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Archiv "Ambulant vor stationär" (22.11.1990)

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Ambulant vor stationär

. . . Einschränkung der Arzneiausgaben

Eine weitere wichtige Aufgabe in meiner Prioritätenliste ist die Ein- schränkung der Arzneimittelausga- ben und, mehr noch, des Arzneimit- telverbrauchs. Ich verkenne nicht, wie segensreich für den Kranken ein richtig eingesetztes Arzneimittel sein kann. Deshalb liegt es mir fern, die Arzneimittelindustrie zu verteufeln.

Andererseits bin ich mir klar dar- über, daß auch der Verzicht auf Arz- neimittel, sei es bei Befindlichkeits- störungen, sei es bei Kranheitser- scheinungen in Folge ungesunder Lebensweise, gleichermaßen wichtig und für den Patienten vorteilhaft sein kann.

. . . und die Absicherung des Pflegerisikos

Die Sozialpolitik wird sich in der nächsten Wahlperiode auch mit der Frage der Absicherung des Pflegeri- sikos eingehend befassen müssen.

Dazu liegen auch bereits eine Reihe von Vorschlägen vor. Ich denke, bei dieser Aufgabe dürfen wir den Ge- sichtspunkt der Eigenverantwortung und der Eigenvorsorge auf keinen Fall vernachlässigen.

Ich erwähne das auch deshalb, weil Eigenverantwortung und soziale Vorsorge leicht in einen Widerstreit und Gegensatz geraten können und weil dieser Gegensatz in den manch- mal unterschiedlichen Bewertungen von Politik und Ärzteschaft zu Fra- gen der sozialen Sicherung immer wieder eine erhebliche Rolle spielt.

Deshalb denke ich, daß die Ärzte- schaft auch dieses Thema der sozia- len Absicherung des Pflegefallrisikos aufmerksam begleiten wird. Denn es wird möglicherweise mit einer wich- tigen Weichenstellung verbunden sein, wie künftig soziale Sicherung sich weiterentwickelt. Vorsorge schon heute ist erforderlich und nicht lediglich der Rückgriff auf ein Umlagefinanzierungsverfahren, das einen Teil der heute schon mögli- chen Vorsorge in eine fernere Zu- kunft verschiebt. 3

Dieter Thomae*)

Der Schlüssel zu einer Verbes- serung der Gesundheitsversorgung liegt in einer strengen Einhaltung des Prinzips, daß ambulant vor sta- tionär gehen muß. Das gilt sowohl für die Anbindung an die präventive, kurative und rehabilitative ambulan- te Versorgung als auch für einen nahtlosen Ubergang zu sozialen Ver- sorgungsformen und zu stationären Vorsorge- und Rehabilitationsein- richtungen.

Wir Liberalen wollen daher die Abstimmung zwischen den behan- delnden und einweisenden niederge- lassenen Ärzten und den Kranken- häusern verbessern. Außerdem soll- ten die Möglichkeiten der vorstatio- nären Diagnostik und der nachsta- tionären Krankenhausbehandlung optimal genutzt werden. Wir Freien Demokraten setzen uns auch für ei- ne gemeinsame Standortplanung für medizinisch-technische Einrichtun- gen und Geräte und für das koopera- tive Belegarztwesen ein.

Zwei zentrale Fragen werden uns neben der Organisationsreform der Krankenkassen im Bereich der Gesundheitspolitik in der nächsten Legislaturperiode beschäftigen: die anstehende Krankenhausreform und die Pflegeproblematik. Zu beiden Bereichen haben wir Liberale klare Konzepte, die wir in den anstehen- den Koalitionsverhandlungen nach der Wahl durchsetzen wollen.

Einer der schwerwiegendsten Mängel des geltenden Krankenhaus- rechts ist die Krankenhausplanung mit ihren Konsequenzen für die Ko- stenträger. Planungsentscheidungen auf Länderebene sind nicht flexibel genug, weil örtliche politische Inter- essen den notwendigen Bettenabbau unmöglich machen. Wir wollen da- her die Abkehr von der staatlichen Krankenhausplanung und den Über- gang zur vertraglichen Sicherung des

*) Der Verfasser ist Obmann der FDP-Frak- tion im Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung.

Krankenhausangebots. Das heißt je- doch nicht, daß wir eine einheitliche Front der Krankenkassen gegen die Krankenhäuser wollen. Vielmehr setzt die FDP auf den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen.

Gewiß wird die Abschaffung der Krankenhausplanung politisch nicht ad hoc durchsetzbar sein. Als Zwi- schenschritt sollten die Krankenkas- sen bei der Fortschreibung der Be- darfspläne als gleichberechtigte Partner einbezogen werden. Gegen den Hauptfinanzierungsträger dür- fen keine Planungsentscheidungen getroffen werden. Außerdem muß nach Ansicht der Liberalen der Kon- trahierungszwang für Plankranken- häuser und Kliniken fallen. Beide Forderungen werden wir als zentrale Punkte in die Koalitionsverhandlun- gen einbringen.

Für den Bereich der Pflege wol- len wir eine freiwillige private Versi- cherung. Eine Zwangsversicherung lehnen wir ab, selbst wenn sie privat organisiert wäre. Für sechs Prozent betroffene Versicherte eine solche Zwangsversicherung aufzubauen, ist unsinnig. Wir bauen auf die Eigen- verantwortung des einzelnen.

Eigenverantwortliches Denken muß aber gerade in diesem Bereich durch Anreize gefördert werden, weil die jüngeren Menschen sich erst daran gewöhnen müssen, selbständig für das Alter vorzusorgen. Als flan- kierende Maßnahmen haben wir da- her vorgeschlagen, die Vermögens- bildung zweckgebunden um weitere 312 DM auszubauen; einen zusätzli- chen Steuerabzugsbetrag für den Abschluß einer Pflegeversicherung bei den Sonderausgaben einzufüh- ren, der auch von den Kindern in Anspruch genommen werden kann, wenn sie eine Versicherung für ihre Eltern abschließen; schließlich eine Begrenzung des Rückgriffs der Sozi- alhilfe auf eigenes Vermögen des Pflegebedürftigen und auf seine Un- terhaltsverpflichteten ab einer Vor- sorge-Mindesthöhe.

A-3704 (20) Dt. Ärztebl. 87, Heft 47, 22. November 1990

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CDU: Freie Arztwahl

in den neuen Bundesländern

Für die fünf östlichen Bundes- länder setzt die FDP konsequent auf die medizinische Versorgung durch freiberufliche, niedergelassene Ärz- te. Polikliniken und Ambulatorien dürfen nicht auf kaltem Wege zu Dauereinrichtungen werden, indem man Niederlassungen finanziell un- möglich macht. Deshalb halten wir Liberale einen Zwangshonorarab- schlag von 55 Prozent aus ordnungs- und gesundheitspolitischen Gründen für unakzeptabel. Wir haben dies im- mer wieder deutlich gemacht. Kein Arzt kann auf diesem Niveau eine Praxis aufbauen. Es ist unmöglich, von diesem Honorar Investitionsko- sten zu tilgen, die Zinsen zu bezah- len, Löhne und Verbrauchsmateria- lien zu finanzieren, eine angemesse- ne Altersversorgung aufzubauen und noch den eigenen Lebensunterhalt zu sichern. So niedrig ist das Preis- und Lohnniveau in den fünf neuen Bundesländer doch nicht.

Die Menschen in Ostdeutsch- land haben ein Anrecht auf ein de- zentrales, auf freiberuflicher Basis aufgebautes Gesundheitssystem. Die Kernpunkte eines liberalen Gesund- heitswesens müssen auch den Men- schen dort zugute kommen. Dazu ge- hört für die Liberalen die freie Arzt- wahl, ein vertrauensvolles Arzt/Pa- tienten-Verhältnis, die Therapiefrei- heit des Arztes, die Regelung der ei- genen Angelegenheiten in Selbstver- waltung und die Vertragspartner- schaft mit den Krankenkassen.

Mir wird immer wieder berich- tet, daß örtliche Verwaltungen in den neuen Ländern Niederlassungen verhindern. Offensichtlich sind dort immer noch die alten Gesundheits- sozialisten am Werk. Damit muß so schnell wie möglich Schluß sein, und wir werden uns dafür nach der Bun- destagswahl mit aller Kraft einset- zen. Eine Zwei-Klassen-Medizin darf es in einem vereinten Deutsch- land nicht geben. Daher müssen die freiheitlichen Strukturen unseres westdeutschen Gesundheitssystems so schnell wie möglich auch in den fünf östlichen Bundesländern eta- bliert werden.

Dies sind einige der zentralen Forderungen der Freien Demokra- ten für die kommende Legislaturpe-

riode.

Drogenbekämpfung, Integration von Behinderten, Pflegenotstand — diese Schlagworte greift die CDU in dem insgesamt sehr allgemein gehal- tenen gesundheitspolitischen Teil ih- res Wahlprogramms auf. Und natür- lich auch die Sorge um das Gesund- heitswesen zwischen Elbe und Oder.

Nachdem die staatliche Einheit wie- derhergestellt sei, gelte es, gleiche Lebensverhältnisse in ganz Deutsch- land zu schaffen. Deutschland müsse ein „wirtschaftlich blühendes Land werden mit einem hohen Niveau so- zialer Sicherheit".

Besondere Aufmerksamkeit gilt der Pflege alter Menschen

Das Gesundheitswesen in den neuen Bundesländern müsse saniert und neu organisiert werden. „Dazu gehören insbesondere die freie Arzt- wahl, die Niederlassungsfreiheit und moderne und leistungsfähige Kran- kenhäuser." Laut Einigungsvertrag bliebe die Fortführung von Einrich- tungen zur ambulanten Versorgung bis Ende 1995 möglich. Angesichts der Tatsache, daß zur Zeit noch rund 20 000 Ärzte in Ambulatorien und Poliklinken arbeiten, ist sich die CDU wohl darüber im klaren, daß die Angleichung des sozialistischen Gesundheitswesens an das westdeut- sche Krankenversicherungssystem Zeit braucht.

Ein Problem im gesamten Bun- desgebiet ist der Umgang mit Behin- derten. Die CDU fordert in ihrem Wahlprogramm dazu auf, Behinder- te nicht auszugliedern, denn „ihr Le- bensmut kann Vorbild sein". Des- halb wollten die Christdemokraten dafür eintreten, Kranken und Behin- derten die bestmögliche Förderung zukommen zu lassen. „Darüber hin- aus brauchen wir mehr menschliches Miteinander, Partnerschaft und Zu- sammenleben im Alltag."

Um den Suchtabhängigen hel- fen zu können, müßten Prävention,

Beratung und Selbsthilfe verstärkt sowie Therapieplätze bedarfsge- recht ausgebaut werden. Vor allem müsse noch intensiver als bisher über Suchtgefahren aufgeklärt wer- den. Die CDU drängt in ihrem Pro- gramm auf die weitere Umsetzung des „Nationalen Rauschgiftbekäm- pfungsplanes", den sie selbst initi- iert habe.

Besondere Aufmerksamkeit müsse der Pflege alter Menschen ge- widmet werden. „Die häusliche Pfle- ge hat dabei Vorrang vor der Unter- bringung in Heimen." Ambulante Dienste sollten die häusliche Pflege unterstützen, damit pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich in ih- rer vertrauten Umgebung bleiben können. Freie Träger, ehrenamtliche Helfer und Selbsthilfeorganisationen von Senioren leisteten bereits unent- behrliche Dienste. Möglichkeiten zur Altersrehabilitation müßten ge- fördert und ausgebaut werden.

„Menschenwürdige Pflege und Be- treuung erfordern qualifiziertes Pfle- gepersonal. Wer alte und kranke Menschen pflegt, leistet einen für die Gesellschaft wichtigen Dienst, der Anerkennung verdient." Des- halb wolle sich die CDU für die Auf- wertung, für eine qualifizierte Aus- bildung, bessere Arbeitsbedingun- gen und Aufstiegschancen sowie die materielle Besserstellung der Pflege- berufe einsetzen. Für die Berufsaus- bildung zum Altenpfleger solle eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

Für dringend erforderlich sieht die CDU es an, das Pflegefallrisiko abzusichern. Dafür werde eine ge- setzliche Regelung geschaffen, kün- digt sie an. Wie diese Regelung aus- zusehen hat, bleibt im Wahlpro- gramm jedoch offen (Einführung ei- ner Pflichtpflegeversicherung nach der Vorstellung des Bundesarbeits- ministers Dr. Norbert Blüm?). Fest- gelegt wird nur, daß „Zeiten der Pflegeleistung in der Rentenversi- cherung stärker berücksichtigt wer- den" sollten. Kli Dt. Ärztebl. 87, Heft 47, 22. November 1990 (21) A-3705

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