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OPUS 4 | Dokumentation - Aufbruch ins eigene Leben!?

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Mit Unterstützung von Charlotte Große, KORUS – Beratung in Brandenburg

Dokumentation

Aufbruch ins eigene Leben!?

Jugendliche im Dilemma zwischen materieller Abhängigkeit

und einer

selbstbestimmten Zukunft

26. Februar 2008, WanneeFORUM

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Vorwort zur Dokumentation

Im Rahmen von Sitzungen des Unterausschusses Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit des Landesjugendhilfeausschusses im Jahr 2007 wurde von Vertretern der kommunalen Ebene mehrfach auf eine wachsende Gruppe von männlichen und weiblichen Jugendlichen hinge- wiesen, die Einrichtungen der Schule, Jugendhilfe und genauso der Arbeitsverwaltung an ihre Grenzen führen. Kennzeichnend für diese jungen Menschen sind fehlende oder sehr schlechte Bildungsabschlüsse. Sie verfügen in der Regel über keine Ausbildung und kein eigenes Einkommen. Sie haben keine positive Erwartungen an ihre Zukunft und richten sich – häufig noch in enger Abhängigkeit von ihren Eltern – in dieser Misere ein. Immer wieder wird aus der kommunalen Praxis von freien und öffentlichen Trägern über die Herausforde- rung, diese jungen Menschen mit den eigenen Angeboten überhaupt noch zu erreichen.

Die Hinweise aus dem Unterausschuss waren der Ausgangspunkt für die Idee, eine Fachta- gung zum Thema „Aufbruch ins eigene Leben!? Jugendliche im Dilemma zwischen materiel- ler Abhängigkeit und einer selbstbestimmten Zukunft“ vorzubereiten. Das Sozialpädagogi- sche Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg (SFBB) und das Landesjugendamt Branden- burg als Veranstalter konnten dabei bei Vorbereitung und Durchführung auf die Unterstüt- zung von Charlotte Große, Beraterin von KORUS – Beratung in Brandenburg, zurückgreifen.

Am 26. Februar 2008 fand die Tagung „Aufbruch ins eigene Leben!?“ statt. „Wie kann Ju- gendarbeit, Jugendsozialarbeit, Einzelfallarbeit, Jugendberufshilfe mit dem Dilemma der jun- gen Frauen und Männer zwischen Abhängigkeit und Aufbruch ins eigene Leben umgehen?“

Wohl auch diese im Flyer formulierte Frage motivierte weit mehr als die maximal 50 Teil- nehmerInnen, mit denen die OrganisatorInnen der Tagung gerechnet hatten. Leider musste daher einer Reihe von Fachkräften abgesagt werden, wofür wir uns auch an dieser Stelle noch einmal entschuldigen.

Die zum Teil kontroversen Diskussionen am 26. Februar 2008 ergaben keine einfachen Ant- worten, wohl aber neue Fragen. Insbesondere die Frage nach den Grenzen von Unterstüt- zungsangeboten wurde mehrfach aus den beruflichen Perspektiven der Vertreterinnen und Vertreter thematisiert und (emotional) debattiert. Trotzdem ist es möglich, einige Schlüsse aus dieser – ersten – Tagung zu ziehen:

- An der ganzheitlichen Betrachtung der Thematik durch Hinzuziehung der unter- schiedlichen Beteiligten/ Agierenden besteht ein hohes Interesse.

- Der biografischen Zugang ermöglichte nicht nur einen Einblick in die Lebenswirklich- keit junger Frauen und Männern im Land Brandenburg, sondern zeigte auch ein- drücklich die Herausforderungen für die beteiligten Unterstützungssysteme auf.

- Auf kommunaler Ebene werden zur Zeit die Möglichkeiten ergründet und Konzepte entwickelt, wie die beteiligten Unterstützungssysteme ihre Aktivitäten und Angebote besser aufeinander abstimmen und so junge Menschen wirkungsvoll begleiten kön- nen.

Ein sehr konkretes Ergebnis der Veranstaltung am 26.02.2008 gibt es allerdings: Die Teil- nehmerinnen und Teilnehmer formulierten ihr hohes Interesse an der Fortsetzung des Erfah- rungsaustauschs zwischen den Beteiligten im „interdisziplinärer“ Dialog. Das Sozialpädago- gische Fortbildungsinstitut und das Landesjugendamt planen aus diesem Grund eine Fort- setzung der Tagung „Aufbruch ins eigene Leben“ noch im Jahr 2008.

im April 2008

Carola Wildt, Sozialpädagogische Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg Torsten Baensch, Landesjugendamt Brandenburg

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Gliederung

1. Tagungsflyer Seite 3

2. Impuls zum Einstieg ins Tagungsthema

Tobias Burger, Initiative Jugendarbeitslosigkeit Neuruppin,

Landkreis Ostprignitz-Ruppin Seite 5

3. Kurzbiografien von jungen Frauen und jungen Männern aus unterschiedlichen Perspektiven:

a. Schule: Angela Rühle, Schulprojekt Leonardos

Meisterbude, SPI, Cottbus Seite 10

b. Amt für Grundsicherung: Stefanie Kaiser, Landkreis

Oberhavel Seite 11

c. Jugendamt: Birgit Krüger, Landkreis Oder-Spree Seite 14 d. Jugendberufshilfe: Bodo Ströber, Jugendhaus

Oase, Potsdam Seite 19

4. Regionales Übergangsmanagement ?! – Herausforderungen und Chancen des Zusammenwirkens unterschiedlicher Arbeits-

bereiche; Birgit Reißig, Deutsches Jugend Institut Halle Seite 21

5. Diskussionsergebnisse der drei Arbeitsgruppen: Faktoren des

Scheiterns und Gelingens Seite 31

6. Wie weiter? Sammlung der Anregungen aus dem Teil-

nehmerInnenkreis Seite 37

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Fachtagung

Nr. 8007/08

Aufbruch ins eigene Leben!?

Jugendliche im Dilemma zwischen materieller Abhängigkeit und einer

selbstbestimmten Zukunft

26. Februar 2008

9:30 bis 16:00 Uhr

Im Land Brandenburg wird in den letzten Jahren aus der Praxis der Jugendhilfe eine zunehmende Gruppe bzw. Subkultur von jungen Frauen und jungen Männern beschrieben, die trostlose Zukunftsper- spektiven haben und sich in ihrer bestehenden Misere einrichten.

Ganz ohne Schulabschluss oder mit einem schlechten Schulab- schluss, ohne einen Ausbildungsplatz, ohne eigenes Arbeitseinkom- men leben sie - oft unfreiwillig - bis zu ihrem 25. Lebensjahr in ihrer Herkunftsfamilie. Sie haben kein Anrecht auf familienunabhängige SGB II-Leistungen. Gerade in einer Lebensphase, in der Ablösung, Verselbstständigung und Eigenverantwortung als Lernerfahrung für Jugendliche anstehen, verbleiben sie in einer existentiell abhängigen Situation von ihren Eltern, die häufig auch selbst von Arbeits- und Perspektivlosigkeit betroffen sind. Dass das nicht selten zur Entmuti- gung für das eigene Leben und zu Konflikten mit den Eltern führt, ist nachvollziehbar.

Wie kann Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Einzelfallarbeit, Jugend- berufshilfe mit dem Dilemma der jungen Frauen und Männer zwi- schen Abhängigkeit und Aufbruch ins eigene Leben umgehen?

Eingeladen sind:

• Jugendämter, Jugendhilfeausschüsse, Jugendförderung

• ARGEN, Optionskommunen/Landkreise, Ämter für Grundsi- cherung

• Einrichtungen/Träger der Jugendberufshilfe, Schulträger

• Kompetenzagenturen

• „Regionalbudget“

• Weitere Interessierte aus Fachpolitik und Praxis

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Tagungsprogramm

09:30 Uhr Begrüßung und Eröffnung

Torsten Baensch, Landesjugendamt Brandenburg Impuls zum Einstieg ins Tagungsthema

Tobias Burger, Initiative Jugendarbeitslosigkeit, Landkreis Ostprignitz-Ruppin

10:00 Uhr Aufbruch ins eigene Leben?

Kurzbiografien von jungen Frauen und jungen Männern aus unterschiedlichen Perspektiven:

Schule: Angela Rühle, Schulprojekt Leonar- dos Meisterbude, Cottbus

JobCenter: Herr Limpecher, Bundesagentur für Arbeit, Potsdam (angefragt)

Amt für Grundsicherung:

Stefanie Kaiser, Landkreis Oberha- vel

Jugendamt: Birgit Krüger, Landkreis Oder-Spree Jugendberufshilfe:

Bodo Ströber, Jugendhaus Oase, Potsdam 11:15 Uhr Pause

11:30 Uhr Regionales Übergangsmanagement ?! – Herausforderungen und Chancen des Zusammenwirkens unterschiedlicher Arbeitsbereiche

Birgit Reißig, Deutsches Jugend Institut Halle

12:30 Uhr Mittagspause 13:30 Uhr Arbeitsgruppen:

Faktoren des Scheiterns und Gelingens

15:00 Uhr Kaffeepause 15:15 Uhr Plenum:

Ergebnisse und Anregungen für die Praxis

15:30 Uhr Aufbruch ins eigene Leben! Was kann/muss auf kommunaler Ebene dafür getan werden?

Diskussion im Fishbowl 16:00 Uhr Ende

Gesamtmoderation

: Charlotte Große

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2. Impuls zum Einstieg in das Thema

Tobias Burger (Initiative Jugendarbeitslosigkeit Neuruppin, Landkreis Ostprignitz- Ruppin)

Jugendliche Im Dilemma zwischen materieller Abhängigkeit und einer selbstbestimm- ten Zukunft - Wie können wir mit dem Dilemma der jungen Frauen und Männer zwi- schen Abhängigkeit und Aufbruch ins eigene Leben umgehen?

Es ist nicht leicht für mich, zu so einem herausfordernden Thema etwas Nützliches zu sagen, bin ich doch als Arbeiter im sozialen Feld den widersprüchlichsten Eindrücken ausgesetzt.

Für welche Problematik sollte ich mich entscheiden, welchen Impuls geben?

Glücklicherweise kam mir doch eine Idee:

Wir können mit dem Dilemma umgehen, indem wir es als das akzeptieren, was es ist:

Nicht allein das Dilemma abhängiger Heranwachsender, in dem sie feststecken, aus dem sie raus müssen und können– mit unserer Hilfe, sondern unser gemeinsames Dilemma, in dem sie und wir stecken, in dem wir sie begleiten und danach unsere Hilfe, unser Handeln ausrichten müssen, und aus dem nicht immer ein Ausweg zu schaffen ist. Der Begriff Di- lemma meint ja bereits, dass es sich für alle Beteiligten um eine Zwangslage handelt, die Wahl für eine Entscheidung aus gleich unangenehmen Angeboten zu treffen.

In keinem anderen Wissenschaftsfeld scheint mir in der professionellen und öffentlichen Dis- kussion die Entkoppelung von Ursache und Wirkung so selbstverständlich akzeptiert und groß zu sein, wie im Bereich der Erziehung, Bildung und Integration abhängiger Heranwach- sender. Unsere Sozialarbeit als Mittlermittel zwischen den gesellschaftlichen Hilfen meint und trifft ganz überwiegend nur die, die wir z.B. Betroffene nennen. DER DIE DAS Betrof- fenheit auslösende bleibt dabei in der Regel unberührt. Der oder die abhängige Heranwach- sende soll sich bewegen oder bewegt werden, nicht die sogenannte gesellschaftliche Mitte.

Eine breite Kampagne und Debatte vergleichbar mit der, welche die dringendsten nationalen – ja – globalen Umweltprobleme lösen soll, in der alle gesellschaftlichen Schichten, politi- schen Mandatsträger und Wirtschaftsvertreter nach Lösungen ringen, ist für die Lösung der sozialen Probleme Benachteiligter nicht zu erwarten.

Ich bedauere das.

Meiner Erfahrung nach hängt die Integrationsqualität entscheidend davon ab, inwieweit die soziale Gemeinschaft in ihrer Mitte erreichbaren Platz schafft und deutliche wie einladende Wege dahin zulässt. Ein breites Angebot, ein mehrspuriger Weg der Integration wäre für abhängige Heranwachsende der mögliche Ausweg aus dem Dilemma. Doch das muss die soziale Gemeinschaft wollen, dass heißt finanzieren, bereiten, betreiben, das heißt akzeptie- ren, aushalten – also (er)tragen. Wenn das nicht so ist, dann wird dieser Weg zu einer Brü- cke, einer streng konsequent begrenzten Verbindung zwischen Insel und Festland, zwei Ge- sellschaftsteilen, die nicht mehr in aller Breite die Annäherung finden. Dies und die Konse- quenzen daraus für alle Beteiligten müssen wir bedenken und für unser Handeln berücksich- tigen.

Sicher: der moderne Schlagbegriff ZDF – Zahlen Daten Fakten wird belegen, dass diese Verbindung ausreichend ist. Aber ausreichend aufgrund von Zahlenrechenmodellen ist nicht gleich hinreichend für den Erfolg sozialer Wirkungsmodelle. Arbeit von Menschen mit Men- schen bewegt sich, ist lebendig, ist Mathematik mit immer neuen Unbekannten.

Die Vorstellung, dass nicht mehr jeder und jedem geholfen werden kann, weil die Hilfen und Hilfesysteme unterkomplex und deshalb dafür unzureichend sind, oder weil es Heranwach- sende gibt, die aus beachtenswerten Gründen keinen Integrationsweg suchen, die sich sub- kulturell einrichten wollen ist eine völlig andere als die, dass Jeder und Jede in den beste- henden Hilfen seine Integrationschance hätte.

Ich habe mich zur Überprüfung meiner Darstellungen mit einem profunden Kenner unseres Wirkungsfeldes „beraten“, einem Rechengenie, das eine erstaunliche Formel entwickelt hat – Albert Einstein:

Tobias Burger: Impuls 5

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„Es gibt keine vernünftigere Erziehung als Vorbild zu sein, wenn es nicht anders geht, ein abschreckendes“.

Wir können uns sicher sein, dass Einstein feststellte, was ihm nicht nur nötig sondern auch möglich schien!

Dieser Logik folgend führt die Frage nach dem Umgang mit dem Dilemma im Grunde direkt zu uns. Zu uns als Professionellen und als Bürgerinnen und Bürgern. Sie fragt nach Uns als Vorbild im Einzelnen und als Gemeinschaft und nach unserem Verständnis von Professiona- lität in der sozialen Arbeit, und somit nach unserer Handlungsqualität im System. Und damit auch nach der Souveränität der Fachkräfte der Sozialarbeit und Pädagogik, die - ob der Verwaltungshoheit - auf ein Maß zurückgedrängt ist, das kaum noch Arbeiten auf höchstem Niveau erwarten lassen kann. Aber das ist ein Thema für sich.

Die schnellen Fakten, die wir solchem Fragen entgegnen können, sind uns bekannt. Einer der härtesten, der der Finanzierung reicht bekanntermaßen allein, uns auch hier in mindes- ten zwei Lager zu spalten: Die Diskussion ums Geld herrscht oft über den fachlichen Dis- kurs.

Eigentlich müsste sich der gesellschaftliche Integrationsprozess abhängiger Heranwachsen- der ja ohne sonderlichen Aufwand erfolgreich gestalten lassen, schließlich belegen etliche statistische und technische Daten über den Finanz-, Sach- und Personalaufwand trotz spür- barer Einsparungen immer wieder vielversprechende Grundlagen, so auch in Brandenburg.

Wir wissen aber, dass es sich so nicht anfühlt und es so auch nicht ist. Das Gute fügt sich nicht wie von allein zusammen. Aber warum ist das so? Schließlich wollen wir doch Alle nur das Beste, und ich höre es oft so, als ob wir damit nicht nur meinen genau zu wissen was das ist und wie das geht, sondern auch, dass es eigentlich aber auch ein bisschen unver- schämt ist, das Beste zu erwarten… (wo gibt’s das schon noch…) - wir wollen das Beste, müssen aber realistisch sein und meinen somit das Beste, was wir aus den gegeben Vor- aussetzungen und Bedingungen machen können.

Heißt das mit Einsteins These nun: Wir würden gern ein hilfreiches Vorbild sein und nutzen, es reicht aber in der Regel nur für ein abschreckendes, und das tut es ja auch? Einstein hat anders gerechnet und ich leiste mir den leichten Zynismus wenn ich bemerke, dass er ver- mutlich richtig gerechnet hat: Ein nicht abschreckendes hilfreiches Vorbild muss deutlich überwiegen, andersrum geht die Rechnung nicht mehr auf.

Einstein hat das Vorbild nicht relativiert. Kein Vorbild zu sein geht nicht! Dann wären wir ja unsichtbar oder die Heranwachsenden blind. Wir als Eltern, Bürgerinnen und Bürger, Profes- sionelle und Wirtschafts- und Sozialgemeinschaft stehen verantwortlich für ein Gesamt – Vor – Bild, das dem Heranwachsenden erscheint.

Der Sozialwissenschaftler Jona Rosenfeld hat über Jahre erforscht, unter welchen Bedin- gungen sich Lernen am besten entwickelt. In so genannten reichen und armen Ländern hat er jeweils reiche und arme Familien daraufhin besucht. Seine Ergebnisse sind klar und ein- fach: Unabhängig von Arm oder Reich findet erfolgreiches Lernen immer da statt, wo die Eltern stolz auf ihre Kinder und die Kinder stolz auf ihre Eltern sind, wo Lernen vom Aus- tausch getragen wird, und wo es einen authentischen Lebensbezug behält.

Das Lernen eines Jungen oder Mädchens als Angehörige eines Ureinwohnerstammes etwa ist auf vollen Erfolg programmiert, weil jeder Lernschritt direkt dem Lebenserhalt sowohl des Kindes als auch der Familie und Gemeinschaft gilt. Alles macht unmittelbar Sinn. Nutz- oder Zweckloses, Unverständliches, Unerreichbares ist nicht vorgesehen. Das Vorbild als Er- folgsmodell ist Integration von Beginn an.

Tobias Burger: Impuls 6

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Wie ist das bei uns?

Ein problemkonfrontierter Heranwachsender, der nicht aus eigenem Vermögen heraus seine berufliche und gesellschaftliche Integration schaffen kann und dem die dazu nötigen ausglei- chenden Hilfen aus dem Familienumfeld fehlen – ich nenne ihn hier mal Knut –

Wer bietet dem Was an?

Wer oder Was ist oder bestimmt sein Vorbild?

Sicher, den „Herrn Dörflein“ und natürlich auch das weibliche Pendant gibt es auch in der sozialen Arbeit. Aber der vertrauensvolle Sorgeauftrag, die Millionenspende, das gesell- schaftliche Großereignis, das ideale Vorbild bleibt immer aus, wenn Knut ein Mensch ist.

Psychologen beschrieben unser Überaufmerksamkeitssyndrom für das Eisbärenbaby mit unserer Sehnsucht nach der Unschuld. Fühlen wir uns denn nicht unschuldig genug?

Das wäre vielleicht ganz hilfreich, doch um die Schuldfrage geht es nicht, sondern um die Idee, dass wir für bestimmte Problemlösungen im sozialen Feld die Ursachen abstellen müssten und dass wir da, wo wir das nicht machen – ob wollen oder können – wir akzeptie- ren und ggf. lernen müssen, das das Problem zumindest vorübergehend unlösbar ist.

Anders als das Naturvolk und das Eisbärenbaby sehen wir doch eine unvergleichlich kompli- ziertere Menschenwelt und Umwelt. Das stimmige Vorbild, das zur Anpassung gleicherma- ßen lockt, befähigt und führt, ist im Wettbewerb der gegeneinander werbenden Vorbilder für viele Heranwachsende und vor allem für die benachteiligten unter ihnen nicht zu erkennen.

Es fehlt. Und dabei geht es nicht um Nuancen, sondern um Welten.

Welche erscheint für Knut nahe liegend?

Ganz klar die der Eltern, die aber möglicherweise selbst von Perspektivlosigkeit und Mittel- knappheit betroffen sind. Ein arbeitsloser Vater, was für ein Vorbild?

Dann noch Großeltern, die zwar ein festes Einkommen haben, aber nicht mehr in der Ar- beitswelt und für die Zukunft stehen. „Früher war es besser“, was für ein Vorbild?

Das können Erzieherinnen in der Kita sein. Für meine Söhne z.B. waren das ausschließlich ältere Frauen, nicht mehr sicher in der Singstimme und bei den Liedern wie beim einzigen Förderkonzept „Jahreszeiten“ eher für Gestern als für Morgen stehend. Was für ein Vorbild?

Das sind dann Lehrerinnen und seltener Lehrer in der Schule, die für bis zu 34 Schülerinnen und Schüler je Stunde und damit auch für Knut kaum immer Vorbild sein können.

Vielleicht ein Betreuer, der als Angelernter den Honorarsatz des Trägers akzeptiert hat und der aber nicht immer verbergen kann, wie ihn Nachweis- und Abrechnungsauflagen der Verwaltungen stressen und einschränken.

Vielleicht eine Diplomsozialarbeiterin oder Diplompädagogin, die aus einem Beratungsver- lauf heraus dem Jugendamt einen professionellen Fördervorschlag macht, der aber mit Ver- weis auf das Haushaltsbudget verworfen oder bis zur Unbrauchbarkeit heruntergebrochen wird. Welches Vorbild gibt sie ab?

Und welches die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ämter und Verwaltungen?

Welches die Politiker und Politikerinnen?

Die Stars?

Die Manager und Wirtschaftsbosse?

Und das Modell Liechtenstein – Was für ein Vorbild?

Dass er und seine Familie jetzt Harz IVer sind, weiß Knut. Und auch, dass die Idee dazu von einem Mann kommt, der, obwohl er linke Dinger gedreht hat, ganz gut dasteht. Was für ein Vorbild!?

Da sieht es doch mit Dieter Bohlen für Knut ganz anders aus.

Obwohl ich ihn für ein abschreckendes Vorbild halte, sieht Knut in ihm möglicherweise die Lösung. Ich habe seit Beginn der Casting – Shows einige Jugendliche betreut, die mir versi- chert haben, dass sie dabei ganz groß rauskommen, dass sie sich deshalb da beworben haben und ich mir keine Mühe und Sorgen machen soll betreffs ihrer beruflichen Entwick- lung. Sie haben ihr Leben und Streben danach ausgerichtet und bereits als nicht direkt Betei- ligte ihr Verhalten so eingestellt, als wären sie erfolgreich dabei. Ein Wachtraum. Ich habe

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von keiner und keinem gehört, dass der Traum Realität wurde. Aber wenn ich den einen o- der die andere wiedertreffe, bin ich erstaunt:

Sie tragen ein tolles Outfit, Sachen, Körperpflege, Schmuck, Technik, Gestik = alles so, als hätte es geklappt. Lehre abgebrochen, arbeitslos, aber doch irgendwie im Geschäft. In wel- chem? Na ja, was vertickern, mal jobben und so. Was der Markt so hergibt.

Ah, der Markt, der Gott der Moderne! Der, auf den sich Alle berufen. Der ist natürlich als Vor - Bild unschlagbar. Der regelt ja sowieso alles. Denn Herr Bohlen steht längst für ein Prinzip und das wiederum für die Allmacht des Marktes und seiner Medien, die heute über die Bilder herrschen, die über das Vorbildhafte herrschen. Wer daran nicht glauben und dem Prinzip nicht folgen will, muss dann schon anders als Knut, aber auch als Herr Harz, Herr Esser, Frau Pauli, Frau Herrmann oder Herr Zumwinkel sein, ja anders als Herr Bohlen selbst.

Doch, wer will das schon?

Nicht „gutes“ Vorbild und doch akzeptiert und erfolgreich zu sein – dieses etablierte Erfolgs- modell zu tauschen gegen ein Erziehungs-, Bildungs- oder Integrationsprogramm mit Aus- sicht auf garantierte Grundsicherung und den nicht garantierten Glücksfall Erwerbsarbeit zum Mindestlohn? Für einen Platz am Rand?

Bei all den Problemen, die Knut hat, die aufwändige Lösungen brauchen, soll er aufstehen und aussteigen aus der virtuellen 3D - Vollmitgliedschaft im „second life“ - Internetspiel, der Fernsehtraumwelt, der Bedarfsgemeinschaft, die Insel verlassen? Das bräuchte dann doch mindestens unmittelbar erlebbare stark wirkende Vorbilder, Menschenvorbilder, vor allem an der Basis.

Ich muss sagen, ich kenne nicht genug davon im sozialen Hilfesystem.

Die angelernte Sozialarbeiterin in der Mutter-Kind-Betreuung, die ständig mit ihrem neuen Handy spielt und ein GZSZ – Flair verbreitet,

der in Tarnkleidung gehüllte Jugendsozialberater mit Zertifikat, der seinen großen alten Ar- meebus direkt vor dem Eingang zur Freizeiteinrichtung parkt,

der mit allen Wassern gewaschene ehemalige Kampfsporttrainer mit der Lizenz zur Umer- ziehung durch Drill

oder die das Hilfeplangespräch leitende Mitarbeiterin des ASD, die das Gespräch mit „wie gesagt“ beginnt, obwohl noch gar niemand was gesagt hat

all die sind vielleicht noch nicht der Stamm, aber auch nicht die Karikaturen unseres Arbeits- feldes, sondern gehören heute wie selbstverständlich zum die Früchte unserer Arbeit bilden- den Geäst.

Die Summe der Ungenauigkeiten in unserem Arbeitsfeld schafft Unstimmigkeiten im Bild, das es abgibt. Mitverantwortlich ist eine schleichende Entmündigung der Berufsgruppe Dip- lomsozialarbeit und Diplompädagogik durch eine das Professionalitätsniveau drückende Verwaltungshoheit auf allen Ebenen. Befristete und mager entlohnte Jobs für studierte Ex- perten, die statt des Möglichsten immer nur das Nötigste und weniger tun sollen, das wird nur was es ist und nicht das, was es soll. Knut merkt das und er wird seinen Nutzen daraus ziehen – so oder so.

Als ich auf die Idee des Bildes von Festland und Insel kam, dachte ich nicht nur an Peter Harz, sondern auch an Roman Herzog.

An Herrn Harz deshalb, weil sein Programm im Grunde die logische Konsequenz unserer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung ist. Da ist ihm ob seiner Vorschläge kein Vorwurf zu machen. Ich habe das z.B. daran gemerkt, dass er klar erkannt hat, dass die so- genannten Berufsvorbereitungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (BA) im großen Umfang zu sozialpädagogisch orientierten Jugendberufshilfemaßnahmen geworden sind, weil - wie z.B. im Jugendamtshaushalt Neuruppin – für die vorhandene Zielgruppe keine Mit- tel bereitstanden. Die Jugendlichen wurden auf Grund der Angebotsnot nun in die aus Ar- beitslosenbeiträgen finanzierte Berufsvorbereitung der BA eingegliedert und die professionel- len MA der Träger passten die Umsetzung des Konzeptes dem individuellen Förderbedarf an. Das wurde teuer. Wie Sie wissen ist durch Harz 3 die Programmatik inzwischen verän- dert, wir z.B. haben für 84 TN nicht mehr 4 sondern einen Sozialarbeiter, die Förderdauer ist

Tobias Burger: Impuls 8

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im Mittel auf 10 Monate begrenzt, vorrangig ist nicht mehr die ganzheitliche Förderbetrach- tung sondern die gezielte Integration auf ein Angebot am Lehrstellen- oder Arbeitsmarkt.

Nur: Es ist nach wie vor das einzige Berufsvorbereitungsangebot, die Jugendlichen sind die gleichen und ihre Probleme sind nach den Regeln unserer Kunst nicht anders einzuschät- zen, als zuvor. Und so bleiben wir auch hier unter unseren Möglichkeiten und unterhalb ei- nes hilfreichen Vorbildes. Die Integrationsquote liegt im Bundesmittel bei ca. 30%!

An Roman Herzog habe ich gedacht, weil er mit seinem dringlichen Aufruf, die Schulen in die Freiheit zu entlassen, so gänzlich ungehört blieb. Freie Schulen sind ja nicht nur für Eliten gut, sie könnten der Schlüssel zu einem neuen Integrationsansatz abhängiger Heranwach- sender werden, vor allem dann, wenn die vielen qualifizierten Experten und Expertinnen der sozialen Arbeit als Souverän ihrer Arbeit eingebunden werden.

Ein neues Bildungskonzept für Benachteiligte und eine multidisziplinär gestaltete Umset- zung, Produktionsschulen nach dänischem Modell und Internatsschulen für bereits Abhängi- ge der virtuellen Welt würden auf jeden Fall dafür sorgen, dass auf der Brücke zwischen In- sel und Festland freundlicher Verkehr herrscht und so verhindert wird, dass nicht eines Ta- ges auch die Brücke noch abgebaut und durch ein Fährboot ersetzt wird.

So plädiere ich zum Schluss für Respekt, Respekt davor, dass Knut unter Umständen unmo- tiviert bleibt, sich am Rand der „Festlandsgesellschaft“ einzurichten. Auf Dauer lebt sich das unangenehmer als auf einer Insel der Bedarfsgemeinschaft, die immerhin eine ist. Und die längst Kulturtechniken entwickelt, die ernst zu nehmen sind.

In unseren Ausbildungsgängen sind Jugendliche nicht mehr nur, um ein Ausbildungs- und dann weiteres Integrationsziel zu erreichen. Es sind einige darunter, die da sind, weil die Teilnahme das Finanzkonstrukt der Bedarfsgemeinschaft stützt, und die von ihren Eltern, bei denen sie ja wohnen, genau instruiert sind, ob es deshalb besser für alle ist durch die Prü- fung zu fallen und zu verlängern und die Jobsuche schleifen zu lassen, weil letztlich eh nicht mehr und schon gar nicht soviel Geld dabei raus kommt, dass eine Umsiedlung aufs Fest- land drin ist.

Die virtuelle Kraft der Technik und Medien hat heute bereits ein kaum für möglich gehaltenes Spannungsfeld erzeugt, in dem wir möglicherweise immer häufiger abhängige junge Er- wachsene zu suchen haben und finden werden. Als vollwertig anerkannte, gebrauchte und geschätzte Konsumenten. Ihnen dazu eine Alternative zu bieten braucht uns ganz und gar als Vorbild und letztlich ein vorbildhaft wirkendes Gesellschaftsmodell.

Weitere Zwangslösungen durch Technokratisierung oder verantwortbares Loslassen im Feld sozialer und pädagogischer Arbeit?: Dies bleibt unser Dilemma.

Denn machen wir uns nichts vor:

Ein vergleichbar vorbildhafter Integrationsprozess, wie ihn die Gesellschaft dem Eisbären- jungen Knut bereitet hat, würde für das Menschenkind Knut genauso erfolgreich sein.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Tobias Burger

Initiative Jugendarbeit Neuruppin e.V.

toburg@gmx.net

Tobias Burger: Impuls 9

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3. Kurzbiografien von jungen Frauen und jungen Männern aus unterschied- lichen Perspektiven

a. Fallbeispiel Schule

These:

Verweigere Schule und es werden neue Möglichkeiten für dich gefunden.

(Auf)Forderung:

Schule muss frühzeitig die Einzigartigkeit jedes Schülers erkennen und akzeptieren und von Ganzheitlichkeit getragen werden.

Angela Rühle

Schulprojekt Leonardos Meisterbude (SPI), Cottbus

Angela Rühle: Schulprojekt 10

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b. Fallbeispiel Amt für Grundsicherung (ALG II)

Angaben zur Person:

Marco, inzwischen 18 Jahre alt, lebte bei seiner Mutter (50) und seiner Oma (80) – bis diese Ihn per Räumungsklage aus der Wohnung verwiesen. Wo er jetzt ist, wissen wir nicht. Er hat sich direkt danach bei uns gemeldet – seit dem kommt er zu keinen Terminen mehr ……

Kennen gelernt haben wir Marco Anfang 2005.

Biographie:

familiäre Situation

Marco lebt seit seiner frühsten Kindheit mit seiner Mutter und seiner Oma zusammen. Sei- nen Vater kennt er nicht, da dieser sich von der Familie trennte als Marco 3 Jahre alt war. Er hat auch kein Interesse daran, seinen Vater kennen zu lernen (Schutzmechanismus)! Die Mutter und die Oma leben ein „männerfeindliches“ Leben aus und lassen ihre negativen Er- fahrungen (die sie gehabt haben müssen) immer an Marco aus. Er wird regelmäßig kritisiert:

Verhalten, Aussehen, Zukunftsperspektiven etc. Die Mutter lebt auch von der Grundsiche- rung und ist nicht sehr bemüht eine Arbeit aufzunehmen. Vor einem Jahr bekam sie eine MAE (Tätigkeit mit Mehraufwandsentschädigung), damit sie ihren Sohn, der auch in einer Maßnahme war, bei der Schaffung einer Alltagsstruktur unterstützen könne.

soziales Umfeld/ Freundeskreis

Marco hat keine Freunde mit denen er sich trifft bzw. sich unterhält. Seine einzige Kontakt- person ist seine Freundin, die er seit 6 Monaten hat. Auch zur Schulzeiten hatte er keinen Kontakt zu Mitschülern. Er fühlt sich in der Schulzeit und auch heute bei Gruppenmaßnah- men immer von allen anderen gemobbt und geschnitten. Mit seiner Mutter und seiner Oma versteht er sich seit Jahren nicht mehr gut. Wenn sie kommunizieren wollen, endet dies im- mer in verbalen Streitereien.

Schullaufbahn

Marco hat die Schule nach der 9. Klasse mit der BBR verlassen. All seine Zeugnisse weisen eine Unmenge an Fehlzeiten auf (Krankheit als Weg). Seine Noten lagen im 4er Bereich. Zu seinen Lehrern hat er nur den nötigsten Kontakt, sah auch keinen Lehrer als Person seines Vertrauens an!

Belastende Faktoren:

kennzeichnende Problemlagen

Marco hatte lange keine eigenen Vorstellungen über sein Leben. Seine Mutter kam immer zu Terminen im Amt mit und bevormundete ihren Sohn ständig. Marco hat keine weiteren An- sprechpartner in seinem Umfeld, denen er sich anvertrauen könnte.

materielle/immaterielle Situation

Marco fühlt sich in seinem häuslichen Umfeld nicht wohl, sieht jedoch für sich keine Chance aus dieser Situation zu entkommen und zieht sich in sein „Schneckenhaus“ zurück. Monat- lich bekommt er ein geringes Taschengeld von seiner Mutter (15,- €).

Angestrebtes Ziel: Aufnahme einer Ausbildung und Verselbständigung!

Stefanie Kaiser: Amt für Grundsicherung 11

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Situation der beruflichen Eingliederung:

vorherige Maßnahmen

Bevor Marco zu uns kam besuchte er lediglich die Schule. Er war in keinen Verein oder in sonstige Angebote integriert.

Gründe für eine gescheiterte berufliche Integration

Aufgrund des schlechten Schulabschlusses, keiner beruflichen Orientierung und Vorstellung konnte sich Marco nicht nach dem Schulabschluss 2005 in den Ausbildungsmarkt integrie- ren. Interesse zeigte er für den handwerklichen Bereich, jedoch ohne genau Definition.

Aktivitäten durch uns

1. Marco sollte in eine begonnene BvB eingegliedert werden. Jedoch gab es zu diesem Zeitpunkt keinen freien Platz, sodass wir Marco dabei unterstützten sich im OSZ zum BAV (Berufsausbildungsvorbereitungsmodell: 3 Tage Praxis und 2 Tage Theorie) Lehr- gang Schwerpunkt Metall, mit dem Ziel die eBBR zu erlangen, anzumelden. Nach zwei Monaten beendete Marco den Lehrgang, da er auf Grund eines Unfalls im Vorfeld viele Fehlzeiten aufwies und diese seiner Meinung nach nicht mehr nacharbeiten konnte.

2. Von Januar bis April 2006 sollte Marco an einer MAE mit Qualifikation (§16, Abs.3 SBG II) a 28 Stunden/ Woche teilnehmen. Diese Maßnahme trat Marco nie wirklich an. Auch hier war sein Nichterscheinen durch Krankschreibungen geprägt.

3. Von April bis Juni 2006 sollte Marco als Saisonarbeiter beim Spargeleinsatz tätig werden.

Hier kam er genau 1 Woche an, dann wurde er aufgrund von Fehlverhalten gekündigt.

4. Im September 2006 begann er an der Kreisvolkshochschule den zweiten Bildungsweg an 4 Tagen in der Woche (17:00 – 21:00). Abbruch nach wenigen Wochen. Die Lehrer beur- teilten Marco als einen leistungsstärkeren Schüler der Gruppe, jedoch sei er nicht belast- bar und nach kurzer Zeit mit mehr als einer Aufgabe überfordert. Beim nächsten Besuch machte er einen sehr labilen Eindruck.

5. Vom 23.10.2006 bis 09.01.2007 wollte Marco an einer Berufsorientierungsmaßnahe zum Bauhandwerker teilnehmen. In dieser Maßnahme sollte er nun endlich beweisen, dass er den Ausbildungsanforderungen gewachsen ist und eine geregelte Alltagsstruktur auf- weist. Jedoch fehlt er ab dem 01.11.2007 unentschuldigt. (100% Sanktion – da er nicht in der Lage ist, für sein Handeln Verantwortung zu übernehmen.)

6. Seitdem hat er regelmäßige Termine ohne Mutter, damit er lernt, sich mit seinen Leben selbständig auseinander zu setzen. Seine Mutter unterstützte seine Fehlzeiten durch Krankheiten immer. Die Termine nimmt Marco nicht immer wahr und nimmt mittlerweile auch regelmäßig Sanktionen für sein Verhalten in Kauf.

7. Von November bis Dezember 2007 sollte er an einer Maßnahme zur Suchtprävention teilnehmen, jedoch fiel diese wg. Verdacht auf gelegentlichen Drogenkonsum (kiffen) aus.

8. Im Dezember 2007 meldete er sich erneut bei der Kreisvolkshochschule an. Jedoch hat er noch keine Anmeldebestätigung vorgelegt.

9. Parallel besucht er seit Januar die Kompetenzagentur des Landkreises. Dort ging er re- gelmäßig hin und hat angefangen neue Kontakte aufzubauen.

10. Räumungsklage am 05.02.2008! Seitdem kam er noch einmal zur Beratung. Jedoch ist er seit zwei Wochen nicht mehr erreichbar!!!!! (Problem: Er fühlt sich nicht in der Lage selbständig in einer eigenen Wohnung zu leben! Ferner weist er keine altersgerechte und –typische Entwicklung auf. Problemlösungsstrategien sind für ihn nicht vorhanden!) Zeitraum der Begleitung

Marco wurde 2,5 Jahre begleitet. Zurzeit kann er nicht begleitet werden, da wir keinen Kon- takt mehr zu ihm aufnehmen können. (Status: ohne festen Wohnsitz).

Ergebnis – Marco hat es nicht geschafft, die ihm angeboten Angebote anzunehmen und daraus für sich Perspektiven zu entwickeln.

Stefanie Kaiser: Amt für Grundsicherung 12

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In der Entwicklung der Persönlichkeit hat Marcos Entwicklung nur sehr kleine Schritte ge- macht. Seine Gesamtentwicklung entspricht nicht einem jungen Erwachsenen von 18 Jah- ren.

Marco schafft es zwar inzwischen Ideen für seine Zukunft zu entwickeln, aber ist noch nicht in der Lage diese umzusetzen. Sein größtes Ziel ist eine Ausbildung im Bauhandwerk zu beginnen.

Ergebnis aus diesem Beispiel

1. Fallmanagement mit 150 Akten, kann keine intensive Betreuung ermöglichen.

2. Begleitende Einrichtungen im Leben eines jungen Menschen müssen rechtzeitig/ über- haupt miteinander kommunizieren.

3. Eltern müssen bei der Erziehung begleitet werden.

4. Begleiter (Lehrer, Sozialarbeiter…) müssen den Jugendlichen offen WERTSCHÄTZEN.

5. Mehr Angebote für Jugendliche (Freizeit und Schule) als bisher bzw. verändern. (An die Bedürfnisse der Jugendlichen anpassen, nicht nur nach einfacher Praktikabilität schauen).

These:

Wir werden es nicht schaffen, eine ALLUMFASSENDE Beratung aus einer Hand sicherstel- len zu können!

Forderung:

Wir brauchen keine Einzelkämpfer in der Beratung, sondern gute Netzwerkpartner die ge- meinsam im Interesse des „einzelnen“ Jugendlichen, unter Berücksichtigung seines sozialen Umfeldes, mit ihm arbeiten bzw. ihn unterstützen!

Stefanie Kaiser

Fachbereich Grundsicherung und Vermittlung für Arbeitslose Landkreis Oberhavel

Hinweis:

Der aus dem Bereich Job-Center angefragte Experte konnte an der Tagung am 26.02.2008 leider nicht teilnehmen.

Stefanie Kaiser: Amt für Grundsicherung 13

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c. Fallbeispiel Jugendamt

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Birgit Krüger. Ich arbeite als Sozialarbeiterin im Jugendamt der Landkreises Oder- Spree und zeichne verantwortlich für die Jugendberufhilfe im Landkreis.

Neben einer recht hohen Vermittlungsquote, gibt es auch in unseren Projekten Jugendliche, die ohne Schulabschluss sind und bleiben und ihre Ausbildung mehrfach abbrechen und denen der Einstieg in den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt nicht gelingt.

Woran scheitert aus meiner Sicht, die berufliche Integration Jugendlicher? Lassen sie mich das anhand der Biografie einer jungen Frau darstellen, deren Werdegang keinen Einzelfall darstellt.

Sandra, heute 22 Jahre alt, stellt sich vor 9 Monaten der Sozialarbeiterin im Projekt „Thuja“

ein Jugendhilfeprojekt des Landkreises Oder-Spree vor.

"Man habe sie vom Amt für Grundsicherung geschickt. Sie soll sich das Projekt mal angu- cken. Sie braucht einen Ausbildungsplatz, ob man ihr dabei helfen könne. Sie schafft das nicht allein“. Frau M., die Sozialpädagogin des Projektes lädt sie zu einem Termin am über- nächsten Tag ein, an dem sich beide ausreichend Zeit für ihr Anliegen nehmen werden.

Welche Meilensteine hat Sandra bis zu diesem Zeitpunkt auf ihrem Lebensweg zurückge- legt, was erfahren wir über ihre Lebenswelt und darüber, über welche Hindernisse sie immer wieder gestolpert ist?

Sandra wächst als Einzelkind, bis zum Beginn ihrer ersten Ausbildung gut behütet auf. Das Elternhaus, in einer kleinen Stadt im ländlichen Raum und ihren Wohnort hat sie für längere Zeit nie verlassen, auch nicht um in den Urlaub zu fahren. Die Familie besitzt kein Auto und ist somit immer auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen.

Ihre Mutter - gelernte Verkäuferin - und der Vater – Waldarbeiter - sind arbeitslos und leben seit Jahren von Sozialleistungen.

Nach zehn Schuljahren erwirbt sie an der heimatlichen Grund- und Gesamtschule die erwei- terte Berufsbildungsreife. Das Lernen fiel ihr nicht leicht, doch mit Unterstützung der Lehrerin und ihrer Mutti hat sie die Prüfung mit ausreichendem Ergebnis bestanden.

Nahtlos beginnt sie Anfang Oktober 2002 eine überbetriebliche Ausbildung zur Kellnerin.

Weil, so berichtet sie, da gerade noch ein Platz frei war. Ihre Mutti riet ihr zu: „Mach das ehe du ein Jahr zu Hause sitzt“. Die Ausbildungsstätte ist 70 Kilometer von ihrem Wohnort ent- fernt. Sandra die allein ihren Wohnort bisher noch nie verlassen hat, muss nun täglich eine Busfahrt von zwei mal 1,5 Stunden zurücklegen. Sie verlässt das Haus um 6.00 Uhr und steigt zwei Mal in eine andere Buslinie um. Anfangs wird sie von der Mutter begleitet. Dann war das auf Grund des schmalen Haushaltbudgets der Familie nicht mehr möglich.

Vier Wochen nach Ausbildungsbeginn kam Sandra immer mal wieder zu spät. Sie hatte ver- schlafen, fing an, ganze Tage zu fehlen. Erzählte den Eltern an diesen Tagen, dass sie spä- ter oder gar nicht zur Ausbildung muss. Sie fuhr an manchen Tagen früh mit dem Bus los.

Ging dann zu einer Freundin und fuhr nachmittags wieder in ihren Heimatort. Nach zwei Ab- mahnungen wegen der hohen Anzahl an Fehltagen, musste sie die Ausbildung nach vier Monaten abbrechen.

Ihre damals 19-jährige Freundin, die sie aus der Schulzeit kannte, wohnte in der Kreisstadt und befand sich in einer Ausbildung zur Köchin. In dieser Zeit nahmen die Auseinander- setzungen, mit ihren Eltern immer mehr zu. Sandra erzählt: „Immer wieder musste ich mir von meiner Mutter anhören, dass ich endlich eine Lehre beginnen und zum Lebensunterhalt der Familie beitragen soll“.

Birgit Krüger: Jugendamt 14

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Nachdem Sandra ein Jahr wieder bei Ihren Eltern wohnte, hat sie auf Drängen der Mutter das Angebot der Berufsberaterin angenommen, erneut eine überbetriebliche Ausbildung zur Kellnerin zu beginnen. Nach eigenen Angaben wollte sie ihre Eltern nicht enttäuschen und die Ausbildung diesmal schaffen.

In Absprache mit den Eltern, ist sie in die Wohnung der Freundin mit eingezogen. Auch diese Ausbildung wurde ihr nach 6 Monaten wegen fehlender Mitarbeit und der hohen Anzahl an Fehltagen gekündigt. Ob und wie Sandra von der Ausbildungsstätte begleitet wurde, können wir nicht in Erfahrung bringen.

Man könnte meinen, dass mangelnde Motivation, mangelnde Identifikation und eine andere oder fehlende Vorstellung vom gewählten Berufswunsch, Probleme sich in eine neue Gruppe zu integrieren, Konflikte mit den Ausbildern, fehlende Kommunikation und Konfliktfähigkeit und der für Sandra nicht zu bewältigende Leistungsdruck immer wieder einen Abbruch ver- ursachten.

In den drei folgenden Jahren lebt Sandra weiterhin in der gemeinsamen Wohnung mit ihrer Freundin von ALG II – Bezügen. Sie nimmt an mehreren Beschäftigungsprojekten über das Amt für Grundsicherung teil.

In ihrem unmittelbaren Wohnumfeld findet Sandra Freunde, die alle ausnahmslos ALG II - Empfänger sind und ohne Ausbildung. Außer ihrem Freund, der eine abgeschlossene Lehre als Maler hat und ab und zu mal jobbt. Auch ihre Freundin hat ihre Lehre beendet, ist seit längerem ohne Arbeit und Beschäftigung.

Die Clique hat für Sandra eine große Bedeutung. Sie sagt. „Die Clique ist mein Leben“. Mit ihnen feiere ich Partys, treffe mich zum Computerspielen und Fernsehen mal bei dem oder dem in der Wohnung. Wir kochen, grillen und hängen zusammen ab. Man könnte anneh- men, dass der Aufenthalt und die Zugehörigkeit in der genossenschaftlichen Schicksalsge- meinschaft (der Clique) genauso wie die Loyalitätserwartungen, von Sandra als entlastend erlebt werden.

Sandra hat Systeme erlebt, in denen eine Berufstätigkeit nicht mehr zum Lebensalltag ge- hört, einmal in der eigenen Familie und zum anderen im Freundeskreis. Ein Leben ohne Ausbildung und Arbeit erfährt sie zunehmend als ihre Normalität. Es sieht danach aus, dass sie jedoch die Erfahrung gemacht hat, dass man auf einem niedrigeren Level der Existenz gut leben kann, auf das sie sich bereits eingerichtet hat und mit dem sie sich identifiziert. In der Regel kann sie gut haushalten und kommt mit ihrem Einkommen gut aus.

An diesem Punkt in ihrem Leben angekommen, lernen die Projektmitarbeiter und ich sie, als ein für uns unbeschriebenes Blatt kennen.

Als Sandra sich im Projekt vorstellt, in das sie auch diesmal nicht aus eigenem Antrieb kommt, ist sie bereits 5 Jahre ohne Ausbildung und von Maßnahme zu Maßnahme gewan- dert, ohne Ergebnis was ihre berufliche Eingliederung betrifft.

In mehren Einzelgesprächen arbeiten Sandra und die Sozialpädagogin Frau M. heraus, was Sandra in ihrer zukünftigen Lebensplanung wirklich will, was in der Vergangenheit gut funkti- oniert hat und was nicht und warum. Erwartungen an das, was durch ihre Teilnahme am Pro- jekt herauskommen soll, werden gemeinsam geklärt. Der Sozialpädagogin fällt auf, dass es Sandra sehr schwer fällt ihre Erwartungen und ihre Vorstellungen zu benennen. Stattdessen hört sie immer wieder die Erwartungen des persönlichen Ansprechpartners oder der Mutter heraus. Alternativen werden besprochen und Prioritäten im Vorgehen festgelegt.

Sandra kommt nach zwei Wochen zu folgenden Ergebnissen:

- ihr Fernziel ist die Ausbildung zur Köchin in einer für sie geeigneten Ausbildungsstätte - ihre Ausbildungsstätte, muss in ihrem Wohnort sein, sie will von ihren Freunden nicht weg und will auch nicht jeden Tag fahren, dass schafft sie ihrer Meinung nach nicht

- Vorher möchte sie in einem Praktikum herausfinden, ob ihr diese Arbeit wirklich Spaß

Birgit Krüger: Jugendamt 15

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macht

- innerhalb des Ortes will sie mobiler werden, vielleicht auf ein Fahrrad sparen

- auf alle Fälle möchte sie ihre Wohnung behalten und ein selbständiges Leben führen - vor Ausbildungsbeginn, will sie ihre Angst vor der Mathematik verlieren und ihre Leistungslücken schließen

Gemeinsam überlegen sie, was Sandra davon allein in die Hand nehmen kann und wo und von wem sie welche Unterstützung braucht, d.h. wer zum Gelingen der Pläne beitragen kann.

Sandra besucht auch hier anfangs regelmäßig das Projekt, zwei bis drei Mal vier Stunden in der Woche im Rahmen der Einzelfallarbeit. Ihre Leistungslücken in Mathematik baut sie mit Erfolg immer mehr ab, was ihr Selbstbewusstsein stärkt. In der Einzelfallarbeit ist sie pünkt- lich und engagiert. Gruppenarbeit lehnt sie zu diesem Zeitpunkt kategorisch ab. Sie habe ihre Freunde und hat auf die Leute in der Gruppe keinen Bock. Einmal in der Woche gibt es im Projekt ein gemeinsames Mittagessen. Frau M. kann sie dafür gewinnen, in einer kleinen Gruppe, an der Zubereitung mitzuwirken. Sie hat zunehmend Spaß und Freude daran, ist motiviert und meldet sich aus eigenen Stücken auch für die Organisation und den Einkauf.

Für ihre Kochkünste wird sie in der Gruppe bewundert. Alle weiteren Gruppenaktivitäten verweigert sie weiterhin.

Nach kurzer Zeit gelingt es ihr ein Fahrrad zusammenzusparen. Sie radelt nun zum Projekt und unternimmt mit ihrer Freundin kleine Radtouren. Versuche sie und Ihre Freunde in den nahe gelegenen Jugendklub zu integrieren scheitern.

Ihre Bemühungen um einen Praktikumsplatz in einem ortsansässigen Restaurant sind erfolg- reich. Anfangs scheint sie sehr motiviert. Bereits nach einer Woche ist sie unpünktlich, ent- schuldigt sich aber bei dem Restaurantbesitzer und im Projekt. 5 Tage später kommt sie gar nicht und meldet sich erst am nächsten Tag. Die Sozialpädagogin beraumt ein klärendes Gespräch im Praktikumsbetrieb an. Sandra wird deutlich gemacht, was für Auswirkungen ihr Fehlen für den Restaurantbetrieb hat und es werden klare Regeln miteinander vereinbart.

Nachdem nun einige Tage wieder alles problemlos läuft, kommt sie wenige Tage später wie- der nicht. Da sie zu diesem Zeitpunkt schon 18 ist, legt sie immer öfter Krankenscheine vor.

Wiederum ruft sie jedes Mal an, wenn sie nicht kommt, entschuldigt sich und findet immer wieder Ausflüchte und Entschuldigungen für ihr Fehlen. Dann meldet sie sich erneut krank.

Der Praktikumsplatz wird ihr gekündigt.

Sie entschuldigt sich im Projekt, stellt ihr Handy aus und ist somit erst einmal nicht erreich- bar. Auch bei Hausbesuchen lässt sie sich verleugnen oder macht nicht auf.

Zu einem späteren Zeitpunkt erscheint sie dann wieder im Projekt. In der Einzelfallarbeit wird herausgearbeitet, ob sie an ihrem Ziel und ihren Vorhaben noch festhalten will oder ob es andere Pläne gibt.

Der Blick wird auf das Einhalten der vereinbarten Verantwortlichkeiten gerichtet, darauf wa- rum was so gelaufen ist und welche Konsequenzen ihr Fehlen haben kann. Sandra benennt ihre nächsten Schritte.

Während dessen findet erstmalig eine Abstimmung zwischen der Sozialpädagogin des Pro- jektes und dem persönlichen Ansprechpartner des Amtes für Grundsicherung statt. Man ist sich einig, dass ein abgestimmtes Vorgehen für Sandras weitere Entwicklung und ihre Be- rufswegplanung sinnvoll wäre, was bisher außer ein paar Telefonaten versäumt wurde. Bei- de Verantwortlichen stellen fest, dass Sandra die jeweiligen Systeme gut bedient. Sie verhält sich vorbildlich, indem sie ihr Fehlen umgehend entschuldigt und immer wieder neue Vor- schläge zur Besserung und zum weiteren Vorgehen anbietet. Das, was von ihr als Mindest- anforderung verlangt wird, bedient sie. Immer wieder erfährt sie Verständnis, das mit weite- ren Angeboten einhergeht.

Birgit Krüger: Jugendamt 16

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Es wird auch herausgearbeitet, dass eine Ausbildungsstelle auf Grund der fehlenden Flexibi- lität und Mobilität zum jetzigen Zeitpunkt vor Ort sein muss und eine betriebliche bzw. über- betriebliche Ausbildung sozialpädagogischer Begleitung bedarf. Der persönliche Ansprech- partner macht deutlich, dass ihm jedoch die Hände gebunden sind, da Maßnahmen von den vorhandenen regionalen Angeboten abhängig gemacht werden. Er verstehe zwar, dass indi- viduell angepasste Hilfen, die von den Betroffenen gewollt sind, nachhaltiger wirken, hätte jedoch keine passende Maßnahme.

So tritt Sandra nach fünf Monaten wieder auf der Stelle. Sie findet zwei weitere Praktikums- plätze, die sie immer wieder nach dem gleichen Muster abbricht. Für ihr Fehlen und Schwänzen hat sie Begründungen parat, die ihr Verhalten rechtfertigen sollen. Einmal war es der kranke Vater, die Freundin die sie nicht geweckt hat, ein Freund der Probleme hatte, dem sie unbedingt helfen musste, die Sozialpädagogin des Projektes, die angeblich nicht dazu gekommen ist den Praktikumsvertrag aufzusetzen, in dessen Besitz Sandra seit Tagen war und und und…

Durch das Amt für Grundsicherung, das mit ihr in der Eingliederungsvereinbarung einen Endtermin zur Aufnahme einer Ausbildung vereinbart hatte, wurden ihr zwei Ausbildungs- stellen angeboten, die ca. 30 km von ihrem Wohnort entfernt liegen. Sie versprach sich dort zu bewerben. Gemeinsam mit der Sozialpädagogin des Projektes hat sie sich die über- betrieblichen Ausbildungsstätten angesehen, sich mit den Fahrwegen und den Verkehrs- mitteln vertraut gemacht und über mögliche Hilfen vor Ort informiert. Das Amt für Grundsi- cherung sicherte ihr dabei eine ausbildungsbegleitende Hilfe sowie die Begleitung beim Ü- bergang durch das Projekt zu.

Sandra hat beide Bewerbungstermine bewusst verstreichen lassen, ihren persönlichen An- sprechpartner und die Sozialpädagogin jedoch informiert, sie hätte alles eingereicht. Zu den vereinbarten Terminen kam sie nicht ins Projekt, ließ sich jedoch von ihrer Freundin ent- schuldigen, sie sei krank.

Da sie über ihr Handy wieder einmal nicht erreichbar war, was sich zu einem typischen Fluchtverhalten entwickelte, wurde sie schriftlich zu einem Termin vorgeladen. Sandra wur- de, wegen fehlender Mitwirkung eine sofortige Sanktionierung angedroht, wenn sie nicht innerhalb der nächsten 4 Wochen einen Ausbildungsplatz oder ein Praktikum nachweisen kann.

Zwei Wochen später teilte sie dem Amt für Grundsicherung mit, dass sie schwanger ist und nun erst einmal keine Ausbildung beginnen könne. Deshalb habe sie auch die Bewerbung nicht abgeschickt. Sie war der Auffassung, das Projekt mache nun kein Sinn mehr. Sie wird mit ihrem Freund nach X in einen anderen Landkreis ziehen, der dort eine Arbeit gefunden hat.

Den Weg ins Projekt hat sie nicht mehr gesucht. Es ist uns nicht bekannt, wo Sandra wirklich hingezogen ist und wie ihr Leben auf Grund der Entscheidung die sie getroffen hat, jetzt ver- läuft.

Aus welchen Gründen ist Sandra aus meiner Sicht bei der beruflichen Integration geschei- tert?

1. Das Ausbleiben der frühzeitigen Reaktion auf Signale, die Sandra unmittelbar nach Beginn der ersten Ausbildung aussendete, wie ihre unzureichende Mobilität und Flexibilität und der nicht allein zu bewältigende Leistungsdruck, haben die Muster des Vermeidungsverhaltens und Fluchtverhaltens verstärkt. Möglicherweise, wäre es durch eine frühzeitige Unterstützung gelungen, Hilfen lebensweltnaher und zeitnah zu

organisieren.

2. Ich habe den Eindruck, dass Sandras Lebensanspruch sich im Laufe der Zeit, dem ihrer Freunde angepasst hat, die in der Regel mit ihren Einkommen aus den Sozialleistungen auskommen und mit ihrem derzeitigen Lebensinhalt zufrieden sind. Sandra hat sich in

Birgit Krüger: Jugendamt 17

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ihrer Lebenswelt gut eingerichtet und ist zufrieden. Nur wir ihre Helfer nicht, die sich ein anderes Leben für Sandra vorstellen. Der starke Loyalitätskonflikt gegenüber ihren Freunden hat die notwendige Veränderung verhindert.

3. Ich meine, dass das uns gegenüber formulierte Ziel einer Ausbildung zur Köchin nicht wirklich ihr Wille ist und sie es uns nur angeboten hat, weil sie wusste, dass sie nur so ihren Lebensunterhalt sichern kann. Eines ihrer ureigensten Ziele ist es, eigenständig in einer eigenen Wohnung zu leben.

4. Sandra wurde über fünf Jahre von Angebot zu Angebot geschoben, ohne bei der Entwicklung ihres Leistungs- uns Ausbildungsvermögens als handelnde Person in Erscheinung zu treten. Die Hilfen zur beruflichen Integration haben ihre Selbständigkeit und Entscheidungsfähigkeit nur in unzureichendem Maße gefördert.

5. Ich habe den Eindruck, dass es nicht ausreichend gelungen ist, sich an den individuellen Voraussetzungen und Belangen dieser jungen Frau auf ihrem Lebensweg auszurichten, an ihrer tatsächlichen Ausgangslage und ihren Lebensumständen. Die von uns

gegebenen Impulse für alternative Lebensweisen und Lebensplanungen, konnten von Sandra nicht aufgegriffen werden.

6. Ein Mangel an Abstimmung und Zusammenarbeit der jeweils an der sozialen und beruflichen Integration Beteiligten, produzierte möglicherweise Fehlentwicklungen, die einen Aufbruch in das eigene Leben und die Übernahme der eigenen Verantwortung verhindert haben.

These:

Es gibt Jugendliche die bedienen uns „Helfer“, bzw. ihre Unterstützungssysteme, um sich nicht wirklich auf den Weg machen zu müssen.

Der Mangel an Kooperation zwischen den für die berufliche Integration von Jugendlichen zuständigen Instanzen führt somit zu Maßnahmekarrieren, statt zum systematischen Abbau von Ausbildungs- und Vermittlungshemmnissen.

Forderung:

Um solche Muster zu unterbrechen, müssen wir uns stärker im Interesse einer wirksamen beruflichen Integration Jugendlicher im Einzelfall vernetzen, abstimmen und informieren. Es muss künftig um Angebote und Unterstützungsleistungen gehen, die arbeitsmarktrelevant an den individuellen Ressourcen des Jugendlichen sowie an seinem Lebensumfeld und seiner Lebenswelt orientieren.

Birgit Krüger

Jugendamt Landkreis Oder - Spree

Birgit Krüger: Jugendamt 18

(20)

d. Fallbeispiel Jugendberufshilfe Entwurzelung – Zufall oder Unfall?

Mein letzter Besuch im Ausbildungszentrum lässt mich nicht los. Ich habe Thomas wieder getroffen.

Du weißt, vor 5 Jahren beendete er bei uns das Arbeitstrainingsprogramm. Der Schulab- schluss war damals noch nicht drin. Seine Eltern sind, wie man so sagt: Einfache Leute.

Er stand an der Werkbank und feilte ein Metallstück. „Ich darf nicht wie die anderen an die Maschinen.“ berichtet er mir. „Ich werde das Ausbildungsziel sowieso nicht schaffen! - sagt der Lehrmeister“ berichtet er mir. Thomas fühlt sich sehr klein, fast einsam in diesem großen Raum.

Ich erinnere mich. So habe ich ihn kennen gelernt, damals, vor knapp 6 Jahren. Mathe fiel ihm schwer und die Schule hatte ihre liebe Not mit ihm. Erst war er nur Stunden weg, später war es kaum aufgefallen, als er 2 ganze Tage nicht kam. Die Mutter hatte es längst aufgege- ben zu kämpfen – nein, nicht gegen Thomas, sie hatte aufgegeben für Thomas zu kämpfen;

nicht als sie den Vater nicht mehr halten konnte, nicht als sie die Versetzungsgefährdung angezeigt bekam.

Irgendwann fragte sie ihn nicht mehr, als er morgens nicht zu Schule ging, Schulfreunde kamen sowieso nie zu ihm nach Hause.

Eine kurze Aufregung erlebte sie, als das Schulamt sich meldete, doch da war Thomas schon nicht mehr erreichbar. Er schlief lange und aß wenig. Wenigstens Bekannte hatte er kurzzeitig wieder. Die kamen und besuchten ihn manchmal. Aber leider immer spät abends.

Der Rauch in seinem Zimmer war allgegenwärtig. „Wenn ich den Schiet rauche, geht’s mir gut.“ aber für eine Mutter muss doch dieser Satz einen faden Beigeschmack haben, oder?

So leise, wie Thomas in der 8. Klasse die Schule verließ, er hatte zwei Klassen wiederholen müssen. An der Grundschule ging es ihm gut. Basteln hat er immer gerne gemacht und Mu- sik mochte er.

So leise, wie Thomas die Schule verließ, so leise tauchte er irgendwann bei uns in der Werkstatt auf. „Ich soll mich hier melden.“ sagte er und seine Mutter stand dicht hinter ihm.

„Vielleicht hat er ja eine Lernbehinderung“ - hatte sie aus der Schule zu berichten. Und nun war er hier. Das Jugendamt gibt ihm eine letzte Chance, wenn er sich hier gut macht.

Viel ist nicht zu berichten. Thomas war pünktlich, fast immer. In kleinen Gruppen konnte er sich einbringen, sonst stand er am Rand und beobachtete am liebsten. Der Vogelkasten, den er baute, war nicht wirklich gut gelungen, aber die Vögel haben sicher Nachsicht mit seinem Werk. Immerhin hält er fest zusammen und ist regendicht. Die Fahrten fand er schön, mit Paddel und Zelt war dies für ihn eine neue Erfahrung.

Irgendwie schaffte er den Sprung ins Berufsvorbereitende Jahr. Regelmäßigkeit war in sein Leben wieder eingekehrt und gefrühstückt hatte er auch. Dies war eine Forderung von da- mals, des Sozialarbeiters, damals - in der OASE. UND „Und ich kann etwas, wenn ich mir Mühe gebe UND

mein Leben erwartet meine Gestaltung.“ weiß Thomas von damals zu berichten.

Er verließ die Werkstatt nach knapp einem Jahr mit dem Vorsatz: wer mit Holz arbeiten kann, dem geht das Material in Brandenburg so schnell nicht aus.“

Den Eignungstest im BvJ, den alle zu Beginn machen müssen, hat er nicht bestanden. Du wirst den Schulabschluss hier nicht schaffen. Die Motivation währte dann doch wieder nur 4 Monate. „Unnütze Zeit - für Nix“ so sein Kommentar, danach Urania.

Das Praktikum bei der Autopflege war für ihn eine neue Erfahrung. Die haben mich als Kol- legen gesehen. „Heimat“ - nannte er diesen Praktikumsplatz, „Heimat“ - und Thomas wollte ankommen.

Der Firma ging's schlecht und die „Heimat“ konnte ihn nicht halten.

Danach war ich auf einem Bauhof. 1 € Job – „...ich sollte Durchhalten lernen.“

Bodo Ströber: Jugendberufshilfe 19

(21)

Nun steht er hier.

Ich finde es gut, wenn Maurerlehrlinge auch Grundsätzliches aus der Metallbearbeitung ler- nen. Thomas hat eine neue Vokabel gelernt: „Überbetrieblich“ - das hat schon etwas von Betrieb, Firma, Arbeit, doch so wie er das sagt, klingt es wenig hoffnungsvoll.

Ich bin sehr nachdenklich auf dem Weg zurück in die OASE. Thomas klingt mir in den Oh- ren. Ich erinnere mich an einen Satz von damals: „Ich will's doch gut machen, auch wenn ich schlechte Leistungen bringe.“ - Zugegeben, die Übersetzung dieses Satzes war für mich schon damals so einfach nicht.

*

Wir erleben Jugendliche deren Leben durch Abbrüche gekennzeichnet ist. Zu Hause, der Wechsel aus der Grundschule, die Klassenwiederholungen, die Ausbildungsmaßnahmen.

Wer bricht da eigentlich wem etwas ab? Und wer bricht darunter zusammen?

Wann immer jemand Zeit hatte, sich auf Thomas zu zu bewegen, der erlebte bewegtes Erle- ben unter der stillen Fassade.

Jugend heißt – unterwegs sein. Woher und wohin sind jedoch die Fragen, die die Reise als Gewinn erleben lassen. Parallelwelt Thomas / Teilhabe am Leben: Gibt es eine mathemati- sche Regel die einen Schnittpunkt zwischen Parallelen erlaubt?

Bildung als Vorbereitung auf die Erwachsenenwelt – Ziel oder Drohung? Entwicklung braucht zumeist länger als wir planen können. Vorbereitung auf das Leben, auf die Arbeit, auf den Beruf – Berufsvorbereitung, doch wie soll das gehen, wenn wir Jugendliche trainieren lassen, durchzuhalten. Halten wir denn selber durch – mit dem, was wir ihnen versprechen?

Ein berufsvorbereitendes Jahr beginnt oft mit einem Eignungstest, ob jemand das Klassen- ziel erreichen kann, oder nicht. Ja woher weiß ich denn das im Leben eines Jugendlichen schon ein Jahr vorher? Sind die Hoffnungen unserer pädagogischen Prozesse so klein?

Thomas wird ein Ziel schaffen. Noch kann niemand wissen, wo er ankommen wird. Doch Thomas träumt noch. Und träumen ist eine Grundvoraussetzung das Leben als etwas Ge- staltbares zu erleben.

Maxi Wander

Lasst uns arbeiten aber auch faul sein.

Lasst uns Kraftwerke bauen, aber auch Luftschlösser.

Ohne Luftschlösser, keine Kraftwerke.

These:

Wenn wir es schaffen, das Träumen Ausbildungsinhalt wird, werden Ausbildungsziele er- reichbarer.

Forderung:

Jeder Jugendliche hat das Recht auf einen Ausbildungsplatz.

Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu be- schaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Antoine de Saint Exupery

Bodo Ströber Diplompädagoge

Jugendhaus OASE, Hoffbauer – Stiftung, Tornowstrasse 35, 14471 Potsdam oase@hoffbauer-stiftung.de

Bodo Ströber: Jugendberufshilfe 20

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4. Regionales Übergangsmanagement ?! – Herausforderungen und Chan- cen des Zusammenwirkens unterschiedlicher Arbeitsbereiche

Birgit Reißig, Deutsches Jugend Institut Halle

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5. Diskussionsergebnisse der drei Arbeitsgruppen: Faktoren des Scheiterns und des Gelingens Arbeitsgruppe Rot Birkenzimmer Moderation: Charlotte Große, KORUS

Merk – Würdiges

Was wurde an den Fallbeispielen deutlich?

Biografisch Institutionell

- die große Bedeutung der Eltern in dieser Lebensphase (ist den Eltern selbst oft nicht klar)

- die Brüche in den Übergängen Kita – Schule bzw. Grundschule – Sek I sind nicht im Blick

- Wir beschäftigen uns mehr mit den Symptome und schauen zu wenig auf die Ursachen.

- Es gibt behindernde und befördernde Sozialräume.

- Wer am Ende der Schulzeit klare Vorstellungen hat, hat eine gute Perspektive.

- Jugendliche können sich in einem "Minimum" einrichten.

- Junge Menschen haben in ihrem Leben große Chancen, auf inkompetente Erwachsene zu treffen!

- Bindungsproblematik

- Wir vergessen die Jugendlichen zu fragen, was sie wollen.

- Hauptschüler sind per se benachteiligt!?

- Die Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen klappt nicht.

- Verschieberei der Fälle

- Informationen zur Vorgeschichte fehlen / werden nicht weiter gegeben

- personeller Wechsel behindert Vernetzung (bezog sich insbesondere auf die Beschäftigten bei den Bildungsträgern) - Der Datenschutz erschwert (bzw. wird auch "benutzt"?) gute Übergänge.

- Die Kooperation funktioniert nur wenn man sich kennt.

- Ausschreibungen der BA folgen nur dem Preis, Qualität und Kontinuität interessieren nicht.

- Der defizitäre Blick überlagert die Ressourcenwahrnehmung.

- Die Infrastruktur passt nicht zu der Konzentration von Schul-, Ausbildungsstandorten im Land Brandenburg:

- Jugendsozialarbeit wird vielerorts noch als freiwillige Leistung angesehen.

- Es geht ums Geld – nicht um den Menschen.

Diskussionsergebnisse der Arbeitsgruppen 31

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Meinungen zu den Thesen der Inputgeber/innen

Schule Amt für Grundsicherung Jugendamt Jugendberufshilfe andere suchen für die

Jugendlichen (aus eigener Verzweifelung)

die in der "Mitte" (= Schüler mit Abschluss, aber schlechten Noten) haben die größten Probleme

? Wer ist eigentlich mit wem unzufrieden:

die Schule mit den Schülern die Schüler mit der Schule?

? … und was ist eigentlich mit IOS?

These wurde für eine "schöne Ausrede" gehalten

Einige Teilnehmer der AG haben schlechte Erfahrungen mit der ARGE gemacht

(Wann sind die Mitarbeiter da?

Wie kann man sie erreichen?) Stimmt! … und wie weiter?

Ja, weil wir es zulassen;

weil wir davon abhängig sind, gebraucht zu werden.

Die zeitliche Belastung (im ASD) verhindert die intensive Beschäftigung mit dem Einzelfall.

Die Helfer halten ihre Fälle fest (finanzielle Abhängigkeit)

Die Leitbilder der

verschiedenen Institutionen (SGB VIII, SGB II + II) stimmen nicht überein.

Wir erwarten zu viel!

Genau!

Umwege gehen ist erlaubt!

Kindern und Jugendlichen werden ihre Träume früh gestohlen.

? Warum ist plötzlich die Neugier weg (bei Kindern /

Jugendlichen)?

Zustimmung, Bekräftigung Ablehnung / Kritik ? unentschlossen, Fragen Gute Praxis

(Welche Erfahrungen haben Sie bezüglich der Faktoren des Gelingens gemacht?)

Diese Fachtagung heute! Konzepte der Jugendverbände zu Berufsorientierung /

Bewerbungstraining als Angebot für Schulen Zusätzliche Mittel für eine Psychologin (intensive Diagnostik),

Supervision für die Mitarbeiter/innen + ein Übergangsbegleiter in Vorbereitung: Elterninformation zu Berufsperspektiven für ihre (Leonardos Meisterbude, SPI Cottbus) Kinder (AWO + Kompetenzagentur LDS)

Initiative "Runder Tisch" (Cottbus) Kobra.Net Jugendberufshilfeprojekt in Oberhavel (Jugendamt + Amt für Grundsicherung)

Diskussionsergebnisse der Arbeitsgruppen 32

(34)

AG Grün - Saal, Moderation Torsten Baensch, Landesjugendamt Merk-Würdiges

-

Hartz IV Scheitern, Eltern haben aufgegeben

-

Eltern sind kein Vorbild

-

Struktur und Rituale sind nötig

-

Erfahrung: Erwachsene entscheiden

-

Persönlichkeitsentwicklung als Chance

-

Verbleibende Abhängigkeit

-

Aktive Beteiligung

-

Wer definiert „Scheitern“?

-

„Helfersyndrom“, autoritäres Verhalten (der Fachkräf- te)

-

„Dosierung“ der Hilfen

-

Maßnahmen beenden, nicht Hilfen

-

Schule und Jugendhilfe als integriertes Unterstüt- zungssystem entwickeln

-

Unterschiedliche Erwartungen und Ziele (der Hand- lungssysteme)

-

Notwendige „Vernetzung“ zu der Frage, was bisher (an Hilfen usw) gelaufen ist

-

Vormundschaftliches Verhalten der Fachkräfte (kor- respondiert mit der verbleibenden Abhängigkeit der Jugendlichen)

-

Unterschiedliche Strukturen der Systeme

-

Forderung: Case Management

-

Problem: „konkurrierende Hilfesysteme“

-

Qualifiziertes Personal

-

Sind die vorhandenen Angebote in der Region be- kannt?

-

Wartezeiten

-

Grenzen der Hilfe

-

Wann ist die Hilfe zu Ende?

-

Handhabbare Kompetenzverfah- ren

-

Ausgrenzungserfahrungen Was wird in einer biografischen Perspektive deutlich,

welche Erfahrungen haben Sie hierzu mit denen von Ihnen betreuten Jugendlichen?

Äußerungen, die sowohl die biografische als auch die institutionelle Perspektive

betreffen

Was wird in einer institutionellen Perspektive deutlich, welche Erfahrungen haben Sie hierzu mit denen von Ihnen betreuten Jugendlichen?

In der Diskussion stellte sich heraus, das bestimmte „Merk-Würdigkeiten“ je nach Perspektive eine biografische wie auch institutionelle Bedeutung haben. Diese Merk-Würdigkeiten habe ich in einer Zwischen-Kategorie visualisiert.

Diskussionsergebnisse der Arbeitsgruppen 33

(35)

Thesen

Aus Zeitgründen haben wir die Thesen nicht diskutiert, sondern nur per Symbol auf den aushängenden Thesen Zustimmung, Unentschlossenheit und Ablehnung symbolisiert und so ein Meinungsbild eingeholt.

Zustimmung Unent-

Bemerkungen

schlossen, Fragen

Ablehnung

Jugendberufshilfe

Wenn wir es schaffen, das Träumen Ausbildungsinhalt wird, werden Ausbildungsziele erreichbarer.

13 1 0

Diskutiert wurde, dass der Begriff

„Träumen“ durch „Vision“ ersetzt werden sollte.

Jugendamt

Es gibt Jugendliche, die bedienen uns „Helfer“, bzw. ihre Un- terstützungssysteme, um sich nicht wirklich auf den Weg ma- chen zu müssen.

Der Mangel an Kooperation zwischen den für die berufliche Integration von Jugendlichen zuständigen Instanzen führt so- mit zu Maßnahmekarrieren, statt zum systematischen Abbau von Ausbildungs- und Vermittlungshemmnissen.

3 6 5

Wie schon im Bereich „Merk-Würdiges“

wurde hier die Frage der Grenzen der Hilfe am deutlichsten kontrovers wahr- genommen.

Amt für Grundsicherung

Wir werden es nicht schaffen, eine ALLUMFASSENDE Bera- tung aus einer Hand sicherstellen zu können!

9 1 4

Der Begriff „allumfassende“ kann auch durch „alles vernetzende“ ersetzt wer- den.

Schule

Verweigere Schule und es werden neue Möglichkeiten für dich gefunden.

2 10 2

Bedeutungsinhalt der These wurde un- terschiedlich wahrgenommen.

Gelungene Praxis

Wie haben Sie auf die Herausforderungen gelingend reagieren können?

- Beispiel Oberhavel: Jugendhilfeplanung – Jugendberufshilfe, Jugendamt, Bundesagentur, Grundsicherung und Politik an einem Tisch; in- zwischen macht auch Schule mit.

- Landesstelle Schule – Jugendhilfe bietet Tandem-Fortbildungen für LehrerInnen und SozialarbeiterInnen an.

- Kooperation mit Schule, z.B. gemeinsame Supervision

- Standards für Schulverweigererprojekte (über Homepage kobranet abrufbar)

- Gute Kooperationserfahrungen einzelnen kompetenten MitarbeiterInnen der BA oder mit LehrerInnen; aber immer wieder Scheitern von Kooperationsbemühungen auf der strukturellen Ebene

Diskussionsergebnisse der Arbeitsgruppen 34

Referenzen

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