Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 47|
25. November 2011 A 2515RANDNOTIZ
Birgit Hibbeler
Chirurgie ist was für harte Kerle. Ein guter Chirurg operiert, bis er kaum noch stehen kann, kommt praktisch ohne Schlaf aus und verbringt den Hauptteil seines Lebens in der Klinik.
Wenn seine Kinder sprechen lernen, ist oft ihr erster Satz: „Mama, wer ist der Mann da?“ Chirurgen retten Le- ben, während sie ihre eigene Ge- sundheit ruinieren und im Privatle- ben zurückstecken. Sie achten nicht auf sich – wie es sich für Helden ge-
hört. Das ist auch der Grund, warum sie Chirurgen geworden sind und keine Finanzbeamten, die spätestens um 17 Uhr den Stift fallen lassen.
Eine Beschreibung aus früheren Tagen? Ein völlig übertriebenes Bild?
Vielleicht. „Work-life-Balance“ ist ein Modewort. Wie in allen Fächern steigt in der Chirurgie der Frauenan- teil. Freizeit und Familie sind wichtig – im Übrigen gleichermaßen für Ärz- tinnen und Ärzte. Trotzdem scheint die Chirurgie noch einen deutlichen Nachholbedarf zu haben. Das zeigt eine Befragung von etwa 3 600 Kon- gressbesuchern – darunter Chirur- gen und nicht chirurgisch tätige Ärz- te (Dtsch Med Wochenschr 2011;
136: 2140–4). Demnach arbeiten fast 70 Prozent der Chirurgen mehr als 60 Stunden pro Woche. Bei den Nichtchirurgen waren es circa 40 Prozent. Schlecht steht es um die Lebensqualität der Chirurgen. Die mit Fragebögen erhobenen Scores waren signifikant niedriger als die der altersentsprechenden Normalbe- völkerung. „Es ist an der Zeit, dass sich Chirurgen über die eigene Le- bensqualität Gedanken machen“, schlussfolgern die Autoren.
Wem nützt es, wenn am Ende die Helfer kollabieren? Die Lebensquali- tät der Patienten verbessert das si- cherlich nicht. Ab und zu brauchen auch Helden mal eine Pause. Sie werden noch gebraucht.
Auch ein Held braucht Pausen
Das Bundesministerium für Ge- sundheit (BMG) unterstützt den Vorschlag der gesetzlichen Kran- kenkassen, die Online-Aktualisie- rung der Versichertenstammdaten als administrative Anwendung der elek- tronischen Gesundheitskarte (eGK) vorzuziehen, um den Aufbau der Telematikinfrastruktur insgesamt zu beschleunigen. Das bestätigte Dr. Matthias von Schwanenflügel, ELEKTRONISCHE GESUNDHEITSKARTE
Diskussion um „Alternative 2012“
Referatsleiter im BMG, bei einer Diskussionsveranstaltung während der Medizinmesse Medica in Düs- seldorf. Er hoffe, dass in der Gesell- schafterversammlung der Gematik ein Kompromiss hierzu gefunden werde. Über den Vorschlag („Alter- native 2012“) soll am 5. Dezember entschieden werden.
Käme es zu einem positiven Vo- tum, könnte mit den Tests für den Online-Betrieb der eGK Ende 2012 begonnen werden, sagte Rainer Hö- fer vom GKV-Spitzenverband. Die Organisationen der Leistungserbrin- ger befürchten, dass sich durch eine technisch abgespeckte Lösung, die etwa auf die qualifizierte elektroni- sche Signatur verzichtet, medizini- sche Anwendungen wie der elektro- nische Notfalldatensatz weiter ver- zögern. „Es muss eine klare Aussage her, wann und nicht nur dass weitere Anwendungen kommen“, forderte Bernd Greve, Kassenärztliche Bun-
desvereinigung. KBr
Die Gesundheitsminister von zehn hauptsächlich oppositionsgeführten Bundes ländern haben Eckpunkte für ein Patientenrechtegesetz vorge- legt. Damit wollen sie Druck auf die Bundesregierung ausüben, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Patientenrechtegesetz umzusetzen.
„Seit zwei Jahren warten wir auf den angekündigten Gesetzentwurf der Bundesregierung“, sagte Ham- burgs Gesundheits senatorin Corne- lia Prüfer-Storcks (SPD) bei der Präsentation der Eckpunkte.
Die in einem Grundlagenpa- pier von Bundesgesundheits- und Bundes justiz ministerium angedach- ten Inhalte des Gesetzes tragen die zehn Länder mit, erklärte Prüfer- Storcks. Sie gingen jedoch nicht weit genug. Denn es reiche nicht aus, die heute bereits in verschiede- nen Gesetzen enthaltenen Patien- tenrechte in einem eigenen Gesetz zu bündeln. Stattdessen müssten die PATIENTENRECHTE
Bundesländer legen eigene Eckpunkte vor
Patientenrechte ausgebaut werden.
Die Länder fordern in ihren Eck- punkten mehr Aufklärung der Pa- tienten durch die Ärzte. So sollen die Patienten „korrekt und vollstän- dig über ihre Behandlung und mög- liche Alternativen informiert, auf- geklärt und beraten“ werden. Sie sollen das „Recht zur Einholung weiterer Fachmeinungen“ haben.
Außerdem fordern die Länder, dass Patienten ein Patientenbrief ausgehändigt wird, der in verständ- licher Sprache über ihre Behand- lung informiert. Einen Patienten- brief sollen Patienten immer dann erhalten, wenn neue oder veränder- te Diagnosen gestellt werden. Män- gel bei der Dokumentation sollen den zehn Ländern zufolge künftig zur Beweislastumkehr im Scha- densfall führen, eine „medizinisch gebotene Maßnahme, die nicht do- kumentiert ist“, soll insofern als nicht erbracht gelten. fos
Foto: dpa
Der Gesund- heitskarte stehen viele Ärzte skeptisch gegenüber.