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Archiv "Behandlung des infizierten Aborts" (10.02.1977)

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Behandlung

des infizierten Aborts

Ulrich Stosiek und Die·ter Susemihl

Aus der Frauenklinik am Klinikum Mannheim der Universität Heidelberg

(Direktor: Professor Dr. Peter Stoll)

Jeder Abort, bei dem nach Aus- schluß extragenitaler Erkrankun- gen Temperaturen über 38° C be- stehen, wird als infizierter Abort bezeichnet. Er tritt vornehmlich nach unsachgemäß ausgeführten Abtreibungen auf. ln Einzelfällen wird er auch nach Ausräumungen in der Klinik und nach Spontanab- orten beziehungsweise ohne be- sonderen Eingriff bei intakter Gra- vidität beobachtet. Jeder infizierte Abort kann in einen septischen Ab- ort übergehen. Wegen der Gefahr eines septischen Schocks, der mit etwa 50 Prozent, in schweren Fäl- len bis über 80 Prozent, eine sehr hohe Mortalität aufweist, bedarf je- der infizierte Abort einer aufwendi- gen Überwachung und Therapie.

Klinikeinweisung ist daher notwen- dig.

setzt (Urbascheck, 1975). Fibrino- gengehalt und Thrombozytenzahl fallen erst nach den Granulozyten ab. Die Folgen der so ausgelösten intravasalen Gerinnung machen sich vor allem an Niere und Lunge bemerkbar, da diese Organe an- scheinend eine begrenzte fibrine- lytische Aktivatorkapazität haben.

Intensivüberwachung

Die Intensivüberwachung richtet sich nach dem klinischen Bild. Die Indikation dazu ist in Tabelle 1 zu- sammengestellt. Die entsprechen- den Untersuchungen sind in Tabel- le 2 aufgeführt.

Nur bei Patientinnen mit einem Präschock oder Schock wird ein Subklaviakatheter gelegt zur Mes- sung des zentralvenösen Druckes.

ln der Regel reicht ein normaler Venenkatheter aus. Von der Patien- tin wird eine Puls-Blutdruck-Kurve angelegt, auf der alle wichtigen Werte wie. Atemfrequenz, Flüssig- keitsein- und -ausfuhr vermerkt sind.

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Auch die neue gesetzliche Fassung des § 218 wird das Auftreten infizierter Aborte nicht ausschließen können.

Wegen der Gefahr eines Übergangs in septischen Ab- ort mit hoher Mortalitätsrate erfordern diese fieberhaften Aborte eine aufwendige klini- sche Überwachung und The- rapie, wobei ein leistungsfä- higes Laboratorium zur Ver- fügung stehen muß. Die be- troffenen Patienten können nicht ambulant behandelt werden, Klinikeinweisung ist zwingend notwendig.

Therapie

Auch die Therapie richtet sich nach dem klinischen Bild. Zur Unter- drückung der Thrombinentstehung und damit zur Verhinderung einer disseminierten intravasalen Gerin- nung erhalten die Patientinnen He- parin. Begonnen wird mit 5000 IE intravenös. Wie Tabelle 3 zeigt, richtet sich die weitere Behandlung nach dem Schweregrad der Er-

krankung. Patientinnen ohne An- zeichen eines Präschocks oder Schocks, und das ist der Hauptteil, erhalten 12stündlich Calciumhepa- rinatkonzentrat (Calciparin®, Fa.

Nattermann, Köln) subkutan (Sto- . siek, 1975).

Patientinnen mit Anzeichen eines Präschocks oder Schocks erhalten weiterhin 30 bis 40 000 IE Heparin kontinuierlich intravenös. Ange- strebt wird in beiden Fällen eine mittlere Verlängerung der Throm- Grundlage des Krankheitsbildes

Grundlage des Krankheitsbildes ist eine aszendierende intrauterine In- fektion überwiegend durch gram- negative Erreger (Escherichia coli).

Die Erreger bilden Endotoxine, wo- bei es gleich ist, ob diese im Ute- rus freigesetzt werden und von dort in die Blutbahn gelangen oder in der Blutbahn selbst durch Erre- gerzerfall entstehen. Hierbei erfolgt die Aktivierung des Gerinnungssy- stems durch Zerstörung der Granu- lozyten. Die Gewebsthrombokinase löst direkt die Thrombinbildung aus ohne Aktivierung der Faktoren XI und XII (Lüscher 1975). Außer- dem werden Serotonin, Histamin und verschiedene Kinine freige-

..,.. Seifenaborte unabhängig von der Körpertempera- tur

Tabelle 1:

Indikation zur Intensiv- über- wachung beim Abort ..,.. infizierte Aborte unter 39°

gung und/oder Oligurie ..,.. Aborte über 39° C ..,.. Aborte

Schock

mit Anzeichen

C bei Kreislaufbeteili-

von Präschock oder

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 6 vom 10. Februar 1977 371

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Infizierter Abort

Tabelle 2: Untersuchungen bei der Intensivüberwachung des septi- schen Abortes

..". Atmung ..". Kreislauf ..". Blut ..". Urin ..". Gerinnung

Atemfrequenz

Puls, Blutdruck, zentralvenöser Druck

Blutbild, BKS, Elektrolyte, Kreatinin, Harnstoff, Transaminasen

Menge, spezifisches Gewicht, Sediment, Albu- min, Saccharum, Nitrit

Thrombozytenzahl, Fibrinogen, Thrombinzeit, Quick, partielle Thromboplastinzeit, Koagula- sezeit, eventuell einzelne Faktoren

Tabelle 3: Therapie des septischen Abortes

unkomplizierte Fälle komplizierte Fälle Infusionen

Antibiotika

- - - HEPARIN - - - -

5000 E sofort i. v. 5000 E sofort i. v.

"' 17 000 E s. c. 30-40 000 E i. v.

12stündlich kontinuierlich pro Tag

..". klinisch Hyperventilation

Extremitäten trocken und warm Bewußtseinstrübung

Marmorierungen am Rumpf ..". zirkulatorisch Hypotension

Normovolämie

..".chemisch

erhöhter zentralvenöser Druck Tachykardie

Oligurie

respiratorische Alkalose Laktazidämie

Leukopenie Thrombopenie Fibrinogensturz p02-Abfall

Tabelle 4:

Früh- symptome des septischen Schocks

Tabelle 5: Abortbehandlung an der Universitäts-Frauenklinik Mann- heim

Aborte

davon davon (Anteil der infizierten Aborte:

1975 insgesamt:

infiziert:

septischer Verlauf:

davon verstorben:

393 52 37 13%) 0

372 Heft 6 vom 10. Februar 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

binzeit auf das 2- bis 3-fache. Nach Heparinisierung erhalten die Pa- tientinnen Antibiotika. Jede Klinik hat hier ihre eigenen Erfahrungen, in neuerer Zeit verwenden wir zu- nächst Ampicillin (zum Beispiel Bi- nota!®, Amblosin®), 6- bis

8stündlich 2 Gramm.

Die Flüssigkeitszufuhr richtet sich nach Hämatokrit, Elektrolyten, Urinausscheidung und der Hydra- tation. Da die meist unkomplizier- ten Fälle vorwiegend per os er- nährt werden, steht auch die par- enterale Flüssigkeitszufuhr nicht im Vordergrund. Mannit-, Dextran-

oder Stärkelösungen, ebenso Pred- nisolon, gehören nicht zur Routine- therapie. Fälle mit gering- bis mit- telgradiger Oligurie erhalten zu- sätzlich Dopamin.

Die instrumentelle Nachtastung er- folgt in der Regel nach dreitägiger Fieberfreiheit Nur bei stärkeren vaginalen Blutungen oder rezidivie- renden Fieberschüben wird eher eingegriffen. Die Heparintherapie wird bis einen Tag nach Nachta- stung weitergeführt, bei Komplika- tionen gelegentlich länger. Wäh- rend der ganzen Zeit der Behand- lung muß sorgsam auf ein eventu- elles Übergehen des infizierten oder septischen Abortes in einen septischen Schock, wie in Tabelle 4 zusammengestellt, geachtet wer- den. Insgesamt haben wir seit Ein- führung dieser Therapie keinen septischen Schock oder Todesfall zu verzeichnen.

Literatur

Lüscher, E. F.: Die Aktivierung des Gerin- nungssystems im Verlauf gramnegativer In- fektionen und Endotoxaemien, Fortschr.

Med. 93 (1975} 1072-1076 - Stosiek, U.:

Zur Therapie des septischen Abortes, Fortschr. Med. 93 (1975} 543-544 - Szcze- pamski, M.: Fibrinolytic activity in rabbit kidney alter the endotoxin iniections, Thromb. Res. 4 (1974} 587-597 - Urba- schek, B.: Zur pathophysiologischen Be-

deutung der Endotoxine, Fortsch. Med. 93

(1975} 1067-1071

Anschrift der Verfasser: Dr. med. Ulrich Stosiek Dr. med. Dieter Susemihl Frauenklinik am Klinikum Mannheim

Theodor-Kutzer-Ufer 68 Mannheim

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