/s. Cadila

Quelle: Tuberculosis Vaccine Candidates 2011 (www.tbvi.eu)

= Prime

= Boost

= Post-infection

= Immunotherapy

M E D I Z I N R E P O R T

Referenzen

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