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Archiv "Mobile Versorgung: Praxis auf Rädern" (08.02.2013)

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A 212 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 6

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8. Februar 2013

MOBILE VERSORGUNG

Praxis auf Rädern

Vernetzung und Mobilität sind wesentliche Komponenten einer zukunftsgerichteten Medizin. Ein Beispiel, das mancherorts Schule machen könnte, ist das „DocMobil“.

W

as können mobile Lösungen und Telemedizin für eine zukunftsgerichtete Gesundheitsver- sorgung, die Rationierung vermei- den will, leisten? Darüber diskutier- ten circa 500 Teilnehmer beim 4.

Kongress „Vernetzte Gesundheit“

in Kiel (www.vernetzte-gesundheit.

de). Dabei ging es unter anderem um Apps, Social Media, elektroni- sche Patientenakten und Portale so- wie um innovative Modellprojekte über Sektoren-, Berufs- und Län- dergrenzen hinweg.

Das Motto „Mobile Gesundheit – Sektoren ade?!“ solle deutlich machen, in welche Richtung die Reise gehen sollte, sagte Kristin Al- heit, seit Juni 2012 Sozialministerin des Landes Schleswig-Holstein, in ihrer Eröffnungsrede. „Versorgung muss künftig anders aussehen, sie muss stärker vernetzt, kooperativ und sektorenübergreifend aufge- stellt sein“, erklärte die Ministerin.

Mobile Gesundheit sei heute schon aus der Versorgung nicht mehr wegzudenken, erst recht nicht in ei-

nem Flächenland wie Schleswig- Holstein. Mehr Flexibilität umfasse dabei auch Telemedizin und Tele- matik, denn Telemedizin erspare lange Wege und Wartezeiten. Denk- verbote bei der Erprobung neuer Versorgungsformen dürfe es dabei nicht geben, betonte Alheit.

Wie viel Mobilität ist möglich und notwendig, um eine qualitativ hochwertige Versorgung auch vor dem Hintergrund des demografi- schen Wandels zu gewährleisten?

Aus Sicht einiger Experten lautet eine mögliche Antwort auf diese Frage, dass sich nicht nur Patienten und Daten bewegen müssen, son- dern auch die Ärzte selbst.

Move the Doctor . . .

Im Projekt DocMobil beispielswei- se arbeiten derzeit Akteure aus unterschiedlichen Bereichen daran, Patienten im dünn besiedelten Landkreis Dithmarschen an der schleswig-holsteinischen Nordsee- küste künftig mit einem Diagnos- tik- und Therapiemobil medizinisch

zu versorgen. Angestellte Ärzte in wechselnder Besetzung, auch in Teilzeit, könnten dabei die Versor- gung übernehmen. Noch ist das Konzept nicht in allen Einzelheiten ausgearbeitet, etwa was die Finan- zierung betrifft. Auch gibt es Vorbe- halte bei einigen niedergelassenen Ärzten. „Ärzte wollen nicht in einer modernen Campingvariante mobile Medizin betreiben“, erklärte Burk- hard Sawade, Kreisvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Schleswig-Holstein. Befürchtet wird auch, dass dadurch der ohnehin schwierige Verkauf eines Praxissit- zes unmöglich wird.

Der Vorstandssprecher der Ärz- tegenossenschaft Nord, Dr. med.

Klaus Bittmann, warb hingegen für das Konzept als ein Beispiel dafür,

„wie man innovative Verbesserun- gen im Gesundheitswesen schaffen kann“. Das mit mobilen Geräten wie Ultraschall, EKG, Haut-, HNO- oder Augenarztmodul ausgestattete Fahrzeug könnte nach einem festen Terminplan an festen Standorten für die ländliche Bevölkerung zur Ver- fügung stehen. Für die technische Wartung und Logistik wäre das Krankenhaus in der Region zu - ständig.

Chancen für Arzt und Patient Für viele kleine und entlegene Orte, die keinen Haus- oder Facharzt fin- den und schon gar keinen Arzt, der auch Hausbesuche macht, wäre das möglicherweise ein Ausweg aus der drohenden Unterversorgung. An- ders als das in Brandenburg prakti- zierte Modell, Patienten in Sammel- bussen aufzulesen und zur Arztpra- xis zu fahren, kommt eine solche Lösung vor allem behinderten und gebrechlichen Patienten entgegen, die aufwendige Wege nicht mehr bewältigen können und auf diese Weise trotzdem eine (technisch) hochwertige Medizin erhalten. Und auch für den Arzt hätte ein solches Modell Vorteile: „Eine Praxis erfor- dert hohe Vorhaltekosten für Geräte, Räume und Personal“, erläuterte Dr.

med. Stefan Krüger vom Medizini- schen Qualitätsnetz Westküste e.V.

Zweigpraxen erhöhten die Vorhalte- kosten noch. Ein DocMobil könnten sich dagegen mehrere Ärzte teilen, In der Schweiz

bereits Realität:

Abgelegene ländli- che Gebiete etwa im Großraum Basel werden durch Ärzte versorgt, die in Kleinbussen ihre Patienten aufsuchen, um die medizinische Grundversorgung si- cherzustellen (www.

mobile-aerzte.ch).

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8. Februar 2013 A 213 angestellte Ärzte oder Teilzeitkräfte

seien gegebenenfalls leichter rekru- tierbar. Junge Ärzte in Weiterbil- dung könnten ebenfalls von dem mobilen Einsatz profitieren.

Ein ähnliches Projekt soll dar über hinaus in diesem Jahr in Nieder- sachsen starten, berichtete aus dem Auditorium Stefan Hofmann, Ge- schäftsführer der KV Niedersach- sen, Bezirksstelle Braunschweig.

An dem Projekt der „rollenden Arzt- praxis“ beteiligen sich dort neben der KV der Autokonzern VW, die AOK Niedersachsen und der Land- kreis Wolfenbüttel. T-Systems lie- fert die telemedizinische Ausrüs- tung. Und in der Schweiz gehören Ansätze wie diese längst zum All- tag. So werden abgelegene ländliche Gebiete, etwa um Basel, durch Ärz- te versorgt, die in Kleinbussen ihre Patienten aufsuchen, um die medi - zinische Grundversorgung sicher - zustellen (www.mobile-aerzte.ch).

„Wir müssen uns solchen Mög- lichkeiten öffnen“, betonte Dr. med.

Franz-Joseph Bartmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Hol- stein. Auch wenn dies in der jetzi- gen ärztlichen Berufsordnung noch nicht vorgesehen sei. „Wir sind durchaus in der Lage, innovativ zu denken, aber Schritt für Schritt. Es würde kein Arzt belangt werden, der sich in so einem Projekt mit betätigt.“

„Die neue Medizin passiert im Internet“, ist der ehemalige Klinik- vorstand und Gründer des Bundes- verbands Internetmedizin, Dr. med.

Markus Müschenich, überzeugt. Die Information habe das Skalpell als das klassische lebensrettende Instru- ment in der Medizin abgelöst. Den Ärzten erwachse hier eine deutliche Konkurrenz, denn 35 Prozent der Patienten informierten sich inzwi- schen zunächst im Internet, bevor sie zum Arzt gingen, und viele ver- zichteten auf den Arztbesuch. Seiner Ansicht nach ist das Gesundheits- wesen fortschrittsfeindlich und gegenüber anderen Branchen viel zu langsam. Es handele sich um eine Branche, „die sich auch deswegen um ihren Nachwuchs bringt, weil keiner Lust hat, in so einer altertümlichen Bran- che zu arbeiten“. Zuneh-

mend seien es kleine branchenfrem- de, komplett arztfreie Start-up-Unter- nehmen, die nutzerorientierte Inno- vationen für das Gesundheitswesen entwickelten. „Die Treiber im Ge- sundheitswesen sind dabei endlich die Patienten“, erklärte Müschenich.

„Derzeit entwickelt sich gerade- zu eine Parallelwelt durch Start-ups im Gesundheitswesen“, meinte Christian Lautner, Geschäftsführer des Klinikportals 4QD – Qualitäts- kliniken.de. Der Mitbegründer des im Jahr 2007 gestarteten Arztsuch- und -bewertungsportals Imedo, da-

mals eines der ersten seiner Art, be- richtete über die schwierigen An- fangsjahre: „Erst wurden wir igno- riert, dann hat man gegen uns ge- klagt und uns mit Hasstiraden ver- folgt, und ab 2009 folgten die ers- ten Einladungen auf Kongresse“, berichtete Lautner. „Innerhalb von fünf Jahren hat sich – von außen – ein Markt entwickelt, der vorher unvorstellbar war.“ Inzwischen ge- be es keine große Krankenkasse mehr, die nicht auch über ein Arzt- bewertungsportal verfüge bezie- hungsweise daran beteiligt sei.

Als strategisches Vorbild für die Modernisierung des Gesundheits-

wesens dient vielen Experten der Siegeszug des Smartphones als in- tuitiv bedienbares Werkzeug für Information , Kommunikation und Transaktion und speziell die expo- nentielle Zunahme von Health- Apps. „Gesundheit ist der am schnellsten wachsende Bereich bei Apps“, meinte Jens Dommel, Mi- crosoft Deutschland. „80 Prozent davon betreffen Information in Form von Ratgebern, Lexika et cetera .“ Die Einsatzmöglichkeiten beispielsweise für Prävention, Coach ing oder die Arzt-Patienten-

Kommunikation seien vielfältig.

Hinzu kommen die Verbindung von App und medizintechnischem Ge- rät (Blutdruckmessgerät, Waage) sowie die Verteilung der Informati- on beziehungsweise die Verbindung mit Community-Funktionen (Bei- spiel: gemeinsames Abnehmen).

Immerhin greifen zunehmend auch Ärzte die Möglichkeiten des Smartphones auf. So berichtete die Vorsitzende des Landesverbands Schleswig-Holstein des Berufsver- bandes der Frauenärzte e.V., Doris Schar rel, von einer App für Schwangere, die der Berufsverband zur ärztlichen Begleitung dieser Pa-

tientengruppe derzeit entwickelt.

Mit der App wolle der Ver- band zusätzlich zum Mutterpass dem erhöh- ten Beratungsbedarf der Patientinnen Rechnung tragen, erläuterte Schar- rel. Die werbefreie „Mom - my-App“ zur Unterstützung für den Arzt und die Schwan- gere werde interaktiv nutzbar sein. Inhalte der App, die im Frühjahr für iPhones und auch Android-Smart phones erhältlich sein soll, sind unter anderem ein Er- eigniskalender, eine Dokumentation zur Unterstützung des Frauenarzt- besuchs sowie die Verlinkung auf die Verbandswebsite unter www.

frauenaerzte-im-netz.de, wo dies medizinisch sinnvoll ist.

Heike E. Krüger-Brand

Die Information hat das Skalpell als das klassische lebensrettende Instrument in der Medizin abgelöst.

Markus Müschenich, Bundesverband Internetmedizin

Die „Mommy-App“

können Gynäkologen künftig interaktiv bei der Betreuung von Schwangeren nutzen.

Foto: Mark enwe

rk

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