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Archiv "Krankenhäuser: Im Regen stehen gelassen" (28.11.2008)

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A2556 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 48⏐⏐28. November 2008

P O L I T I K

Q

ualität hat ihren Preis!“, lau- tete das Generalthema des 31. Deutschen Krankenhaustages vom 19. bis 22. November in Düs- seldorf. „Die Krankenhäuser stellen sicher, dass alle Menschen in Deutschland einkommensunabhän- gig Zugang zu komplexen medizini- schen Leistungen auf internationa- len Spitzenniveau erhalten“, betonte Dr. Rudolf Kösters, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), zur Eröffnung. Dabei werde die Qualität der Versorgung wie in keinem anderen Land der Welt dar- gestellt. Kösters: „Mit der Neuaufla- ge des Qualitätsberichts erlangt die Ergebnisqualität eine völlig neue Bedeutung. Erstmals wurden Daten aus der externen Qualitätssicherung für jede Klinik offengelegt – wir nennen Ross und Reiter!“ Die Daten belegten, dass das Niveau der medi- zinischen Versorgung in den Kran- kenhäusern insgesamt sehr hoch sei.

Unterfinanzierung gefährdet die Qualität

Doch genau diese hohe Versor- gungsqualität sieht der DKG-Präsi- dent durch die „anhaltende gravie- rende Unterfinanzierung des sta- tionären Sektors“ gefährdet. Für dieses und das kommende Jahr fehl- ten den Krankenhäusern 6,7 Milliar- den Euro netto auf der Einnahmen- seite. Nach DKG-Berechnungen be- laufen sich die Kostensteigerungen für die Krankenhäuser infolge der Tarifabschlüsse und gestiegener Sachkosten (Energie, Lebensmittel, Arzneimittel) in den Jahren 2008 und 2009 auf acht Milliarden Euro.

Dem gegenüber steht den Angaben zufolge ein Vergütungszuwachs in Höhe von gerade einmal 1,3 Milliar- den Euro. Kösters: „In Zeiten einer weltweiten Finanzkrise und den astronomischen Summen, die für

die Rettung der Banken in Deutsch- land aufgebracht werden, scheinen 6,7 Miliarden Euro nicht viel Geld zu sein – aber für viele unserer Krankenhäuser geht es schlichtweg um die Existenz.“

Rund 65 Prozent der Krankenhäu- ser werden in diesem Jahr keine Überschüsse erzielen, ein Drittel schreibt sogar rote Zahlen. Dies geht aus dem aktuellen „Krankenhaus- Barometer 2008“ des Deutschen Krankenhausinstituts hervor (an der Umfrage hatten sich 347 Kranken- häuser beteiligt). „Gleichzeitig ist die Belastung der Mitarbeiter – andere sprechen von Produktivität – in unse- ren Häusern auf einen einsamen Spit- zenwert im Vergleich zu allen ande- ren Industrienationen gestiegen“, stellte Kösters fest. Denn aus Kos- tengründen haben die Krankenhäu- ser in den zurückliegenden zehn Jah- ren rund zehn Prozent ihres Perso- nals abgebaut. Mittlerweile versorgt ein Mitarbeiter durchschnittlich

20 Patienten. Zum Vergleich: In den USA kommt ein Mitarbeiter auf acht Patienten, in der Schweiz einer auf neun. „Die Krankenhäuser in Deutschland erweisen sich somit auch im internationalen Vergleich als sehr wirtschaftlich und äußerst pro- duktiv. Trotzdem fordert die Politik immer wieder von uns, weitere Wirt- schaftlichkeitspotenziale zu heben“, ärgerte sich der DKG-Präsident.

Einbindung der Kliniken in das Konjunkturprogramm

Heinz Kölking, Präsident des Ver- bands der Krankenhausdirektoren Deutschlands und Kongresspräsi- dent des 31. Deutschen Kranken- haustages, hält es für dringend ge- boten, „die Krankenhäuser mit dem aufgestauten Sanierungsbedarf in das Konjunkturprogramm der Bun- desregierung einzubinden“. Investi- tionen im Krankenhausbereich sei- en bestens dazu geeignet, positive Konjunkturimpulse auszulösen: sei es in der Zulieferindustrie oder im Baugewerbe. Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, wies diese Forde- rung zurück. Sein Argument: Beim jetzt aufgelegten Programm der Bundesregierung zur Ankurbelung der Konjunktur sei die Multiplika- torwirkung der eingesetzten öffent- lichen Mittel für privat getätigte Ausgaben deutlich höher als im Bereich der Krankenhäuser.

Das von der Bundesregierung mit dem Krankenhausfinanzierungsre- formgesetz (KHRG) angekündigte Hilfspaket für die Krankenhäuser in Höhe von drei Milliarden Euro ist für DKG-Präsident Kösters eine „Mo- gelpackung“. So enthalte das Paket Bestandteile, die den Kliniken oh- nehin gesetzlich zugestanden hätten.

Auch rechne die Politik das Geld für den bereits beschlossenen Wegfall

KRANKENHÄUSER

Im Regen stehen gelassen

Für die Banken hat die Bundesregierung einen Rettungsschirm gespannt, der bis zu 500 Milliarden Euro kosten könnte. Die Hilfe für die Krankenhäuser ist hingegen auf 3,5 Milliarden Euro begrenzt. Dies stehe in keinem Verhältnis, meinen die Klinikträger.

Rudolf Kösters:

„Die Belastung der Mitarbeiter – andere sprechen von Pro- duktivität – in unse- ren Häusern ist auf einen einsamen Spit- zenwert im Vergleich zu allen anderen In- dustrienationen ge- stiegen.“

Foto:DKG

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A2558 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 48⏐⏐28. November 2008

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des Sanierungsbeitrags der Kranken- häuser an die Krankenkassen in die Summe hinein. Die öffentlichkeits- wirksam beschlossene Schaffung von 21 000 Stellen in der Pflege sei darüber hinaus in Wirklichkeit ein weiteres „Zusatzbelastungspro- gramm“ für die Krankenhäuser. Kös- ters: „Denn die hier eingebaute Un- terfinanzierung in Höhe von 30 Pro- zent muss ja an anderer Stelle in den Kliniken wieder eingespart werden.“

Kösters bekräftigte die zentralen Forderungen der Krankenhäuser in Bezug auf das laufende Gesetzge- bungsverfahren für die Reform der Krankenhausfinanzierung:

cVor allem spricht sich die DKG für die volle Refinanzierung der Tarifsteigerungen beziehungsweise für die Vorgabe einer prozentualen Finanzierungsrate im Gesetz aus.

Das Problem: Im Gesetzentwurf sind der geplanten Vergütungser- höhung erst noch langwierige Ver- handlungen zwischen den Verbän-

den der Krankenhäuser und der Krankenkassen vorgeschaltet. Weil das Gesetz erst im Februar 2009 verabschiedet wird, dürften sich diese Verhandlungen bis in den Sommer 2009 hineinziehen, sodass die Krankenhäuser zusätzlich zu ihrer Kostenbelastung in Liquidi- tätsprobleme geraten könnten. Die DKG fordert deshalb eine prozen- tuale und damit verlässliche Rate für die Krankenhäuser, damit das Geld pünktlich mit Inkrafttreten des Gesetzes fließt.

cDes Weiteren plädiert die Kran- kenhausgesellschaft für die verbind- liche Einführung und vollständige Berücksichtigung des vorgesehenen Orientierungswerts für die Ent- wicklung der Krankenhausausga- ben – ohne Abhängigkeit von jährli- chen Rechtsverordnungen. Laut Ge- setzentwurf sollen Zeitpunkt und Höhe des Orientierungswerts per Rechtsverordnung durch das Bun- desgesundheitsministerium festge- legt werden. Befürchtet werden Ent- scheidungen „nach Kassenlage“.

cZusätzliche Pflegestellen könn- ten nur geschaffen werden, wenn diese zu 100 Prozent und nicht wie geplant nur zu 70 Prozent finanziert würden, betont die DKG.

Empörung über den Vorstoß der Krankenkassen

Mit Empörung und auch Sorge ver- folgen die Krankenhäuser die anhal- tende Diskussion über einen Vorstoß der Krankenkassen, wonach die Fi-

nanzhilfe für Krankenhäuser sogar noch geringer ausfallen soll, als bis- her von der Politik versprochen.

Hintergrund: Weil sich die Kran- kenkassen im „Schätzerkreis“ für den einheitlichen Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht durchsetzen konnten (sie plä- dierten für einen Beitragsatz von 15,8 statt der nun festgesetzten 15,5 Prozent), fordern sie nun eine Be- grenzung der Krankenhausausgaben.

So sollen Mehrleistungen der Klini- ken im Jahr 2009 bei der Vereinba-

rung der Landesbasisfallwerte nur zu 35 Prozent ausgabenwirksam sein.

Außerdem schlagen die Kassen eine Absenkung der Landesbasisfallwerte auf den Durchschnitt der vereinbar- ten Landesbasisfallwerte vor.

„Mit diesen Kürzungsmaßnah- men würden die Finanzierungshilfen des Gesetzes neutralisiert“, sagte Kösters. Der Vorschlag, zusätzliche Krankenhausleistungen nur noch mit 35 Prozent zu finanzieren, sei ent- schieden abzulehnen, weil dadurch das Morbiditätsrisiko wieder von den Krankenkassen auf die Krankenhäu- ser übergehen würde: „Der Vor- schlag ist eine längst tot geglaubte Forderung aus der Mottenkiste der Budgetierung und führt zu einem ste- tigen Preisverfall.“ Noch dreister sei der Plan, den letzten Schritt zur An- passung an die landesweiten Basis- fallwerte dafür zu nutzen, den Klini- ken eine Vergütungssumme von ins- gesamt 800 Millionen Euro zu ent- ziehen. Viele Krankenhäuser hätten in den Budgetverhandlungen nied- rigeren Basisfallwerten nur zuge- stimmt, weil sie davon ausgingen, dass am Ende der Konvergenzphase die vereinbarten Landesbasisfall- werte gelten.

Staatssekretär Schröder stellte klar, dass die Bundesregierung durchaus davon ausgehe, „dass im Bereich der Krankenhausversor- gung, auch unter Berücksichtigung von zusätzlichen Mengenentwick- lungen, Mehrausgaben von maximal 3,5 Milliarden Euro entstehen“. Die- se Begrenzung der Mehrausgaben müsse durch geeignete Maßnahmen im Laufe des weiteren Gesetzge- bungsverfahrens sichergestellt wer- den. Zum Vorschlag, die Landes- basisfallwerte auf den Durchschnitt der vereinbarten Landesbasisfall- werte abzusenken, nahm der Staats- sekretär keine Stellung.

Es spricht somit einiges dafür, dass der Vorschlag der Krankenkassen, die Ausgaben für etwaige Mehrleistun- gen der Krankenhäuser zu begrenzen, von der Politik im weiteren Gesetz- gebungsverfahren noch aufgegriffen wird. Das Beispiel zeigt, dass die Festsetzung des einheitlichen Bei- tragssatzes letztlich immer eine Form der Budgetierung ist. n Jens Flintrop Im Rahmen einer

„aktiven Mittags- pause“ demonstrier- ten am 18. November, wie hier am Kranken- haus Köln-Merheim, bundesweit mehrere Tausend Klinikärzte und Pflegekräfte für eine auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser. An- sonsten drohten Ak- kordpflege und Fließ- bandmedizin.

Foto:dpa

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