• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Transplantationsgesetz noch in dieser Legislaturperiode" (01.05.1975)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Transplantationsgesetz noch in dieser Legislaturperiode" (01.05.1975)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Die Herausforderung für den europäischen Arzt

dieses seines ärztlichen Gewis- sens, gegen das man jetzt allent- halben Attentate glaubt verüben zu können. Grundsätzliche ärztliche Pflichten jedoch kann man nun ein- mal nicht mit einer Gewissensent- scheidung erledigen — schon gar nicht mit einem Gewissen, das frei ist vom Wissen um die Wertnot- wendigkeiten, bar jeder Bereit- schaft zur Anerkennung ethischer Realitäten. Die Freiheit des ärztli- chen Gewissens ist in unserer zum Kollektivismus drängenden Zeit in Not geraten.

Die rechtsverschlechternde Fristen- lösung hebt den rechtlichen Schutz des ärztlichen Gewis- sens an einem entscheidenden Punkt praktisch auf, weil sie die Abtreibung zu einer gesetzlich anerkannten Handlung macht (die bei uns in der Bundesrepublik durch die jüngste Krankenkassen- gesetzgebung sogar noch geför- dert werden würde). Und in einer pluralistischen Gesellschaft muß jedermann gesetzlich anerkannte Handlungen als rechtlich gelten lassen. Jedermann kann zur Mit- wirkung an solchen Handlungen letztlich auch rechtlich verpflichtet werden. Da helfen keine noch so entrüstet wiederholten Versiche- rungen, man werde die Gewissens- entscheidung des einzelnen Arz- tes respektieren.

Das Menschenleben, auch das Le- ben des Ungeborenen und des Sterbenden ist anvertraute Gabe, es als Arzt zu schützen erstes Na- turrecht und höchste Menschen- pflicht, göttliches Gebot und unver- äußerliches Grundrecht unserer deutschen Verfassung. Wer diesen Grundsatz der Heiligkeit des Le- bens durchlöchert, hebt ihn prak- tisch auf und schafft ein exempla- risch wirkendes Ermächtigungsge- setz. Denn wer den Schutzdeich an irgendeiner Stelle bricht, läßt die Sturmflut herein.

Der europäische Arzt ist herausge- fordert auch um seines Berufes willen entschieden gegen die Zu- mutungen an seinen Berufsstand aufzutreten. Wenn aber jeder war-

tet, daß der andere anfängt, wer- den die Todesboten des men- schenmanipulierenden und men- schenverplanenden Kollektivismus näher und näher rücken ... bis es zum Widerstand zu spät ist. Nichts- würdig ist ein Europa, das nicht al- les setzt in die Verteidigung wehr- losen Lebens zunächst in der eige- nen Gemeinschaft.

Der hippokratische Eid also ist nicht etwa eine verstaubte medizin- männische Geheimformel einer eu- ropäischen Standesmafia, die sie heute zu einem wirksamen Instru- ment der Bewahrung wirtschaftli- cher und undemokratischer Privile- gien umfunktioniert hat, weil die profitgierigen Ärzte nicht auf Kran- kenschein töten wollen, sondern dieses alle Berufskollegen verbin- dende Bekenntnis zur ärztlichen Haltung, war seit 2500 Jahren und ist heute gleichviel die vorchristli- che Vorwegnahme eines geistigen Zustandes des Menschenge- schlechtes, eines Zustandes, der auch heute noch nicht erreicht ist.

Diesen Zustand endlich zu errei- chen und in unseren europäischen Verfassungen abzusichern, das ist die eigentliche Herausforderung für den europäischen Arzt.

(Vortrag gehalten bei der Grün- dungstagung der Europäischen Ärzteaktion der Europäischen Ge- meinschaft am 9. Februar 1975 in Ulm)

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Ernst Th. Mayer Vorstandsmitglied der

Bayerischen Landesärztekammer 8 München 80

Mühlbaurstraße 16

AUS DEM BUNDESTAG

Transplantationsgesetz noch in dieser

Legislaturperiode

Die Bundesregierung will alles in ihren Kräften Stehende tun, damit noch in der laufenden Legislatur- periode ein Transplantationsgesetz beraten werden kann. Dies teilte der Parlamentarische Staatssekre- tär beim Bundesminister der Justiz, Dr. Hans de With, auf eine entspre- chende Anfrage der CDU-Bundes- tagsabgeordneten Frau Dr. Hanna Neumeister mit. Die Regierung rechnet damit, daß die von ihr ein- gesetzte Arbeitsgruppe Vorarbei- ten zu dem Gesetzentwurf mögli- cherweise schon im Frühjahr 1975 abschließen kann. Die bisherigen Erörterungen der Arbeitsgruppe haben gezeigt, daß Fragen der Transplantation in vielfältiger Wei- se mit der Sektionsproblematik verknüpft sind. Falls eine einheitli- che gesetzliche Regelung beider Bereiche nicht in absehbarer Zeit erreicht werden kann, will die Bun- desregierung sich in ihrem Gesetz- entwurf lediglich auf die Transplan- tationsregelung beschränken.

Zur Zeit stehen im wesentlichen drei Regelungsmöglichkeiten zur Diskussion:

• Einmal kann lediglich die schon derzeit geltende Praxis des über- gesetzlichen Notstandes, der auf einer Güterabwägung aufbaut, zur gesetzlichen Norm erhoben wer- den.

• Zum anderen ist eine gesetzli- che Regelung vorstellbar, die von der Einwilligung des Organspen- ders ausgeht.

• Die dritte Möglichkeit, auf die ein Transplantationsgesetz aufbau- en kann, ist die für die Ärzte und die Organempfänger praktikabel- ste, weil nämlich nur dann eine Transplantation unterbleiben muß, wenn der Organspender selbst sei- nen Widerspruch dagegen erklärt

hat. CK/WZ

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 18 vom 1. Mai 1975 1293

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Vilmar wendet sich folge- richtig gegen zwei fraktionsüber- greifende Gesetzentwürfe, in de- nen der Hirntod als Sterbeprozeß bezeichnet wird und nach denen eine Organentnahme nur

Lauter und fromm werde ich Arzneien nur im Rahmen der Negativli- sten, Positivlisten, Arzneibudgets und — soweit möglich — zum Nutzen der Kranken verordnen. Alle Formulare werde

Die führende Zeitschrift auf dem Markt der Publikumsblätter, die sich mit Fragen der Medizin und der gesunden Lebensweise be- schäftigen, ist „medizin heute" — das

Der Eid ist nicht mit dem Genfer Ärztegelöbnis zu verwechseln, das der Berufsordnung der einzelnen Bundesländer als Präambel vorange- stellt ist, auch wenn dieses Gelöbnis oft

Der Aufbau eines Verzeichnisses mit einer Mil- lion typisierten Spendern würde nach Regierungsanga- ben rund eine Milliarde DM kosten; dazu kämen jährlich.. 20 Millionen DM

Es gibt auch eine Rol- le innerhalb Europas, nicht nur zur Wahrnehmung verschiedener Aufga- ben im Rahmen der Reisemedizin, sondern auch als Beratungsinstanz für die

Wichtigstes Ergebnis der Umfrage: 78,6 Prozent der be- fragten niedergelassenen Ärzte sehen medizin heute als kompe- tentes Umfeld für Patienten und Gesundheitsbewußte.. So- gar

Damit ist ein redaktionelles Anlie- gen fest umrissen: medizin heute wirbt für ein gesundheitsgerech- tes Verhalten und stellt die Lei- stung der Ärzte in Klinik und Pra- xis