Zur Fortbildung Aktuelle Medizin FÜR SIE GELESEN
Protektive Wirkung von Cephalotin auf die Gentamycin-induzierte Nephrotoxizität am Versuchstier
Cephalotin und Gentamycin wer- den häufig gemeinsam verabreicht.
In letzter Zeit wurden verschiedent- lich Fälle von Nierenschädigung nach dieser Kombinationstherapie beschrieben. Dies führte zu der Vermutung, daß die Nephrotoxizität bei gleichzeitiger Gabe von Cepha- lotin und Gentamycin höher ist als bei alleiniger Gabe eines der bei- den Pharmaka. Cephalotin selbst verursacht nur selten eine Nieren- schädigung. Die Nephrotoxizität von Gentamycin ist dosisabhängig:
sie soll bei 2 bis 5 Prozent der Pa- tienten mit Gentamycin-Therapie auftreten.
Die tatsächliche Gefahr einer Nie- renschädigung durch Cephalotin, Gentamycin oder die Kombination der beiden ist schwer zu ermitteln, da bei Patienten oft eine Vielzahl von Variablen vorliegt: zum Bei- spiel unterschiedliche Grundkrank- heiten und zusätzliche Therapie mit anderen Pharmaka.
Klinische Mitteilungen über die Verstärkung der nephrotoxischen (tubulotoxischen) Wirkung des Gentamycins durch gleichzeitige Verabreichung von Cephalotin las- sen sich nierenphysiologisch we- gen der differenten renalen Aus- scheidungsmechanismen der bei- den Antibiotika nicht erklären: das klinisch relativ hoch dosierte Ce- phalotin wird aktiv tubulär sezer- niert und das niedrig dosierte Gen- tamycin wird überwiegend glome- rulär filtriert.
Da, wie erwähnt, einheitliche Ver- suchsbedingungen klinisch kaum zu erzielen sind, untersuchten Del- linger und Mitarbeiter die Nephro- toxizität von Cephalotin und Genta- mycin allein und in Kombination am Tiermodell (Ratte).
Die Tiere wurden am zehnten Tag nach täglichen Injektionen von ent- weder Cephalotin oder Gentamycin
oder gleichzeitiger Applikation von verschiedenen Kombinationen die- ser beiden Antibiotika in den Do- sisbereichen von 200 bis 800 mg Cephalotin pro kg/Tag und 6 bis 50 mg Gentamycin pro kg/Tag getötet.
Die Nieren wurden histologisch un- tersucht. Es ergab sich eindeutig eine dosisabhängige Schädigung der proximalen Tubuluszellen durch Gentamycin. Wurde gleich- zeitig Cephalotin verabreicht, war die Schädigung der proximalen Tu- buluszellen statistisch signifikant geringer (p < 0,01). Während die Serumspiegel von Gentamycin durch die gleichzeitige Cephalotin- Gabe nur gering beeinflußt wurden, ergab sich eine signifikante Ver- minderung der bekannten Genta- mycin-Akkumulation in der Nieren- rinde der Versuchstiere, wenn gleichzeitig Cephalotin verabreicht wurde.
Wurden die beiden Antibiotika in einem Abstand von mehr als sechs Stunden täglich verabreicht, so blieb die Hemmung des nephroto- xischen Effektes des Gentamycins durch das Cephalotin aus. Mögli- cherweise besitzt die Präsenz des Cephalotins (Anion) im proximalen Nephronbereich eine protektive Wirkung für die proximalen Tubu- luszellen gegenüber dem Gentamy- cin. Diese Hypothese konnte durch die Gabe von Natriumsulfat anstel- le von Cephalotin geprüft werden.
Natriumsulfat wurde in einer Men- ge verabreicht, in der das Anion äquiosmolar zu Cephalotin vorlag.
Die Gabe von Sulfat schützte ge- gen die Gentamycin-Nephrotoxizi- tät in dem gleichen Ausmaß, wie dies bei Cephalotin beobachtet wurde.
Die Ratte gilt als geeignetes Ver- suchstier für das Studium der mög- lichen Nephrotoxizität verschiede- ner Pharmaka, einschließlich der Cephalosporine und der Aminogly- koside. Zahlreiche Kombinationen
mit anderen Pharmaka wurden von verschiedenen Autoren untersucht.
Von einer anderen Arbeitsgruppe, die die gleichzeitige Gabe von Gentamycin und Cephalosporinen an der Ratte testete, wurde festge- stellt, daß der Nierenschaden in den einzelnen Gruppen nie schwe- rer ausfiel als bei der alleinigen Gabe von Gentamycin. Ein Schutz- effekt der Cephalosporine wurde von dieser Arbeitsgruppe jedoch nicht erwähnt.
Ob die an der Ratte beobachtete Schutzwirkung von Cephalotin auf die Gentamycin-induzierte Nephro- toxizität auch für den Menschen angenommen werden kann, bleibt offen. Es handelte sich um gesun- de Versuchstiere, während die Substanzen nur bei Patienten, oft mit Nierenerkrankungen, einge- setzt werden. In jedem Fall ist eine Potenzierung des nephrotoxischen Gentamycin-Effektes durch Cepha- lotin nach diesen Untersuchungen nicht anzunehmen. H. Schmidt-Gayk
Dellinger, P., Murphy, T., Pinn, V., Barza, M. und Weinstein, L.: Originaltitel: Protecti- ve Effect of Cephalotin Against Gentami- cin-induced Nephrotoxicity in Rats. Antimi- crobial Agents and Chemotherapy, Vol. 9 (1976) 172-178. Departments of Medicine and Pathology, Tufts-New England Medical Center, Boston, Massachusetts, USA
Berichtigung
Ammoniakspiegel:
Senkung durch Laktulose
Im Referat „Ammoniakspiegel:
Senkung durch Laktulose", veröf- fentlicht in Heft 27/1976, Seite 1813, muß es in erweiterter Form richtig heißen: ... Laktulose liegt jetzt in Pulverform rein kristalliert vor und läßt sich wie Zucker in Geträn- ken etc. gut auflösen. Nach den Beobachtungen von Privatdozent Dr. H. Lindner (DRK-Krankenhaus Hamburg) ist diese Darreichungs- form ganz besonders verträglich.
Wenn Laktulose toleriert wird, hat man ein wirksames, leberfreund- liches Präparat zur Hand, das auch bei chronisch-aggressiver He- patitis indiziert ist. WP
2564 Heft 41 vom 7. Oktober 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT