RBANLTDER BPA 10.DEUTSCHER HEN ÄRZTE HAUSARZTETAG
E FÜR 1987
MEDIZIN ANDS V.
BPA DIE ARBEIT DES HAUSARZTES UND
I I IRE BÄ.WERTUNG
„Die Arbeit des Hausarztes und ihre Bewertung" - so lautete das Motto des 10. Deut- schen Hausärztetages und der Delegiertenversammlung des „Praktiker -Verbandes BPA am 18. und 19. September in Hamburg. Foto: Blick auf den Vorstandstisch mit dem bisherigen Vorsitzenden Dr. Helmuth Klotz und seinem Nachfolger Dr. Rolf-Eckart Hoch.
Gegen einen diplomierten
„Schmalspur- Mediziner"
Proteste beim 10. Deutschen Hausärztetag in Hamburg
Für den Berufsverband der Praktischen Ärzte und Ärzte für All- gemeinmedizin Deutschlands (BPA) gab es anläßlich seines Jubiläums- kongresses, beim 10. Deutschen Hausärztetag (18./19. September 1987 in Hamburg), keinen Anlaß zum Jubilieren. Die berufspolitisch engagierten Allgemeinärzte sehen sich in einem permanenten Wechsel- bad der politischen Aktivitäten:
So werden die Politiker nicht müde, seit Jahren für die Stärkung der allgemeinärztlichen Versorgung einzutreten und für eine qualifizierte Weiterbildung in diesem „Spezial- fach für das Allgemeine" einzutre- ten. Mehr noch: Die politischen Par- teien und die Krankenkassen-Spit- zenverbände haben im Verein mit dem Bundesarbeitsministerium wie- derholt bekräftig, daß im Zuge an- stehender gesetzlicher Reformmaß- nahmen die allseits gewünschte aus- reichende allgemeinärztliche Quali- fikation für Kassenärzte verbindlich festgeschrieben werde.
Nun aber stehen die Zeichen wieder auf Sturm. Der Hausärztetag bezeichnete es als Affront, falls mit Hilfe eines staatlichen dekretierten
„Schmalspurdiploms" für Hausärz- te nach zweijähriger Ausbildungs- phase nach dem Universitätsstudium das Aus für eine qualifizierte Wei- terbildung in der Allgemeinmedizin eingeläutet werden sollte.
Wenn alles schiefläuft, dürften die Befürchtungen des bisherigen BPA-Vorsitzenden, Dr. Helmuth Klotz (Darmstadt), nicht aus der Luft gegriffen sein, der mutmaßt, daß künftig diplomierte Mediziner mit nur zweijähriger „Weiterbil- dung" die primärärztliche Versor- gung übernehmen werden. Selbst ei- ne an die künftige AiP-Phase von 24 Monaten sich anschließende halb- jährige Vorbereitungszeit für die
Kassenpraxis ist aus der Sicht des BPA völlig unzureichend.
Falls die Anforderungen für all- gemeinärztlich tätige praktische Ärzte tatsächlich auf eine Minimal- qualifikation von zwei Jahren herun- tergestuft würden, wäre der Flur- schaden für eine wirtschaftliche all- gemeinärztliche Tätigkeit groß. Dr.
Klotz unterstrich dies bei dem Ham- burger Kongreß: Wer die notwendi- ge Qualifikation hintanstellt und der wissenschaftlichen Allgemeinmedi- zin das Grab gräbt, disqualifiziert die aufopferungsvolle Tätigkeit des Allgemein- und Hausarztes. Eine Schmalspur-Lösung, so Klotz, „die über den AiP und eine pervertierte Allgemeinarzt-Richtlinie zum Bar- fußmediziner germanischer Prägung führt", wäre zudem ein Danaer-Ge- schenk für die auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit versessenen Kran- kenkassen, aber auch eine Zumu- tung für den Patienten.
• Die BPA-Delegiertenver- sammlung und die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion erörterten die
„Hausarzt-Modelle" und die Vor- schläge zur Niederlassungsqualifika- tion: von der Minimalforderung sechs Jahre Medizinstudium plus zwei Jahre (Marburger Bund) bis hin zur Maximalforderung des Haus- ärzteverbandes BPA, der an der seit 1970 geltenden vierjährigen Allge- meinarzt-Weiterbildung unvermin- dert festhält. Die „dazwischen" lie- genden Konzepte, etwa das Haus- ärzte-Modell der KBV (drei Jahre) oder der Bundesärztekammer (zwei- einhalb Jahre), sind aus der Sicht der BPA-Berufspolitiker allenfalls Not- oder Übergangslösungen (so Dr. Klotz, kompromißbereit).
• Im übrigen wertet der BPA den Streit um die Dauer der haus- ärztlichen Vorbereitung und Weiter- bildung als zweitrangig. BPA-Vor-
sitzender Klotz und sein Vize, Dr.
Klaus-Dieter Kossow, Achim- Uesen, erklärten: Vorrangig ist eine ausreichende, in einzelne Weiterbil- dungsabschnitte klar strukturierte Allgemeinarzt-Weiterbildung auf hohem wissenschaftlichen Niveau.
Die Motivation und die Startvoraus- setzungen müßten bereits in der Hochschule bewirkt werden. Bedau- ert wird, daß das Fach Allgemein- medizin an den Hochschulen trotz der finanziellen Förderung seitens der Kassenärzteschaft immer noch nicht etabliert und von den Spezial- disziplinen kaum anerkannt werde.
BPA-Vize Dr. Kossow rückte drei Funktionen des Allgemeinarz- tes in den Vordergrund: die Koordi- nation von Management-Aufgaben;
die lebensbegleitende, umfassende Arzneimitteltherapie und die konsi- liarische Abstimmung mit den übri- gen gebietsärztlich tätigen Kollegin- nen und Kollegen.
Mehr als bloße Sympathiebe- kundungen wurden den BPA-lern aus dem Munde der FDP-Bundes- tagsabgeordneten Ute Würfel, Blieskastel, zuteil. Die Abgeordnete versicherte, die FDP werde darüber nachdenken, ob die verfassungs- rechtlichen Bedenken gegenüber ei- ner Pflicht-Weiterbildung neu ge- wichtet werden können, und zwar auf dem Hintergrund der EG-Richt- linie für die Allgemeinmedizin. Oh- ne sich festzulegen, dezidierte die Abgeordnete, daß eine Absenkung von Qualifikationsanforderungen auf den Minimal-EG-Level ein zu hoher Preis sei. Eine politische Al- lianz könnte sich, so meint man beim BPA, auch zur oppositionellen SPD im Bundestag ergeben: Diese bekundete der BPA-Versammlung per Fernschreiben, daß sie sich nach wie vor für eine Pflicht-Weiterbil- dung einsetze. HC/DÄ A-2678 (22) Dt. Ärztebl. 84, Heft 41, 8. Oktober 1987