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Archiv "Parallelen: Ärztliche Versorgung Bayerns seit 20 Jahren kaum verändert" (06.06.1974)

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

BRIEFE AN DIE REDAKTION

rüstung mit Funk und viele andere Dinge mehr, will ich gar nicht ein- gehen. Jedenfalls sind die vom Bund jetzt zur Vernichtung keimen- den Lebens den Versicherungen angebotenen 55 Millionen weit mehr als die Hälfte des Betrages, der insgesamt für den Rettungs- dienst zur Verfügung steht. Würde man von seiten der Bundesregie- rung diesen Betrag dem Rettungs- dienst jährlich auch zukommen las- sen, so hätten wir mit Sicherheit viel weniger Tote im Straßenver- kehr und in anderen Notfallberei- chen!

f) Es ist völlig ungewiß, ob diese 55 Millionen tatsächlich ausreichen werden, die Gesamtkosten · der Schwangerschaftsabbrüche, ein- schließlich des auch hier zu zah- lenden Krankengeldes usw., dek- ken werden. Da aber die Kassen ja nun gesetzlich zur Zahlung ver- pflichtet sein sollen, werden sie möglicherweise in anderen Lei- stungssparten reduzieren müssen.

Also Leistungen vermindern, die der Erhaltung der Gesundheit die- nen. Nach wie vor müssen Ärzte mit finanziellen Einbußen ihrer Lei- stungen rechnen, wenn diese nach den Prüfrichtlinien "das Maß des Notwendigen überschreiten und unwirtschaftlich sind". Es handelt sich hierbei um Laboruntersuchun- gen und andere ärztliche Leistun- gen, die vom Patienten her gese- hen keinesfalls "unwirtschaftlich"

sind, denn sie sollen ja dazu die- nen, eventuell versteckte Leiden aufzudecken oder eine intensive Überwachung seiner Gesundheit zu garantieren. Sie sind aber nach den Richtzahlen zu hoch und wer- den dem Arzt gekürzt. Daß immer wiederkehrende Kürzungen dazu führen, daß der Arzt dann irgend- wann aus rein wirtschaftlichen Gründen eben weniger machen muß (denn auch die ihm nicht be- zahlten Leistungen kosten ihn ja schließlich sein Geld, und die Un- kosten für Untersuchungen sind gar nicht so gering), liegt doch auf der Hand.

~ Ich weiß nicht, wie man in den Prüfungsausschüssen in Zukunft

noch die "Notwendigkeit und Wirt- schaftlichkeit" einer ärztlichen Ver- sorgung überprüfen kann. Denn es ist doch einfach schizophren, medizinisch nicht notwendige Schwangerschaftsunterbrechungen (die ärztlich aus schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen erfor- derlichen waren auch bisher eine Kassenleistung, fielen von der Zahl her aber überhaupt nicht ins Ge- wicht) in Bausch und Bogen aner- kennen zu müssen, aber andere, vielleicht etwas aufwendige, aber letztendlich doch der Gesundheit dienende Leistungen nicht zu be- zahlen.

Soll das Sterben wirklich preiswer- ter werden als das Leben?

Dr. med. P. J. Birkenbach Arzt für Allgemeinmedizin 661 Lebach/Saar

Am Wackenhübel 22

PARALLELEN

Zu dem Beitrag von Erich Ulbrich:

"Das Ist und Soll der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns" in Heft 14/1974, Seite 1019 ff. schreibt ein Leser unter Hinweis auf seinen Artikel "Die kassen- ärztliche Versorgung im Regierungsbe- zirk Schwaben" (Münchener Med. Wo- chenschr. Nr. 5/1955);

Ärztliche Versorgung Bayerns seit 20 Jahren kaum verändert

Damals - es dürfte sich um die er- ste Aktion in dieser Form gehan- delt haben - gingen die Assisten- ten der Wiener Kliniken und Kran- kenhäuser in langem weißen Strom über den Ring zum Parlament, zur Ärztekammer und schließlich zur Protestversammlung in die Patho- logie. Um wissenschaftlich arbeiten zu können, mußten sie ihren Unter- halt als Barmusiker, Kellner, Last- wagenfahrer und in anderen Beru- fen verdienen. Jetzt aber verlang- ten sie von der Stadt Wien ein, wenn auch nur geringes Entgelt für ihre ärztliche Tätigkeit. Aber Jo- hann Resch, amtierender Stadtrat für das Finanzwesen der Stadt Wien, sagte: "Die Meinung der Gastärzte, daß ihre Tätigkeit für

1718 Heft 23 vom 6.Juni 1974

DEUTSCHES ARZTEBLATT

den Spitalsbetrieb nötig sei, ist ir-

rig." Trotzdem wolle er sich dafür

einsetzen, daß wenigstens 150 der Gastärzte, wie man sie nannte, ein Stipendium von 300 Schilling = 43,- DM pro Monat erhalten soll- ten.

ln der Bundesrepublik Deutschland war es nicht besser: zwar gingen die Ärzte dort noch nicht auf die Straße, aber die Zahl derer, die ohne Entgelt arbeiten mußten, war mindestens ebenso groß. So er- klärte der Chef einer Münchner Kli- nik einem Bewerber: "Ich habe etwa 25 unbezahlte Assistenten an meiner Klinik. Sie können sich den- ken, wie dünn die Suppe ist." Da- bei war von Bezahlung sowieso nicht die Rede, das verstand sich am Rande. Ärzte, die ohne Zulas- sung zu den Kassen eine Praxis er- öffneten, gab es in großer Zahl: sie blieben in den Städten, weil sich dort noch am ehesten eine gewisse Aussicht auf eine Privatpraxis er- gab, nannten sich "niedergelasse- ne Ärzte" und bildeten einen Ver- ein. Dazu kam, daß niederlas- sungswillige Ärzte bei den Bürger- meistern von Landgemeinden mit einer Bitte, ihr Bestreben um Zu- lassung zu den Kassen zu unter- stützen, oft wenig Wohlwollen fan- den. Wenn sich diese Einstellung der Gemeinden auch im Laufe der Jahre geändert hat, so war doch die Gelegenheit, Ärzte aufs Land zu bekommen, vertan.

Ein Vergleich der nach Stadt- und Landbezirken aufgeschlüsselten Zahlen [nämlich der Relation Ärz- te/Einwohner absolut und pro qkm;

die Red.] dürM zeigen, daß sich zum mindesten im Regierungsbe- zirk Schwaben die ärztliche Be- treuung vielleicht nur in den Städ- ten prozentual ansteigend geändert hat. ln der wiedergegebenen Arbeit Ulbrichs findet sich zum Beispiel keine klare Angabe über die Ver- hältnisse in München, das wohl in der angegebenen Zunahme von 66,79 Prozent für Oberbayern ent- halten ist. ln diesem Gebiet sind na- türlich auch die meisten attraktiven Kurorte. Die Redaktion der Münchner Medizinischen Wochen-

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

BRIEFE AN DIE REDAKTION

schrift machte es vor 20 Jahren möglich, daß die von ihr abge- druckte Arbeit „Die kassenärztli- che Versorgung im Regierungsbe- zirk Schwaben" einer sehr großen Anzahl von Behörden und Perso- nen, bei denen man ein gewisses Interesse hätte vermuten können

— auch Abgeordneten und Mini- sterien — zugänglich gemacht werden konnte. Die Resonanz ging über ein gewisses Bedauern nicht hinaus. Es ist also ausgesprochen schwierig zu denken, daß die Ärz- te, deren Arbeitswillen man vor 20 Jahren nicht verstehen wollte, heu- te auf den Pfiff reagieren würden.

Dr. med. Karl-Franz Veit 4 Düsseldorf

Frankenstraße 5

PROBLEMBEWUSST

Ein haariges Problem spricht unsere Leser an:

Hygiene mangelhaft

In Heft 7/1974 des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES zeigen Sie als Ti- telbild den Hausbesuch mit Stu- denten als Vorbild für die Ausbil- dung zur Allgemeinmedizin. Ein sehr positives Anliegen! Aber: ent- spricht es den heutigen hygieni- schen Fortschritten der Medizin und der Ärzteschaft, wenn im Kran- kenzimmer ein langmähniger Stu- dent mit herumhängenden Haaren gezeigt wird? In jedem sauberen Gasthaus muß jedes Küchenmäd- chen oder Kochlehrling die Haare zusammengerafft tragen, damit der Gast kein Haar in der Suppe „fin- det", und wieviel mehr dürfte der- artige einfachste Hygiene als Vor- aussetzung im ärztlichen Beruf selbstverständlich sein! Ich gestat- te mir, Sie auf diesen obigen Ein- druck aufmerksam zu machen. Ich war 50 Jahre selbständiger Medi- cus, davon ein Drittel Land- und Kleinstadtarzt, später operierender Facharzt, daher meine Beurteilung.

Dr. med. Butting 85 Nürnberg Bülowstraße 45

ERGÄNZUNG

Zu dem Beitrag von Prof. Dr. Hans Schadewaldt: „Spezialisten zwischen Mensch und Wissenschaft" in Heft 6/

1974

Lobte Erasmus von Rotterdam die Ärzte?

In dem Beitrag wird ausgeführt daß Erasmus von Rotterdam die Ärzte in seiner „Declamatio in lau- dem artis medicinae" 1510 den Arzt als Hüter der Gesundheit und als Retter der Kranken gefeiert habe. „Solchen Eulogien standen etwa die Invektiven eines Petrarca gegenüber." Nun, Erasmus hat als eloquenter Humanist im Stile sei- ner Zeit — so kennen wir zum Bei- spiel von dem als Arztsohn 1433 in Florenz geborenen Neuplatoniker Marsilius Ficinus eine „Oratio de laubidus medicinae", und Erasmus' Zeitgenosse Melanchthon hat etwa 19 ähnliche Reden gehalten — die medizinische Kunst gepriesen, aber — wie wir aus seinen Briefen wissen — die Ärzte ebensowenig gemocht wie Petrarca!

In meiner Doktorarbeit „Die Rede Philipp Melanchthons gegen das Kurpfuschertum seiner Zeit" (Hip- pokrates 33/34/1940) schrieb ich:

„Erasmus hat gefürchtet, die Ärzte könnten ihn mit ihren Arznei- en vergiften, und er rät auch einem kranken Freunde, nur ja keine Me- dizinen zu nehmen. Er selbst zöge Ärzte, die er Henker und Harpyien nennt, nur zu Rate, wenn er sei- nes Lebens überdrüssig sei, und manchmal hätte die Natur gehol- fen, wenn nicht ein Arzt dazwi- schen gekommen wäre. Es seien genug Todesfälle wegen der Dummheit der Ärzte eingetreten.

Die Ärzte hätten das Studium ihrer Kunst erschwert, um größeren Ge- winn daraus zu ziehen. Hat aber einmal ein Arzt geholfen, so war es nicht der Arzt, der die Hilfe brach- te, sondern des kranken Erasmus Gebet zur HI. Genoveva und zu Paulus!" (vgl. Ludwig Enthoven,

„Lob der Heilkunst" ein Vortrag des Desiderius Erasmus von Rot- terdamm, Straßburg 1907).

Erasmus war zeitlebens ein ängst- lich um seine Gesundheit besorg- ter Hypochonder. In akademischen Huldigungen pries er die Heilkunst, aber die Ärzte mochte er nicht.

Charakteristisch für Melanchthons Einstellung zu den Ärzten ist eine ganz andere, er weist in seiner Rede „De dignitate artis medicae"

mit Nachdruck auf die Bibelstelle (Sirach, Kap. 38) hin: „Ehre den Arzt mit gebührlicher Verehrung, daß du ihn habest zur Not; denn der Herr hat ihn geschaffen, und die Arznei kommt von dem Höch- sten, und Könige ehren ihn."

1536 hat Luther im Verlauf eines Gesprächs mit Kreide auf eine Tischplatte geschrieben: „Res et verba Philippus, verba sine re Erasmus, res sine verbis Lutherus, nec rem nec verba Carolostadius."

Der mit den Realitäten und den Worten vertraute Philippus ist Me- lanchthon, der Schönredner ohne Realitäten Erasmus, und der genia- le Sprachschöpfer Luther urteilt über sich selbst bescheiden, daß er zwar mit den Realitäten nicht mit den Worten und der religiöse Schwärmer Karlstadt weder mit den einen noch mit den anderen gewirkt habe.

Dr. Hellmut Kramm Medizinaldirektor der

Landesversicherungsanstalt Obb.

8 München 2, Maistraße 43-47

ZITAT

Wir müssen uns von den Ein- flüssen des Computers so weit befreien, wie es uns als Menschen gegen eine von uns geschaffene Maschine möglich ist. Es gibt neben dem heute vielfach propa- gierten Umweltschutz auch einen Schutz der geistigen Umwelt. Der Computer ist unser Sklave und nicht um- gekehrt. (Prof. Dr. H. Florian, T. H. Graz, in der Österreichi- schen Ärztezeitung)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 23 vom 6. Juni 1974 1719

Referenzen

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