wechselseitige Wissen um das, was die anderen tun, sehr gering, und die Begriffe werden ganz unterschied- lich benutzt. Unklarheiten und Dif- ferenzen über Zuständigkeit und Qualifikation der verschiedenen Be- rufsgruppen erschweren vielerorts die berufsübergreifende Zusammen- arbeit, obwohl die meisten Kassen- ärzte die Verstärkung nicht-ärztli- cher Gesundheitsdienste, beispiels- weise psychosoziale Beratungsstel- len, ambulante Pflege- und Rehabili- tationsinstitutionen, wünschen. Es ist wichtig, Kooperationsformen und Zuständigkeitsbereiche zu klären.
D Zielgruppe der Kassenärzte sind Einzelpersonen mit individuel- lem Hilfsbedarf bei Gesundheits- und Krankheitsproblemen, was tra- ditionelle ärztliche Tätigkeit ist. Dar- über hinaus sollten sich die Ärzte auch an Aktivitäten der Gesund- heitsförderung außerhalb ihrer Pra- xis beteiligen, was viele bereits tun.
D Aufgabe der Krankenkasse ist die allgemeine Aufklärung und Be- ratung über Gesundheitsgefährdung und ihre Vermeidung sowie Krank- heitsverhütung. Ihre Zielgruppe ist die Gemeinschaft der Versicherten.
D Das öffentliche Gesundheits- wesen hat Gesundheitsförderung und -sicherung im öffentlichen Rahmen zu leisten mit vielseitiger Beratungs- und Steuerungsfunktion auf der Ba- sis epidemiologischer Daten.
D Das Gesundheitsamt hat kei- ne polizeilichen Vollmachten; es ist gesundheitspolitisch tätig und liefert Informationen über Art und Um- fang von Gesundheitsrisiken in der Umwelt, grenzwertüberschreitende Schadstoffkonzentrationen, beson- dere Unfallrisiken oder besonders ri- sikobelastete Bevölkerungsgruppen.
Verbesserte Kooperation
In Niedersachsen haben sich bei der Gesundheitsförderung einzelne Gesundheitsämter, Krankenkassen und Volkshochschulen hervorgetan, die meisten Aktivitäten gehen jedoch von nicht-professionellen Gruppen aus, wie Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen. Für die Vorbeu- gung bei bestimmten Risikofaktoren gibt es bereits gute Angebote von
Krankenkassen, Volkshochschulen und Sportvereinen, zum Beispiel Raucherentwöhnungskurse, Ernäh- rungskurse und Streßbewältigungs- kurse. Hier werden Möglichkeiten einer verbesserten Kooperation ge- sucht; teilweise hat man sie schon ge- funden und praktiziert sie auch. Es wurde vorgeschlagen, die Kranken- kassen sollten eine Beratungsstelle einrichten für Ärzte, die selbst In- itiativen entwickeln, außerdem brau- che man ein „Clearing House" für präventive Maßnahmen. Wenig sinn- voll wäre es, globale Programme für ganz Niedersachsen zu entwickeln;
man sollte viel mehr das aufgreifen, was auf lokaler Ebene bereits ge- schieht, es fördern, koordinieren und die Bürger mit ihren Gruppierungen in die Entscheidungen über gesund-
In Kürze soll in den USA eine neue Definition für die manifeste AIDS-Erkrankung eingeführt wer- den. Nicht mehr bestimmte klinische Zeichen sollen maßgebend sein, als AIDS-Fall soll vielmehr jeder ge- zählt werden, dessen T-Helferzellen- Zahl unter 2041 liegt. Der Grund für die Änderung ist weniger ein me- dizinischer als ein sozialpolitischer:
Es hat sich gezeigt, daß HIV-Infi- zierte häufig noch bei geringen T- Zellzahlen symptomlos sind, obwohl bei < 500/4 bereits eine AZT- Behandlung empfohlen wird, bei
< 200/0 auch die PcP-Prophylaxe (Beispiel aus einer neuerlichen Stu- die: In einer Gruppe von Infizierten einer Klinik für Geschlechtskrank- heiten in Baltimore hatten 54 Pro- zent derjenigen, die weniger als 200-T-Zellen pro 1,11 aufwiesen, keine Krankheitssymptome).
Bis zu 60 Prozent der für eine AZT- oder PcP-Behandlung in Fra- ge kommenden Infizierten haben aber keine Krankenversicherung; sie können diese Behandlungen nicht bezahlen, bekommen aber als noch nicht manifest Erkrankte auch keine öffentlichen Hilfen. Dies soll durch die neue Definition abgestellt wer- den: Auch ein Symptomloser wird unterstützungsfähig, wenn seine T-
heitspolitische Maßnahmen einbe- ziehen. Die Diskussion zeigte, daß es teilweise erhebliche Animositäten zwischen den verschiedenen Berufs- gruppen gibt, auch weil Ärzte in der Vergangenheit bei den Vertretern anderer Berufe oft tiefe Verletzun- gen setzten. Man sollte sich nun, so die Meinung der meisten, mehr mit den konkreten Problemen auseinan- dersetzen und weniger mit Kompe- tenzfragen oder neuralgischen Punk- ten. Das ist leichter, wenn man von den Problemen der Patienten aus- geht und nicht von den Problemen einzelner Berufsgruppen.
Anschrift der Verfasserin:
Elisabeth Pflanz Moorkamp 60 W-3100 Celle-Boye
Zellzahl unter die 200411-Grenze ab- gesunken ist.
Die Vergleichbarkeit der inter- nationalen AIDS-Statistiken wird dadurch verschlechtert werden.
Denn die im Europäischen Zentrum für das epidemiologische AIDS-Mo- nitoring zusammengeschlossenen Länder haben beschlossen, bei der bisher geltenden klinischen AIDS- Definition zu bleiben. In den USA hingegen dürfte die offizielle Zahl der an AIDS Erkrankten steil in die Höhe schnellen — man erwartet eine Verdoppelung bis Verdreifachung.
In Lateinamerika und in Afrika gel- ten jeweils wieder andere Definitio- nen.
Die europäischen Experten hal- ten die Übernahme des US-Modells nicht für erforderlich, weil die sozia- len Versorgungsprobleme der USA in Europa weitgehend nicht beste- hen. Außerdem befürchtet man eine Verzerrung der für die Trendbeob- achtung bedeutsamen Zahlenver- hältnisse, weil unter den europäi- schen Verhältnissen bei den ver- schiedenen Infizierten-Gruppen un- terschiedliche Zugangsmöglichkei- ten zur Lymphozyten-Phänotypisie- rung zu erwarten sind (Überreprä- sentation von Homosexuellen, Un- terrepräsentation von Fixern). bt
Neue AIDS-Definition in den USA
Dt. Ärztebl. 89, Heft 8, 21. Februar 1992 (45) At-547