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Archiv "Weltärztebund in Stockholm: Weltweite Bemühungen um medizin-ethische Normen" (23.09.1994)

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POLITIK LEITARTIKEL

Weltärztebund in Stockholm

Weltweite Bemühungen um medizin-ethische Normen

S

chon in der Vorstandssitzung, die im Frühjahr 1994 in Syd- ney stattgefunden hatte, war der Vertreter der Bundesärz- tekammer den beiden Entwürfen zum Gameten- und Oozytentrans- fer für ein WMA-Statement entge- gengetreten. BÄK-Hauptgeschäfts- führer Prof. Christoph Fuchs faßte die grundsätzlichen Einwände zu- sammen: Die Entwürfe erweckten den Eindruck, daß Kinderlosigkeit eine behandlungspflichtige Krank- heit sei. Zudem sei die Gefahr des Mißbrauchs groß — so werde zum Beispiel eine eugenische Selektion begünstigt. Vor allem aber sei nicht nur nach der Auffassung der deut- schen Ärzte, sondern auch nach der deutschen Rechtslage die Wahrung der Anonymität von Samenspen- dern oder Oozytenspenderinnen nicht möglich: das Kind habe ein Recht auf Kenntnis seiner Abstam- mung.

Schließlich ergab sich in der Schlußabstimmung eine Dreitei- lung: Jeweils etwa gleich viele Dele- gierte stimmten zu, stimmten dage- gen oder enthielten sich der Stim- me. Damit waren die Entwürfe ab- gelehnt, denn grundlegende ethi- sche Entscheidungen bedürfen nach der Satzung des Weltärztebundes einer Dreiviertelmehrheit. Mit die- ser Entscheidung wurde auch ein schon als Entwurf vorliegender Ver- such, alle WMA-Dokumente zur extrakorporalen Befruchtung zu ei- nem Dokument zusammenzufassen, hinfällig.

Patientenrechte

Seit Jahren gibt es die „Dekla-

ration von Lissabon" des Weltärzte- bundes über die Rechte des Patien- ten. Sie sollte modernisiert werden, und eigentlich waren sich die

Die Delegierten der 46. Generalversamm- lung des Weltärztebundes (WMA), die An- fang September in Stockholm zusammen- kamen, hatten eine umfangreiche Tages- ordnung vor sich. Doch von den neun be- deutsamen Vorhaben kamen nur drei durch, drei scheiterten, davon zwei voll- ständig, und drei wurden vertagt. An den drei „Schiffbrüchen" war die Delegation der Bundesärztekammer (BÄK) maßgeblich beteiligt. Sie hatte dafür gute Gründe.

WMA-Mitgliedsorganisationen über die Vorlage prinzipiell einig.

Die Delegation der Bundesärzte- kammer hatte jedoch kurzfristig ei- nige — überwiegend redaktionelle — Änderungsanträge eingebracht. Bei der anschließenden Diskussion stellte sich heraus, daß in dem Ent- wurf ein wichtiges Patientenrecht, nämlich das Vertrauen in die Schweigepflicht des Arztes, voll- ständig vergessen worden war! Dar- aufhin erfolgte einstimmig die Zurückverweisung der Vorlage an Vorstand und Ausschuß.

Kontrazeption

Aufgeschoben auf das nächste Jahr wurden auch Entwürfe über Embryo-Cloning, über die Redukti- on von Mehrlingsschwangerschaf- ten nach künstlicher Befruchtung und über die Substitutionsbehand- lung Drogensüchtiger in der ambu- lanten Praxis.

Die australische Nephrologin Prof. Priscilla Kincaid-Smith ist die erste Präsidentin in der Geschichte des Weltärztebundes. Eine Her- zensangelegenheit war ihr ein State- ment über das Recht der Frauen in Entwicklungsländern auf Zugang zur Geburtenkontrolle. Im Lauf der

Beratungen verschwand allerdings die Einschränkung auf die Entwick- lungsländer. Das fast einstimmig an- genommene Dokument gilt nun- mehr für Frauen weltweit unter der Überschrift: Das Recht der Frau auf Kontrazeption. Der Weltärzte- bund konstatiert dieses Frauenrecht ohne Rücksicht auf Nationalität, gesellschaftliche Stellung oder Reli- gion und fordert, daß die Frauen Zugang zu ärztlicher und sozialer Beratung in der Familienplanung haben sollten.

Katastrophenmedizin

Angenommen wurde auch ein Dokument über die ethischen Pro- bleme von Arzt und medizinischem Personal im Katastrophenfall (wo- bei kriegerische Situationen aus- drücklich ausgenommen sind). Es bestätigt die international aner- kannten Maßstäbe der Triage im Katastrophenfall, gibt Ratschläge über den Umgang mit den An- gehörigen von Katastrophenopfern und betont, daß medizinisches Hilfspersonal den gleichen ethi- schen Grundsätzen verpflichtet ist wie Ärzte. Im Zusammenhang mit der Triage wird gefordert, daß der Verzicht auf Behandlung von hoff- nungslos schwer Verletzten nicht als unterlassene Hilfeleistung im nor- malen Sinne verstanden werden darf. Die Regierungen werden auf- gefordert, im Katastrophenfall ärzt- licher Hilfe den Vorrang vor der Besichtigung des Vorfalls durch staatliche Würdenträger zu geben.

Organ-

transplantationen In der Sitzung der assoziierten Mitglieder vor der Generalver-

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 38, 23. September 1994 (21) A-2465

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POLITIK LEITARTIKEL / AKTUELL

Bundesärztekammer

formuliert QS-Richtlinie

Die Fachgremien für Qualitätssicherungsfragen der Bundesärztekammer haben detaillierte Richtlinien zur Qualitätssicherung (QS) ambulanter Operationen und zur Qualitätssiche- rung endoskopischer Eingriffe erarbeitet, die der Vorstand der Bundesärztekammer am 13. April 1994 beschlossen hat (der Wortlaut der „Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung ambulanter Operationen" zusammen mit einer Anlage „Mindestanfor- derungen an die bauliche, apparativ-technische und hygienische Ausstattung" sowie die

„Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung endoskopischer Eingriffe" sind in diesem Heft unter „Bekanntgaben" dokumentiert). Die Richtlinien der Bundesärzte- kammer werden allerdings für den niedergelassenen Arzt erst dann verbindlich, wenn sie von der zuständigen Landesärztekammer durch Beschluß der Kammerversammlung Rechtskraft erhalten haben.

Qualitätssicherung beim ambulanten Operieren

sammlung war ein Antrag des engli- schen Arztes Dr. Harold Hillman angenommen worden. Darin wird unter anderem beklagt, daß mögli- cherweise Transplantate von Hinge- richteten oder von anderen Lei- chen entnommen werden, ohne daß die erforderlichen Zustimmungen eingeholt worden seien. Es sei außerdem zu vermuten, daß Arme dazu überredet werden, Organe schon zu Lebzeiten zu „verkaufen".

Da in allen solchen Fällen Ärzte be- teiligt sein müßten, fordert der Weltärztebund die zuständigen In- stitutionen auf, diese Ärzte diszipli- narisch oder strafrechtlich zu belan- gen.

Zwischen

Terror und Staat

Sechs nationale Ärzteverbände hat die Generalversammlung neu oder wieder in den Weltärztebund aufgenommen: die Organisationen aus Lettland, Litauen, Äthiopien, Nigeria, Mexiko und Großbritanni- en. Damit sind die ostmitteleuro- päischen Länder nun fast vollstän- dig im Weltärztebund vertreten.

Ausgeschieden ist wegen Beitrags- rückstand über zwei Jahre die russi- sche Mitgliedsorganisation, wäh- rend die polnische Ärztegesell- schaft sozusagen im letzten Augen- blick wenigstens einen ausstehen- den Beitrag bezahlt hat.

Die Vertreter der peruanischen Ärztevereinigung baten den Weltärztebund, eine Delegation in ihr Land zu schicken, um dabei zu helfen, ein Dilemma zu lösen, in dem eine Anzahl von peruanischen Ärzten steckt. Es geschieht in Peru des öfteren, daß Ärzte veranlaßt sind oder gezwungen werden, ver- letzte Mitglieder der Terrororgani- sation „Leuchtender Pfad" zu be- handeln. Solche Behandlungen sind zwar erlaubt, aber ein peruanisches Gesetz verlangt, daß der Arzt dies bei der Polizei meldet. Dies versu- chen die Terroristen durch Drohun- gen gegen den Arzt oder seine Fa- milie zu verhindern. Eine Reihe von Ärzten ist, weil sie solche Be- handlungen nicht gemeldet hat, in- haftiert worden. Walter Burkart

Die Richtlinien der Bundesärz- tekammer sind zum Teil inhaltlich identisch, zum Teil weichen sie aber auch — insbesondere die Richtlinie zum ambulanten Operieren — von dem im Juni 1994 von der Deut- schen Krankenhausgesellschaft e. V., den Spitzenverbänden der ge- setzlichen Krankenversicherung und der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV) geschlossenen sogenannten dreiseitigen Vertrag über Qualitätssicherungsmaßnah- men beim ambulanten Operieren (gemäß § 14 des Vertrages nach § 115 b Abs. 1 Sozialgesetzbuch V) ab und ergänzen diesen. Die Vertrags- vereinbarung wurde in Deutsches Ärzteblatt, Heft 31-32/1994, unter

„Bekanntgaben" veröffentlicht.

über die Hintergründe, die Entste- hungsgeschichte und das „Konkur- renzverhältnis" des sogenannten dreiseitigen Vertrages zu Qualitäts- sicherungsmaßnahmen beim ambu- lanten Operieren einerseits und der Richtlinien der Bundesärztekam- mer zur „Gestaltung von Qualitäts- sicherungsmaßnahmen" anderer- seits informiert ein Kurzinterview mit Prof. Dr. med. Friedrich Wil- helm Kolkmann, niedergelassenem Pathologen aus Stuttgart, Präsident der Ärztekammer Baden-Württem- berg, im Vorstande der Bundesärz- tekammer u. a. zuständig für Fragen der Qualitätssicherung.

Rechtliche

Konkurrenzfragen

Inzwischen hat auf Veranlas- sung des Vorstandes der Bundesärz- tekammer der Justitiar der gemein- samen Rechtsabteilung von Bun- desärztekammer und Kassenärztli- cher Bundesvereinigung, Rechtsan- walt Horst Dieter Schirmer, Köln, eine Expertise zu „Rechtlichen Konkurrenzfragen bei berufs- und.

sozialrechtlichen Regelungskompe- tenzen zur Qualifikation und Qua- litätssicherung der ärztlichen Be- rufsausübung" erstellt.

Das Gutachten unterstreicht die gegebene rechtliche Gestal- tungskompetenz seitens der Bun- desärztekammer beziehungsweise der Landesärztekammern, ergän- zende Regelungen über die Qua- litätssicherung bei einzelnen Opera- tionsmethoden vorzusehen, und die Problematik, die sich aus rechtli- chen Konkurrenzproblemen, insbe- sondere wegen der Parallelität von landesrechtlichen Normen des Rechts der Berufsausübung der Ärzte und bundesrechtlichen sowie bundesrechtlich abgeleiteten Nor- men der Tätigkeits- und Verhalten- spflichten der Vertragsärzte im Rahmen der gesetzlichen Kranken- versicherung sowie der Kranken-

Fortsetzung: übernächste Seite

A-2466 (22) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 38, 23. September 1994

Referenzen

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