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Archiv "Campylobacter-pylori-Gastritis: Behandlungsbedürftig oder nicht?" (08.09.1988)

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(1)

KTUELLE MEDIZIN

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Campylobacter-pylori-Gastritis

Behandlungs- bedürftig

Gereon Borsch oder nicht?

D

ie kausale Rolle von Campylobacter pylori (CP) für die chronisch aktive Typ-B-Gastritis findet mittlerweile auch in den führenden internisti- schen und gastroenterologischen Fachzeitschriften Anerkennung (1, 2, 13, 19, 23, 31, 33, 34). Auf die ge- nerelle Problematik, bei vergleich- baren Kausalitätsproblemen mit kli- nischen und epidemiologischen Techniken zu einer zweifelsfreien Beweisführung zu gelangen, sei hier verwiesen (16). Dagegen haben die Auffassungen zur Beziehung von CP und Ulkuskrankheit teilweise noch spekulativen Charakter. Zum einen existieren CP-unabhängige Ulkus- formen im Magen (etwa 30 Prozent:

zum Beispiel assoziiert mit der Ein- nahme nichtsteroidaler Antirheuma- tika oder mit duodenogastralem Reflux) und möglicherweise eben- falls im Duodenum (etwa 5 Prozent:

3,6).

Zum anderen stellt CP auch in der Pathogenese der eigentlichen Gastritis- und CP-assoziierten Ul- kusformen allenfalls einen Teil- aspekt dar. Bei Verwendung von Begriffen der konditionalen Logik könnte CP bei diesen Ulkusformen formal die Rolle einer notwendigen Bedingung zugeschrieben werden (3, 4, 6). CP stünde damit auf einer Stufe mit dem anderen, nach diesem Modell für die Ulkuspathogenese notwendigen Bedingungspaar, näm- lich Säure und Pepsin. Beides, CP und Säure/Pepsin, wäre für das Auf- treten solcher bisher als idiopathisch erachteter, gastritisassoziierter Ul- zera zwar notwendig, für sich allein zur Ulkusentstehung allerdings noch nicht hinreichend. Eine große An- zahl von Menschen weist nämlich so- wohl eine CP-Kolonisation der ga-

Die pathogene Bedeutung von Campylobacter pylori (CP) bei chronischer Gastritis und gastri- tisassoziierten Formen der Ul- kuskrankheit findet in zuneh- mendem Maß Beachtung. Zahl- reiche offene Fragen hinsicht- lich der Pathomechanismen bleiben durch die Grundlagen- forschung allerdings noch zu.

klären. In der klinischen Diskus- sion stehen die therapeutischen Implikationen der CP-Besied- lung im Vordergrund. Grund- sätzlich eröffnet der bakterielle Faktor in der Gastritis- und Ul- kusgenese neue und vielver- sprechende Therapieansätze.

stralen oder gastroduodenalen Schleimhäute auf und verfügt gleich- zeitig auch über Säure, ohne daß es zu einer klinisch manifesten Ulkus- krankheit kommt.

Zur tatsächlichen Ulkusgenese sind somit zusätzliche, individuell variable, endogene oder exogene Risikofaktoren, sogenannte begün- stigende Bedingungen, zu postulie- ren. Im Vergleich damit stellen sich die kausalen Beziehungen von CP zur chronischen Gastritis nach den bisherigen Beobachtungen weniger komplex dar.

Eine Suszeptibilität des Wirts vorausgesetzt, reicht die CP-Koloni- sation aus, um eine chronische Ga- stritis zu induzieren. CP steht damit in direkter kausaler Verbindung zur chronischen Gastritis und kann in Medizinische Klinik (Direktor: Professor Dr. med. Dieter Ricken), Ruhr-Universität Bochum, St-Josef-Hospital

der Begriffswelt der konditionalen Logik als hinreichende Bedingung für die Entstehung der chronischen Gastritis gelten.

Auf diese Weise lassen sich die Verknüpfungen zwischen CP-Kolo- nisation, chronischer Gastritis und gastritisassoziierter Ulkuskrankheit formal präzise beschreiben, ohne auf Pathomechanismen einzugehen.

Dies kommt dem pragmatischen kli- nischen Ansatz entgegen, der einen Störfaktor (hier: CP) identifiziert und dann zu eliminieren trachtet, wenn dieser regelhaft zu einer Stö- rung der Integrität (hier: chronische Gastritis, fakultativ: Ulkuskrank- heit) führt und die Störung Krank- heitswert besitzt, unabhängig davon, ob die zugrundeliegenden Pathome- chanismen vollständig geklärt sind.

Die Indikationsstellung zur Thera- pie hängt vielmehr von einem ange- messenen Verhältnis zwischen klini- schem Nutzen der Therapie einer- seits und ihrem Aufwand, ihrer Effi- zienz sowie ihrem Risiko anderer- seits ab. Verfügbarkeit und Ergeb- nisse alternativer therapeutischer Verfahren gehen in die Entschei- dung zur Therapie mit ein.

Genau an diesem Punkt befin- det sich derzeit die Campylobacter- Forschung. CP ist als wesentliche Ursache der chronischen Gastritis etabliert, obwohl die Pathogenitäts- faktoren erst ansatzweise erkennbar sind. Es ist gesichert, daß eine CP- Eradikation zu einem Abklingen der Gastritis-Aktivität und im Lauf der Zeit auch zu einer wesentlichen Bes- serung der anderen Gastritis-Para-

II Eine Störung

mit Krankheitswert?

(2)

meter führt (14, 17, 24, 28). Auch sinkt nach CP-Eradikation die Ein- jahres-Rezidivrate bei Ulcera duo- deni von 75 bis 79 Prozent auf 10 bis 20 Prozent (9, 11, 21, 25, 30). Die tatsächlichen, weitgehend ungeklär- ten Pathomechanismen können da- bei als „schwarze Box" betrachtet werden, deren „Inhalt" durch die Grundlagenforschung aufzuklären bleibt, ohne daß diesen offenen Fra- gen aber sonderliche Relevanz für die grundsätzliche Therapieentschei- dung zukäme (Abbildung).

Die Therapieentscheidung hängt eher von drei Kernfragen ab, die nachfolgend der Reihe nach erörtert werden. Dies soll zu der Beurteilung führen, ob die klinische Bilanz aus Nutzen, Aufwand und Risiko in be- stimmten Situationen schon jetzt ei- ne generelle Empfehlung zu einer CP-orientierten Therapie rechtfer- tigt.

1. Was ist der Krankheitswert der CP-Kolonisation?

Untersuchungen zur Altersab- hängigkeit der CP-Kolonisation bei Menschen ohne gastrointestinale Symptome zeigen ein Ansteigen der Prävalenz von 24 Prozent in der Gruppe der 20- bis 39jährigen auf 36 Prozent bei 40- bis 59jährigen und 82 Prozent bei 60- bis 84jährigen (18).

Der Keim ist global verbreitet.

Überschlagsmäßig ist davon auszu- gehen, daß die Zahl der CP-Träger bei einer Größenordnung von einer Milliarde Menschen liegen dürfte.

Allein diese Überlegung legt nahe, daß die Morbidität der CP-Infektion bei genereller Betrachtung nur sehr gering sein kann. Der 60jährige mit CP-assoziierter Gastritis ist viel- leicht hinsichtlich seiner Magenver- hältnisse nicht „normal" , er ist aber ohne Zweifel „durchschnittlich" .

Die klinische Bedeutung der Campylobacter-pylori-Kolonisation und der assoziierten Gastritis könnte im Einzelfall dennoch darin beste- hen, daß sie ein Beschwerdebild im Sinne einer nicht ulzerösen Dyspep- sie (NUD) mit Oberbauchschmerz, Übelkeit, Völlegefühl, Aufstoßen und vorzeitiger Sättigung hervorruft oder eine Wegbereiterfunktion in

Richtung auf die Entstehung einer Ulkuskrankheit ausübt.

Die Lebenszeitprävalenz der chronischen Gastritis (bis 80 Pro- zent) und diejenige der Ulkuskrank- heit (etwa 10 Prozent) klaffen aber so weit auseinander, daß sich aus dem Nachweis einer chronischen CP-Gastritis keine ulkusverhütende

„Präventiv"-Indikation ableiten läßt, zumindest nicht, bis einfache, zugleich hoch effiziente und risikolo- se, anhaltend wirksame Therapie- verfahren zu Verfügung stehen. Be- ziehungen der chronischen Gastritis zum Magenkarzinom sind äußerst spekulativ und sollen hier nicht wei- ter besprochen werden.

Es bleibt somit die Frage zu er- örtern, wie häufig mit einer sympto- matischen CP-Kolonisation im Sinne einer CP-assoziierten nicht ulzerö- sen Dyspepsie zu rechnen ist. Hierzu existieren epidemiologische Unter- suchungen an zwei Blutspender-Kol- lektiven aus Australien (26) und Großbritannien (36), deren Ergeb- nisse in Form von Vierfeldertafeln dargestellt werden (Tabelle). Dem- nach ist die Angabe einer Dyspepsie mit 26 bis 36 Prozent bei Blutspen- dern insgesamt ein häufiges Ereig- nis. Unter den Spendern mit Dys- pepsie beträgt die Häufigkeit des CP-Nachweises 27,4 bis 42,2 Prozent (Sensitivität), unter den Spendern.

ohne Dyspepsie 14,5 bis 25,7 Pro- zent (100-Spezifität). CP-positive Spender klagen in 36,5 bis 51,8 Prozent über Dyspepsie (positiver prädiktiver Wert PVpos), CP-nega- tive in 21,4 bis 32,6 Prozent (100-PVneg). Das relative Risiko bei CP-positiven Blutspendern für Dyspepsie beträgt 1,6 bis 1,7 im Vergleich zu CP-negativen (RR i).

Spender mit Dyspepsie haben 1 ,6- bis 1 ,9mal so häufig einen positiven CP-Nachweis wie Spender ohne Dyspepsie (RR2 ; Tabelle).

Demnach scheint eine Assozia- tion zwischen CP-Kolonisation und dyspeptischen Beschwerden zu exi- stieren. Die Korrelation ist jedoch schwach. Ein großer Teil der CP-po- sitiven Spender hat keine dyspepti- schen Beschwerden (48,2 bis 63,5 Prozent; 100-PVpos), und 57,8 bis 72,6 Prozent der Dyspepsie-Formen haben nichts mit CP zu tun

(100-Sensitivität; Tabelle). Zudem wird in der Gruppe mit Dyspepsie und CP-Nachweis bei einem unbe- kannten Anteil diese Assoziation rein zufällig und nicht kausaler Art sein. Das mit einer CP-Kolonisation assoziierte Beschwerdebild ist ohne- hin unspezifisch und unterscheidet sich nicht von der Art und Intensität der Beschwerden in einer Gruppe dyspeptischer Patienten ohne CP- Nachweis (7).

Fazit: Insgesamt ist der Krank- heitswert der CP-Kolonisation bei grundsätzlicher und globaler Be- trachtung demnach als gering einzu- stufen. Auch ist die Assoziation von CP und Dypspepsie zu locker und die Entwicklung eines Ulkusleidens zu selten, um beim derzeitigen Kenntnisstand eine grundsätzliche Empfehlung zur Therapie bei positi- ven CP-Befunden begründen zu können. Für diese Schlußfolgerun- gen spielt die geringe Effizienz der risikoarmen und die nicht erwiesene Sicherheit der hoch wirksamen, bis- her verfügbaren Therapeutika eine wichtige Rolle. Das führt über zu Frage 2.

2. Wie hoch ist der therapeutische Aufwand, um eine Eradikation von Campylobacter pylori zu erreichen?

Prinzipiell ist die CP-Kolonisa- tion behandelbar. Hier spielen zu- nächst Wismutsalze eine Rolle, die im Gegensatz zu allen anderen Ul- kuspharmaka eine bakterizide Wir- kung auf CP ausüben. Hinsichtlich einer Eradikation (definiert als ne- gativer Keimnachweis vier Wochen nach Therapieende) sind Wismutsal- ze und alle bisher geprüften Antibio- tika als Monotherapie jedoch wenig effizient (zehn bis maximal 30 Pro- zent: 3, 4, 6).

Durch aufwendige Tripel-The- rapie-schemata ist eine Ausrottung dieser Bakterien allerdings in einer hohen Rate von 75 bis 94 Prozent er- reichbar (5,9). Ein solcher „puristi- scher" Therapieansatz wäre jedoch nur gerechtfertigt, wenn der Be- handlungserfolg nicht durch rasche exogene Reinfektionen in Frage ge-

(3)

3) nichtulzeröse Dyspepsie

Klinisch manifeste gastrointestinale Störung

C.pylori-assoziiert EC.pylori-unabhän gig

Abbildung: Pathogene Bedeutung von Campylobacter pylori. Die kausalen Beziehungen zur chronischen Gastritis sind direkt, die Ver- knüpfungen mit den möglichen Folgeerkrankungen (Gastritis-assoziierte duodenale und gastrale Ulkuskrankheit sowie nicht ulzeröse Dyspepsie: gestrichelt) dagegen komplex. Von allen drei klinischen Manifestationen existiert ein unterschiedlich hoher Prozentsatz Campylobacter-unabhängiger Formen (weiß). Zahlreiche Fragen bleiben derzeit noch offen, so zu 1: zum Beispiel Keimquellen, Trans- missionswege, Pathogenitätsfaktoren, individuelle Suszeptibilitäts- oder Resistenzfaktoren, Determinationsfaktoren für das Ausmaß der individuellen Immunantwort. Offene Fragen zu 2: zum Beispiel Prädispositionsfaktoren, richtunggebende Faktoren im Hinblick auf die drei Manifestationsformen, Lokalisationsfaktoren, zeitliche Manifestationsfaktoren.

stellt wird. Dies scheint zumindest mittelfristig nicht der Fall zu sein.

Untersuchungen in Amsterdam (28) haben eine Reinfektionsrate nach Eradikation von 12 Prozent pro Jahr (3/25) gezeigt, in Australien be- trug die Reinfektionsrate 6 Prozent in 18 Monaten (3/50: 9). Antibioti- sche Tripeltherapie-Schemata wei- sen jedoch ein nicht unbeträcht- liches Nebenwirkungsspektrum mit definitiver Morbidität auf. Nicht von der Hand zu weisen ist auch die Möglichkeit einer zwar extrem ge- ringen, aus den Überlegungen aber nicht gänzlich auszuklammernden Letalität (32).

Fazit: Den wichtigen und sti- mulierenden pathophysiologischen Aspekten der CP-Hypothese stehen derzeit nur begrenzte therapeutische Möglichkeiten gegenüber. Eine kur- mäßig durchgeführte Wismut- Therapie über vier Wochen ist risi- koarm (8), hinsichtlich einer CP- Eradikation aber wenig effektiv. Die sehr effektiven antibiotischen Kom- binationsschemata können bakterio- logisch als wirksam, für die Routine- anwendung bei Indikationen wie

Dyspepsie oder unkompliziertem Ulkusleiden aber bisher nicht als ge- nügend sicher angesehen werden und sind daher vorerst nur in wissen- schaftlichen Studien zu rechtferti- gen.

3. Welcher klinische Nutzen folgt aus einer CP-Eradikation?

Der klinische Nutzen der CP- Eradikation ist bisher mittelfristig bei der Ulkus-duodeni-Krankheit untersucht worden. Die Einjahres- Rezidivirate sinkt substanziell auf 10 bis 20 Prozent nach CP-Eradikation versus 75 bis 79 Prozent bei CP-Per- sistenz (9, 11, 21, 25, 30). Der wis- senschaftliche Stellenwert dieser Er- gebnisse ist groß. Sie können als er- ste Bestätigung der CP-Hypothese gelten, daß nämlich die Elimination der „notwendigen Bedingung" CP zu einer Remission der Ulkuskrank- heit führt, zumindest bei dem über- wiegenden Teil der Ulkuskranken, bei denen die Assoziation mit der CP-Kolonisation nicht bloß zufällig, sondern kausaler Art war. Es bleibt

allerdings festzuhalten, daß ähnliche Reduktionen der Ulkus-duodeni- Rezidivraten auch mit einer H 2-Re- zeptorantagonisten-Erhaltungsthe- rapie erzielt werden können, aller- dings um den Preis einer fortlaufen- den medikamentösen Intervention.

Der Einfluß der CP-Therapie auf die Heilungskinetik des Ulkusschubes ist derzeit noch nicht abschließend geklärt (19).

Der klinische Nutzen der CP- Therapie bei der nicht ulzerösen Dyspepsie wurde bisher in vier kon- trollierten Studien untersucht. In drei dieser Studien fanden die Pro- banden unter Wismuttherapie eine signifikante symptomatische Besse- rung (10, 20, 29), während die Un- terschiede in der vierten Studie mög- licherweise infolge einer kleinen Probandenzahl ohne signifikantes Ni- veau blieben (27). Diese Ergebnisse gewinnen besonderes Interesse, wenn sie vor dem Hintergrund der ge- ringen Effizienz anderer therapeuti- scher Maßnahmen bei diesem Be- schwerdebild betrachtet werden, von der Wirksamkeit prokinetischer Sub- stanzen einmal abgesehen (35). I>

(4)

Tabelle: Vierfeldertafeln zur Häufigkeit einer Dyspepsie bei zwei Blut- spenderkollektiven aus Australien (Marshall et al. 1985: 26) und Groß- britannien (Wyatt et al. 1988: 36) und Korrelation der Befunde mit der Seroprävalenz von Campylobacter pylori

Dyspepsie ja nein a) Marshall 1985

positiv 29 C. pylori

negativ 77

27 Sens. 27,4%

Spez. 85,5%

159 PVpos 51,8%

PVneg 67,4%

odds ratio 2,2 RRi 1,6 RR2 1,9

b) Wyatt 1988

positiv 27 C. pylori

negativ 37

47 Sens. 42,2%

Spez. 74,3%

136 PVpos 36,5%

PVneg 78,6%

odds ratio 2,1 RRi 1,7 RR2 1,6

Abkürzungen: Sens = Sensitivität; Spez = Spezifität; PVpos = positiver prädiktiver Wert;

PVneg = negativer prädiktiver Wert; RR, = relatives Risiko für Dyspepsie bei positiven Campylobacter-Befunden; RR 2 = relatives Risiko für positive Campylobacter-Befunde bei Dyspepsie

Der therapeutische Gewinn (Di- mension des Zuwachses an sympto- matischer Besserung über den Plaze- boeffekt hinaus) läßt sich jedoch aus keiner dieser bisher nur als Kurzfas- sung publizierten Studien ablesen, die zudem den Mangel kleiner Fall- zahlen aufweisen. Auch hat keine der Studien den Einfluß der Thera- pie auf den weiteren spontanen Ver- lauf der Dyspepsie-Symptome ge- prüft. Unter Berücksichtigung der geringen Effizienz der Wismutsalze auf die tatsächliche CP-Eradikation ist mit einer längerfristigen Beein- flussung des Spontanverlaufs ohne- hin nur bei einem sehr kleinen Pro- zentsatz zu rechnen. Auch sind an- dere, CP-unabhängige Wismuteffek- te in diesen Studien nicht gänzlich ausgeschlossen worden. Der klini- sche Effekt wirksamer antibiotischer CP-Eradikationsschemata auf die nicht ulzeröse Dyspepsie ist bisher nicht in kontrollierten Studien un- tersucht worden.

Fazit: Der klinische Nutzen ei- ner CP-Eradikation bei Ulcera duo- deni und wahrscheinlich auch bei CP-positiven Ulcera ventriculi ist hoch, da durch eine zeitlich begrenz- te medikamentöse Intervention zu- mindest mittelfristig eine Remission der Ulkuskrankheit bei 80 bis 90 Prozent erreichbar erscheint. Ein

klinischer Nutzen ist auch von der CP-orientierten Therapie der CP- positiven, nicht ulzerösen Dyspepsie zu erwarten. Der therapeutische Ge- winn bei dieser Indikation ist bisher jedoch nicht bekannt, er wird bei unselektivem Einsatz vermutlich eher gering ausfallen. Wünschens- wert wären prädiktive Parameter, die eine Charakterisierung von Un- tergruppen mit geringer spontaner Besserungstendenz, aber gutem An- sprechen auf eine CP-Eradikation erlauben würden.

4. Rechtfertigt also die klinische Bilanz aus Aufwand, Risiko und Nutzen in bestimmten Situationen schon jetzt eine generelle Empfeh- lung zur CP-Therapie?

Für die hier geforderten prakti- schen Therapie-Empfehlungen zählt nicht, was grundsätzlich machbar ist und was als mögliche Therapie-Indi- kation in Betracht kommt. Mögliche Therapie-Ansätze bei CP-assoziier- ten Erkrankungen sind andernorts bereits abgehandelt worden (6).

Hier soll vielmehr dargestellt wer- den, was heute schon hinsichtlich

Nutzen, Aufwand und Risiko als so weitgehend geklärt angesehen wer- den kann, daß generelle Therapie- Empfehlungen gerechtfertigt er- scheinen. In diesem Sinne kann die Schubtherapie des Ulcus duodeni (Assoziation mit CP bis zu 100 Pro- zent) und des CP-positiven Ulcus ventriculi (Assoziation mit CP etwa 70 Prozent) mit kolloidalem Wis- mut-Dicitrat (De-Nol® , in der Bun- desrepublik derzeit nicht im Handel) als eine der H 2-Blocker-Therapie hinsichtlich der Heilungsraten zu- mindest ebenbürtige, CP-orientierte Therapieform gelten.

Eine erste, zahlenmäßig kleine Studie spricht dafür, daß mit basi- schem Wismutsalizylat (Jatrox®) ähnliche Ergebnisse erzielbar sind (15). Die Schubtherapie des Ulcus duodeni mit kolloidalem Wismutdi- citrat senkt zudem die spontane Re- zidivrate im Jahr nach der Index- therapie im Mittel um 26 Prozent im Vergleich mit der H 2-Blocker- Therapie, ähnliche Verhältnisse gel- ten wahrscheinlich auch für das Ul- cus ventriculi. Allerdings gleicht sich der Prozentsatz rückfälliger Patien- ten mit zumindest einem Rezidiv nach zwei Jahren der Rückfallrate nach H2-Blocker-Therapie an (22).

Diese früher schon und unab- hängig von Campylobacter pylori gesicherten Erkenntnisse haben durch die Entdeckung der mikro- biellen Aspekte der Ulkuskrankheit lediglich eine Erklärung und weitere Bestätigung erfahren. In Überein- stimmung mit der begrenzten Effi- zienz der Wismutsalze im Hinblick auf eine Keim-Eradikation ist aber mittelfristig allenfalls bei einer sehr kleinen Untergruppe (maximal 30 Prozent) der Behandelten mit einer zumindest vorübergehenden Remis- sion der Ulkuskrankheit zu rechnen.

Dieser Prozentsatz liegt nach anti- biotischer Tripel-Therapie höher (9). Solche Therapieformen haben nach den bisherigen Ergebnissen ei- ne hohe Wirksamkeit, jedoch keine erwiesene Sicherheit und können derzeit daher außerhalb klinischer Studien nicht empfohlen werden (siehe 2). Letzteres gilt gleicherma- ßen für die Behandlung der CP-asso- ziierten, nicht ulzerösen Dyspepsie mit Antibiotika.

(5)

,T;

Die kurmäßige Behandlung der nicht ulzerösen Dyspepsie mit Wis- mutsalzen ist bei bestimmungsgemä- ßem Gebrauch sicher (8), nebenwir- kungsarm und wahrscheinlich auch wirksam (9, 20, 29), wobei die Di- mension des therapeutischen Ge- winns bisher allerdings noch unge- klärt ist (siehe 3). Bei unselektiver Applikation auf alle CP-positiven Dyspepsieformen dürfte der die Pla- zebowirksamkeit übersteigende Zu- wachs an symptomatischer Besse- rung eher gering ausfallen. Die Su- che nach Untergruppen im großen Formenkreis der nicht ulzerösen Dyspepsie (12) mit geringer sponta- ner Besserungstendenz und gutem Ansprechen auf eine CP-wirksame Therapie wäre eine wichtige zukünf- tige Zielsetzung (siehe 3).

Die bisher vorliegenden Daten zur CP-orientierten Therapie der nicht ulzerösen Dyspepsie sind da- her insgesamt noch spärlich und las- sen rational begründete generelle Therapieempfehlungen nicht zu.

Dies schließt keineswegs aus, daß in Ermangelung lohnender therapeuti- scher Alternativen mit der Ausnah- me der Prokinetika schon jetzt im Einzelfall bei Therapiewunsch oder Therapiebedürftigkeit eine CP- orientierte Therapieform pragma- tisch zum Einsatz kommt oder daß sich ein einzelner Therapeut unter Abwägung der offenen Fragen indi- viduell für eine solche Therapieform entscheidet. Als Therapie-Option ist dieses Vorgehen gerechtfertigt; von einer generellen Empfehlung zu ei- ner CP-orientierten Therapie bei CP-positiven Ulkus- oder NUD-Pa- tienten kann aber noch keine Rede sein. Erst recht stellt der Befund ei- ner asymptomatischen CP-Kolonisa- tion keine Veranlassung zu thera- peutischem Handeln dar.

ei Ausblick

Das Wissen um Campylobacter pylori ist eine der wesentlichen neu- en Erkenntnisse der letzten Jahre in der Gastroenterologie. Die Bedeu- tung dieser Erreger liegt derzeit aber vor allem im wissenschaftlichen Be- reich als keineswegs neuem, jedoch lange übersehenem, wichtigem

pathogenen Faktor für Gastritis und Ulkuskrankheit. Ihre kausale Rolle findet mosaiksteinartig rasch weitere Bestätigung und zunehmend auch allgemeine Beachtung.

Der bakterielle Faktor in der Genese der Gastritis und der Ulkus- krankheit eröffent neue therapeuti- sche Möglichkeiten, die sich von bis- herigen Ansätzen grundsätzlich un- terscheiden. Basierend auf den ver- fügbaren Pharmaka sind die Impli- kationen für die praktische Therapie im Hinblick auf generelle Therapie- Empfehlungen derzeit aber noch gering. Die einfachen und neben- wirkungsarmen Therapieverfahren (Wismutsalze) sind nur gering effek- tiv, die wirksamen antibiotischen Kombinations-Schemata dagegen kaum als sicher oder für die Routi- neanwendung als praktikabel anzu- sehen, zumal die Verfügbarkeit al- ternativer Medikamente zum Bei- spiel bei der Ulkustherapie in die Überlegungen mit einbezogen wer- den muß.

Es besteht in der Campylobac- ter-Therapie Bedarf an einfachen, nebenwirkungsarmen und zugleich wirksamen Therapeutika, die dann weitergehende Therapieempfehlun- gen und eine erhebliche Änderung bisheriger Behandlungspraktiken nach sich ziehen würden. Die Pri- märprophylaxe der CP-Kolonisation durch aktive Immunisierung könnte langfristig die Anforderungen an ein.

ideales — präventives — Therapieregi- me erfüllen. Ob sie effektiv und je realisierbar sein wird, bleibt eine der vielen derzeit offenen Fragen der Campylobacterforschung.

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das beim Verfasser anzufor- dernde Literaturverzeichnis im Son- derdruck.

Anschrift des Verfassers:

Privatdozent Dr. med.

Gereon Börsch Medizinische Klinik am St.-Josef-Hospital Gudrunstraße 56 4630 Bochum

(ab 1. 10. 1988: Medizinische Klinik des Elisabeth-Krankenhauses, Molt- kestraße 61, 4300 Essen)

HIV-Antikörper-Test:

Jeder macht es anders

Ein Fragebogen zur Vorgehens- weise bei der Anwendung des HIV- Antikörper-Tests wurde im Januar 1987 an 200 Krankenhäuser in den USA, die ein Lehrprogramm für In- fektionskrankheiten (ID = infectio- us diseases) durchführen (US-ID- Krankenhäuser), und an alle 171 Akut-Krankenhäuser in Minnesota versandt. Es kamen Informationen zurück von 189 der US-ID-Kranken- häuser (94,5 Prozent) und von 160 (94 Prozent) Krankenhäusern in Minnesota.

Nur 49 Prozent der US-ID- Krankenhäuser und 37 Prozent der Krankenhäuser in Minnesota gaben eine Vorgehensweise zur Anord- nung von HIV-Antikörper-Tests an;

47 Prozent der US-ID-Krankenhäu- ser und 39 Prozent der Krankenhäu- ser in Minnesota verfügten über ein.

spezifisches Weiterbildungspro- gramm für Ärzte über den HIV-An- tikörper-Test. 62 Prozent der US- ID-Krankenhäuser und 41 Prozent der Krankenhäuser in Minnesota be- folgten bei Autopsien von AIDS-Pa- tienten besondere Schutzmaßnah- men. Deutliche Unterschiede be- standen in der Behandlung der Test- Ergebnisse, dem Einholen der Pa- tientenzustimmung und der Weiter- gabe von Informationen zur Risiko- reduzierung zwischen den befragten Krankenhäusern.

Die Autoren meinen, daß diese Fakten auf den Bedarf eines Kon- senses zur optimalen Anwendung von HIV-Antikörper-Tests in den Krankenhäusern hinweisen. Lng

Henry, K. et al: Human Immunodefi- ciency Virus Antibody Testing, JAMA 259 (1988) 1819-1822.

Dr. Keith Henry, Section of Infectious Diseases, St. Paul-Ramsey Medical Cen- ter, St. Paul, MN 55101, U.S.A.

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