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Archiv "Koalitionspapier/Dokumentation: Die Eckpunkte der Reform" (19.03.1999)

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A-668 (20) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999 Verzahnung von ambulanter und

stationärer Versorgung

Die starre Aufgabenteilung zwischen der ambulanten und stationären Versor- gung wird gezielt durchbrochen, um die Voraussetzungen für eine an den Versor- gungsbedürfnissen der Patientinnen und Patienten orientierte Behandlung zu ver- bessern. Hierzu bedarf es integrierter Versorgungsformen zwischen Haus- und Fachärzten, zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern, zwi- schen dem ambulanten und stationären Bereich. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, daß medizinische Rehabilitati- onsmaßnahmen den ihnen zukommen- den Stellenwert erhalten.

Um die dafür notwendigen Rahmen- bedingungen zu schaffen, erhalten die Krankenkassen die gesetzliche Möglich- keit, Verträge mit einzelnen ambulanten Leistungserbringern beziehungsweise Gruppen von Leistungserbringern und Krankenhäusern abzuschließen, die sol- che integrierten Versorgungsformen als einheitliche und gemeinsame Regelver- sorgung anbieten. Die Initiative für sol- che Verträge kann von den Krankenkas- sen ausgehen oder von einem Zusam- menschluß ambulanter und stationärer Leistungserbringer.

Die Krankenhäuser werden zudem in eingeschränktem Umfang zur Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung zuge- lassen. Eine Zulassung sollte nur für hochspezialisierte Leistungen und die Betreuung schwer beziehungsweise chro- nisch kranker Patientinnen und Patien- ten (Krebs, AIDS, Rheuma et cetera) entsprechend der ambulanten Bedarfs- planung erfolgen. Ferner erhält das Kran- kenhaus die Berechtigung, Patientinnen und Patienten, die zu einer (nicht not- wendigen) stationären Behandlung vom Vertragsarzt in das Krankenhaus einge- wiesen werden, ambulant zu behandeln.

Als Pendant zur Öffnung der Kran- kenhäuser wird die Möglichkeit verstärkt, daß Vertragsärzte in begrenztem Umfang Versicherte sowohl ambulant als auch kurzstationär zur Sicherung der Behand-

lung im Krankenhaus betreuen können.

Voraussetzung hierfür ist ein dreiseitiger Vertrag über die stationären Leistungen zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen, den stationären Einrich- tungen und den Kassenärztlichen Vereini- gungen. Dabei muß sichergestellt werden, daß es nicht zu einer Kapazitätsauswei- tung im stationären Bereich kommt.

Zur konsequenteren Umsetzung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“

wird ein Katalog ambulant durchführbarer Eingriffe durch die gemeinsame Selbstver- waltung erstellt. Soll ein derartiger Eingriff stationär durchgeführt werden, bedarf es einer Genehmigung durch die Kranken- kasse. Für diese Eingriffe gilt stationär und ambulant ein einheitliches Preissystem.

Die Fristen für die vor- und nachsta- tionäre Behandlung im Krankenhaus werden im SGB V gezielt für bestimmte Krankheitsbilder verlängert.

Die Anschaffung und gemeinsame Nutzung von medizinischen Großgeräten wird im Rahmen einer Großgerätepla- nung zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich mit dem Ziel des Ab- baus von Überkapazitäten abgestimmt.

Hausärztliche Versorgung

Das Gesundheitssystem ist heute ein äußerst komplexes Gebilde mit zum Teil hochspezialisierten Leistungserbringern.

Kompetenzgewinn durch ein hohes Maß an Spezialisierung in einem begrenzten Teilgebiet geht nach allen empirischen Erkenntnissen mit Verlusten an Über- blickskompetenz für das gesamte Ge- sundheitssystem einher. Um sicherzustel- len, daß Patientinnen und Patienten „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ behan- delt werden, bedarf es eines kompetenten

„Lotsen“, der nicht nur die Betreuung durch geeignete nichtärztliche und ärztli- che Spezialisten organisiert und koordi- niert, sondern auch in der Lage ist, die häufigen Alltagsbeschwerden der Men- schen und die verbreiteten Krankheiten effizient zu behandeln. International be- steht Konsens, daß Hausärzte diese Funk- tion am besten übernehmen können.

Es muß sichergestellt werden, daß der Hausarzt die ihm vom Gesetzgeber bereits übertragenen Aufgaben wirksamer als bisher umsetzen kann. Dazu gehört insbe- sondere eine verbesserte Kommunikation zwischen dem Hausarzt des Patienten und den an der Behandlung beteiligten Fachärzten, Krankenhäusern und weite- ren Einrichtungen der medizinischen Ver- sorgung (zeitnahe Übermittlung von Be- funden, Berichten und andere).

Um die in der Praxis bestehenden er- heblichen Umsetzungsdefizite der vom Gesetz dem Hausarzt übertragenen Auf- gaben zu beseitigen, muß die Selbstver- waltung der Krankenkassen und der Lei- stungserbringer verpflichtet werden, ver- tragliche Vereinbarungen zu den Verfah- rensregelungen zu treffen, die für eine wirksame Erfüllung der Hausarztfunkti- on erforderlich sind. Dies gilt insbesonde- re zur Wahl des Hausarztes durch den Versicherten und zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den an der me- dizinischen Versorgung eines Versicher- ten beteiligten Ärzten und anderen Lei- stungserbringern. Es ist zu prüfen, ob die Stärkung der hausärztlichen Versorgung durch Anreize begleitet werden soll.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben eine angemessene Finanzierung der hausärztlichen Versorgung durch ei- nen eigenen Honoraranteil sicherzustel- len und für den Honorarverteilungsmaß- stab das Einvernehmen mit den Kran- kenkassen herzustellen. Für die hausärzt- liche Versorgung werden eigenständige Vergütungsformen vereinbart. Die Posi- tion der Hausärzte in der ärztlichen Selbstverwaltung wird gestärkt. Die Ab- grenzung der hausärztlichen Tätigkeit durch die Definition hausärztlicher Lei- stungen muß gewährleistet werden. Die mit dem Initiativprogramm zur Förde- rung der Allgemeinmedizin eingeleiteten Maßnahmen sind fortzuführen, um dau- erhaft die qualifizierte Allgemeinmedizin in Deutschland zu ermöglichen. Zielge- richtete Qualifizierungsmaßnahmen für Hausärzte sind zu entwickeln.

Modellvorhaben der Krankenkassen zur hausärztlichen Versorgung können durchgeführt werden, wenn eine hinrei- chend große Zahl von Hausärzten in ei- ner Versorgungsregion hierzu bereit ist.

Das Genehmigungsrecht der Kassenärzt- lichen Vereinigungen entfällt.

Arzneimittelversorgung

Die Positivliste abrechnungsfähiger Arzneimittel in der GKV wird die Qua- lität der Arzneimittelversorgung verbes- sern. Der bereits auf der Basis des Ge- sundheitsstrukturgesetzes 1993 entwickel- te Vorschlag einer Positivliste bietet hier-

P O L I T I K AKTUELL

Koalitionspapier/Dokumentation

Die Eckpunkte der Reform

SPD und Grüne haben sich geeinigt, jetzt beginnt die

öffentliche Diskussion. Im folgenden dokumentieren wir die

aus ärztlicher Sicht wesentlichen Eckpunkte im Wortlaut.

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für eine gute Grundlage, die aktualisiert wird. Kriterien für die Aufnahme in die Positivliste sind der nachgewiesene thera- peutische Nutzen und die Zweckmäßig- keit der Verordnung. Für die Aktualisie- rung und Fortschreibung der Positivliste wird ein unabhängiges Arzneimittelinsti- tut beim BMG errichtet. Es wird geprüft.

ob die Zuzahlungen der Versicherten nach medizinischen Kriterien beitragssatzneu- tral differenziert werden können. Das Recht der Krankenkassen zur Informati- on über Arzneimittel wird gestärkt.

Ein Vergleich der Arzneimittelausga- ben zwischen den verschiedenen kas- senärztlichen Regionen offenbart be- trächtliche, medizinisch nicht nachvoll- ziehbare Unterschiede. Zur konsequen- teren Orientierung an den Kriterien Qua- lität und Wirtschaftlichkeit bedarf es transparenter Hilfen für die Vereinba- rungen von Arznei- und Heilmittelbud- gets zwischen den Krankenkassen und den Ärzten. Am besten eignet sich dafür eine Orientierung an denjenigen Versor- gungsregionen, in denen in den vergange- nen Jahren eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Versorgung gewährleistet wurde (Prinzip des Benchmarking). Da- bei sind relevante Unterschiede der Re- gionen zu berücksichtigen.

Das bisherige System der Findung von Erstattungshöchstgrenzen mit Hilfe von Festbeträgen bleibt erhalten; Festbeträge werden rechtssicher gemacht. Die Ab- gabe von Reimport-Arzneimitteln wird wieder verbindlich geregelt.

Bedarfsgerechte Investitionen im stationären Bereich

Die bestehende duale Finanzierung der Krankenhäuser hat sich nicht be- währt, da sie zwar die Planungsverant- wortung bei den Ländern, die finanziel- len Folgelasten aber bei den Krankenkas- sen beläßt. Dies hat zu unwirtschaftlichen Strukturen und Fehlsteuerungen geführt.

Die Krankenkassen müssen in die Ver- antwortung eingebunden und bei den Entscheidungen für die Kapazitäten und Strukturen im Krankenhausbereich ein- bezogen werden. Die Rahmenplanung wird von den Ländern und den Kassen einvernehmlich vorgenommen.

Voraussetzung für eine Beteiligung der Krankenkassen an der Krankenhaus- planung ist die schrittweise Übernahme von Investitionskosten durch die Kran- kenkassen. Entscheidungsrechte und fi- nanzielle Verantwortung für die Folgen von Entscheidungen werden dabei per- spektivisch in einer Hand liegen. Dazu wird die zum Jahresende auslaufende Finanzierung der Instandhaltungskosten der Krankenhäuser gegen Nachweis durch

die Krankenkassen verlängert. In einem zweiten Schritt übernehmen die Kran- kenkassen die Finanzierung der pauscha- len Fördermittel von den Ländern. Ziel ist es dabei, die Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser durch Investitionsmaß- nahmen zu erhöhen.

Im Krankenhaus wird immer noch überwiegend nicht leistungsgerecht vergü- tet. Dies führt dazu, daß bei gleichen Lei- stungen/Behandlungen, die in verschiede- nen Krankenhäusern erbracht werden, unterschiedlich mit den Krankenkassen abgerechnet wird. Deshalb muß ein pau- schaliertes Preissystem zur Sicherstellung der leistungsgerechten Mittelverteilung für den gesamten stationären Behand- lungsablauf entwickelt werden.

Die Einführung neuer Untersu- chungs- und Behandlungsmethoden in die Krankenhäuser bedarf der Zustimmung eines gemeinsam von den Krankenkassen und Krankenhäusern besetzten Gremi- ums ähnlich dem Bundesausschuß für die ambulante Versorgung. Universitätsklini- ken sind davon ausgenommen.

Beitragssätze und Globalbudget

Die Besonderheit des Gesundheitswe- sens mit seinen expansiven Tendenzen bedarf einer globalen Finanzsteuerung (Globalbudget), die den effizienten Ein- satz der Gelder der Versicherten bewirkt und dadurch die Beitragssätze dauerhaft stabilisiert. Eine globale Finanzsteuerung schafft die Voraussetzung, die Integration und Koordination der verschiedenen Ver- sorgungssektoren voranzutreiben und vernetzte Strukturen zu ermöglichen. Die bisherige Abschottung der Sektoren durch strikt voneinander getrennte Finan- zierungssysteme muß durch eine globale Finanzsteuerung aufgebrochen werden, damit das Prinzip „Geld folgt der Lei- stung“ Realität werden kann und vor al- lem betriebswirtschaftlich motivierte Ent- scheidungen in der medizinischen Versor- gung abgelöst werden durch Entscheidun- gen, die sich an den spezifischen Behand- lungsbedürfnissen individueller Patien- tinnen und Patienten orientieren.

Hierzu wird den Krankenkassen die Möglichkeit gegeben, durch Verträge mit Leistungserbringern bestimmte sektor- übergreifende und innerhalb der Sektoren integrierende Versorgungsformen als Re- gelversorgung zu finanzieren. Beispiele für solche Versorgungsformen sind ambulante Operationen, vernetzte Praxen, sonstige Verbünde von Leistungsanbietern (auch sektorübergreifend) und andere Formen von patientenorientiertem Management.

Ausgehend von den bisherigen Ebe- nen und Zuweisungen der Finanzverant- wortung, wird folgendermaßen verfahren:

1. Die Krankenkassen sollen gemein- sam und einheitlich Verträge mit einzelnen Vertragsärzten beziehungsweise -zahnärz- ten, Arztgruppen, Krankenhäusern und sonstigen Leistungserbringern zur Finan- zierung integrierender Versorgungsfor- men schließen. In den Fällen, in denen die Kassen nicht gemeinsam und einheitlich solche Verträge abgeschlossen haben, er- halten die nicht beteiligten Kassen die Möglichkeit, den Verträgen beizutreten.

2. Die Landesverbände der Kranken- kassen und die Verbände der Ersatzkas- sen vereinbaren jeweils wie bisher mit den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztli- chen Vereinigungen eine Gesamtvergü- tung für die vertragsärztlichen Leistungen (Budget zur ambulanten Versorgung).

Mit dieser Gesamtvergütung wird wie bis- her ein Arznei- und Heilmittelbudget ver- knüpft.

3. Die Landesverbände der Kranken- kassen und die Verbände der Ersatzkas- sen vereinbaren gemeinsam und einheit- lich auf Landesebene eine Gesamtvergü- tung für den stationären Bereich als Rah- mengröße (Budgetvorgabe für die sta- tionäre Versorgung). Die Krankenkassen schließen wie bisher gemeinsam und ein- heitlich zusammen mit den übrigen Ver- tragsparteien Vergütungsverträge mit den einzelnen zugelassenen Krankenhäusern.

Dabei ist auf Kassenseite darauf zu ach- ten, daß sich die Summe aller Einzelver- träge im Rahmen der Budgetvorgabe auf Landesebene hält. Den Krankenkassen ist dabei gemeinsam und einheitlich vor- behalten, einzelne Abteilungen eines zu- gelassenen Krankenhauses nicht in den Vergütungsvertrag einzubeziehen.

Bei der Bestimmung der Steigerungs- rate des Globalbudgets muß die Beitrags- satzstabilität beachtet werden. Verant- wortlich für die Beachtung der Beitrags- satzstabilität sind die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Er- satzkassen.

Bedarfsplanung

Um einen Abbau der Überversorgung im ambulanten Bereich zu gewährleisten, sollten kurzfristig die bisherigen Regelun- gen zur Überversorgung weiterentwickelt werden, indem den Krankenkassen und den KVen die Möglichkeit eingeräumt wird, Vertragsarztpraxen in überversorg- ten Regionen bei Praxisaufgabe gegen ei- ne am Verkehrswert bemessene Entschä- digung zu schließen und Facharztsitze in solche für Hausärzte umzuwandeln. Das Versorgungsangebot beeinflußt die Nach- frage nach medizinischen Leistungen er- heblich. Aus diesem Grund werden geeig- nete Maßnahmen entwickelt, die dieser Tendenz entgegenwirken. N A-670

P O L I T I K AKTUELL

(22) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 11, 19. März 1999

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