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Vertikal gezogene multikristalline Si-Folien f¨ur die Photovoltaik

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Academic year: 2022

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Vertikal gezogene multikristalline Si-Folien f¨ur die Photovoltaik

Charakterisierung und Solarzellenprozessierung

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Naturwissenschaften

(Dr. rer. nat.)

an der Universit¨at Konstanz Fachbereich Physik

vorgelegt von

Patric Kurt Geiger

Tag der m¨undlichen Pr¨ufung: 01. Juli 2003 Referent: Prof. Dr. E. Bucher

Referent: Prof. Dr. P. Wyder

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung 5

1 Untersuchte Materialien 9

1.1 Einf¨uhrung . . . 9

1.2 Edge-defined Film-fed Growth Silizium – EFG . . . 11

1.2.1 ”Altes“ Oktagon-EFG-Material . . . 14

1.2.2 ”Neues“ Oktagon-EFG-Material . . . 14

1.2.3 Zylinder-EFG-Material . . . 14

1.3 String Ribbon Silizium – SR . . . 16

2 Charakterisierung der Ausgangsmaterialien 21 2.1 Lebensdauern der Minorit¨aten in den Ausgangswafern . . . 21

2.1.1 Messprinzip . . . 22

Oberfl¨achenpassivierung . . . 23

Niedriginjektion und Biaslicht . . . 23

Das Messsystem . . . 24

2.1.2 Vergleich ”altes“ und ”neues“ Oktagon-EFG . . . 24

2.1.3 Ausgangslebensdauern in Zylinder-EFG . . . 25

2.1.4 Lebensdauern in unprozessiertem String Ribbon Silizium . . . 27

2.2 Elektrische Transporteigenschaften . . . 28

2.2.1 Prinzip der Hall-Messung . . . 28

2.2.2 Probenpr¨aparation und Messtechnik . . . 30

2.2.3 Experimentelle Vorgehensweise . . . 30

2.2.4 Hall-Mobilit¨at und Majorit¨atendichte in unpassivierten Folien 32 2.2.5 Einfluss der Wasserstoffpassivierung . . . 37

2.2.6 Eigenschaften bei Raumtemperatur . . . 40

2.3 Zusammenfassung . . . 42

3 Solarzellenprozessierung 45 3.1 Der ”Standard-Hochleistungsprozess“ . . . 45

3.1.1 Vorbehandlungen . . . 46

3.1.2 Emitterdiffusion . . . 46

3.1.3 Thermische Oxidation . . . 47

3.1.4 BSF-Bildung und Al-Gettern . . . 47

3.1.5 Photolithographie . . . 48

(4)

3.2 Charakterisierung prozessierter Solarzellen . . . 49

3.2.1 IV-Kennlinie, spektrale Empfindlichkeit und Quantenausbeute 49 3.2.2 Diffusionsl¨ange der Minorit¨atsladungstr¨ager . . . 50

3.2.3 Ortsaufgel¨oste Kurzschlussstrommessungen . . . 51

3.3 Anpassung der Getterschritte . . . 51

3.3.1 P-Gettern . . . 52

3.3.2 Al-Gettern . . . 53

Gettern in EFG . . . 53

Gettern in SR . . . 55

3.4 Anpassung der Wasserstoffpassivierung . . . 57

3.5 Korrelation Zelleigenschaften–Ausgangslebensdauern . . . 62

3.6 Leistungsgrenzen des Zellprozesses . . . 65

3.7 Zusammenfassung . . . 66

4 Prozessmonitoring anhand ortsaufgel¨oster Lebensdauermessungen 69 4.1 Experimentelle Vorgehensweise . . . 70

4.2 Messtechnische Probleme und deren L¨osung . . . 73

4.3 Ergebnisse der Messungen . . . 75

4.3.1 EFG-Silizium . . . 75

Sequenzen 1 und 2 . . . 75

Sequenzen 3 und 4 . . . 79

Vergleich der Lebensdauerverteilungen . . . 81

4.3.2 SR-Silizium . . . 84

Sequenzen 1 und 2 . . . 84

Sequenzen 3 und 4 . . . 86

Vergleich der Lebensdauerverteilungen . . . 89

4.4 ”Split Mappings“ . . . 90

4.5 Konsequenzen f¨ur den Solarzellenprozess . . . 95

4.6 Zusammenfassung . . . 98

5 Optimierung des Solarzellenprozesses 101 5.1 Galvanisierung der Frontkontakte . . . 101

5.2 Integration eines siebgedruckten Al-BSFs . . . 103

5.2.1 Anderung der Prozesssequenz . . . .¨ 105

5.2.2 Solarzellen mit siebgedrucktem Al-BSF . . . 106

5.3 Al-Gettern in Verbindung mit einem siebgedruckten Al-BSF . . . 110

5.3.1 Al-Gettern im Siebdruck-BSF-Prozess . . . 110

Solarzellen aus dem Siebdruck-BSF-Getterprozess . . . 111

5.3.2 Al-Pr¨agettern in Verbindung mit einem siebgedruckten BSF . 112 Solarzellen aus dem Siebdruck-BSF-Pr¨agetterprozess . . . 113

5.4 Mit verschiedenen Prozessen erzielte Wirkungsgrade . . . 119

5.5 Zusammenfassung . . . 122

6 Antireflexionsbeschichtung 125 6.1 Verwendetes Materialsystem . . . 125

(5)

INHALTSVERZEICHNIS

6.2 Aufbau einer thermischen Verdampfungsanlage . . . 128

6.2.1 Kondensationsverhalten von ZnS auf Solarzellen . . . 130

6.3 Entwicklung eines Simulationswerkzeugs . . . 132

6.3.1 Schichtdickenoptimierung . . . 132

6.3.2 Schichtdickenbestimmung . . . 134

Ber¨ucksichtigung der Reflexion an der Zellr¨uckseite . . . 135

6.4 Ergebnisse . . . 137

6.5 Zusammenfassung . . . 138

Zusammenfassung 141

A Anhang 145

Literaturverzeichnis 149

Publikationen 161

Danksagung 163

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(7)

Einleitung

Die industrialisierte Welt sowie deren Wohlstand basieren auf der Verf¨ugbarkeit preis- g¨unstiger Energie. Aus der heutigen wirtschaftlichen Perspektive betrachtet ist dies gleichbedeutend mit der Bereitstellung fossiler Brennstoffe. Aufgrund zunehmender Industrialisierung, wachsendem Verbrauch in den Industrienationen und zunehmender Weltbev¨olkerung steigt der Bedarf an diesen Energietr¨agern stetig. Deren Vorkommen sind jedoch begrenzt, so dass in einigen Jahrzehnten eine globale Unterversorgung droht.

Diese Abh¨angigkeiten sind sp¨atestens seit der so genannten ¨Olkrise der 70er Jah- re bekannt. Sie wurden unter anderem in einer vom damaligen US-Pr¨asidenten und Friedensnobelpreistr¨ager des Jahres 2002 Jimmy Carter in Auftrag gegebenen Studie

”Dispersed, Decentralized and Renewable Energy Sources“ [26] aufgezeigt. Als Kon- sequenz hieraus sollte in den USA die Abh¨angigkeit vom Import fossiler Energietr¨ager reduziert und regenerative Energieformen intensiv erforscht, gef¨ordert und vor allem der Nutzung zugef¨uhrt werden. Mit diesem Programm zog der damalige Pr¨asident in den Wahlkampf und unterlag seinem Herausforderer Ronald Reagan, der eine andere politische Strategie verfolgte und wie bisher auf die begrenzten fossilen Energietr¨ager setzte. Als Konsequenz hieraus stieg die Abh¨angigkeit der USA von ¨Olimporten in den letzten zwei Jahrzehnten um ¨uber 20 % an. Auch der Rest der Welt hat mitt- lerweile einen h¨oheren Erd¨olbedarf. Insbesondere f¨ur den amerikanischen Lebensstil aber, der nach wie vor auf einer grenzenlosen Verf¨ugbarkeit billigen ¨Ols basiert, ist die Sicherstellung der ¨Olimporte von existentieller Bedeutung.

Jimmy Carter veranlasste kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt, dass die oben erw¨ahnte Studie der ¨Offentlichkeit zug¨anglich gemacht wurde. Wohl weil er aus gutem Grund bef¨urchtete, dass sie andernfalls verborgen geblieben w¨are. Die geradezu aktu- elle Brisanz dieser Akte zeigt sich bereits in ihrem Untertitel

”Alternatives to National Vulnerability and War“. Schließlich befinden sich die zweitgr¨oßten Erd¨olreserven der Erde auf irakischem Staatsgebiet.

W¨ortlich genommen hat die Erforschung und Nutzbarmachung regenerativer Ener- giequellen demnach friedenssichernde bzw. friedenserhaltende Funktion. Nichtsdesto- trotz werden die dabei entwickelten Technologien erst dann in gr¨oßerem Maße Anteil an der Energieversorgung haben, wenn sie auf dem Energiemarkt preislich konkur- renzf¨ahig sein werden. Da Aufwendungen f¨ur Kriege, Umweltsch¨aden etc. bislang nicht in die Preiskalkulation f¨ur Energie aus fossilen oder nuklearen Energiequellen einfließen, hat dies zur Folge, dass die Kosten f¨ur die Bereitstellung regenerativer Energie weiter gesenkt werden m¨ussen, ehe sie f¨ur breite Bev¨olkerungsschichten die

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offensichtlich wirtschaftlichere Alternative darstellen und verbreitet Akzeptanz finden wird.

Dies gilt auch f¨ur die Photovoltaik, die nach Ansicht der meisten Experten mit- telfristig weiterhin von der kristallinen Siliziumtechnologie dominiert werden wird. In den vergangenen Jahren wurde in diesem Bereich durch den sukzessiven ¨Ubergang von mono- auf multikristallines Silizium-Ausgangsmaterial bereits eine Kostenreduktion herbeigef¨uhrt. Beide Materialien werden jedoch ¨ublicherweise in Blockform hergestellt und m¨ussen daher zun¨achst in Scheiben ges¨agt werden, was mit weiteren Kosten und betr¨achtlichen Materialverlusten verbunden ist.

An diesem Kostenfaktor setzen die so genannten Siliziumfolien an, die direkt in den gew¨unschten Abmessungen aus der Siliziumschmelze gezogen werden k¨onnen, so dass aufwendige S¨ageschritte sowie die damit einhergehenden Materialverluste vermieden werden k¨onnen. Dieser Gedanke wird bereits seit l¨angerem von verschiedenen Wa- ferherstellern verfolgt. Die bislang erh¨altlichen multikristallinen (mc) Siliziumfolien weisen jedoch verglichen mit ¨ublichen blockgegossenen mc Wafern in der Regel eine erh¨ohte Anzahl von Kristalldefekten sowie teilweise einen h¨oheren Grad an metalli- schen Verunreinigungen auf. Dies f¨uhrt zu einer vermehrten Ladungstr¨agerrekombina- tion in diesen Materialien, wodurch letztlich der Wirkungsgrad der daraus gefertigten Solarzellen negativ beeintr¨achtigt wird. Aus diesem Grund ist es erforderlich, Solar- zellenprozesse zu entwickeln, die speziell auf die Eigenheiten dieser Folienmaterialien abgestimmt sind, so dass die sch¨adlichen Einfl¨usse der jeweils vorliegenden Defekte verringert werden k¨onnen.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung solcher angepasster Prozes- se f¨ur die Materialien Edge-defined Film-fed Growth (EFG) der Firma RWE Schott Solar sowie String Ribbon (SR) der Evergreen Solar Inc. Zu Beginn werden die unter- schiedlichen Herstellungsverfahren sowie die damit verbundenen spezifischen Eigen- schaften der EFG- und SR-Siliziumfolien diskutiert. Hieran schließt sich die Charakte- risierung dieser Materialien vor Anwendung jeglicher Prozessschritte an. Insbesondere werden hierbei die Minorit¨atsladungstr¨agerlebensdauern sowie die elektrischen Trans- porteigenschaften betrachtet.

Das dritte Kapitel beschreibt die Herstellung von Solarzellen aus den genannten Siliziumfolien. Dabei erfolgt die Frontseitenmetallisierung mit Hilfe der Photolitho- graphie, da diese Technik im Vergleich mit der industrien¨aheren Siebdruckmetallisie- rung eine bessere Reproduzierbarkeit sowie eine weitgehende Reduktion unerw¨unsch- ter Nebeneffekte gew¨ahrleistet. Getter- und Wasserstoffpassivierungsschritte werden hinsichtlich ihres Einflusses auf die Materialien untersucht und an deren Bed¨urfnisse angepasst. Weiter wird diskutiert, inwieweit die Eigenschaften der prozessierten So- larzellen mit denen der Ausgangswafer korrelieren, und abschließend die Grenze der Leistungsf¨ahigkeit des entwickelten Prozesses aufgezeigt.

Um diese weiter nach oben verschieben zu k¨onnen, war es notwendig, einen Ein- druck davon zu gewinnen, wodurch der Wirkungsgrad limitiert wird. Zu diesem Zweck wurde ein Prozessmonitoring anhand ortsaufgel¨oster Lebensdauermessungen durch- gef¨uhrt, wobei aufgrund inh¨arenter Eigenschaften der behandelten Siliziumfolien eine besondere Verfahrensweise angewandt werden musste, die eine zuverl¨assige Darstel-

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lung der Messergebnisse erm¨oglicht. Diese wird zusammen mit den gewonnenen Ergeb- nissen im vierten Kapitel vorgestellt. Auf welche Weise die gewonnenen Erkenntnisse gewinnbringend in den Solarzellenprozess einfließen k¨onnen, behandelt der darauffol- gende Abschnitt. Die erzielten Wirkungsgrade vermitteln dabei einen Eindruck von der Leistungsf¨ahigkeit des entwickelten Zellprozesses sowie der untersuchten Folien- materialien.

Hinsichtlich der hohen Reflexion von Silizium im f¨ur die Photokonversion relevanten Bereich des Sonnenspektrums ist es zweckm¨aßig, Solarzellen mit einer Antireflexions- beschichtung zu versehen. Kapitel sechs beschreibt das im Rahmen dieser Arbeit hierf¨ur aufgebaute thermische Verdampfungssystem. Weiter wird ein Simulations- werkzeug vorgestellt, das entwickelt wurde, um die Antireflexbeschichtung optimal an die Eigenschaften der zu beschichtenden Solarzellen anzupassen und dar¨uberhin- aus zur Bestimmung von Schichtdicken aus wellenl¨angenabh¨angigen Reflexionskurven eingesetzt werden kann. Welche Wirkungsgradsteigerungen sich auf diese Weise letzt- lich erzielen lassen, zeigen die aufgef¨uhrten charakteristischen Daten beschichteter Solarzellen.

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1 Untersuchte Materialien

1.1 Einf¨ uhrung

Der Energiemarkt wird derzeit weltweit von fossilen Energietr¨agern dominiert [13].

Die mit der kurzsichtigen intensiven Nutzung dieser Energiequellen verbundenen ¨oko- logischen und politischen Schwierigkeiten sind heute weitreichend bekannt. Dennoch bewegt sich der Weltenergiemarkt, vor allem in den industrialisierten L¨andern mit ihrem großen Verbrauch, nur sehr langsam auf die vermehrte Nutzung regenerativer Energieformen zu. Der Grund hierf¨ur sind die vordergr¨undig h¨oheren Kosten f¨ur re- generative Energieerzeugung verglichen mit denen f¨ur fossile oder nukleare Energie.

Dass letztere dadurch subventioniert werden, dass die mit ihnen verbundenen Auf- wendungen f¨ur Umweltsch¨adigungen, Abfalllagerung, Truppenaufm¨arsche etc. nicht in Rechnung gestellt werden, wird dabei geflissentlich ¨ubersehen, obwohl diese Kosten selbstverst¨andlich von den Volkswirtschaften getragen werden m¨ussen. In einer vor- herrschenden Wirtschaftskultur, in der das Prinzip der Nachhaltigkeit von schnellen Erfolgen und kurzfristiger Gewinnmaximierung in den Hintergrund gedr¨angt wird, scheint dieser Sachverhalt jedoch nur schwer vermittelbar zu sein. Die Nutzung re- generativer Energiequellen l¨asst sich demzufolge nur steigern, indem die Kosten f¨ur diese Technologien gesenkt werden.

Dies gilt in dieser Weise auch f¨ur die Photovoltaik, die von der kristallinen Silizi- umtechnologie dominiert wird. Deren globaler Marktanteil betrug im Jahr 2002 94 %, und bislang sieht es nicht danach aus, als ob eine andere Technologie ihr mittelfristig die Marktf¨uhrerschaft streitig machen k¨onnte. Innerhalb dieses kristallinen Silizium- segments konnten in den vergangenen Jahren die Modulkosten durch den vermehrten Einsatz von g¨unstigerem multikristallinem (mc) Silizium als Ausgangsmaterial bereits gesenkt werden. Mittlerweile bestehen 58 % der gefertigten kristallinen Siliziummo- dule aus solchen multikristallinen Solarzellen [73].

Mono- wie multi-Materialien werden gegenw¨artig nahezu g¨anzlich in Blockform oder”ingots“ hergestellt. Aus diesem Grund m¨ussen diese in Scheiben ges¨agt werden (Dicke z. Zt. ¨ublicherweise 300µm), ehe sie in den Solarzellenprozess eingeschleust werden k¨onnen. Dies geschieht mit Drahts¨agen, die mit einer Schleifpaste, dem so ge- nannten

”slurry“ versehen werden. Derartige S¨ageschritte sind ein großer Kostenfaktor bei der Herstellung von Photovoltaikmodulen. Geht man von einem durch gerichtete Erstarrung kristallisierten mc-Si Block und einer Produktionskapazit¨at von 500 MW pro Jahr aus, so betr¨agt der Anteil der S¨agekosten an den Gesamtkosten f¨ur das fertige Modul 24 % (vgl. Abb. 1.1) [16].

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Abb. 1.1: Beitr¨age verschiedener Herstellungsschritte zu den Gesamtkosten eines Photo- voltaikmoduls aus blockgegossenem mc-Silizium nach [16].

Abb. 1.2:Anteile verschiedener Technologien bzw. Materialien am globalen Photovoltaik- markt im Jahre 2002 [73]. Mit a-Si sind hierin amorphe Siliziummaterialien bezeichnet.

Um diese aufwendigen S¨ageschritte zu umgehen, werden bereits seit l¨angerem so genannte Foliensiliziummaterialien untersucht, die in der gew¨unschten Geometrie aus der fl¨ussigen Siliziumschmelze gezogen werden. Einige dieser Materialien werden be- reits in der Serienproduktion verwendet. Wie Abb. 1.2 zeigt, ist ihr Anteil am gesam- ten Marktvolumen jedoch noch sehr gering.

Neben der Vermeidung kostenintensiver S¨ageschritte an sich haben Siliziumfolien weiter den Vorteil, schonender mit den Ressourcen umzugehen. So m¨ussen beim mc Blockgussmaterial die Kappen und B¨oden der Bl¨ocke abgenommen werden, da sie segregationsbedingt zu stark mit Metallen, vor allem Eisen, und Sauerstoff verun- reinigt sind. Dies bedingt bereits einen Materialverlust von 30 %. Weitere 34 ˙% des Ausgangsmaterials werden im wahrsten Sinne des Wortes beim Wafers¨agen

”verpul- vert“, wobei das anfallende Siliziumpulver mit ¨Ol, L¨osungsmitteln und SiC Teilchen aus der Schleifpaste sowie mit aus den Dr¨ahten ausgebrochenen Fe-Partikeln vermengt ist. Beide Abfallprodukte sind im Allgemeinen so stark verunreinigt, dass sie nicht ohne weiteres wiederaufbereitet werden k¨onnen, so dass momentan 64 % des urspr¨ung- lich zur Verf¨ugung stehenden Siliziums nicht in die Solarzellenproduktion einfließen [99]. F¨ur Foliensilizium wurde hingegen bereits gezeigt, dass es m¨oglich ist, Wafer bei nur rund 10 % Materialverlust herzustellen (Waferbruch beim Lasertrennen ist hierin unber¨ucksichtigt), wobei hiervon 9 % wiederverwendet werden k¨onnen und nur etwa 1 %, n¨amlich der aufgrund von Segregationseffekten verunreinigte so genannte ”pot

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1.2. EDGE-DEFINED FILM-FED GROWTH SILIZIUM – EFG scrap“, ungenutzt bleibt [58].

Die Kosten f¨ur diese Materialverluste sind in den Darstellungen in Abb. 1.1 bereits ber¨ucksichtigt. Da Silizium in Form von SiO2 in nahezu unbegrenzten Mengen auf der Erde vorkommt, l¨age es nahe, dem schonenderen Umgang mit den Ressourcen bei der Waferherstellung nicht allzu große Bedeutung beizumessen. Doch verwendet die Photovoltaikindustrie den relativ

”hochwertigen“ Siliziumabfall der Elektronikin- dustrie als Ausgangsmaterial, also hochreines und relativ teueres Halbleitermaterial, und nicht etwa das viel kosteng¨unstigere metallurgische Silizium. Da aber der Markt f¨ur Solarmodule stark im Wachstum begriffen ist, der Materialausschuss der Elektro- nikindustrie jedoch nicht im gleichen Maße ansteigt, f¨allt eine ineffiziente Material- ausnutzung zunehmend negativ ins Gewicht. Aus diesem Grund ist zu erwarten, dass der Kostenvorteil des Foliensiliziums sich noch verst¨arken wird. Zumindest solange, bis die Photovoltaikindustrie sich eine eigenst¨andige Materialversorgung sichergestellt hat [136].

Siliziumfolien besitzen das Potential, die Kosten f¨ur die Herstellung von Solarmo- dulen deutlich zu reduzieren. Allerdings weisen sie gegen¨uber blockgegossenem mc- Silizium in der Regel eine gr¨oßere Zahl an Verunreinigungen und Kristalldefekten auf, welche in Solarzellen als Rekombinationszentren dienen und somit deren Konversions- effizienz herabsetzen. Voller Profit l¨asst sich aus den geringeren Herstellungskosten somit nur schlagen, wenn auf Foliensilizium die gleichen Zellwirkungsgrade erreicht werden wie auf Standard-mc-Silizium. Um dies zu erreichen, ist es erforderlich, dessen Materialeigenschaften zu untersuchen und darauf abgestimmte Solarzellenprozesse zu entwickeln. In der vorliegenden Arbeit geschah dies f¨ur die im Folgenden n¨aher be- schriebenen Folienmaterialien.

1.2 Edge-defined Film-fed Growth Silizium – EFG

Bei EFG-Silizium der Firma RWE Schott Solar handelt es sich um das am weitesten entwickelte Foliensiliziummaterial, das in dieser Arbeit untersucht wurde. Es wird bereits seit l¨angerem im industriellen Maßstab im amerikanischen Tochterunterneh- men gefertigt und dort wie in Deutschland der Solarzellenproduktion zugef¨uhrt. Im Zuge der Kapazit¨atserweiterungen der Firma RWE Schott Solar wurde inzwischen auch in der neu errichteten SmartSolarFab in Deutschland mit der Produktion von EFG-Wafern begonnen [95, 96, 129].

Das Herstellungsprinzip ist in Abb. 1.3 schematisch dargestellt. In der Silizium- schmelze befindet sich ein Formteil aus Graphit, in welchem aufgrund von Kapillar- kr¨aften fl¨ussiges Silizium an die Oberkante aufsteigt. Gleichzeitig wird dem Formteil von oben eine Keimfolie angen¨ahert, bis sich ein Meniskus ausbildet, welcher oben durch die Keimfolie und unten durch die Kanten des Formteils (engl.

”edges“), defi- niert wird. Im Folgenden wird nun die Keimfolie nach oben gezogen, wobei an ihrer Unterseite fl¨ussiges Silizium erstarrt und eine Siliziumfolie entsteht.

Bei der Herstellung vertikal gezogener Siliziumfolien allgemein gibt es zwei prinzi- pielle Probleme. So m¨ussen die R¨ander der Folie in irgendeiner Weise stabilisiert und

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EFG−Folie

Formteil

Siliziumschmelze

Abb. 1.3: Herstellungsprinzip von EFG-Folien: Innerhalb eines Formteils gelangt durch Kapillarwirkung fl¨ussiges Silizium auf das Formteil. Bei Ann¨aherung einer Keimfolie von oben bildet sich ein Meniskus aus, der auf der Unterseite durch die Kanten des Formteils definiert wird. Wird im Folgenden die Keimfolie nach oben gezogen, so rekristallisiert die oberste Schicht des fl¨ussigen Siliziums und die Folie w¨achst in die L¨ange.

Temperaturgradienten an der fest-fl¨ussig-Phasengrenze genau kontrolliert werden. Im Fall von EFG bedeutet dies, dass die Siliziumschmelze nicht so kalt sein darf, dass bereits an der Oberkante des Formteils die Kristallisation einsetzt, andererseits muss die Temperatur aber gering genug sein, dass an der Keimfolie Erstarrung einsetzen kann. Dies bedingt eine Temperaturstabilisierung von ±1,0C [97]. Hinsichtlich der Kantenstabilisierung sind die kurzen Kanten des Formteils problematisch, da sich an ihnen Dickenschwankungen einstellen. Diese Schwierigkeit wurde elegant umgangen, indem man bei der Produktion einer hohlen, geschlossenen Oktagongeometrie den Vorzug gab. Diese weist keine kurzen offenen Kanten mehr auf und erlaubt gleichzei- tig die Herstellung flacher EFG-Wafer [63, 125]. In Abb. 1.4b ist die Ofenkonzeption schematisch wiedergeben. Eine kontinuierliches Nachf¨ullen der Siliziumschmelze er- laubt dabei einen geringen F¨ullstand im Graphittiegel und somit flache Formteile mit breiterem Kapillarraum, die sich stabilisierend auf das Wachstum der EFG-Folien auswirken. Gleichzeitig ist auf diese Weise eine bessere Durchmischung der Schmelze an der Phasengrenzfl¨ache, die mit segregierten Verunreinigungen angereichert ist, mit derjenigen im Tiegel gew¨ahrleistet. Dadurch wird der Gehalt an ¨Ubergangsmetallen in den EFG-Folien verringert. Dar¨uberhinaus kann der Tiegel bei niedrigeren Tempera- turen gehalten werden, was einen geringeren Kohlenstoffeintrag aus dem Graphittiegel in die Siliziumfolien erm¨oglicht, der aber dennoch mit 1018cm−3 nach wie vor sehr viel h¨oher ausf¨allt als in blockgegossenem mc-Silizium [63, 43, 58].

Mit der beschriebenen Technologie ist die Firma RWE Schott Solar in der Lage, mehrere Meter lange Oktagon-R¨ohren zu ziehen. Abb. 1.4a zeigt eine solche R¨ohre, die bereits mehrere Meter aus dem Kristallisationsofen herausragt. In der Standardpro- duktion weist zur Zeit jede der Oktagonfl¨achen eine Breite von 10 cm auf. Eine Tech- nologie f¨ur die Verbreiterung dieser Fl¨achen auf 12,5 cm wurde in den letzten Jahren entwickelt und befindet sich momentan in der Pilot-Testphase. Aus den R¨ohren wer- den mit Hilfe von Hochgeschwindigkeits-Lasern etwa 300µm dicke Wafer der Gr¨oßen 10×10 cm2, 10×15 cm2 und 12,5×12,5 cm2 ausgeschnitten und der Zellproduktion zugef¨uhrt [94, 58]. Hohe Ziehgeschwindigkeiten sind nur mit hohen Temperaturgra-

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1.2. EDGE-DEFINED FILM-FED GROWTH SILIZIUM – EFG

Abb. 1.4: a) Ziehofen mit mehrere Meter langer EFG-Oktagon-R¨ohre b) Schematische Darstellung des Kristallisationsofens c) St¨uck einer Oktagon-R¨ohre zusammen mit per Laser ausgeschnittenen Wafern (Abbn. nach [49]).

dienten von bis zu 1000C pro Zentimeter m¨oglich, welche zu starken plastischen Verformungen, Verspannungen und hohen Versetzungsdichten f¨uhren. Diese begren- zen die Ziehgeschwindigkeit f¨ur solarzellentaugliches Material auf etwa 2mincm [59].

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass der Wirkungsgrad von EFG-Solarzellen h¨oher ausf¨allt, wenn w¨ahrend des Ziehens der Siliziumfolien der Argon-Atmosph¨are Sauerstoff bzw. Sauerstoff enthaltende Gase wie CO oder CO2 beigemischt werden.

Die Gr¨unde hierf¨ur sind allerdings bislang nicht gekl¨art [8, 89, 88]. Trotz dieser Bei- mengung liegt der Gehalt interstitiellen Sauerstoffs in EFG-Silizium je nach Bemes- sung der Gasbeimengung nur etwa bei 5·1016cm−3. Somit sind die Verh¨altnisse in diesem Material gerade entgegengerichtet zu denen in FZ- oder CZ-Silizium, in denen f¨ur gew¨ohnlich der Gehalt interstitiellen Sauerstoffs den des substitutionellen Koh- lenstoffs ¨ubertrifft (vgl. beispielsweise [121]). Dar¨uberhinaus enthalten EFG-Wafer typischerweise eine hohe Anzahldichte elektrisch inaktiver Zwillingskorngrenzen. Die Versetzungsdichte variiert stark innerhalb des Materials im Bereich von 105–106cm−3.

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Des Weiteren liegen die Korngr¨oßen ¨ublicherweise im Bereich von einigen Quadratzen- timetern und der spezifische Widerstand des Bor-dotiertenp-Typ Standardmaterials bel¨auft sich f¨ur gew¨ohnlich auf 1–3 Ω cm [57].

1.2.1

” Altes“ Oktagon-EFG-Material

Im Jahr 2000 berichtete die Firma RWE Schott Solar von neuen Entwicklungen im Herstellungsverfahren von Oktagon-EFG-Foliensilizium, welche zu einer Verbesserung des Wirkungsgrades der daraus industriell gefertigten Solarzellen gef¨uhrt hatten (s.

Abschnitt 1.2.2) [9]. In den darauffolgenden Monaten wurden diese Ver¨anderungen in die Standardwaferproduktion ¨ubernommen, so dass w¨ahrend der Erstellung dieser Arbeit EFG-Silizium mit unterschiedlichen Eigenschaften vorlag. Um die beiden Ma- terialgattungen zu trennen, wird im Folgenden von

”altem“ EFG-Silizium die Rede sein, wenn die Herstellung vor der Umstellung der Produktion erfolgte. Im anderen Fall wird der Begriff

”neues“ EFG-Silizium verwendet werden.

1.2.2

” Neues“ Oktagon-EFG-Material

Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt erw¨ahnt war im Jahr 2000 eine Umstellung des Oktagon-EFG-Herstellungsprozesses im Gange. So konnte durch verbesserte Rei- nigungsverfahren bewirkt werden, dass weniger Verunreinigungen aus den Anlagen- teilen des Ziehofens in die EFG-Wafer gelangen. Dar¨uberhinaus konnte die Kontrolle des Kristallwachstums dahingehend verbessert werden, dass die Dickenschwankungen in den Folien geringer ausfielen. In Verbindung mit weiteren Verbesserungen im in- dustriellen Zellfertigungsprozess f¨uhrten diese ¨Anderungen im Kristallisationsprozess zu einer Erh¨ohung des durchschnittlichen Zellwirkungsgrades von 13,4 % auf 14,4 % [9]. Um dieses neuere Material von dem zuvor ¨ublichen zu unterscheiden, wird es im Folgenden als

”neues“ EFG-Silizium bezeichnet werden.

1.2.3 Zylinder-EFG-Material

In der Photovoltaikindustrie ist man gegenw¨artig daran interessiert, die Waferdicken zu reduzieren, um auf diese Weise der in Abschnitt 1.1 angedeuteten zunehmenden Knappheit an Ausgangssilizium entgegenzuwirken und so die Kosten zu reduzieren.

Beim Oktagon-EFG-Silizium kann jedoch aufgrund von Temperatur- und Dicken- schwankungen entlang der Oktagonfl¨ache die Foliendicke nicht auf weniger als etwa 280µm verringert werden. Daher befindet sich bei der Firma RWE Schott Solar ei- ne neue Technologie in der Entwicklung, mit der sich dieses Problem umgehen l¨asst [105, 72].

Sie basiert auf einem rundem anstatt einem oktaederf¨ormigen Formteil, aus wel- chem dementsprechend Folienzylinder gezogen werden. Abb. 1.5 zeigt links eine sche- matische Darstellung des Prinzips sowie rechts einen auf diese Weise hergestellten Folienzylinder mit 50 cm Durchmesser und 1,2 m L¨ange. Das Ziehen des Zylinders erfolgt unter Rotation der Keimfolie mit rund 60minU . Am oberen Rand des Folien- zylinders sind Wellen zu erkennen. Diese entstehen, da es bislang nicht gelingt, den

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1.2. EDGE-DEFINED FILM-FED GROWTH SILIZIUM – EFG

Abb. 1.5: Herstellung von Zylinder-EFG-Silizium: Im Unterschied zum Oktagon-EFG wird hier ein rundes Formteil verwendet (links angedeutet). Das rechte Bild zeigt einen Ofen mit einer EFG-Zylinderr¨ohre von 50 cm Durchmesser (Abbn. nach [130] und [105]).

Zylinder stabil zu rotieren. Aus diesem Grund wird nur zu Beginn eines Ziehvorgangs gedreht, da dies f¨ur die Ausbildung des Zylinders hilfreich ist. Urspr¨unglich sollte da- gegen der gesamte Ziehprozess unter Rotation erfolgen, um so etwaige Temperatur- bzw. Dickeninhomogenit¨aten zu kompensieren [56, 72].

Aufgrund der Radialsymmetrie der Anordnung sind die thermoelastischen Verspan- nungen im Zylinder-EFG geringer, so dass es gelang, glatte Folien mit einer Dicke von 100µm herzustellen. Prinzipiell k¨onnen sogar noch d¨unnere Siliziumfolien gezo- gen werden, allerdings bilden sich ab einer Dicke von 75–100µm nach innen gew¨olbte Dellen aus, die unregelm¨aßig ¨uber die Zylinderfl¨ache verteilt sind. Die Ziehgeschwin- digkeit liegt bei etwa 3mincm und somit ¨uber dem f¨ur Oktagon-EFG m¨oglichen Wert.

Dieser ist geringer, da mit der der flachen Geometrie der Oktagonfl¨achen plastische Verformungen verbunden sind, welche die Ziehgeschwindigkeit limitieren. Auf einigen dieser Zylinder-Wafer wurden bereits 5×5 cm2 große Solarzellen gefertigt und mit einem nicht optimierten Prozess Wirkungsgrade von 12–13 % erzielt [72, 105, 60].

Trotz der erw¨ahnten Vorteile des Zylinder-EFGs verhindern noch einige Schwie- rigkeiten den industriellen Einsatz. So bedarf es der Entwicklung eines Verfahrens zum Laserschneiden der Zylinder, das die Wafer nur minimal sch¨adigt, damit sie sich w¨ahrend der Zellproduktion biegen lassen ohne zu brechen. Dar¨uberhinaus m¨ussen zur Reduktion der Verspannungen im Material die Abk¨uhlrampen angepasst wer-

(18)

den. Ein weiteres Problem stellt die Beschaffung ausreichend großer und homogener Graphitbl¨ocke dar, die f¨ur die Fertigung der Tiegel und Formteile ben¨otigt werden [94, 72, 105].

1.3 String Ribbon Silizium – SR

Ein weiteres Foliensiliziummaterial ist das String Ribbon Silizium der Evergreen Solar Inc. Hierbei handelt es sich wie bei EFG-Silizium um ein vertikal aus der Schmelze gezogenes Material, so dass zun¨achst wiederum die Kantenstabilisierung und die Tem- peraturkontrolle die zentralen Probleme bei der Produktion m¨oglichst gleichm¨aßig dicker und verspannungsfreier Siliziumfolien darstellen. Das Herstellungsprinzip von SR-Silizium beruht darauf, dass zwei hitzebest¨andige Dr¨ahte (

”strings“) durch einen Tiegel mit fl¨ussigem Silizium gezogen werden, wobei sich zwischen diesen Dr¨ahten eine Siliziumhaut ausbildet und an eine Keimfolie anw¨achst (s. schematische Darstellung in Abb. 1.6). Die Ziedr¨ahte ¨ubernehmen hierbei die Aufgabe der Kantenstabilisierung.

Wie in Abb. 1.7 angedeutet, begrenzen sie seitlich den etwa 7 mm hohen Meniskus, der sich zwischen der Kristallisationsfront an der Keimfolie und der Siliziumschmelze aus- bildet, und bewirken dadurch eine Entkopplung von Folienbreite und Temperatur der Si-Schmelze. Zusammen mit dem relativ hohen Meniskus ergibt sich auf diese Weise ein sehr stabiler Ziehprozess, der Temperaturschwankungen von bis zu ±10C tole- riert (zum Vergleich: bei EFG ist eine Temperaturstabilit¨at von ±1C erforderlich).

Strings Si−Schmelze

Wachsende Folie

Grenzfläche Fest−flüssig

Zufuhr Si−

Abb. 1.6:Rechts: Schematische Darstellung des Herstellungsprinzips von SR-Silizium. Zwei Dr¨ahte werden durch einen Tiegel mit fl¨ussigem Silizium gezogen und definieren so die Kanten der an eine Keimfolie anwachsenden SR-Folie. Links: Ofen, in dem die Kristallisation stattfindet. An der Oberseite ist die gezogene Si-Folie erkennbar (Abbn. nach [27]).

(19)

1.3. STRING RIBBON SILIZIUM – SR

Meniskus

Si−

Schmelze

Ziehdraht

Si−Folie

Abb. 1.7:Ausbildung des Si-Meniskus zwischen Keimfolie und Schmelze nach [97]. Die Kantenstabilisierung wird durch die Ziehdr¨ahte gew¨ahrleistet, was eine Entkopplung von Folienbreite und Temperatur der Si-Schmelze zur Folge hat. In der Gesamtheit ergibt sich so ein stabiler, gegen¨uber Temperaturschwankungen relativ unempfindlicher Ziehprozess.

Die Dicke der Folien ist dabei durch die Geschwindigkeit bestimmt, mit der die Dr¨ahte durch die Schmelze gezogen werden. Das Dickenprofil parallel zur Kristallisationsfront ist dagegen abh¨angig von der Temperatur der Schmelze am Kristallisationsort [97, 53].

Trotz der erw¨ahnten Toleranz gegen¨uber Temperaturschwankungen sind Tempe- raturf¨uhrung und -kontrolle sowie Abk¨uhlprofile nach wie vor wichtige Punkte bei der Herstellung von SR-Silizium. So muss die Temperatur des Siliziums von 1412C [51] auf Raumtemperatur verringert werden. Die relevanten Temperaturgradienten erstrecken sich hierbei auf einen Bereich von 500–1000cmC an der fest-fl¨ussig-Grenze bis zu≈ 100cmC. Die Abk¨uhlrate ist somit nicht konstant und es ergibt sich ein nicht lineares Abk¨uhlprofil. Dies ist mit der Entstehung von mechanischen Verspannungen in den Siliziumfolien verkn¨upft, die neben h¨oherer Bruchanf¨alligkeit zu stark unebe- nen Wafern f¨uhren k¨onnen [19, 134, 131]. Um derartige thermische Verspannungen weitm¨oglichst zu reduzieren, versucht man deren Entstehung auf den Temperaturbe- reich zu begrenzen, in dem die Spannungen noch durch plastische Verformung abge- baut werden k¨onnen. Dies erfordert die Kontrolle und Manipulation des Abk¨uhlprofils, wozu geeignete Heizungen entwickelt wurden [60, 59, 133, 19, 134].

Die beschriebene Technologie hat in der Vergangenheit die Pilotphase durchlaufen und wird seit 2001 in industriellem Maßstab zur Produktion von Si-Wafern eingesetzt.

Unter Argon-Atmosph¨are werden standardm¨aßig 8 cm breite und 300µm dicke B¨ander mit einem spezifischen Widerstand von 1–3 Ω cm gezogen, die mit Hilfe eines Lasers zu 8×15 cm2-Wafern zurechtgeschnitten und zu Solarmodulen weiterverarbeitet wer- den. Wie in Abb. 1.7 angedeutet f¨allt die Meniskush¨ohe in der N¨ahe der Ziehdr¨ahte ab. Dies beruht darauf, dass der Draht f¨ur die Siliziumschmelze keine geschlossene

(20)

Wandung darstellt. Aufgrund dieser Form neigen K¨orner, die an den Dr¨ahten kri- stallisieren, dazu, sich in Richtung der Folienmitte auszudehnen. Somit ergeben sich multikristalline SR-Folien mit kleineren, auf die Folienmitte hinweisenden K¨ornern an den Folienr¨andern und gr¨oßeren K¨ornern in der Mitte. ¨Ublicherweise bewegt sich die Korngr¨oße mit 1–3 cm2 im selben Bereich wie bei EFG. In manchen F¨allen k¨onnen sich jedoch in der Folienmitte auch sehr große K¨orner mit Fl¨achen von bis zu 50 cm2 ausbilden [45, 97].

Abgesehen von den Randbereichen liegt in SR-Silizium eine sehr hohe Zahl elek- trisch inaktiver Zwillingskorngrenzen vor. An den R¨andern hingegen bilden sich auf- grund heterogener Nukleation elektrisch aktive Großwinkelkorngrenzen, die einige Millimeter weit in die Folie hineinreichen [132, 44].

Die Materialqualit¨at von SR-Silizium wird haupts¨achlich durch Verunreinigungen und Versetzungen beeintr¨achtigt. Der Gehalt an substitutionellem Kohlenstoff liegt

¨ublicherweise im Bereich von 5–7·1017cm−3, wogegen der Sauerstoffgehalt mit weniger als 1016cm−3 sehr gering ausf¨allt. Da SR-Folien direkt aus der Schmelze gezogen wer- den, ohne dass der Materialaustausch in der Schmelze wie z. B. beim EFG-Material durch ein Formteil behindert wird, ist zu erwarten, dass der gr¨oßte Teil an Verun- reinigungen in die Schmelze segregiert und nicht in die Si-Folien gelangt. Messungen wurden dazu bislang jedoch nicht durchgef¨uhrt [45, 97]. Die Versetzungsdichte in SR-Silizium wurde zu etwa 5·105cm−2 bestimmt, wobei dieser Wert stark ¨uber die verschiedenen K¨orner hinweg variiert. Einige weisen lediglich Versetzungsdichten der Gr¨oßenordnung 104cm−2 auf, w¨ahrend im angrenzenden Korn 106 Versetzungen pro Quadratzentimeter vorliegen k¨onnen [45, 44, 46].

Die bei der Herstellung verwendeten Ziehdr¨ahte verbleiben im Folienmaterial und haben somit Einfluss auf dessen Eigenschaften. In Abh¨angigkeit von den verwendeten Materialien ergeben sich unterschiedliche Eintr¨age von Verunreinigungen, andere Kon- taktwinkel zwischen Siliziumschmelze und Ziehdraht sowie verschiedene Korndichten.

Allerdings h¨alt der Hersteller die Materialzusammensetzung der Dr¨ahte geheim. Es gibt zwar eine etwas ¨altere Ver¨offentlichung, in der einige Materialien wie Saphir, Si- liziumkarbid oder Graphit hinsichtlich ihrer Eignung untersucht worden sind [20]. Ob diese heute noch von praktischer Relevanz sind, ist jedoch nicht ¨offentlich bekannt.

Eine weitere Kostenreduktion ist der Antrieb f¨ur die Verwendung d¨unnerer Si-Wafer f¨ur die Zellherstellung (s. z. B. [29]). Aus diesem Grund wurden Versuche unternom- men, d¨unnere String Ribbon-Folien zu ziehen, wobei bei dieser Technologie d¨unnere Folien aufgrund der h¨oheren Ziehgeschwindigkeit gleichzeitig einen h¨oheren Ofen- durchsatz und somit eine zus¨atzliche Kostenreduktion bewirken k¨onnen. Hierbei ist es gelungen, die Dicke der Folien bei 8 cm Breite auf 125µm zu verringern. Ange- strebt werden f¨ur die Zukunft 100µm dicke und 10 cm breite Wafer [60]. Bei schmale- ren, 5,6 cm breiten SR-Folien wurde beobachtet, dass d¨unnere Wafer eine Neigung zur Bildung gr¨oßerer K¨orner zeigen sowie eine verringerte Anzahl von Zwillingskorngenzen aufweisen. Allerdings gewinnen mechanische Verspannungen bei solch stark reduzier- ten Waferdicken an Bedeutung. Damit diese noch in einem annehmbaren Rahmen liegen und keine zu starken Waferunebenheiten auftreten, ist die oben beschriebe- ne Entwicklung angepasster Abk¨uhlprofile und deren praktische Umsetzung durch

(21)

1.3. STRING RIBBON SILIZIUM – SR

String

Si−Zufuhr hintere Si−Folie

vordere Si−Folie Si−Schmelze

Tiegel

fest−flüssig−

Grenzfläche

Abb. 1.8: Weiterentwicklung der String Ribbon-Kristallisations¨ofen: Die rechte Abb. zeigt das Prinzip, nach dem zwei Folienstr¨ange pro Ofen gezogen werden k¨onnen. Auf der Fotogra- fie links ist ersichtlich, wie zwei B¨ander aus einem neuen Ofen gezogen werden (Abbn. nach [57]).

Nachheizeinheiten ¨uber der fest-fl¨ussig Grenzfl¨ache notwendig [60]. Bislang werden die d¨unnen Wafer nicht in der Produktion eingesetzt und auch f¨ur die vorliegende Arbeit stand kein derartiges Material zur Verf¨ugung.

Verglichen mit dem Prinzip der Oktagon-EFG-Herstellung hat die String Ribbon Technologie den Nachteil, dass pro Ofen nur ein Waferband hergestellt werden kann, wogegen im Fall von Oktagon-EFG pro Ofen und Ziehvorgang acht

”Waferb¨ander“

entstehen. Die Produktivit¨at ist in diesem Sinn demnach niedriger. Dies wirkt sich auf Zahl der Kristallisations¨ofen aus, die erforderlich ist, um dieselbe Solarzellenleistung herzustellen. Nach [57] sind f¨ur eine Produktionskapazit¨at von 100 MW pro Jahr 100 EFG- ¨Ofen oder 1175 SR- ¨Ofen erforderlich. Um dieses Ungleichwicht zu verringern, wurden die SR-Kristallisations¨ofen von der Firma Evergreensolar dahingehend wei- terentwickelt, dass pro Ofen nunmehr zwei Siliziumb¨ander gezogen werden k¨onnen.

Das Prinzip des Verfahrens sowie den Prototypen eines Kristallisationsofens zeigen die Darstellungen in Abb. 1.8. Die neue Technologie soll gegen Ende des Jahres in der Produktion eingesetzt werden, wobei f¨ur bereits bestehende ¨Ofen ein entsprechender Umbau vorgesehen ist [28].

Abschließend sind in Tab. 1.1 einige materialtypische Daten f¨ur Oktagon-EFG und SR-Silizium nochmals vergleichend gegen¨ubergestellt.

(22)

Oktagon-EFG SR

Ziehgeschwindigkeit [mincm] 1,7–2 1–2

Produktionsgeschwindigkeit [cmmin2] 165 5–16 Erforderliche ¨Ofen f¨ur 100MWJahr 100 1175

Waferbreite [cm] 8–12,5 5–8

Waferdicke [µm] 250–350 125–300

Korngr¨oße einige cm2 einige cm2

spezifischer Widerstand (Bor-dotiert) [Ω cm] 2–4 1–3 Versetzungsdichte [cm−3] 105–106 104–106 Substitutioneller Kohlenstoffgehalt [cm−3] 1018 5–7·1017 Interstitieller Sauerstoffgehalt [cm−3] <5·1016 <1016 Diffusionsl¨ange im Ausgangsmaterial [µm] 10–300 10–300 Tabelle 1.1: Vergleichende Gegen¨uberstellung einiger charakteristischer Daten von Okta- gon-EFG- und SR-Silizium. Werte, die nicht bereits in vorangegangenen Kapiteln angef ¨uhrt wurden, stammen aus [57, 40]. Bei der Zahl der erforderlichen ¨Ofen f¨ur eine Produktion mit 100 MW Jahreskapazit¨at ist die Weiterentwicklung der SR- ¨Ofen noch nicht ber¨ucksichtigt.

(23)

2 Charakterisierung der Ausgangsmaterialien

Wie im vorangegangenen Kapitel bereits erw¨ahnt, unterscheiden sich Siliziumfoli- en hinsichtlich ihrer Verunreinigungen und den vorliegenden strukturellen Defekten deutlich von blockgegossenem multikristallinem oder gar monokristallinem Silizium.

Um einen tieferen Einblick in die materialtypischen Eigenschaften der in Kapitel 1 beschriebenen Foliensiliziumarten zu erhalten, wurden daher zun¨achst Untersuchun- gen an den Ausgangsmaterialien vorgenommen. Insbesondere wurden ortsaufgel¨oste Messungen der Minorit¨atsladungstr¨agerlebensdauer durchgef¨uhrt, deren Resultate im folgenden Unterkapitel vorgestellt werden. Diese bilden den Ausgangspunkt f¨ur die Untersuchung der elektrischen Transporteigenschaften in Waferbereichen unterschied- licher Materialqualit¨at mit Hilfe von Hallmessungen. Die dabei gewonnenen Erkennt- nisse werden im entsprechenden Abschnitt diskutiert. Im Anschluss daran folgt eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse der Materialuntersuchungen.

2.1 Lebensdauern der Minorit¨ aten in den Ausgangswafern

Im Bereich der Photovoltaik wird ¨ublicherweise Sonnenlicht durch optische Absorpti- on in einem Halbleiter in elektrischen Strom umgesetzt. Dabei bewirkt die Photonen- absorption die Generation von ¨Uberschussladungstr¨agern in der Solarzelle, was eine St¨orung des Gleichgewichtszustandes des Halbleiters bedeutet. Wird die von außen einwirkende St¨orung, in diesem Fall die Beleuchtung, abgeschaltet, so relaxiert der Halbleiter mit der Zeitkonstante τ, der so genannten Lebensdauer, zur¨uck in das ur- spr¨unglich aus thermischer Generation und Rekombination gebildete Gleichgewicht.

Dabei rekombinieren die erzeugten ¨Uberschussladungstr¨ager, was ¨uber verschiedene Mechanismen wie strahlende Rekombination, Auger-Rekombination oder indirekte Rekombination geschehen kann.

Da mit Silizium ein indirekter Halbleiter vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit f¨ur strahlende Rekombination vergleichsweise gering. F¨ur Bor-dotiertes p-Typ Silizium, worunter alle hier untersuchten Si-Folien fallen, ist dar¨uber hinaus ein sp¨urbarer Ein- fluss der Auger-Rekombination erst ab einer Dotierungskonzentration von 1018cm−3 zu erwarten, welche in den vorliegenden Materialien allerdings nicht erreicht wird [76, 106]. Somit ist die indirekte Rekombination der dominierende Mechanismus f¨ur

(24)

die Rekombination der Minorit¨atsladungstr¨ager. Sie erfolgt ¨uber so genannte Trap- zust¨ande in der Bandl¨ucke. Diese werden verursacht sowohl durch Fremdatome, also Verunreinigungen, als auch durch ausgedehnte Kristalldefekte wie Korngrenzen und Versetzungen oder durch eine Kombination aus beiden [112, 42, 76]. Wie bereits an- gedeutet, sind derartige Defekte in Foliensiliziummaterialien in vergleichsweise ho- her Anzahl vorhanden. Die Messung der Lebensdauer der ¨Uberschussladungstr¨ager, welche unter Niedriginjektionsbedingungen durch die Lebensdauer der Minorit¨atsla- dungstr¨ager bestimmt ist [34], vermittelt demnach einen Eindruck von der Rekom- binationsst¨arke der in den verschiedenen Folienarten vorhandenen Defekte. Ortsauf- gel¨oste Messmethoden erlauben dar¨uber hinaus die Lokalisierung von Bereichen mit hoher bzw. geringer Rekombination. Aus diesem Grund wurde in der vorliegenden Ar- beit die Technologie des mikrowellendetektierten Photoleitf¨ahigkeitszerfalls (µ-PCD) zur Lebensdauerbestimmung verwendet, welche in Verbindung mit einer Abrasterung der Probe die erw¨ahnte Ortsaufl¨osung erm¨oglicht.

2.1.1 Messprinzip

Bei der Bestimmung von Lebensdauern mittels der µ-PCD Technik werden in der Si-Probe zun¨achst mit einem Laserpuls ¨Uberschussladungstr¨ager generiert, die eine Erh¨ohung der Leitf¨ahigkeit des Probenmaterials zur Folge haben. Nach Ende des Pul- ses rekombinieren die zus¨atzlichen Ladungstr¨ager entsprechend der in der Probe vor- herrschenden Lebensdauer und die Leitf¨ahigkeit f¨allt auf das Ausgangsniveau zur¨uck.

Durch st¨andiges Messen der Leistung eines von der Probe reflektierten Mikrowel- lensignals kann diese Leitf¨ahigkeits¨anderung (Transiente) zeitlich aufgel¨ost bestimmt werden, da sie, in gewissen Grenzen, proportional zur ¨Anderung der reflektierten Mi- krowellenleistung ist [18]. Auf diese Weise erh¨alt man einen Wert f¨ur die Lebensdauer der Minorit¨atsladungstr¨ager in der Probe.

In den bisherigen Ausf¨uhrungen wurde stets von einem unendlich ausgedehnten Kristallvolumen ausgegangen und die Rekombination in dessen Innern betrachtet, welche mit der Volumen- oder bulk-Lebensdauer τb verkn¨upft ist. In der Realit¨at hingegen besitzen die Kristalle eine begrenzte Ausdehnung. An ihrer Oberfl¨ache ist die Gitterperiodizit¨at verletzt und es liegen unabges¨attigte Bindungen vor, was zu St¨orzust¨anden in der Bandl¨ucke des zu untersuchenden Halbleiters f¨uhrt. Diese stellen einen zus¨atzlichen Rekombinationsweg f¨ur die ¨Uberschussladungstr¨ager dar. Als Folge hiervon erh¨alt man aus der µ-PCD Messung nicht direkt die Volumenlebensdauer τb sondern eine effektive Lebensdauer τeff, welche die Ladungstr¨agerrekombination nahe der Probenoberfl¨ache ber¨ucksichtigt. Die beiden Gr¨oßen sind wie folgt ¨uber die Oberfl¨achenlebensdauer τs miteinander verkn¨upft [1, 119]:

1 τeff

= 1 τb

+ 1 τs

= 1 τb

2Dn (2.1)

Hierin stehen Dn f¨ur die Diffusionskonstante der Elektronen und α f¨ur die L¨osung der transzendenten Gleichung 2.2, welche ihrerseits die (effektive) Oberfl¨achenrekom-

(25)

2.1. LEBENSDAUERN DER MINORIT ¨ATEN IN DEN AUSGANGSWAFERN

binationsgeschwindigkeit S sowie die Probendicke d enth¨alt.

tan α d

2 = S

α Dn

(2.2) N¨aherungsweise gilt f¨ur τs nach [119]:

τs ≈ d

2S + d2

Dnπ2 (2.3)

Oberfl¨achenpassivierung

Sind Kristalldefekte im Wafervolumen Gegenstand der Untersuchung, so ist man dar- an interessiert, m¨oglichst τb zu messen. Wie Glg. 2.1 verdeutlicht, ist es dazu not- wendig, den Einfluss der Oberfl¨achenrekombination zu minimieren, also ein m¨oglichst großes τs zu gew¨ahrleisten. Dies kann nach Glg. 2.3 durch Herabsetzen der Ober- fl¨achenrekombinationsgeschwindigkeit geschehen.

Dazu m¨ussen die offenen Bindungen an der Siliziumoberfl¨ache abges¨attigt werden.

Dies kann durch das Aufbringen von geeigneten Dielektrika wie Siliziumnitrid [102]

oder Siliziumdioxid [11] geschehen, aber auch durch Benetzen mit Flusss¨aure [138]

oder Jod-Ethanol-L¨osung [122, 50]. Eine ¨Ubersicht ¨uber die verschiedenen Passivie- rungsarten findet sich in [101].

Niedriginjektion und Biaslicht

Die in dieser Arbeit behandelten Foliensiliziummaterialien sind f¨ur die Verwendung in terrestrischen Solarzellenmodulen konzipiert. Am Arbeitspunkt dieser Solarzellen liegt f¨ur gew¨ohnlich Niedriginjektion vor. Daher ist es sinnvoll, Lebensdauermessun- gen ebenfalls in Niedriginjektion durchzuf¨uhren, um so einen m¨oglichst realistischen Eindruck von ihrem Verhalten unter realen Einsatzbedingungen zu erhalten. Dies bedingt zwar ein schlechteres Signal/Rauschverh¨altnis, doch war dies bei allen unter- suchten Materialien trotz teilweise geringer Lebensdauer ausreichend. Dar¨uber hin- aus beruht dieµ-PCD Technik unter Biaslicht (s. u.) auf der Messung einer differen- tiellen effektiven Lebensdauer, die nur dann der effektiven Lebensdauer entspricht, wenn die Oberfl¨achenrekombinationsrate linear von der ¨Uberschussladungstr¨agerdich- te abh¨angt. Dies ist in Niedriginjektion der Fall [1].

Eine weitere Angleichung des Messumfeldes an die Einsatzbedingungen einer So- larzelle wird durch die Verwendung einer weißen Hintergrundbeleuchtung, dem so genannten Biaslicht, gew¨ahrleistet, sofern sich dies hinsichtlich der Intensit¨at und des Spektrums nicht zu stark von der Sonneneinstrahlung unterscheidet. Dar¨uber hinaus erzeugt das Biaslicht eine konstante Anzahl an ¨Uberschussladungstr¨agern, so dass die Modulation dieser Gr¨oße durch den Laserpuls geringer ausf¨allt. Die Injektions- abh¨angigkeit ist dann ¨uber die Biaslichtintensit¨at bestimmt, so dass Schwankungen der Laserintensit¨at diesbez¨uglich nicht mehr ins Gewicht fallen. Hinsichtlich genauerer Ausf¨uhrungen zu diesen Punkten sei an dieser Stelle auf [100, 86] verwiesen.

(26)

Das Messsystem

Zur Durchf¨uhrung von Lebensdauermessungen stand das Messsystem Janus 300 der Firma Amecon zur Verf¨ugung. Dieses verf¨ugt ¨uber einen gepulsten Laser der Wel- lenl¨ange 904 nm (Pulsl¨ange 160 ns, Durchmesser des Lichtflecks etwa 800µm FWHM), was nach [21, 34] einer Eindringtiefe in Silizium von etwa 30µm entspricht. Die Orts- aufl¨osung wird dadurch erreicht, dass Laserlicht, Biaslicht (realisiert mit einer Ha- logenlampe) und Hohlleiter der Mikrowelle (22,5 GHz, 90 mW) die Probe abrastern, wobei Aufl¨osungen von bis zu 100µm erzielt werden k¨onnen. Die Aufzeichnung des zeitlichen Leitf¨ahigkeitszerfalls, auch kurz Transiente genannt, erfolgt mithilfe einer Transientenrekorderkarte im Computer, wo gleichzeitig ein exponentieller Fit zur Be- stimmung vonτeff durchgef¨uhrt wird. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Fun- damentalmode der Transiente f¨ur die Auswertung herangezogen wird. Eine genaue Beschreibung der Messapparatur findet sich in [86].

2.1.2 Vergleich

” altes“ und

” neues“ Oktagon-EFG

In mehreren 10×10 cm2 Oktagon-EFG Wafern alter und neuer Qualit¨at (vgl. hierzu die Abschnitte 1.2.1 und 1.2.2) wurden ortsaufgel¨ost die Minorit¨atsladungstr¨agerle- bensdauern untersucht. In Vorbereitung auf die jeweilige Messung wurde der ent- sprechende Wafer zun¨achst einer chemischen Reinigung, der so genannten IMEC- Reinigung [74], unterzogen. Dazu wurde die Oberfl¨ache bei einer Temperatur von ¨uber 80C f¨ur 10 min in einer Mischung aus H2SO4und H2O2aufoxidiert und anschließend das entstandene Oxid in einer zweiprozentigen HF-L¨osung wieder abge¨atzt. Danach erfolgte die Passivierung der Waferoberfl¨ache in einer L¨osung aus 0,08 mol Jod pro Li- ter Ethanol, deren gute passivierende Eigenschaft in [50, 122] beschrieben ist. Infolge- dessen k¨onnen die gemessenen effektiven Lebensdauerwerte als Volumenslebensdauern τb gewertet werden. Die Messungen selbst wurden unter Niedriginjektionsbedingun- gen mit einer Laserpulsanregung von 2·1013 Photonen

Puls cm2 und einer Fl¨achenleistung des weißen Biaslichts von 102mWcm2 durchgef¨uhrt, was etwa der Normbeleuchtung AM 1,5 von 100mWcm2 entspricht.

Stellvertretend f¨ur die Summe aller Messungen sind zwei typische Lebensdauer- mappings in Abb. 2.1 wiedergegeben. Darin ist eine stark variierende Materialqua- lit¨at innerhalb der einzelnen Wafer erkennbar, wobei vergleichsweise gute Bereiche unmittelbar an schlechte Gebiete angrenzen k¨onnen. Dar¨uber hinaus wird eine strei- fenartige Struktur entlang der Ziehrichtung der Folien sichtbar, die als typisch f¨ur vertikal gezogene mc-Siliziumfolien angesehen werden kann. Die starken Variationen der Materialeigenschaften werden sich im Weiteren als messtechnisches Problem er- weisen, welches in Kapitel 4.2 diskutiert werden wird.

Vergleicht man die Messungen an den verschiedenen EFG-Materialien in Abb. 2.1, so zeigt das neue EFG-Silizium einen h¨oheren Durchschnittswert der Lebensdauer.

Dies wird auch in den H¨aufigkeitsverteilungen der beiden Lebensdauerkartierungen sichtbar, die in Abb. 2.2 wiedergegeben sind. Zwar liegt bei beiden Kurven das Ma- ximum etwa bei 0,7µs, doch f¨allt die Verteilung im Fall des neuen EFG-Materials wesentlich breiter und flacher aus. Dies scheint ein typischer Unterschied zwischen

(27)

2.1. LEBENSDAUERN DER MINORIT ¨ATEN IN DEN AUSGANGSWAFERN

10 cm

Altes EFG Neues EFG 4

0 4

0

τb[µs] τb[µs]

Abb. 2.1:Typische ortsaufgel¨oste Lebensdauermessungen von einem

”alten“ und einem

”neuen“ unprozessierten Oktagon-EFG Wafer. Die Oberfl¨achen wurden mit einer Jod- Ethanol L¨osung passiviert. Eine vergr¨oßerte Darstellung des markierten Ausschnittes findet sich in Abb. 2.3.

Abb. 2.2: H¨aufigkeitsverteilungen der Lebensdauer- messwerte f¨ur altes und neues EFG aus Abb. 2.1.

τ

b

[µs]

48 31 14 0

Abb. 2.3: Neu skalierte, ver- gr¨oßerte Darstellung des um- randeten Bereichs aus Abb. 2.1.

den beiden Materialgattungen zu sein, der sich in den beiden gezeigten Mappings derart auswirkt, dass man im alten EFG-Wafer kaum Ausgangs- oder as-grown- Lebensdauerwerte gr¨oßer als 2µs findet, wogegen in der neuen Oktagon-Scheibe we- sentlich h¨ohere Werte gemessen werden konnten. Der Ausschnitt in Abb. 2.3 illustriert dies anhand eines Bereichs mit Ausgangswerten von ¨uber 40µs.

2.1.3 Ausgangslebensdauern in Zylinder-EFG

Geht man in der Glg. 2.3 f¨ur die Oberfl¨achenlebensdauer τs von einer unpassivierten Oberfl¨ache mit einem Wert f¨ur S von ≈ 105 cms aus und ber¨ucksichtigt weiter eine typische Waferdicke von 300µm sowie f¨ur Dn den Wert f¨ur monokristallines Si von 30cms2 [121], so nimmt τs einen Wert von rund 3,4µs an. Demzufolge sollte nach Glg. 2.1 f¨ur Volumenlebensdauern, die deutlich kleiner als 3µs sind, in guter N¨aherung

(28)

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1

τ

b [µs]

0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00

τ

eff /

τ

b

Dn=30 cm2/s Dn=15 cm2/s

Abb. 2.4:Abweichung des gemessenen effektiven Lebensdauerwertes von der Volumenle- bensdauer bei unpassivierter Waferoberfl¨ache. Zur Berechnung der unteren Kurve wurde f¨ur die Diffusionskonstante der Literaturwert f¨ur monokristallines Si von 30cms2 angenommen.

Dem zweiten Graphen liegt hingegen ein geringerer Wert zu Grunde, der f¨ur Zylinder-EFG als wahrscheinlicher angenommen werden kann (vgl. Text).

τeffb angenommen werden k¨onnen. Wie in Abb. 2.4 erkennbar ist, bel¨auft sich der Fehler dieser N¨aherung bei einer Volumenlebensdauer von 0,4µs auf etwa 12 %.

Aufgrund dieser ¨Uberlegung wurde bei der Messung der Minorit¨atsladungstr¨agerle- bensdauer in Zylinder-EFG-Material auf die chemische Oberfl¨achenpassivierung ver- zichtet, da sich herausstellte, dass in diesem Material die Lebensdauerwerte ¨ublicher- weise im Bereich von 50–400 ns liegen. Abb. 2.5 zeigt das typische Ergebnis einer Messung unter Biaslicht mit einer Anregung von 2·1013 Photonen

Puls cm2. Darin ist eine leichte Streifenstruktur ¨ahnlich der beim Oktagon-Material erkennbar. Die Lebensdauerwerte sind selten h¨oher als 200 ns, so dass bei Annahme der monokristallinen Diffusionskon- stante die Abweichung der Messwerte von τb in der Regel weniger als 6 % betr¨agt.

Wie Hall-Messungen gezeigt haben, f¨allt dar¨uber hinaus die Beweglichkeit der Ma- jorit¨atsladungstr¨ager in as-grown Zylinder-EFG geringer aus als in monokristallinem Si (s. Abschnitt 2.2.4). Selbst wenn die Elektronen nicht exakt denselben Streumecha- nismen gehorchen sollten wie die L¨ocher, so ist dennoch zu erwarten, dass auch die Be- weglichkeit der Minorit¨aten verringert ist, was nach der Einstein-Relation (s. z. B. [5]) zu einer verringerten Diffusionskonstanten Dn f¨uhrt. In schlechten Bereichen von im Rahmen dieser Arbeit pr¨aparierten Oktagon-EFG-Proben konnten bereits verringer- te Dn-Werte von etwa 15cms2 nachgewiesen werden (genauere Ausf¨uhrungen hierzu finden sich in [114]), weswegen dieser Wert f¨ur die Alternativrechnung in Abb. 2.4 verwendet wurde. Legt man diese zu Grunde, so betr¨agt der Unterschied zwischenτeff undτbsogar weniger als 3 %. Diese Vorgehensweise ist insbesondere deswegen gerecht- fertigt, weil die Lebensdauern im vorliegenden Zylinder-EFG Material weit geringer ausfallen als in schlechten Bereichen von Oktagon-EFG, so dass sogar eher mit noch

(29)

2.1. LEBENSDAUERN DER MINORIT ¨ATEN IN DEN AUSGANGSWAFERN

10 5 0

100 200

0

τeff [ns]

48 mm

Häufigkeit [%]

Abb. 2.5:Lebensdauermapping eines typischen Zylinder-EFG-Wafers. Die Messung er- folgte ohne Oberfl¨achenpassivierung. Gem¨aß Abb. 2.4 k¨onnen in diesem Fall die effektiven Lebensdauerwerte in guter N¨aherung als Volumenlebensdauern betrachtet werden.

st¨arker verringerten Dn-Werten zur rechnen ist.

2.1.4 Lebensdauern in unprozessiertem String Ribbon Silizium

In mehrerenp-Typ String Ribbon Wafern der Firma Evergreensolar wurden ebenfalls ortsaufgel¨ost die Lebensdauern der Minorit¨atsladungstr¨ager gemessen. Da in diesem Material um Gr¨oßenordnungen h¨ohere Lebensdauern vorliegen als in Zylinder-EFG, war wie beim Oktagon-EFG f¨ur die Bestimmung der Volumenlebensdauer eine Ober- fl¨achenpassivierung erforderlich. Nachdem die jeweiligen Proben wie in Abschnitt 2.1.2 beschrieben gereinigt worden waren, wurde zu diesem Zwecke dieselbe Jodl¨osung eingesetzt wie im Fall von Oktagon-EFG. Die Messungen erfolgten ebenfalls unter Biaslicht mit einer Intensit¨at von 100mWcm2 (1 Sonne) bei einer Laseranregung von 2·1013 Photonen

Puls cm2.

Abb. 2.6 zeigt eine auf diese Weise erhaltene Falschfarbendarstellung der Lebens-

1 5 10 15 20 25

τ

b [µs]

50 mm

Abb. 2.6: Lebensdauermapping eines unprozessierten String Ribbon Wafers. Die Messung erfolgte bei passivierter Oberfl¨ache unter Biaslicht. Deutlich erkennbar ist eine starke Va- riation der Minorit¨atsladungstr¨agerlebensdauer sowie die typische Streifenstruktur in Zieh- richtung.

(30)

dauerwerte, welche aufgrund der Oberfl¨achenpassivierung in guter N¨aherung als τb

betrachtet werden k¨onnen. Wie im Fall des Oktagon-EFGs zeigen sich typischerweise vertikale Streifen, die auf langgezogene K¨orner zur¨uckzuf¨uhren sind, welche durch die vertikale Kristallisation w¨ahrend des Ziehprozesses entstehen. Da teilweise Korngren- zen von den Ziehf¨aden ausgehend von der Seite aus in die Wafermitte hineinwachsen, sind die K¨orner teilweise nach innen geneigt (s. Kapitel 1.3). Dar¨uber hinaus vari- iert die Materialqualit¨at sehr stark innerhalb kurzer Abst¨ande, was ein charakteristi- sches Merkmal dieses Materials darstellt. Bereiche mit Werten gr¨oßer 20 oder 30µs schließen sich teilweise nahtlos an Regionen an, in denen die Elektronen bereits nach wenigen Mikrosekunden oder noch schneller wieder rekombinieren. Derart starke Va- riationen verursachen messtechnische Probleme. Auf welche Weise es dennoch m¨oglich ist, Falschfarbendarstellungen zu erhalten, die, wie jene in Abb. 2.6, sowohl in Berei- chen hoher wie auch niedriger Lebensdauer aussagekr¨aftig sind, wird in Abschnitt 4.2 beschrieben.

2.2 Elektrische Transporteigenschaften

2.2.1 Prinzip der Hall-Messung

Das elektrische Transportverhalten in Halbleitern ist experimentell ¨uber den Hall- Effekt zug¨anglich (siehe z. B. [67]). Dieser beschreibt das Auftreten einer Hall-Span- nung UH in einer stromdurchflossenen Probe im Magnetfeld, welche mit der Hall- Konstanten RH folgendermaßen verkn¨upft ist:

UH=RHI B

d (2.4)

Darin sindI der Strom durch die Probe, B das die Probe durchsetzende Magnetfeld und d die Probendicke. Der Einfachheit halber wurde hier vorausgesetzt, dass das Magnetfeld senkrecht zur Stromrichtung verl¨auft. Dar¨uber hinaus kann RH aus der Elektronen- und L¨ocheranzahldichte n bzw. p, den zugeh¨origen Beweglichkeiten µn

und µp sowie den entsprechenden Streufaktoren rn und rp gem¨aß RH= p µ2prp−n µ2nrn

e(p µp+n µn)2 (2.5)

berechnet werden [110, 135]. Die Elementarladung ist hierin mitebezeichnet. Glg. 2.5 vernachl¨assigt allerdings die B-Feld-Abh¨angigkeit der Hallkonstanten und ist daher nur f¨ur kleine Magnetfelder g¨ultig, welche im Fall von p-Typ Halbleitern die Bedin- gung B µ1p erf¨ullen [106]. Da die im Folgenden vorgestellten Messungen bei einer magnetischen Flussdichte von 0,575 T erfolgten, ist dies jedoch gew¨ahrleistet.

Bei allen untersuchten Proben handelt es sich um Bor-dotiertes Silizium mit Do- tierkonzentrationen in der Gr¨oßenordnung von 1016cm−3. Bei einer intrinsischen La- dungstr¨agerdichte von 1,5·1010cm−3 in Silizium ist somitpn, so dassnn¨aherungs- weise vernachl¨assigt werden kann. Geht man weiter davon aus, dass Elektronen wie

(31)

2.2. ELEKTRISCHE TRANSPORTEIGENSCHAFTEN L¨ocher den gleichen Streumechanismen unterliegen, so giltrp =rn=:r und Glg. 2.5 vereinfacht sich zu:

RH = r

e p (2.6)

Wird neben der Messung der Hall-Spannung auch die Leitf¨ahigkeitσin einer Probe bestimmt, so erm¨oglicht dies die Berechnung der Hall-Beweglichkeit µH, die folgen- dermaßen definiert ist [106]:

µH=|RH|σ =|RH|e(n µn+p µp) (2.7) Legt man dieselben ¨Uberlegungen zu Grunde, die zu Glg. 2.6 f¨uhrten und setzt diese Beziehung f¨ur RH ein, so ergibt sich f¨ur die Hall-Beweglichkeiten nicht entarteter p- bzw. n-Typ Halbleiter

µH =r µp bzw. µH =r µn . (2.8)

Der Streu- oder Hallfaktor r variiert dabei je nach Streuart. F¨ur Phononenstreuung nimmt er beispielsweise einen Wert von 38π an, f¨ur Streuung an neutralen St¨orstellen hingegen ist r = 1. Gr¨oßenordnungsm¨aßig bewegt sich der Wert im Bereich von 1 [106, 110]. Dieser Wert wurde auch f¨ur die Auswertung der Messungen angenommen.

Eine weitere experimentell zug¨angliche Gr¨oße ist die Majorit¨atsladungstr¨agerkon- zentration. Im Fall vonp-Typ Materialien erschließt sich diese aus Glg. 2.6. Daneben l¨asst sie sich aus der Neutralit¨atsbedingung f¨ur den Halbleiter bestimmen. Unter Aus- nutzung der Fermiverteilung und nach einer geeigneten Approximation f¨ur sehr kleine Temperaturen T, d. h. kBT EA−EV, erh¨alt man f¨ur die Anzahldichte der Majo- rit¨aten im Reservegebiet des Halbleiters [135]:

p(T) =

rp0pA

gA e

EA−EV

2kBT (2.9)

Darin bezeichnenp0 die effektive Zustandsdichte im Valenzband,pA die Anzahldichte der Akzeptorzust¨ande, EV und EA die energetische Lage der Valenzbandkante bzw.

des Akzeptorniveaus und kB die Boltzmann-Konstante. Des Weiteren ber¨ucksichtigt der Faktor gA die Entartung des Valenzbandes (gA= 4 f¨ur Silizium, vgl. Bandstruk- tur).

In den bisherigen Betrachtungen wurde von monokristallinen Proben ausgegangen.

Die untersuchten Siliziumfolien sind jedoch alle multikristallin und weisen somit Kri- stalldefekte wie Korngrenzen auf. Da nicht von gleichen Transporteigenschaften im Kristall wie in den Korngrenzen ausgegangen werden kann, liegt es nahe, die elek- trischen Transporteigenschaften im Kristallit getrennt von denen in der Korngrenz- schicht zu betrachten. Ein derartiges Modell wird in [128, 82, 2] behandelt. In den Korngrenzen wird dabei von einem deutlich h¨ohereren elektrischen Widerstand als in den Kristalliten ausgegangen. Als Folge hiervon erh¨alt man effektive Werte f¨ur die Leitf¨ahigkeit sowie die Hallkonstante:

1

σeff = %eff =%Kristallit+%Grenzschicht

`Kristallit

`Grenzschicht

(2.10) RH,eff = RH,Kristallit+ 2RH,Grenzschicht

%Kristallit`Kristallit

%Grenzschicht`Grenzschicht

(2.11)

(32)

Mit`Grenzschichtist hierin die Breite der Grenzschicht bzw. Korngrenze und mit`Kristallit

die Kantenl¨ange des Kristallits bezeichnet. In Folge erh¨alt man eine effektive Beweg- lichkeit als Produkt aus RH,eff und σeff.

Entsprechend dieser effektiven Gr¨oßen sind bei Vermessung multikristalliner Proben die Glgn. 2.6 bis 2.8 zu interpretieren. Die Messgr¨oßen stellen integrale Werte dar, die durch die vorliegenden strukturellen Kristalldefekte beeintr¨achtigt werden, und somit nur bedingt R¨uckschl¨usse auf die elektrischen Transporteigenschaften innerhalb der Kristallite zulassen. Sie geben aber Aufschluss ¨uber die Einfl¨usse der Strukturdefekte auf das Transportverhalten in der Probe als Ganzes und sind aus diesem Grund von Interesse. In den folgenden Betrachtungen wird auf den zus¨atzlichen Index

”eff“

verzichtet. Liegt eine multikristalline Probe vor, so sind stets die effektiven Gr¨oßen gemeint.

2.2.2 Probenpr¨ aparation und Messtechnik

Aus den verschiedenen Folienmaterialien wurden mit einem Laser 15·15 mm2 große Proben ausgeschnitten. Anschließend wurden zu Reinigungszwecken pro Seite etwa 25µm des Probenmaterials in einer modifizierten CP6 Politur¨atze abge¨atzt, die sich aus HF (50%), HNO3 (65%) und CH3COOH (100%) im Volumenverh¨altnis 3:43:7 zusammensetzt [12]. Die f¨ur die sp¨atere Kontaktierung erforderlichen ohmschen Kon- takte wurden durch Einlegieren einer handels¨ublichen Al-Siebdruckpaste in einem G¨urtelofen mit einem Temperaturprofil von 680–800C realisiert. Die Kontaktierung selbst erfolgte unter Verwendung von Golddraht und Leitsilber.

F¨ur die Messungen wurde die van der Pauw-Geometrie verwendet [127, 126]. Die Messapparatur sowie deren Arbeitsweise ist in [111, 10] beschrieben. Bei jeder Probe wurde der Temperaturbereich von 36–405 K durchlaufen und an jedem Messpunkt innerhalb dieses IntervallsRHundσmehrfach gemessen. Wurde dabei das Vorzeichen von RH und somit der Typ der Probe (n oder p) nicht eindeutig erkannt, so blieb dieser Messpunkt unber¨ucksichtigt. Gem¨aß den obigen Ausf¨uhrungen wurde aus der Hallkonstanten und der Leitf¨ahigkeit die Majorit¨atsladungstr¨agerdichte und die Hall- Mobilit¨at berechnet. Da diese Gr¨oßen anschaulicher sind alsRH selbst, werden sie im Folgenden diskutiert werden.

2.2.3 Experimentelle Vorgehensweise

Ziel der Untersuchung war es, zu ¨uberpr¨ufen, ob eine Korrelation zwischen dem Re- kombinationsverhalten der Minorit¨aten in den untersuchten Folienmaterialien und der jeweils vorherrschenden Beweglichkeit bzw. Streuung der Majorit¨aten besteht. Zu diesem Zweck wurden in Wafern der verschiedenen Materialien ortsaufgel¨ost die Le- bensdauern der Minorit¨atsladungstr¨ager gemessen, in Bereichen hoher (Hτ-Bereiche) und niedriger Volumenlebensdauer (Nτ-Bereiche) Proben entnommen und diese mit Hall-Messungen untersucht.

Gleichzeitig wurde der Einfluss der Passivierung von Kristalldefekten mittels ato- maren Wasserstoffs auf die temperaturabh¨angige Majorit¨atsladungstr¨agermobilit¨at

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