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Archiv "Das peptische Ulkus - eine Infektionskrankheit?" (26.06.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Das peptische Ulkus -

eine Infektionskrankheit?

Wolfgang Rösch

chon die Überschrift dieses Editorials ist eine „contradictio in adjectu": ent- weder liegt dem Geschwürsleiden ei- ne peptische oder eine infektiöse Ge- nese zugrunde. Daß beide Faktoren als gleichwertig einzustufen sind, erscheint auch bei einem multifaktoriellen Geschehen wenig wahrscheinlich. Aus zahlreichen klinischen Stu-

dien wissen wir, daß zum Beispiel bei einer Säu- reproduktion von unter 15 mmol HC1/h ein Ulcus duodeni nicht mehr beobachtet wird und daß das Schwarzsche Dictum: „ohne Säure kein Ulkus"

nach wie vor Gültigkeit hat, das heißt, daß der Säurefaktor absolut dominiert und daß der Be- griff des peptischen Ulkus sicher zu Recht be- steht.

Die Wiederentdeckung von Campylobacter pylori durch Warren und Marhall in den Jahren 1983/84 und die Beobachtung, daß dieser Keim bei Ulcus-duodeni-Patienten praktisch in 100 Prozent und beim Ulcus ventriculi in bis zu 95 Prozent gefunden wird, hat zu Spekulationen darüber Anlaß gegeben, ob es sich beim Ge- schwürsleiden um eine Infektionskrankheit han- deln könne. Zwar findet man beim peptischen Ulkus eine gewisse familiäre Häufung, doch dürfte diese eher genetischen Faktoren (Blut- gruppe 0, non-secretor Status, Hyperpepsino- genämie) als einem infektiösen Agens zuzu- schreiben sein. Selbstversuche und iatrogene Campylobacter-pylori-Infektionen machen es wahrscheinlich, daß es zunächst zu einem anhal- tenden Abfall der Säuresekretion kommt (epide- mische Achlorhydrie), bis sich die sekretorische Aktivität wieder erholt.

Hochrechnungen gehen davon aus, daß von acht Personen, bei denen sich Campylobacter py- lori nachweisen läßt, einer ein Ulkusleiden ent- wickeln wird. Da fünf bis zehn Prozent der Be- völkerung im Laufe ihres Lebens an einem Ge- schwürsleiden erkranken wird, erscheint somit ein Kausalzusammenhang nicht zwingend. Ope- rative Maßnahmen wie Magenteilresektion nach Billroth oder proximal selektive Vagotomie füh- ren in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle zu einer Heilung des Ulkusleidens, haben jedoch keinen Einfluß auf die Campylobacter-pylori-Be- siedlung des Magens, das heißt, C. pylori läßt

sich in gleicher Häufigkeit präoperativ beim flo- riden Ulkus und postoperativ viele Jahre nach Verschwinden der Ulkuskrankheit nachweisen.

Bei der medikamentösen Therapie des pep- tischen Ulkus dominiert ebenfalls das antiaggres- sive Prinzip. Zumindest für das Ulcus duodeni läßt sich zeigen, daß eine lineare Korrelation zwischen der Heilungsdauer und der Hemmung der nächtlichen Nüchternsekretion besteht, das heißt, unter der Gabe der stärksten Säurehem- mer, dem Protonenpumpenhemmer Omeprazol, heilen praktisch 100 Prozent der Ulcera duodeni innerhalb von zwei Wochen. Für die Extremva- riante des Ulcus duodeni, das Zollinger-Ellison- Syndrom (Gastrinom) kommen praktisch nur starke Säurehemmer in hohen Dosen in Frage;

therapeutische Alternativen, die etwa den Cam- pylobacter pylori berücksichtigten, sind nicht in Sicht Ähnliches gilt für die medikamentöse Re- zidivprophylaxe bei aggressivem Ulkusleiden oder bei Patienten, die das Risiko einer Ulkus- komplikation nicht eingehen können. Auch hier stellt eine H2-Blocker-Dauermedikation die ein- zige zuverlässige therapeutische Alternative zum operativen Vorgehen dar.

Bei der Therapie des peptischen Ulkus füh- ren viele Wege zum Ziel, haben wir es doch mit einem Leiden zu tun, das durch eine hohe Spon- tanheilungsrate gekennzeichnet ist. Neben am Säurefaktor angreifenden Substanzen wie Ant- azida, Muskarin-Rezeptor-Blockern und H 2-Re- zeptorantagonisten kommen hierbei auch Ga- stroprotektiva wie Sucralfat, orale Prostaglandi- ne oder Wismutpräparate zum Tragen, die zum Teil einen dualen Angriffspunkt (Prostaglandi- ne) oder eine antimikrobielle Aktivität (Wismut) aufweisen.

Ob bei den Wismutpräparationen die bakte- rizide Wirkung auf Campylobacter pylori oder andere Faktoren wie die Stimulation der Pro- staglandinsynthese im Vordergrund stehen, muß derzeit noch offengelassen werden, ebenso wie die Frage, ob die weltweit mit Wismutsubcitrat (De-Nol®, Telen®) gewonnenen Erfahrungen bei der Ulkustherapie ohne weiteres auf andere Wismutpräparate übertragen werden können.

Dabei verdienen zwei Beobachtungen Beach- tung: zum einen entsprechen die mit Wismutsub-

Dt. Ärztebl. 86, Heft 25/26, 26. Juni 1989 (41) A-1917

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citrat erzielten Heilungsraten durchaus den von H2-Blockern bekannten, zum anderen scheint ei- ne vierwöchige Akuttherapie zumindest für ein Jahr einen gewissen ulkusprotektiven Effekt hin- sichtlich allfälliger Rezidive (20 Prozent vs 80 Prozent) zu zeitigen. Dabei muß allerdings be- rücksichtigt werden, daß eine Keimelimination nur in 10 Prozent bis 30 Prozent gelingt und daß zwischen dem erneuten Auftreten von Campylo- bacter pylori (zumeist vier Wochen nach Thera- pieende) und dem Auftreten eines Rezidivulkus (nach sechs bis zwölf Monaten) kein Zusammen- hang besteht.

Eine antibiotische Behandlung des pepti- schen Ulkus mit Metronidazol wurde erstmals vor 20 bis 30 Jahren von chinesischen Autoren propagiert, lange bevor Campylobacter pylori ak- tuell wurde. An verschiedenen Stellen wird der- zeit im Rahmen klinischer Studien analysiert, ob eine Kombinationstherapie von Wismutpräpara- ten mit ein oder zwei Antibiotika nicht nur den Campylobacter pylori, sondern auch das Ge- schwürsleiden zum Verschwinden zu bringen vermag. Erste vorliegende Daten aus Australien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten deuten an, daß eine permanente Keimfreiheit ein Verschwinden der Ulkuskrankheit nach sich ziehen könnte und daß Ulkusrezidive praktisch nur bei den Patienten zur Beobachtung kommen, bei denen Campylobacter pylori wieder nach- weisbar wird.

Allerdings ist diese vierwöchige Kombina- tionstherapie mit erheblichen Nebenwirkungen

belastet, wie sie bei einer Langzeittherapie mit ein oder mehreren Antibiotika zu erwarten sind, so daß man den genannten Studien einen experi- mentellen Charakter nicht absprechen kann.

Das in dem Beitrag von Blessing und Mitar- beitern in diesem Heft vorgestellte Konzept der Schrittmacherfunktion des Campylobacter pylori für das Ulkusleiden stellt eine Diskussionsgrund- lage dar, in deren Mittelpunkt die säureinduzier- te gastrale Metaplasie der Bulbusschleimhaut steht, die sozusagen den Nährboden für eine Be- siedlung des Duodenums abgibt. Aber auch bei dieser Deutung dominiert eigentlich der Säure- faktor, der zum Beispiel beim Ulcus jejuni pepti- cum des magenteilresezierten Patienten noch mehr in den Vordergrund tritt.

Campylobacter pylori hat sicherlich die ga- stroenterologische Wissenschaft in den letzten Jahren beflügelt: das gesamte Konzept der aku- ten und chronischen Gastritis mußte neu über- dacht, Klassifikationen geändert werden, und al- te Therapieprinzipien haben eine gewisse Re- naissance erfahren. Die Bezeichnung peptisches Ulkus hingegen dürfte zu Recht weiterbestehen, denn eine infektiöse Genese des Geschwürslei- dens erscheint wenig wahrscheinlich.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Wolfgang Rösch

Medizinische Klinik am Krankenhaus Nordwest der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist Steinbacher Hohl 2-26

6000 Frankfurt/Main 90

Autonomes Schilddrüsenadenom

Operation und Radiojodthera- pie sind anerkannte Behandlungs- verfahren des funktionell autonomen Schilddrüsenadenoms. Nach einheit- lichen Beurteilungskriterien durch- geführte Untersuchungen (Anamne- se, klinischer Befund, Schilddrüsen- palpation, Szintigramm, Bestim- mung von Laborparametern) liegen zum Spätergebnis von Operation oder Radiojodtherapie nicht vor.

Daher wurden in eine Studie 128 Pa- tienten (84 Prozent Frauen, 16 Pro- zent Männer) untersucht, die im Mittel 10,6 Jahre zuvor wegen eines solitären autonomen Schilddrüsen- adenoms operiert oder radiojodbe- handelt worden waren.

Gemessen am szintigraphischen Befund hatte die Radiojodtherapie

in 93 Prozent zur funktionellen Inak- tivierung des autonomen Adenoms geführt. Weder nach Radiojodthera- pie noch nach Operation traten au- tonome Adenome neu auf; die mitt- leren T3- und T4-Serumkonzentra- tionen lagen im Normbereich, Unter- schiede zwischen den beiden Be- handlungsmethoden bestanden hier nicht.

Postoperativ traten nach mehre- ren Jahren sechs Hyperthyreoserezi- dive auf, nach Radiojodtherapie eins. Hypothyreosen wurden post- operativ nicht, nach Radiojodresek- tion in einem Fall beobachtet.

Strumarezidive entwickelten sich bei operierten Patienten in 13 Prozent, bei radiojodbehandelten in 5,5 Prozent.

FÜR SIE REFERIERT

Der Anteil der radiojodbehan- delten Patienten mit normalem TRH-Test stieg im Nachbeobach- tungszeitraum von 57 auf 90 Prozent.

Der Anteil operierter Patienten mit normalem TRH-Test fiel von 58 auf 31 Prozent. Hierfür wird eine — im paranodulären Gewebe der autono- men Adenome persistierende — funktionelle Autonomie verantwort- lich gemacht, die in 8,3 Prozent der Fälle zum Hyperthyreoserezidiv ge- führt hat. mle

H. W. Müller-Gärtner et al.: Langzeiter- gebnisse nach Operation oder Radiojodbe- handlung des solitären autonomen Ad- enoms der Schilddrüse, Chirurg (1989) 60:

33-38 Dr. H.-W. Müller-Gärtner, Abtei- lung für Nuklearmedizin, Radiologische Universitätsklinik, Martinistr. 52, D-2000 Hamburg 20

A-1918 (42) Dt. Ärztebl. 86, Heft 25/26, 26. Juni 1989

Referenzen

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