• Keine Ergebnisse gefunden

Engler, A. (1924). Heliotropismus und Geotropismus der Bäume und deren waldbauliche Bedeutung. In P. Flury (Ed.), Mittheilungen der Schweizerischen Centralanstalt für das Forstliche Versuchswesen: Vol. 13/2. Mitteilungen der Schweizerischen Centralansta

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Engler, A. (1924). Heliotropismus und Geotropismus der Bäume und deren waldbauliche Bedeutung. In P. Flury (Ed.), Mittheilungen der Schweizerischen Centralanstalt für das Forstliche Versuchswesen: Vol. 13/2. Mitteilungen der Schweizerischen Centralansta"

Copied!
67
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Heliotropismus und

Geofropismus der Bäume und deren waldbauliche Bedeutung.

Von Prof. Dr. Arnold Engler.

Vorwort.

HiemiJ: übergebe ich das unter diesem Titel an dem vom 5. bis 10. März 1923 an der Eidgen. Technischen Hochschule für Forstbeamte veranstalteten Vortragszyklus gehaltene Referat dem Drucke. Es enthält in der Hauptsache, kurz zusammengefaßt, die Beobachtungen und Untersuchungen, die ich als Preisschrift auf eine im Herbste 1916 fällig gewesene Preisausschreibung der Stiftung v. Schnyder von Wartensee über das Dickenwachstum der Bäume einreichte und welche preis- gekrönt auf Kosten der genannten Stiftung im April 1918 unter dem Titel „ Tropismen und exzentrisches Dickenwachstum der Bäume" 1) im Drucke erschienen ist. Viele von mir seither ausgeführte exakte Unter- suchungen habe ich noch in die vorliegende Abhandlung aufg~nommen.

Die Stiftung v. Schnyder von Wartensee hatte die große Güte, mir für diese Publikation eine Anzahl Klischees meiner Arbeit über „Tropismen und exzentrisches Dickenwachstum" unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, wofür ich ihr den verbindlichsten Dank ausspreche.

Zu vielem Dank bin ich ferner Herrn Dr. .Hans Burger, Assistent der forstl. Versuchsanstalt, verpflichtet, der mir bei der Aufnahme der Bäume in den Versuchsflächen und bei der Herstellung der Bilder große Dienste leistete. Ebenso danke ich dem Sekretär der Anstalt, Herrn Karl Alf. Meyer, für gewissenhafte Mitarbeit bei der Zusammenstellung der Tabellen und der Besorgung der Korrekturen.

Der Ver/ asser.

Durch den am 15. Juli 1923 erfolgten Hinschied des verehrten Verfassers und aus verschiedenen andern Gründen hat die Drucklegung

1) Kommissionsverlag von Beer & Co., Zürich 1918.

(2)

226 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

seiner beiden hier folgenden Referate eine erhebliche Verzögerung erlitten. Außer der Regelung eingetretener finanzieller Schwierigkeiten mußte für die Veröffentlichung des ersten Referates die grundsätzliche Zustimmung der Stiftung "v. Schnyder von Wartensee" als Eigentümerin der Preisschrift über

Tropismen und exzentrisches Dicken.wachstum der Bäume" eingeholt werden. Laut Zuschrift vom 2. Mai abhin hat die Stiftung „ v. Schnyder von Wartensee" ihr formelles Einverständnis ausgesprochen und uns auch in höchst verdankenswerter Weise die Auf- nahme von 10 Bildern und 12 Tabellen der Preisschrift gestattet, wovon hier tatsächlich die nachfolgenden verwendet wurden:

Bilder: Nr. in vorliegender Arbeit 1, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 16 ist Nr. in der Preisschrift 1, 6, 7, 8, 12, 15, 24, 25, 5 Tabellen: Nr. in vorliegender Arbeit 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 ist Nr. in der Preisschrift 1, 3, 6, 12, 14, 15, 17, 2 Zürich) im Juni 1924.

Für die forstliche Versuchsanstalt:

Flury.

Einleitung.

Am Vortragszyklus des Jahres 1904 machte ich Mitteilungen über das exzentrische Dickenwachstum der Holzarten durch einseitige Er- höhung der Druckspannung. Ich war in der Lage, ziemlich zahlreiches Demonstrationsmaterial beizubringen, und ich unterließ es nicht, auf die Untersuchungen von Robert Hartig „Holzuntersuchungen, Altes und Neues", 1901, Zusammenfassung), F. Schwarz „Physiologische Unter- suchungen über Dickenwachstum und Holzqualität von Pinus silvestris"

Berlin 1899), E. M er „De la formation du bois rouge dans le sapin et l'epicea," Comptes rendus hebdomadaires des seances de l'academie des sciences, T. 104, 1887, p. 376.) u. A. Cieslar „Das Rotholz der Fichte", Zentralbl. f. d. ges. Forstw. 1896, S. 149) hinzuweisen. Alle ge- nannten Forscher . haben sich nur mit den Nadelhölzern beschäftigt, während ich mich mehr der Erforschung des exzentrischen Dicken- wachstums der Laubhölzer zuwandte.

Die erste Anregung zu meinen Studien empfing ich vor mehr als 27 Jahren als Oberförster in Nidwalden an dem steilen, mit Laubholz bestockten Südhang des Bürgenberges. Schon 1904 hatte ich die Über- zeugung gewonnen, daß das exzentrische Dickenwachstum der Laub- hölzer zu einem großen Teil mit geotropischen und heliotropischen Krümmungen alter verholzter Äste und Stämme im Zusammenhang

(3)

und deren waldbauliche Bedeutung 227 stehen müsse, aber ich war damals noch nicht in der Lage, genügende Beweise für diese Hypothese zu erbringen. Heute besitze ich solche zur Genüge, und ich habe ein umfangreiches Tatsachenmaterial be- reits in meiner im April 1918 erschienenen Preisschrift der Stiftung von Schnyder von Wartensee veröffentlicht. In Betracht fallen, wie der Titel sagt, nur die durch die Erdschwere oder Gravitation und den Lichtreiz verursachten Tropismen.

Die erwähnte Publikation ist eine pflanzenphysiologische, biolo- gische, und ihre Bedeutung für den Waldbau ist bisher weder von mir noch von andern in der forstlichen Literatur gewürdigt worden. Im akademischen Unterricht habe ich allerdings die gewonnenen biologischen Kenntnisse seit langem verwertet, und ich benütze nun gerne die Gelegenheit, auch die Herren aus der Praxis mit denselben vertraut zu machen, indem ich davon überzeugt bin, daß die Erkenntnis der Richtungsänderungen der Äste und Stämme der Bäume und deren Folgen für ihre Formen und ihr Dickenwachstum von großer Bedeutung für den wissenschaft- lichen Ausbau der Bestandeslehre und die Praxis der Bestandespflege ist. Bei der Wahl dieses Vortragsthemas ließ ich mich noch speziell von dem Gedanken leiten, daß es eine notwendige Grundlage für das zweite Thema ,,die Hochdurchforstung'' bilde.

Die heutigen Verhältnisse zwingen mich zu möglichster Kürze und zur Beschränkung auf das Wesentlichste.

In der Botanik hat man bisher auf Grund der Laboratoriums- Experimente angenommen, daß nur junge, noch in die Länge wach- sende Sprosse sich geotropisch oder heliotropisch zu krümmen vermögen.

Nur vereinzelte Forscher, wie Büsgen1), L. Jost2), J. Baranetzky (siehe meine Preisschrift) und Pfeffer „Pflanzenphysiologie" 1904, II. Bd. S. 652, erwähnen die negativ-geotropische Aufkrümmung junger, verholzter Zweige.

Die geotropische Aufkrümmung starker Nadelholzstämme ist je- doch zuerst von mir beschrieben worden (siehe „ Tropismen und ex- zentrisches Dickenwachstum der Bäume", Zürich, 1918; S. 6 u. ff).

Die he'liotropische Krümmung verholzter Sprosse wurde von Prof. Wies n er, der auf diesem Gebiete viel gearbeitet hat, bestritten.

In seiner Abhandlung: ,, Der Lichtwuchs der Holzgewächse" schreibt er wörtlich: ,,daß eine heliotropische Krümmung oder heliotropische

1) Bau und Leben unserer Wald-Bäume. 1897. S. 29.

2) Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 3. Aufl., 1913, S. 580.

(4)

228 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

Neigung eines Sprosses nur erfolgen kann zu Zeiten seines Längenwachs- tums, ist nach allen bisherigen Erfahrungen richtig." Nach Wiesner kommt für die Richtung von Stämmen und Ästen hauptsächlich Phototrophie in Betracht, womit er die stärkere Entwicklung von Zweigen und Blättern auf der Lichtseite des Baumes bezeichnet. Weder in den Schriften jüngerer noch älterer Botaniker und Praktiker ist die geotropische oder gar heliotropische Krümmung von Ästen und Stämmen erwähnt. Selbst ein Duhamel du Monceau, ein Nördlinger, oder Theodor und Robert Hartig, die sonst im Gebiete der Biologie der Holzgewächse außerordentlich erfahren sind, kennen diese Erscheinungen nicht.

ln Fachkreisen bekannt und in der Literatur beschrieben war also vor dem Erscheinen meiner Preisschrift: ,,Tropismen und exzentrisches Dickenwachstum der Bäume" im April 1918 nur die geotropische Auf- k.rümmung verholzter Zweige.

Im Folgenden werde ich, wie es schon in der erwähnten Publi- kation geschehen, zeigen, daß nicht nur Zweige, sondern auch Baum- stämme negativ geotropische und heliotropische Krümmungen auszu- führen imstande sind, und daß solche im Walde sehr häufig vorkommen und deshalb von großer Bedeutung für das Bestandesleben und für den Waldbau sind.

Wenn ich hier ausdrücklich darauf hinweise, daß ich als erster auf die geotropische und heliotropische Krümmung alter verholzter Sprosse und sogar von Baumstämmen in der Literatur aufmerksam machte und seit mindestens 15 Jahren diese Erscheinung meinen Schülern vorgetragen habe, so geschieht es, weil von gewisser Seite nach dem Erscheinen meiner erwähnten Schrift in größern und kleinem Publikationen über diesen Gegenstand derart geschrieben wurde, als ob man davon schon längst gewußt hätte. Ich sehe mich deshalb veranlaßt, bei dieser Gelegenheit festzustellen, daß ich die geotropische und helio- tropische Krümmung von Baumstämmen zuerst in der Literatur be- schrieben und exakt nachgewiesen habe.

Was das exzentrische Dickenwachstum betrifft, so sind, wie ich schon erwähnte, besonders die Nadelhölzer Gegenstand des Studiums gewesen; über das exzentrische Dickenwachstum der Laubhölzer da- gegen kam man nicht ins Klare, weil man die Tropismen und auch das sog. gleitende Wachstum nicht kannte.

Wies n er führte für ungleiches Dickenwachstum auf verschie- denen Seiten eines Sprosses allgemein die Bezeichnung Heterotrophie

(5)

und deren waldbauliche Bedeutung 229 ein, und er unterschied Epitrophie, Hypotrophie und Amphitrophie, je nachdem die Ober- oder Unterseite oder die beiden in der Horizon- talen liegenden Seiten eines Zweiges im Dickenwachstum gefördert sind. Nach Wies n er sind geneigte Coniferensprosse in allen Entwick- lungsstadien hypotroph, gleich orientierte Dicotylensprosse in der Re- gel zuerst epitroph, dann hypotroph.

Prof. Ursprung1) ·hat an zahlreichen Ästen und Stämmen von Laubhölzern exzentrisches Dickenwachstum konstatiert und beschrieben, aber er gelangt nicht zu allgemein gültigen Gesetzen.

In bezug auf die Laubhölzer sagt jedenfalls Prof. J o s t 2) mit Recht, es sei trotz der ziemlich großen Literatur über den Gegenstand nicht klar, wieweit die Schwerkraft, wieweit andere Faktoren die Exzen- trizität des Dickenwachstums bedingen, und Prof. Go e b e 13) kommt zum Schluß, daß eine kausale Erklärung der Anisotrophie der Äste bis jetzt nicht gelungen sei.

Das ist der Stand, auf dem sich die Fragen der Tropismen und des exzentrischen Dickenwachstums der Stämme vor dem Erscheinen meiner Publikation befanden.

Ich schicke voraus, daß ich mich auf die Darstellung der leicht wahrnehmbaren physiologisch- morphologischen Erscheinungen, die von besonderer forstlicher Bedeutung sind, beschränken werde. Auf die Erörterung der Hypothesen über das Zustandekommen dieser Reizwir- kungen gehe ich nicht ein, weil die physiologischen Vorgänge des Geo- tropismus, bezw. des Heliotropismus oder Phototropismus überhaupt noch .nicht genügend aufgeklärt sind.

Von Wichtigkeit scheint mir für die waldbauliche Praxis das ver- schiedene Verhalten von Nadel- und Laubhölzern zu sein.

1) Beiträge zur Erklärung des exzentrischen Dickenwachstums. Berichte der deutschen Botan. Gesellschaft, 1901, S. 313.

2) Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 1913, S. 421.

3) Organographie der Pflanzen,_ Jena 1913, S. 215.

(6)

230 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

I. Tropismen und exzentrisches Dickenwachstum der Nadelhölzer.

t. Exzentrisches Dickenwachstum infolge einseitig stärkerer longitudinaler Druckspannungen.

Seit Botanik-Professor S. Schwende p e r1) auf die Bedeutung des mechanischen Prinzips beim Aufbau der Pflanzen und speziell auch der Nadelholzstämme hingewiesen hatte, sind von Forstleuten und Forst- botanikern zahlreiche Untersuchungen über das Dickenwachstum der Nadelhölzer, deren Form im Vergleich zu derjenigen der Laubhölzer eine sehr regelmäßige ist, angestellt worden. Ich erwähne nur Rob.

Hartig, Metzger, Frank Schwarz, A. Cieslar, E. Mer.

Es steht heute fest, daß auf der Unterseite geneigter Nadelholz- stämme das Dickenwachstum größer ist als auf der Oberseite. Ebenso ist das Dickenwachstum bei vertikal stehenden Bäumen mit asymme- trischer Krone auf der Seite der stärkern Kronenentwicklung und bei Bäumen, die konstanten Winden ausgesetzt sind, auf der dem Winde abgekehrten, der Lee-Seite größer. Die Winde haben überhaupt auf die Stellung der Bäume zur Vertikalen, auf die Ausbildung der Krone und damit auch auf den Dickenwuchs großen Einfluß 2).

Die Nadelholz-Äste sind immer auf der Unterseite im Wachstum gefördert. Das Holz der Unterseite von Ästen und schief stehenden Stämmen unterscheidet sich vom Holz der Oberseite auffallend durch seine Dichtigkeit und Härte und seine rotbraune Farbe und wird des- halb als Rotholz bezeichnet.

Auf Grund zahlreicher Untersuchungen und Experimente von Rob.

Hartig3), F. Schwarz 4), E. Mer 5), A. Cieslar-6) u. a. sind wir zur An-

1) ,,Das mechanische Prinzip im anatomischen Bau der Monokotylen", 1874.

,,Zur Lehre von der Festigkeit der Gewächse", Sitzungsber. der kgl. preuß.

Akademie der Wissenschaften, XL VI. Bd. 1884.

2) Vergl. die sehr interessante Schrift von Prof. Dr. J. Früh: Die Abbildung der vorherrschenden Winde durch die Pflanzenwelt. (Jahresber. der geogr.-ethnogr. Ges.

Zürich 1901/1902).

3) Hartig: Holzuntersuchungen. Altes und Neues, Berlin 1901.

4) Schwarz: Physiologische Untersuchungen über Dickenwachstum und Holz- qualität von Pinus silvestris, Berlin 1899.

5) E. Mer: De la formation du bois rouge dans le sapin et l'epicea. Comptes rendus hebdomadaires des seances de l'academie des sciences, Tome 104, 1887, p. 376.

ferner: Recherches sur les causes d'excentricite de la mrelle dans les sapins.

Revue des Eaux et Forets, 1888. p. 461.

6) A. Cieslar: Das Rotholz der Fichte. Zentralbl. f. d. ges. Forstwesen, 1896, S. 149.

(7)

und deren waldbauliche Bedeutung 231 nahme gezwungen, daß das unter den erwähnten Bedingungen bei den Nadelhölzern auftretende einseitige vermehrte Dickenwachstum auf longi- tudinale Druckspannungen, die einen Reiz auf das Kambium ausüben, zurückzuführen ist. Der Druckreiz ruft eine vermehrte Zellteilungsfre- quenz desselben hervor und bedingt auch oft eine besondere Beschaffen- heit der Holzelemente. Das ist heute wohl die allgemeine Ansicht.

Die durch das Gewicht des Baumes, der Krone oder des Astes verursachte Druckspannung bedingt vermehrtes Dickenwachstum; die Zugspannungen auf der Oberseite der Sprosse bewirken dagegen keinen erhöhten Dickenzuwachs, sie sind nur von Einfluß auf den anatomischen Bau des Holzes.

Untersuchungen über den anatomischen Bau und die physikalischen Eigenschaften des Druck- und Zugholzes der Nadelhölzer verdanken wir Rob. Hart i g 1). Nach ihm sind die Tracheiden des Rotholzes kürzer als die des Zug- oder Weißholzes. Die Tracheiden des erstem besitzen eine aus vielen Schraubenbändern zusammengesetzte Sekundär- wand, die des Zugholzes eine Tertiärwandung mit starker, ringförmiger oder schwach spiralig aufsteigender Faltung.

Das spezifische Trockengewicht des Rotholzes ist sehr hoch, das Sehwindeprozent auf das Volumen bezogen aber merkwürdigerweise verhältnismäßig klein. Sehr auffallend dagegen ist das starke Schwinden und Quellen des Rotholzes in der Faserrichtung) bezw. in der Richtung der Längsaxe. Ha rti g fand eine Längssehwindung von Fichten-Rot- holz von 1,287

°;o,

während sie bei Zugholz der gleichen Äste und Stämme im Mittel nur 0,09

°/o

betrug. Dieser ganz bedeutende Unterschied in der Längssehwindung des Druck- und Zugholzes bedingt im Ver- gleich zur Oberseite eine bedeutend stärkere Verkürzung der Unterseite dürrer Äste bei Trockenheit und eine wesentlich größere Streckung der- selben bei feuchtem Wetter. Die Funktion des in den Alpen vielfach benutzten, aus einem trockenen Fichtenzweig bestehenden Wetteran- zeigers erklärt sich nach diesem Verhalten des Rot- und Zugholzes leicht. Übrigens dürfte damit auch die Bewegung alter grüner Äste, d. h.

ihre Senkung und Hebung und damit der Habitus der Krone und die Stellung der benadelten Triebe zum Licht im Zusammenhang stehen, worauf wir später zurückzukommen haben.

Schließlich stellte H a"r t i g noch die sehr interessante Tatsache fest, daß das Zugholz der Fichte druck- und zugfester und demgemäß auch

1) A. a. 0. S. 60 u. ff.

(8)

232 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

biegungsf~ster ist als das Druck: oder Rotholz. Er erhielt für das Zug- holz ungefähr doppelt so große Elastizitätsmodule als für das Rotholz.

Nun ist nach den Untersuchungen von Prof. L. Te t m a je r 1),

Prof. Gustav Lang2) u. a. die Zugfestigkeit des Holzes allgemein 2 bis 3 mal größer als die Druckfestigkeit, und so erscheint es denn, ökologisch betrachtet, sehr zweckmäßig, daß auf der Druckseite eines Astes oder Stammes wesentlich mehr Holz gebildet wird als auf der Zugseite.

2. Negativ-geotropische Krümmungen der Nadelholzsprosse und ihre Wirkung auf das Dickenwachstum.

Gerät der Nadelholzbaum infolge irgendeiner Ursache, Bodenbe- wegung, Wind, Schneebelastung etc. in geneigte Stellung, so macht sich der Reiz der Schwerkraft, der negative Geotropismus geltend und sucht den Baum wieder in die vertikale Richtung zu bringen.

Bild Nr. 1 zeigt die Stellung und Form einer Fichte, die ich am 22. November 1900 mit verdankenswerter Bewilligung von Herrn Forstmeister Arno 1 d am Töß-Hang der Winterthurer Stadtwaldung Eschenberg schlagen ließ. Die Fichte stand an einem SO - Hang von ca. 30

°

Neigung (a. T.) und war im Herbst 18.76 infolge einer Bodenrutschung in schiefe Stellung geraten. Der Stamm hatte sich bergwärts geneigt und bildete mit der Vertikalen einen Winkel von 20°.

Der Baum war beim Eintritt der Katastrophe 67 jährig, 23,80 m hoch und in Brusthöhe 27,5 cm stark.

Zur Zeit der Fällung zählte die Fichte 91 Jahre, ihre Höhe betrug 28,50 m und ihr Durchmesser 1,3 m ü. B. 36,2 cm. Die grüne Krone hatte auf der Bergseite eine Länge von 10, auf der Talseite eine solche von 13 m.

Das Dickenwachstum wurde an 8 Stammscheiben, deren ursprüng- liche Lage aus Bild 1 ersichtlich ist, untersucht. Maße und Zuwachs- größen enthält Tabelle 1.

Was zunächst den Gang der Aufkrümmung des Stammes betrifft, so beginnt die Krümmung in 7,60 m Höhe, und es hat somit ein Stammstück von 16,20 m Länge an der geotropischen Aufrichtung teil- genommen. Die Spitze des Baumes hat dabei einen Kreisbogen von

1) Mitteilungen der Materialprüfungsanstalt am schweiz. Polytechnikum in Zürich, II. Heft. Methoden und Resultate der Prüfung der schweiz. Bauhölzer. Zürich, 1896.

2) Das Holz als Baustoff etc. Wiesbaden 1915.

(9)

und deren waldbauliche Bedeutung 233 14°, bezw. von 3,75 m Länge beschrieben. Daraus, wie aus der weitem Tatsache, daß sich selbst 23 cm dicke Stamm/ eile gebogen haben, kann auf die gewaltige Arbeit geschlossen werden, welche die Bäume bei derartigen Richtungsbewegungen leisten.

Über die Zeit, welche der Fichtenstamm zur Ausführung der geotropischen Aufkrümmung brauchte, belehrt uns besonders Stamm-

J,1_8__:r!'::-,

~ ...

---

,' \ ',

1 \ ' ,

1 \ '

'

\

I \ J4-0

\

\

'

\ \

\

'

\ \

\

,.

\

NW

1

'

.

28,50m

YJ1I

24,50

Yff

23,80

Ill 21,

4-0

1

\ ]l : 18,lfO

1 1 1 1 1

: tb,40

1 1 1 1

: so

1 1 1 1

, !!!~

1

7,

60

\ o,

, .20,

\ 1

\ 1

\ 1

\ 1

\ 1

'. 1 J[t,30

____ ...__,~'- I o,

11-0

Bild 1. Fichte Eschenberg, Winterthur,

ist durch Bodenbewegung in schiefe Stellung geraten und hat sich geotropisch auf gekrümmt.

(10)

234 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

91-jährige Fichte vom Eschenberg, Winterthur

Tössrain, Süd-Ost-Hang

Tabelle 1

Infolge eines Erdschlipfes im Jahre 1876 bergwärts nach Nord-West geneigt.

Radien in cm Zuwachs im Jahre von 1877-1900

Nr. Höhe Richtung 0/o in der

der über der Radien Bemerkungen

Scheibe Boden Radien 1876 1900 in cm und Durch- messer m von

1876

1 2 3 4 5 6 7 8

I 0,40 Nord-West 15,7 21,3 5,6 35,7

Süd-Ost 15,0 ~ 3,0 ~

Durchrn esser 30,7 39,3 8,6 28,0 II 1,30 Nord-West 13,8 20,9 7, I 51,5 Süd-Ost 13,7 ~d_ 1,6 ~J_

Durchmesser 27,5 36,2 8,7 31,6

III 7,60 Nord-West . 12,2 19,4 7,2 59,0 Beginn der Aufkrümmung

Süd-Ost ~ _::d_ 1 -~

Durchmesser 23,0 31,7 8,7 37,8 IV 15,40 Nord-West 7,0 14,8 7,8 I I I,4

Süd-Ost ~ ~ 1,9 ~

Durchmesser 13,6 23,3 9,7 71,3 V 18,40 Nord-West 4,5

1

9,9 5,4 120,0 Süd-Ost _1L 8,3 3, 62,7 Durchmesser 9,6 18,2 8,6 89,6 VI 21,40 Nord-West 2,3 6,7 4,4 191,3 Süd-Ost ~ 7, 5, 255,0 Durchmesser 4,3 13,8 9,5 220,9 VII 23,80 Nord-West 0,3 4,6 4,3 143,3 Süd-Ost ~ _lL 1 - I 16,7

Durchmesser o,6 8,4 7,8 130,0

VIII 24,50 Nord-West - 3,9 - -

Süd-Ost - - -- 3,8 - -- - - --

Durchmesser 7,7 - -

(11)

und deren waldbauliche Bedeutung 235 scheibe Vl. Die von 1877 bis 1879 gebildeten Jahrringe zeichnen sich nämlich auf der Neigungsseite des Stammes durch große Breite und sehr ausgesprochene Rotholzbildung aus. In den 5 folgenden Jahren, 1880 bis 1884, weicht dagegen die Jahrringbreite auf der NW-Seite nur wenig von der der S 0-Seite ab. Dann aber beginnen die Jahrringe auf der S 0-Seite, d. h. auf der Stammseite, nach der die geotropische Aufkrümmung erfolgte, bedeutend breiter zu werden als auf der N W- Seite und zudem tritt auf ersterer Roiholzbildung ein.

Daraus ist erstens zu schließen, daß Ende 1879 das Gipfelstück sich nicht mehr bergwärts neigte, sondern seine geotropische Aufkrüm- mung nach 3 Jahren vollzogen hatte. Ja, noch mehr, das Gipfelstück führte von 1880 an, wie dies bei der geotropischen Krümmung von Grashalmen und anderen krautartigen Stengeln regelmäßig zu beobachten ist, eine Überkrümmung aus, die aus Bild 1 deutlich zu ersehen.

Betr~chten wir nun das Dickenwachstum des Fichtenstammes etwas näher, so ist Tab. 1 zu entnehmen, daß das lineare Dickenwachstum und die Spätholzbildung auf der Unterseite des Stammes eine ganz bedeutende Förderung gegenüber der Oberseite erfuhren. Eine Aus- nahme machen nur Scheibe VI und VII, auf denen das Dickenwachstum auf der Seite der Aufkrümmung, d. h. auf der S 0-Seite gefördert erscheint. Die Zuwachsförderung und Bildung von Rotholz durch Längsdruckspannungen tritt also scharf hervor, denn das soeben er- wähnte stärkere Wachstum auf den Scheiben VI und VII ist ja nur eine Folge der Überkrümmung des Gipfels und damit einer Verlegung der Druckspannungen auf die entgegengesetzte Seik.

Nun aber ist, wie aus Tab. 1 ersichtlich, der lineare Zuwachs auf der Druckseite in den untersten Stammteilen kleiner als in den höheren, obschon unten der auf das Holz ausgeübte Längsdruck absolut am größten ist; die Kolonnen 6 und 7 der Tab. 1 zeigen die absolute relative Zunahme des Dickenzuwachses deutlich.

Dieses an der Stelle stärkster Aufkrümm ung auftretende besonders starke Dickenwachstum mit ausgesprochener Rotholzbildung während der Zeit der geotropischen Aufkrümmung des Stammes kann wohl nur auf die Wirkung des Schwerereizes zurückgeführt werden.

Dafür sprechen auch die Ergebnisse der Biegeversuche mit 13- jährigen Fichten auf dem Adlisberg. Während der 2-jährigen Versuchs- dauer wuchsen nämlich die sich aufkrümmenden 1,00-1,50 m langen obersten Teile der Stämme auf der Unterseite (Biegungsseite) mehr in

(12)

236 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

die Dicke als die unterhalb der Biegungsstelle gelegenen, gebogenen, nur auf Längsdruck beanspruchten Stammteile.

Eine von meinem Assistenten, Herrn Dr. H. Burg er, analysierte und gezeichnete 40-jährige Tanne vom Bieler Stadtwald zeigt genau dieselbe Verteilung des Dickenwachstums. An Fichten und Arvenstämmen aus dem Escherwald am Piz Mundaun bei Ilanz ist dasselbe festzustellen.

Den experimentellen Beweis, daß vermehrtes Dickenwachstum mit Rotholzbildung 'auch durch den Schwerkraftreiz hervorgerufen wird und mithin bei geotropischer Aufkrümmung entsteht, hat übrigens R ob. H artig1)

schon längst erbracht. Hartig hing meterhohe, in Kübel verpflanzte Fichten derart schief auf, daß sich der Gipfel nach unten richtete. Er zog indessen die Gipfeltriebe durch Bindfäden in die Höhe, sodaß eine Druckspannung nach unten durch das Gewicht des Fichtengipfels aus- geschlossen war. Das bei allen Versuchen nur auf der konvexen Unter- seite eingetretene erhöhte Dickenwachstum mit Rotholzbildung kann, weil Druckspannungen ausgeschlossen waren, bloß durch den Reiz der Schwerkraft auf das Kambium zustande gekommen sein. Dieser Reiz ist vorhanden, trotzdem der Gipfel künstlich in der neuen Lage gehalten wird und sich nicht mehr geotropisch aufzukrümmen braucht, denn der Reiz geht offenbar von den an die plötzlich veränderte Lage nicht angepaßten innern Organen aus, und die sich einstellende Reaktion führt dann jene Struktur der Gewebe herbei, die den künstlich auf- gerichteten Gipfel zur Beibehaltung der neuen Lage befähigt.

Das von Ha rti g2) erwähnte Auftreten vermehrten Dickenwachstums auf der Unterseite von Ästen, die sich nach der Entgipfelung der Bäume geotropisch aufbogen, habe ich an Fichten und Tannen ebenfalls häufig beobachtet.

Bei Asten und schief stehenden Nadelholzstämmen stellt sich also auf der Unterseite vermehrtes Dickenwachstum mit Rotholzbildung ein;

krümmt sich der Ast oder Stamm geotropisch auf, so tritt besonders an den Stellen stärkster Krümmung noch eine weitere Verstärkung des Dickenwachstums hinzu, die wir auf den Reiz der Schwerkraft zurück- führen müssen. Da der mechanische Längsdruck und der geotropische

Reiz gleichzeitig auf derselben, d. h. auf der untern, konvexen Seite des Sprosses wirken, so läßt sich der Einfluß jedes Reizes für sich nicht genau bestimmen.

1) Holzuntersuchungen, Altes und Neues, S. 75 und ff.

3) a. a. 0. S. 82.

(13)

und deren waldbauliche Bedeutung 237 Wesentlich ist, daß bei den Nadelhölzern der mechanische Längs- druck und der Schwerkraftreiz auf der gleichen und zwar auf der untern Seite des Sprosses wirken.

3. Heliotropische und durch den Wind bewirkte Richtung der Sprosse.

Nach meinen vielen, jahrelangen Beobachtungen reagieren bei den Nadelhölzern nur die jungen, in Streckung begriffenen Triebe auf den Lichtreiz; nur sie vermögen während der Wachstumsperiode eine zum diffusen oder direkten Licht günstige Lage einzunehmen. Ältere, verholzte Teile der Triebe sind nicht befähigt, direkt durch das Licht bewirkte heliotropiscche Richtungsänderungen auszuführen.

Wies n er 1) zeigte z. B. auf experimentellem Wege, daß eine Fichten-Topfpflanze bei ganz einseitiger Beleuchtung ihre Gipfeltriebe helio- tropisch nach dem Lichte richtete und dadurch allmählich ein gekrümmtes Stämmchen erhielt. Oft ist es nicht nur die Beschattung, sondern auch der Trauf oder das Peitschen benachbarter Bäume, das die Nadelhölzer zwingt, ihre Gipfeltriebe seitwärts zu richten und so der Gefahr auszu- weichen. So richteten sich z. B. die Höhentriebe junger Fichten und Weymouthsföhren, die ich im Adlisberg-Garten dicht an einem dunkeln Bestandesrand pflanzen ließ, schief nach dem diffusen Seitenlicht.

Nun aber besteht bezüglich der Lichtempfindlichkeit der sich streckenden Triebe ein Unterschied zwischen den Nadelholz-Arten.

Die Triebe der Pinus- und Larix-Arten sind viel· leichter heliotropisch reizbar als die von Fichten und Tannen. Die im Walde an Föhren und Lärchen häufig zu beobachtenden Stammkrümmungen sind zum Teil auf Heliotropismus und spätere geotropische Aufkrümmung der verholzten Sprosse zurückzuführen. Ob auch verholzte, ältere Sprosse von Pinus- und Larix-Arten heliotropisch empfindlich sind, ist sehr fraglich. Bis anhin machte ich keine Beobachtungen, die dafür sprächen. Es ist zur Mode geworden, aber fehlerhaft, alle Stammkrümmungen der Föhre und Lärche der Provenienz des Samens zuzuschreiben; denn vielfach sind sie bloß die Folge unrichtiger Begründung und mangelhafter Pflege der Bestände.

Was die Abwärtsbiegung von Ästen der Nadelhölzer betrifft,· so handelt es sich teils um Lastkrümmungen, teils um die Wirkung schon

1) Der Lichtwuchs der Holzgewächse, Zentralbl. f. d. ges. Forstwesen 1897, S. 254.

(14)

238 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

Bild 2.

Krümmungen und exzentrisches Dickenwachstum einer alten Lärche in Bergün.

(15)

und deren waldbauliche Bedeutung 239 besprochener physikalischer Eigenschaften des Holzes, worauf wir übrigens noch zurückkommen werden.

Die Erörterung des so häufigen krummen Wuchses der Lärche liegt hier nahe. Ihr sog. säbelförmiger Wuchs ist in ihrer Heimat und außerhalb derselben wohl bekannt. Die Bilder Nr. 2 bis 6 liefern Beispiele dafür.

- _______ .:5.:'?.~---E)

1

---. -_4:·?_ . -- ---

-$

_____ _ 3,o

---Q

2.o

---0

1

--- _!~'? _______ --([) -- ____ '?,~- - ----

--0

Bild 5.

Längsschnitt durch die Lärche von Samaden

(vergl. Bild 4). 10.oo m

Bild 3. Längsschnitt durch die Lärche von Bergün (vergl. Bild 2).

(16)

240 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

Eine Ursache ist sehr oft die starke heliotropische Reizbarkeit der jungen Triebe. An steilen Hängen wirken der Licht- und Schwerereiz gleichzeitig auf den im Wachstum begriffenen Trieb, der dann gewisser- maßen die Richtung der Resultierenden beider Kräfte einnimmt. Oder die Axe des Baumes wächst überhaupt eine zeitlang in der Richtung des intensivsten Lichtes, um sich dann später von Zeit zu Zeit durch geotropische Aufkrümmung wieder der Vertikalen zu nähern. Folgende Zusammenstellung bringt das Gesagte in Zahlen zum Ausdruck (siehe Tabelle 2).

Eine zweite, häufige Ursache des Säbelwuchses, die hauptsächlich auf horizontalen oder schwach geneigten Böden wirkt, sind die Lokalwinde.

Prof. Dr. Früh sagt in seiner schon zitierten Schrift 1) sehr zu- treffend, daß es nicht die heftigen Fallwinde, wie der Föhn, sind, welche die bekannten asymmetrischen Windformen der Bäume verursachen, sondern die bei ruhigem Sommerwetter anhaltend gleichsinnigen Luft- strömungen, die bei uns am häufigsten als Tal- und Bergwinde auftreten.

Der Talwind ist der aktivere, kräftigere Wind, der z. B. in unsern großen Alpentälern, Rhone- und Rheintal, in den Sommermonaten, also während der Vegetationszeit, täglich um die Mittagszeit weht. 2) Der Tal wind vermag infolgedessen die Richtung der Triebe in hohem Maße zu beeinflußen, was in den beiden genannten Tälern an den Baumformen deutlich in Erscheinung tritt. Im Rheintal stehen von Ragaz an auf- wärts nicht nur die Laubhölzer, sondern auch die Lärchen unter dem Einfluß des kräftigen Talwindes, den man bis Ilanz deutlich verfolgen kann. Die Lärchen in der Talsohle neigen sich meist in südlicher, bezw. westlicher Richtung talaufwärts. Unsere in Bonaduz vor 12 Jahren gepflanzten Versuchslärchen neigen sich alle nach Westen.

Welche enorme Wirkung die in der Gegend von Zürich im Sommer herrschenden Westwinde auf die Schaftform der Lärche ausüben, zeigt Bild Nr. 6, das einen Mi_schbestand von Lärchen und Laubhölzern im Korporationswald von Zollikon bei Zürich darstellt. Für die östliche Neigung der Lärchen ist der Westwind, für die westliche Neigung der Laubhölzer das von Südwesten einfallende stärkste Licht, also der Lichtreiz maßgebend.

Häufig dürfte bei der Krümmung des untersten Stammteils der Lärche auch ein teilweises Losreißen der Wurzeln auf der Luvseite des

1) ,, Die Abbildung der vorherrschenden Winde durch die Pflanzenwelt. S. 7 4 u. ff."

2) Siehe Maurer, Billwiller, Heß: ,,Das Klima der Schweiz", Frauenfeld 1909 S. 179 ff. und S. 233.

(17)

Bild 4.

Krümmungen und exzentrisches Dickenwachstum einer alten Lärche in Samaden.

(18)

Bild 6.

Infolge Winddruck schiefstehende Lärchen in einem gemischten Lärchen- und Buchenbestand bei Zollikon.

(19)

und deren waldbauliche Bedeutung 241

Tabelle 2

Stellung der Lärche in einigen Versuchsflächen Graubündens

Neigung der Mitt- Max.

Höhe über Meer Stämme lere Nei-

Holzart und Exposition --- Nei- gung

Waldort Neigung des Hanges Stämme gung in

Neigungs- in

Alter des Bestandes richtung An- 1 Gra- Gra-

O/o den

zahl 1 den

1 2 3 4 5 6 7

Lärche Höhe über M. 1370 m

Versuchsfläche 6 Exposit. : W. S. W. talwärts 83 75 3, I 10

Wiesen, Kt. Graubünd. Neig. des Hanges: 36° lotrecht 1 I 10 o,o

Alter : 105 Jahre bergwärts 16 15 2,8 7 Mittel talwärts I 10 100 1,95

Lärche Höhe über M. 1370 m

Versuchsfläche 7 Exposit. : S. S. E. talwärts 41 93 3,7 9 Wiesen, Kt. Graubünd. N eig. des Hanges: 36° lotrecht 1 2 o,o

Alter: 101 Jahre bergwärts 2 5 Y..

--

2

Mittel talwärts 441100 3,4

Lärche Höhe über M. 1875 m

Versuchsfläche 8 Exposit.: S. E. talwärts 56 85 3,8 10

Samaden Neig. des Hanges: 270 lotrecht 4 6 o,o -- Kt. Graubünden, Planeg Alter: 167 Jahre bergwärts 6 9 .2d._ 2

-- - -

Mittel talwärts 66 100 3,1

Baumes bei heftigen Gewitterstürmen mit im Spiele sein, denn die Wurzelentwicklung namentlich junger Lärchen geht in Tieflagen ziemlich langsam vor sich, und oft ist die Bewurzelung selbst älternr Bäume auf gewissen Böden eine flache. Sobald nun aber infolge derartiger Wind- wirkungen die Baumaxe in schiefe Lage gerät, macht sich sofort der Geotropismus geltend, der die Axen wieder in vertikale Stellung zu bringen sucht. Der Säbelwuchs der Lärche kommt diesfalls unter dem Einfluß der antagonistischen Kräfte Wind und Geotropismus zustande.

Wenn in den Hochtälern der Alpen der soeben geschilderte Einfluß des Windes auf die Schaftform im allgemeinen weniger hervortritt,- so mag dies wohl damit im Zusammenhang stehen, daß der oberirdische Teil der Lärchen in Hochlagen viel langsamer wächst als in der Niederung,

(20)

242 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

dagegen die Wurzelentwicklung eine bedeutend kräftigere, in die Tiefe gehende ist.

Im Gebirge tragen an steilen Hängen auch Schneedruck oder La- winen oder Bodenbewegungen zum Säbelwuchs der Lärche bei.

Die Bilder aus Zollikon, Samaden und Bergün, Bilder No. 2-6 zeigen, welchen Einfluß die erwähnten Faktoren, entweder einzeln oder indem ihrer mehrere zusammenwirken, auf die Stammform und die Struktur des Holzes ausüben können. Kennt der Forstmann die Ursachen des schiefen, exzentrischen Wachstums, so wird er leicht auch die Mittel finden, ihnen zu begegnen.

Auf eine interessante Erscheinung will ich noch aufmerksam machen auf den starken Flechten- oder Mooswuchs auf der im Dickenwachstum zurückbleibenden Zugseite. Die Lärchen von Zollikon und Samaden weisen alle auf der Seite der Zugspannungen, also des geringem Dicken- wachstums starken Flechtenansatz auf der Borke auf, während Flechten auf den stark wachsenden Längsdruckseiten fast ganz fehlen. Wechselt bei Überkrümmungen das vermehrte Dickenwachstum die Seite, so tritt auch der Flechtenwuchs dementsprechend genau auf der entgegenge- setzten Seite auf. (Siehe Bild 4 von Samaden.) Da die genügsamen Flechten (wie Evernia-Arten, Usnea barbata, Bryopogon jubatum etc.) besonders auf alten, dicken Borken Zeit und Gelegenheit zur Ansiedelung und Entwicklung finden, so ist es begreiflich, daß der Flechtenwuchs auf der Seite mit langsamem Dickenwachstum, wo die Rinde weniger erneuert und die Borke langsamer abgestoßen wird, üppiger sein muß als a·uf der raschwüchsigen Seite des Stammes. Starker Flechtenwuchs an Stamm und Ästen, wie er uns allgemein in der alpinen und der .hochnordischen Waldregion entgegentritt, ist als Zeichen langsamen Dickenwachstums der Sprosse zu betrachten und mithin eine ganz natürliche Erscheinung, die nicht etwa auf den Zerfall des Waldes hin- weist, wie der uneingeweihte Laie glaubt.

Übrigens siedeln sich nach meinen vielen Beobachtungen die Flechten auch an Zweigen und Asten der Nadelhölzer immer auf der oberen, weniger in die Dicke wachsenden Seite an und überziehen dann allerdings von dort aus häufig hängende, lebende oder tote, beschattete Sekundärzweige. Die Art der Ansiedlung der Flechten ist also zweifellos nicht nur durch das Licht, sondern wohl noch mehr durch die langsam sich erneuernde Rinde auf der schwach wachsenden Oberseite der Zweige bedingt.

(21)

und deren waldbauliche Bedeutung

II. Tropismen und exzentrisches Dickenwachstum der Laubhölzer.

1. Wuchsformen der Laubhölzer an steilen Berghängen.

243

Wie schon bemerkt, habe ich den ersten Impuls zu meinen Studien am steilen Hang des Bürgenberges erhalten, wo mir die äußere Erscheinung und das Dickenwachstum der Bäume auffiel. Was ich dort gesehen, fand ich später an hundert andern Orten bestätigt.

a) G.estalt und Richtungsbewegungen der Stämme.

Entgegen der herrschenden Meinung stehen die Bäume an steilen Hängen lange nicht immer vertikal. Die Laubhölzer weichen sogar meistens und Föhre und Lärche häufig von der vertikalen Stellung ab.

Die Bilder 7 und 8 zeigen in schematischer Darstellung die Form von Laubholzstämmen in geschlossenen, gleichalterigen Beständen an Hängen. An der Stammbasis ist eine starke Krümmung vorhanden;

dann folgt der ziemlich gerade, aber geneigte Hauptteil des astreinen Schaftes, der sich etwa beim Kronenansatze wieder stärker nach der Talseite zu biegen beginnt. Die Krone ist gegen die Talseite immer stärker entwickelt, was größtenteils auch für die Wurzel zutrifft, was in Anbetracht des Geotropismus, des Wachstums und der Nährstoff- aufnahme der Wurzeln, sowie aus statischen Gründen begreiflich erscheint. Die Pfahlwurzel junger Buchen ist ungefähr parallel zum mit- leren Teil des oberirdischen Sprosses gerichtet, so daß Stengel und Wurzel zusammen bajonettartige Gestalt annehme.n. (siehe Bild 9).

Die durch die Bilder dargestellte Baumform ist von Buchenauf- schlag bis zum Altholz zu konstatieren, insbesondere wenn der Bestand

· wenig durchforstet wurde. In Tab. 3 sind für mehrere Bestände die Mittel der von mir gemessenen Winkel der Baumstämme mit der Vertikalen zusammengestellt. Als Winkelmeßinstrument benutzte ich, wie, für alle andern Messungen, einen großen Zelluloid-Transporteur, in dessen Mittel- punkt ich an einem Seidenfaden ein Lot befestigte.

Den Kolonnen 7 bis 9 der Tab. 3 ist zu entnehmen, daß die Ab- weichung der Stammaxen von der Lotlinie überall eine ganz beträchtliche ist; im obersten Stammteil ist sie am größten, int mittlern am kleinsten.

An Süd- und West-Hängen mit großer Lichtintensität neigen sich die Bäume im allgemeinen mehr nach der Talseite und ihre Kronen sind nach dieser Richtung ebenfalls viel stärker entwickelt als an Nord- und Osthängen.

(22)

244

Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

Stämme kronenfreier, vorwüchsiger, etwa durch die Bestandes- pflege begünstigter Bäume weisen an der Stammbasis in der Regel nur schwache Krümmungen auf und weichen weniger von der Lotlinie ab als die Stämme beherrschter und unterdrückter Bäume.

Welches sind nun die Ursachen dieser Wuchsform der Laubhölzer?

Es können nur Schwerkraft und Licht sein, die beiden Kräfte, die

~~· ,'. --, ls

6

,:;l - - - v

Si..,.---

4

1 1 1 1 1

l

1

lv

1 1 1 1 1 1 1 1

i!!\

1 1 1

,i

1 I 1 I 1 1 1

1 1 1 1 1 1 1

1 1 1

11 1,

,, 1

,: :

\ 1

11 1

JI 1

\ \ 1 : 1 1 1 1 1 1 1 1 1 \ 1 1 1 ,' 1

Bild 7. Form der Laubhölzer in gleichaltrigen, geschlossenen Hochwald-

beständen an steilen Hängen.

Bild 8. Schematische Darstellung der helio- tropischen und geotropischen Krümmungen an steilen Hängen aufwachsender Laubholzstämme.

(23)

und deren waldbauliche Bedeutung 245 überall von der Keimung des Samens an ununterbrochen auf die Pflanze wirken.

An steilen Hängen ist die Beleuchtung naturgemäß eine einseitige.

Auf steile südöstliche bis südwestliche Hänge treffen die Sonnenstrahlen

,:,j ro c::

u:i

·a3

,.Cl V)

<l)

0.0 ~

<l) ,.Cl

c:: <l)

0.0 ~

:;::J a.:l

V)

<l)

'O

<l)

0.0 c::

::r:: ro

0 (/)

~ E

2 u,

c:: ro 0.0 c::

;::J

0.0 c::

:g,

<l)

>

V)

;::J

ro

<l) c::

,.c:

;::J u CO

Q) 0.0 c::

;::J -:,

(24)

246 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

Tabelle 3

Stellung und Form der Laubhölzer an steilen Hängen

Nei- Alter Zahl Mittlere Neigung der

Ex- des der Stämme z. Vertikalen

gung Holz- Be- unter- in der oben,

Ort posi- zum arten stan- such-ten unten am Mitte inner- Bemerkungen tion Hori- des Bäu- Stam- des halb

zont Jahre me me Stam- der

mes Krone

1 2 3 4 5 6 1 7 8 9 10

Siechenwald sw 37° Buchen 90 36 170 8025' 24014'

Bürgen Eschen

Kt. Unterwalden

Ob dem Ächerli so 34° Buchen 85 20 250 x6° 420

Bürgen Eschen Ahorne

Kt. Unterwalden Eichen

Henkerwäldli NW 320 Buchen 40 12 I 50 201 I 10 101 230 50'

Hinterberg Eschen

Kt. Unterwalden Ahorne Spitzflüh

Hinterberg

NW 290 Buchen 45 IO 13°39' 70 200 I 5' Kt. Unterwalden

Gehrenwald 0 27030' Buchen I00 15 90 4°36,' - Wolfenschießen

Kt. Unterwalden

Klein Gehrli Q 35° Buchen 50 15 140 8°48' - Wolfenschießen

Kt. Unterwalden

Sihlwald NO 20° Buchen 80 15 I 20 I 5' 4015' - Kt. Zürich Eschen Ahorne

'

Sihlwald NO 400 Buchen 95 8 190 50' '7040' -

Kt. Zürich Eschen

Ahorne

Eschenberg NO 320 Buchen 100 4 I 50 50' 50 50' -

Winterthur Ahorne

Kt. Zürich

Eschenberg w 310 Buchen IOO 4 190 30' 9°45' -

Winterthur Ahorne

Kt. Zürich

Mühletalerhalde N 250 Buchen 53 153 - 80 I0' - Versuchsfläche

Zofingen Durchforstung,

B-Grad

Kt. Aargau (Angelegt 1889)

Mühletalerhal de N

" 250 Buchen 47 167 - 6030' - Hochdurchforstg.

Zofingen (Angelegt 1899)

Kt. Aargau

(25)

und deren waldbauliche Bedeutung 247 während des größten Teils der Vegetationszeit annähernd senkrecht, und Nordexpositrbnen erhalten den größten Teil des diffusen Lichtes vom nördlichen Himmel. Während auf horizontaler Fläche die Pflanzen das Licht hauptsächlich aus dem Zenit empfangen und die mittlere Richtung des Lichtes der Vertikalen entspricht, weicht an Hängen je nach ihrer Neigung und Exposition die Hauptlichtrichtung mehr oder weniger von der Vertikalen ab. Dazu kommt, daß an Hängen jeder Baum von den höher stehenden Nachbarn überragt wird, wodurch das seitliche, schief auffallende Licht noch grössere Bedeutung erlangt. Die Kräfte Schwere und Licht wirken also an Hängen nicht in gleicher Richtung auf die Pflanzen.

Der am Hange stehende Baum ist in Bezug auf seine Stellung ähnlich dem Aste des Baumes dem Einfluß der beiden Kräfte unter- worfen. Die einzelnen Teile des Baumschaftes nehmen gewissermassen die Richtung der Resultierenden der Kräfte Schwere und Licht an.

Der verschiedenen Wirkung dieser Kräfte auf die einzelnen Teile des Baumes entspricht deren Lage zur Lotlinie. Für die Richtung der Endtriebe und für die Krone überhaupt ist vor allem die Lichtrichtung maßgebend, und der ganze innerhalb der Krone befindliche Schaftteil steht, wie die Bilder 7, 8 und 9 und Kolonne 9 der Tabelle 3 zeigen, vorwiegend unter dem Einfluß des Heliotropismus. Der unter- halb der Krone liegende Schaftteil entfernt sich dagegen weniger von der . Vertikalen, denn bei ihm überwiegt die Wirkung des Schwer- kraftreizes. Die unterste starke Aufkrümmung des Stammes aber rührt von den geotropischen Krümmungen her, die der Baum im Verlaufe seines Lebens ausführt.

In Bild 8 sind die Richtungsänderungen eines am Berghang aufwachsenden Laubholzstammes schematisch dargestellt. Es sind 6 Stadien unterschieden. Die Vertikale V und die Lichtrichtung L sind durch Linien bezeichnet. Der Gipfel 1 der jugendlichen Pflanze gelangt später durch geotropische Aufkrümmung des Schaftes nach 1' und noch später wieder zurück nach l ". Das im Lebensstadium 2 erreichte Gipfel- stück bewegt sich allmählich nach 2', Punkt 3 nach Punkt 3' und Punkt 5 erreicht endlich die Lage von 5'. Das Stadium 6 soll die Stellung des Baumes im Lichtstande bei völliger Kronenfreiheit veranschaulichen.

Begünstigte, wuchskräftige Bäume vermögen sich nämlich selbst in höherem Alter solchermaßen aufzukrümmen, daß sich ihr Stamm der Vertikalen bis auf wenige Grade nähert.

(26)

248 Heliotropismus und Geotropismus der Bäume

Die starke Krümmung des unt.ersten Stammteils wird durch Bild 8 ebenfalls erklärt. Mit zunehmendem Alter müssen notwendig auch etwas höher gelegene Stammpartien die geotropische Krümmung mitmachen, die in der Jugend des Baumes nicht daran teilnahmen. Der unterste, krumme Teil des Stammes, unmittelbar über dem Wurzelstock, bildet sozusagen das Hauptgelenk des Baumes, das bei den meisten aktiven Bewegungen seiner Axe in Tätigkeit gesetzt wird. Es ist klar, daß die mittelst der 6 Stadien angedeuteten Bewegungen nicht ruckweise, sondern während der aufeinander folgenden Vegetations- perioden stetig vor sich gehen; immerhin kann, wie ich im Sihlwald nach scharf geführten Besamungs- und Lichtschlägen beobachtete, der 'Übergang von Stellung 5 in Stellung 6 in wenigen Jahren voll- zogen sein.

Die beschriebenen Richtungsänderungen der Laubholzstämme im Bergwald beweisen mehr als alles andere, welche große allgemeine Bedeutung der geotropischen Aufkrümmung alter verholzter Sprosse im

Baumleben zukommt. '

Nicht unerwähnt darf der Vorteil bleiben, den die starke Krüm- mung des basalen Stammstückes in statischer Hinsicht bietet. Die Be- lastung der Hangbäume ist zufolge ihrer Stellung und Gestalt eine ein- seitige und deshalb die Gefahr groß, daß sie bei heftigen Winden oder unzeitigen Schneefällen gebrochen oder entwurzelt werden.

Das Eigengewicht der Krone und das Gewicht des sich etwa auf ihr_ lagernden Schnees sei P (Bild 7) und der Angriffspunkt dieser Last in a. Das statische Moment M für den Stammquerschnitt bei c ist dann

M

=

P. 1

Nimmt man an, der Stamm sei vom Wurzelstock an bis zum Kronen- ansatz gerade, so wäre das statische Moment M' für den Querschnitt in c'

M'

=

P. l' Da aber 1'

>

1 , so ist auch

M'

>

M.

Das will sagen, daß der Baum bei gleicher Belastung eine größere mechanische Beanspruchung auszuhalten hätte, wenn sein Stamm ge- rade wäre. Durch die basale Krümmung wird der Stamm elastischer;

er verhält sich ähnlich einer Feder. Diese für die Bruchsicherheit der- maßen geneigter und einseitig belasteter Bäume wichtige Eigenschaft wird häufig durch die später zu erörternde Form des Stammquerschnittes noch erhöht.

(27)

und deren waldbauliche Bedeutung 249 b) Das Dickenwachstum der Stämme.

Da die Bäume talwärts geneigt und auf dieser Seite auch stärker beastet sind, wäre zu erwarten, daß ihre Stämme analog schiefstehen- den oder einseitig beasteten Nadelhölzern auf der Unterseite mehr in die Dicke wachsen als auf der Bergseite. Dem ist aber nicht ganz so, indem wenigstens an der Stammbasis das Dickenwachstum bergwärts regelmäßig wesentlich größer ist als auf der Talseite.

Diese Beobachtung habe ich an sehr vielen Orten an Hunderten von Stöcken, an Hunderten von frischgeschlagenen Buchen-, Eichen-, Eschen- und Ahornstämmen und zwar an Bäumen jeden Alters gemacht.

Die junge 2-4 jährige Buchenpflanze zeigt auf dem über dem Boden geführten Querschnitt durch den Stengel diese Exzentrizität des Dicken- wachstums ebensogut wie der hiebsreife hundertjährige Baum. Aus- nahmen von dieser Regel kommen bei Stockausschlägen, Verletzungen durch Steinschlag etc. vor.

Dieselbe Exzentrizität des Dickenwachstums nimmt man an Alpen- erlen (Alnus viridis DC) an steilen Hängen regelmäßig wahr.

Nun aber ist das Dickenwachstum auf der Bergseite gewöhnlich noch weiter stammaufwärts gefördert. Nach den Aufnahmen unserer forstlichen Versuchsanstalt sind bei 73

°/o

der an steilen Hängen unter- suchten Buchen-Probestämme die Jahrringe in 1,3 m ü. B. auf der Berg- seite breiter als talwärts.

Ferner zeigen zahlreiche Stammanalystm, die ich im Bürgenberg- Wald der Korporation Stans, im Sihlwald und im Eschenberg der Stadt Winterthur vornahm und die in Tab. 4 zusammengestellt sind, sowie die an der forstlichen Versuchsanstalt aufbewahrten Stammscheiben der Esche No. 7 Bürgenberg und der Buche No. 1 Sihlwald, daß das größere Dickenwachstum auf der Bergseite bei der Mehrzahl der untersuchten Bäume bedeutend über die · Brusthöhe des Stammes hinaus geht und oft sogar bis zum Wipfel reicht. Indessen gibt es auch Stämme, die, abgesehen von der Basis, auf der Talseite mehr in die Dicke ge- wachsen sind, oder die in höhern Stammteilen einen Wechsel in der Wachstumsförderung von Berg- und Talseite aufweisen.

Wie ist nun die bergseitige Förderung des Dickenwachstums zu erklären?

Die Zugspannungen auf der Oberseite der Stämme können nicht die Ursache dieser Wachstumsförderung sein, sonst müßte sie sich auf der Oberseite aller schiefstehenden Stämme bis zum Wipfel verfolgen

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

über das spezifische Gewicht des Reisigs in frischgefälltem Zustande. Versuchsanstalt in Zürich. Das Reisig ist zwar in keiner Verwaltung Gegenstand der

1. Umgekehrt könnte dasselbe durch Abnahme der kleinsten Durchmesser um 6 - 8 0/o erniedrigt werden. Die Ergebnisse der beiden Aufnahmen könnten bis zu 18 0/o von

Fig. in der Gefällsrichtung.. Nach obigen Erörterungen und Darstellungen scheint nicht die Terrainneigung als solche, sondern vielmehr die an Hängen meist vorkommende

80-100-jährigen Beständen, Nr. Die Maximaldifferenz zeigt sich bei Bestand Nr. Es differiren daher die beiden senkrechten Durchmesser des Mittelstammes um 9 mm. Beide

untersuchten Be- Baumkrone Schafttheils Anz&amp;hl. Nach der mittleren Bestaudeshöhe. Nach dem Alter. Nach der mittleren Bestandeshöhe.. Ein deutlicher Unterschied in

Schon mtihrfach wurde an die Versuchsanstalt der Wunsch gerichtet, sie möchte ihre zahlreichen nach mm abgestuften Aufnahmen der Versuchs- fl.ächen dazu benutzen,

Ist der Derbholzgehalt eines 1 00jährigen Fichtenbestandes oder jährlichen Holzschlages zu 1000 Fm berechnet worden, ist ferner durch Untersuchungen festgestellt,

im Hügellande und in der Niederung fallen bei uns hauptsächlich die Buche und die Tanne, sowie Hagebuche und Linde in Betracht. Zur Bekämpfung des Rohhumus